Quellgastherapie

Aus Psiram
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Quellgastherapie (Bild: [1])

Die Quellgastherapie (Quellgasbehandlung, subkutane CO²-Gas-Insufflationstherapie - CO²-SIT, Quellgasinsufflation, CO²-Quellgas-Behandlung, Carboxyttherapie, source gas therapy, Carboxy Therapy usw.) ist eine Behandlungsmethode aus der Alternativmedizin bzw. Kohlendioxid-Balneologie, bei der so genanntes "Quellgas" in Form von Injektionen zur Anwendung kommt. Quellgas ist eine alternative Bezeichnung für gasförmiges Kohlenstoffdioxid (Kohlendioxid - CO²). Der Name Quellgas-Therapie stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert (Zeitraum 1904–1913), als erstmals Kohlenstoffdioxid in Form von subkutanen Injektionen therapeutisch angewandt wurde. Der ungewöhnliche Name Quellgas leitet sich aus Gasquellen in Neris (Frankreich) ab. Das dort gewonnene Quellgas ist ein Gasgemisch, welches neben mehr als 95% Kohlenstoffdioxid noch Stickstoff, Argon, Helium, Methan und andere Gase enthält. Erfinder der Methode ist der tschechische Arzt J. Badal, der diese erstmals 1947 anwandte und ab 1951 an tschechischen Kurbädern einführte. Befürworter der Methode verweisen jedoch auf eine noch viel ältere Geschichte. So sei die Methode bereits in der Antike angewandt worden. Gemeint sind dann aber lediglich kohlensäurehaltige Bäder, die für das Altertum und das Mittelalter bekannt sind.

Da die Methode segmentweise angewandt wird und reflektorische Effekte unterstellt werden, wird sie von Anhängern auch zu den so genannten Reflextherapien gezählt.

Unter der Behandlung soll es durch das Kohlenstoffdioxid zu einer Durchblutungserhöhung im Bereich der Injektionen kommen. Außerdem solle die Behandlung einen Abtransport von nicht näher bezeichneten Stoffwechselschlacken bewirken. Folge der Maßnahmen seien schmerzlindernde Effekte bei chronischem Schmerz.

Zur Therapie gehören 6 bis 10 Injektionen, die 2 bis 3-mal wöchentlich durchgeführt werden. Die Kosten werden von der Krankenkasse nicht übernommen und liegen bei 9,00 bis 16,00 € pro Behandlung.

Eine im Jahr 2001 durchgeführte Bewertung der Methode durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen kam zum Ergebnis:

Insgesamt hat die Analyse und Bewertung aller Stellungnahmen, der aktuellen wissenschaftlichen Literatur und sonstigen Fundstellen für alle überprüften Indikationen keine belastbaren Nachweise für den Nutzen und medizinische Notwendigkeit einer Anwendung in der vertragsärztlichen Versorgung ergeben.
Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung mit CO²-Insufflationen (Quellgasbehandlung) sind nicht belegt.[1]

Methode

Quellgastherapie2.jpg

Zur Behandlung werden etwa 10-50 ml des Arzneimittels Kohlenstoffdioxid aus einer Druckflasche mit einer Injektionsnadel an bestimmten Bezirken in das Unterhautgewebe und in die Muskulatur gespritzt, die im Rahmen der Quellgasbehandlung auch "Reflexzonen" genannt werden. Teilweise wird auch lediglich paravertrebral gespritzt. Es stehen auch spezielle Injektionssysteme zur Verfügung, die CO²-Patronen enthalten.

Unter der Behandlung kommt es im Bereich der CO²-lnsufflation zu einem deutlichen, etwa handtellergroßen Gasemphysem, welches unter der Haut weitergedrückt werden kann, aber nach einigen Minuten wieder verschwindet. Das gespritzte Kohlenstoffdioxid soll lokal die Durchblutung der Muskulatur und des Gewebes erhöhen. Sauerstoff soll vermehrt von den roten Blutkörperchen abgegeben werden. Folge sei sodann eine örtliche Rötung und Schmerzlinderung bei chronischen Schmerzzuständen. Wie in einer Studie festgestellt wurde, kommt es zu einer deutlichen Azidose und Hyperkapnie, die in alternativmedizinischen Kreisen ansonsten als die gefürchtete Übersäuerung bezeichnet wird. Der pH-Wert kann auf 7 absinken.[2]

Außerdem behaupten Anwender eine Entfernung von "Stoffwechselschlacken" aus dem Gewebe. Was damit gemeint sein soll, bleibt unklar. Manche Befürworter behaupten, dass für die angegebenen Effekte nicht nur das CO², sondern insbesondere die im Quellgas befindlichen Edelgase verantwortlich seien.

Nach alternativen Angaben sollen die Injektionen an so genannten "Triggerpunkte" gespritzt werden. Dabei soll es sich um "entzündliche Regionen der Muskulatur" handeln, die von Anhängern der Triggerpunktidee als "Ausstrahlungsorte" für Schmerzen angesehen werden. Das gespritzte CO² soll anschließend wie körpereigenes CO² über die Venen abtransportiert und über die Lungen abgeatmet werden.

Ein Hersteller für Geräte, die bei der Quellgastherapie eingesetzt werden, war die Firma Kastl eletronic Gmbh & Co. KG aus Lindenberg i.d. Pfalz, die auch Geräte für die Methoden REDEM-Test und Intravenöse Sauerstofftherapie herstellte.

Von Befürwortern genannte Indikationen

Befürworter nennen ein breites Spektrum an Krankheiten und Zuständen, bei denen die Methode hilfreich sei:

  • Migräne
  • Spannungskopfschmerz
  • Schmerzzustände, Schulter-Arm-Syndrom, Torticollis spasmodicus u.s.w.
  • Rückenschmerzen mit Muskelverspannung
  • degenerative Wirbelsäulenerkrankungen, "Ischiasschmerz"
  • Osteoporose
  • Hüft- und Kniegelenksarthrose
  • Durchblutungsstörungen (einschl. "offene Beine")
  • Hauterkrankungen (Ekzeme, Akne)
  • Tinnitus aurium
  • Narbenbehandlung
  • Angina pectoris
  • Schlafstörungen
  • klimakterische Beschwerden

Nebenwirkungen

Neben einer örtlichen Rötung soll es nach Angaben von Anwendern zu einem "leichten Brennen" am Injektionsort kommen. Auch können sich offenbar unspezifische Kreislaufreaktionen einstellen. Zu Gasembolien komme es nicht.

Toxizität von CO²

Durch hohe Kohlenstoffdioxidkonzentrationen kommt es in Weinkellern, Futtersilos, Brunnen und Jauchegruben immer wieder zu Unfällen. Durch Gärprozesse entstehen dort beträchtliche Mengen an Kohlenstoffdioxid; bei der Vergärung von einem Liter Most zum Beispiel etwa 50 Liter Gärgas. Bei Arbeiten in solchen Anlagen ist deshalb oft vorgeschrieben, so gen. Gas-Warngeräte zu tragen.

Zur Toxizität von CO²-Gas in der Atemluft:

  • Bei einer Konzentration von 1,5 % nimmt das Atemzeitvolumen um mehr als 40 % zu.
  • bei Werten zwischen 5-10% CO² stellen sich Kopfschmerzen, Schwindel, Blutdruckanstieg und Erregungszustände ein
  • über 10 % CO²: Bewusstlosigkeit und Krämpfe
  • über 15 % CO²: apoplexieähnliche Lähmungen

Geschichte

Eine erste therapeutische Anwendung des Quellgases soll ab 1914 in Frankreich (Region des Massif central) stattgefunden haben. Genannt werden in diesem Zusammenhang die Franzosen Loisseau und Laurent. 1931 soll die Methode am Badeort Royat wieder eingeführt worden sein. 1947 führte J. Badal das Verfahren in Franzensbad/Františkovy Lázně (CSSR) ein. Ab 1980 wurde die Quellgastherapie in Bad Klosterlausnitz (DDR) angewandt, ab 1986 auch am Bezirkskrankenhaus Schneeberg. In neuerer Zeit fand die Methode vor allem in Kurkliniken der DDR und in Osteuropa Anwendung.

Verwandte Behandlungsmethoden

Kohlenstoffdioxid wird auch als Gas zum Einatmen in Quellgasbädern und Kohlensäure-Eisbädern angewandt. Auch hier kann der Begriff Quellgas oder auch "aktivierende Kohlensäure" verwendet werden. Dies geschieht beispielsweise in so genannten "Dunsthöhlen" mit natürlichem Gasaustritt, etwa am deutschen Kurort Bad Pyrmont.

Brauereitherapie des Keuchhustens

Beim Brauen von Bier werden große Mengen Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Früher waren daher in Brauereien hohe CO²-Konzentrationen anzutreffen, die zu einer Brauereitherapie eingesetzt wurden.

Literatur

  • T. Brockow, A. Dillner, A. Frankea, K. L. Resch: Analgesic effectiveness of subcutaneous carbon-dioxide insufflations as an adjunct treatment in patients with non-specific neck or low back pain., Complementary Therapies in Medicine, Vol 9, 2, Juni 2001, S. 68-76
  • Brockow T, Hausner T, Dillner A, Resch KL. Clinical Evidence of Subcutaneous CO2 Insufflations: A Systematic Review. J Alt Comp Med 6 (5):391-403, 2000.

Weblinks

Quellennachweise

  1. http://www.g-ba.de/downloads/40-268-263/HTA-Quellgasbehandlung.pdf
  2. Vlk, O, J Tesar: Beitrag über die chemische Auswirkung subkutaner Insufflation von Quellgas, Balneol bohem 17 (1988), S. 11-15