Diskussion:Sehtraining nach Bates

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http://www.augenaerzte-konstanz.de/spezialitaeten/allgaugenheilkunde/24a6bc968108f4d19/index.html schreibt:

Sehtraining

Seit in der heutigen Zeit die Augen oft extremen Belastungen ausgesetzt sind, wie zum Beispiel Kunstlicht Einfluss oder Konzentration des Blickens auf Bildschirme (PC, Fernseher, Game-Boy) finden oft Heilpraktiker zurück zu den Methoden des Dr. Bates (amerikanischer Arzt 1860 - 1931) mit "Ganzheitlichem Augentraining". Dabei soll Betroffenen "Hilfe zur Selbsthilfe bei Fehlsichtigkeiten und Altersfehlsichtigkeiten" gegeben werden - meist mit dem Hintergrund auf die Brille verzichten zu können oder die Augen zu "trainieren". Es ist immer wieder verblüffend wie oft sich auch intelligente Menschen zu den Lehren des Nicht-Augenarztes aus dem vorigen Jahrhundert hingezogen fühlen. Inzwischen gibt es schon einige Optiker oder auch sog. Optometristen, die "Sehtraining" mit zweifelhaften Methoden (z.B. bei Kindern mit Lese-Rechtschreibschwäche) aber für gutes Geld anbieten. Im Gegensatz zu unserer Sehschule, in der mit Kindern oder auch Erwachsenen das beidäugige Sehen geschult wird - also die Kooperation Auge-Gehirn - beruht die "Bates Methode" nicht auf wissenschaftlichen augenärztlichen Grundlagen. --Hicfuit 16:46, 9. Mai 2010 (CEST)

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Worum geht es? Das fast 100 Jahre alte Sehtraining nach Bates ist eine umstrittene Methode des Augentrainings zur beabsichtigten Linderung einer Fehlsichtigkeit.
Was sind die Fakten? Bates propagiert ein Trainingssystem, nach dem durch Änderung des Sehverhaltens, insbesondere der Augenmuskeln, eine Fehlsichtigkeit verbessert werden könne. Zum Beweis werden zwei Studien angeführt. Die Augenmuskeln können jedoch keine Kontraktion des Augapfels oder der Linse bewirken, ebenso werden weder die Iris noch die Signalverarbeitung im Großhirn durch das Training positiv beeinflusst.
Was ist davon zu halten? Aufgrund anatomischer Gegebenheiten kann das Training sein Versprechen einer Verbesserung nicht einlösen. Die Studien pro Bates sind bei näherem Hinschauen ungeeignet.


Die Studie von La Salle und Brown

Die Dipl.-Psychologin Eva Hevekerl gibt Rohdaten der Sehschärfenprüfung von "15 Personen" an, die "nach der Bates-Methode für 1,5 bis 15 Monate trainiert" worden seien.[1] Blickt man auf die Rohdaten, stellt man fest, dass die Anzahl der Probanden bereits innerhalb weniger Zeilen von 15 auf 12 Personen sank, da Hevekerl nur Sehschärfe-Daten für 12 Personen (2 Männer, 10 Frauen) aufführt.

Die amerikanische Diplomarbeit von La Salle und Brown gibt die Abstände zwischen Proband und Optotypentafeln in ft. (=feet) an. Die dort aufgeführte Tabelle verdeutlicht die geringen Erfolge. Bei zwei der 12 Probanden (Pat. 10 und 11) war nach fast einjährigem Training weder auf dem rechten noch auf dem linken Auge eine Verbesserung festzustellen. Bei den Probanden Nr.1 und 2 war die Sehschärfe jeweils eines Auges unverändert, das andere hingegen nur minimal verändert. Ein Drittel der 12 Patienten profitierte demnach entweder gar nicht oder fast nicht von der Bates'schen Therapie.

Bei den Probanden Nr.3-9 (also bei sieben Teilnehmern) waren die Erfolge auf beiden Seiten so minimal, dass sie sich problemlos durch Ablesefehler der Sehtafeln (durch den Untersucher) bei der Sehschärfenprüfung erklären lassen. Ebenso sind Lerneffekte (durch den Probanden) beim Ablesen der Sehtafeln als Erklärungsursache möglich. Zu solchen Ablesefehlern bzw. Lerneffekten kann es rasch kommen. Da man die Sehschärfenprüfung bei Kurzsichtigen (und alle Probanden in der Studie von La Salle und Brown[2] waren offensichtlich kurzsichtig, wie die Sehschärfen-Daten zeigen) dann abbricht, wenn zwei oder mehr Ziffern, Buchstaben, Landolt- oder Snellen-Symbole pro Zeile falsch erkannt werden, ist es denkbar, dass der Untersuchende (aus Unachtsamkeit oder Fehlinterpretation ungenauer Probandenangaben) die Prüfung 1-2 Reihen zu spät abbricht und somit eine höhere Sehschärfe attestiert, als eigentlich korrekt ist. Ebenso möglich ist es, dass der Proband, der die Sehschärfenprüfung bereits mehrfach über sich hat ergehen lassen, die Sympbole auf der Tafel mittlerweile so gut kennt, daß er durch Raten seine Fehlerquote minimieren kann. Dies kann ihn durchaus ebenso über 1-2 Zeilen hinwegretten, so dass er dadurch eine scheinbar größere Sehschärfe erreicht, die in Wirklichkeit aber nicht besteht. Addieren sich sowohl Untersucher- als auch Probandenfehler, so sind Ungenauigkeiten in der Sehschärfenprüfung in Bereichen von 0,25 und darüber möglich.

Dass diese Fehlerquelle nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt eine Studie zum Sehtraining bei 55 mittelgradig kurzsichtigen High-School-Studenten, die von Angi et al. durchgeführt wurde.[3] Die Sehschärfe, die sich vermeintlich unter Verwendung der subjektiven Optotypen-Messung (Sehtafeln) gebessert hatte, zeigte sich bei einer untersucherunabhängigen, deutlich objektiveren, maschinell unterstützten Sehschärfenprüfung als nicht vorhanden. Als Grund für diesen scheinbaren Widerspruch sehen die Autoren eine erhöhte foveation time bei der Optotypen-Messung. Da die Kinder in der Sehphase bei den Optotypen-Tafeln nicht zeitlich begrenzt waren und beliebig lange auf die Optotypen sehen konnten, erreichten sie eine längere Belichtungszeit und somit eine höhere Treffsicherheit als beim standardisierten maschinellen Messverfahren. Zudem konstatierten die Autoren auch einen gewissen Lerneffekt der Kinder bei diesen sich wiederholenden Optotypen-Messungen.

Welche Sehtafeln verwendet wurden und wie groß die Fehlerrate hätte sein können, kann aus den vorliegenden Angaben zur Studie von La Salle und Brown in der Arbeit von Hevekerl nicht genau entnommen werden.[4] Hevekerl erwähnt die Art der verwendeten Sehtafeln von La Salle und Brown nicht. Vergleicht man die Schrittfolge der einzelnen Probanden, so sind deren Sehschärfenangaben interessanterweise z.T. völlig andere als jene, die nach Axenfeld (1980) für Optotypengrößen üblich sind. Besonders fallen hier Angaben wie '20/800', '20/600' oder '20/300' auf.

Aus der Studie von La Salle und Brown auf Basis der von Hevekerl berichteten Daten lässt sich demnach kein Effekt des Bates'schen Augentrainings nachweisen, der über den methodenspezifischen Messfehler der Sehschärfenprüfung hinaus geht. Zudem hatte ein Drittel der 12 Probanden (fast) gar nicht und nur zwei Probanden (16,6%) ein wenig (mutmaßlich aufgrund von Lerneffekten von Sehtafel-Symbolen bei sich wiederholender Sehschärfenprüfung) profitiert. Beim Rest der Patienten bewegte sich der angebliche Behandlungserfolg eindeutig im Bereich der Fehlerquote der Sehschärfenbestimmung.

  1. Hevekerl EM: Kurzsichtigkeit. Zum Einfluss psychologischer Faktoren und einer verhaltensmedizinischen Intervention. Schriftliche Arbeit zur Diplom-Hauptprüfung im Fach Psychologie am IFP Freie Universität Berlin, Institut für Psychologie, Berlin 1991, S.49
  2. La Salle C, Brown C: Some psycho-physiological influences in myopia. Unveröff. Diplomarbeit, Los Angeles (zit. n. Hevekerl 1991)
  3. Angi et al.: Changes in myopia, visual acuity, and psychological distress after biofeedback visual training. Optom Vis Sci, 73, 35-42, 1996
  4. Hevekerl EM: Kurzsichtigkeit. Zum Einfluss psychologischer Faktoren und einer verhaltensmedizinischen Intervention. Schriftliche Arbeit zur Diplom-Hauptprüfung im Fach Psychologie am IFP Freie Universität Berlin, Institut für Psychologie, Berlin 1991