Methylenblau



Methylenblau (engl. Methylene blue, Methylthioninium, Methylthioniniumchlorid, Methylthioninii chloridum PhEur, Methylenum coeruleum) ist ein kationischer synthetischer Farbstoff, der als ein Phenothiazin-Derivat in der Chemie, Medizin und Färbetechnik verwendet wird. Alternative Bezeichnung für Methylenblau ist "synthetischer Farbstoff Methylthioniumchlorid". Die Substanz wurde erstmals 1876 von dem Chemiker Heinrich Caro synthetisch hergestellt, es handelt sich nicht um eine natürlich vorkommende Substanz. Neben seiner zugelassenen Anwendung bei Vergiftungen (Methämoglobinämie) spielt Methylenblau in der Alternativmedizin eine Rolle als Wundermittel, verfügt jedoch nicht über eine rechtliche Einordnung als Nahrungsergänzungsmittel oder Lebensmittel.
Durch seine aromatische Struktur hat Methylenblau lipophile Eigenschaften und kann Zellmembranen durchdringen. Es überwindet die Blut-Hirn-Schranke und akkumuliert in neuronalem Gewebe. Methylenblau ist in der Medizin ein Antidot bei bestimmten Vergiftungen, die zur Methämoglobinämie führen. Das Mittel muss dann intravenös gespritzt werden mit einer Dosierung von 1 bis 2 mg/kg Körpergewicht. Bei höherer Dosierung stellen sich mehrere Nebenwirkungen ein, darunter auch die Methämoglobinämie selbst, obwohl bei niedrigerer Dosierung Methylenblau gegen diesen Zustand wirksam ist. Darüber hinaus wird die Chemikalie Methylenblau für Färbezwecke in der Histologie eingesetzt und für weitere spezielle Fragestellungen. Methylenblau war in der Schweiz in Form von Augentropfen im Handel (Collyre bleu + Naphazolin). Es wurde im Jahr 1984 für die Behandlung unspezifischer Bindehautentzündungen zugelassen und im Jahr 2021 wurde der Vertrieb eingestellt. 2020 wurde eine Injektionslösung mit Methylenblau als zu spritzendes Antidot registriert (Methylthioniniumchlorid Proveblue von Bichsel).[2]
Methylenblau in der Alternativmedizin
Die Laborchemikalie Methylenblau wird in mehreren Büchern als Wundermittel gegen mehrere unterschiedliche Erkrankungen vorgestellt und beworben und ist zu einem Online-Trend geworden[3]. Das Mittel wird über mehrere einschlägige Webshops wie Kopp Verlag, Waldkraft (Alveda GmbH in Berlin von Jacob Michael Dill) oder Narayana von Herbert und Katrin Sigwart verkauft.
Die als "bioaktiv" deklarierte Substanz Methylenblau hat keine Zulassung als Nahrungsergänzungsmittel oder Lebensmittel gemäss EU Novel Food Verordnung. Auch handelt es sich nicht um ein Mittel alter tradierter Verfahren oder ein Mittel aus der Natur. Desshalb müssen sich Verkäufer eine rechtliche Lösung einfallen lassen. So wird Methylenblau gerne als Laborchemikalie verkauft, oder wegen seiner Färbeeigenschaften als Farbe "zu Dekorationszwecken". In der jeweiligen Werbung wir jedoch regelmässig auf behauptete stets positive Eigenschaften für die menschliche Gesundheit verwiesen, was diese Mittel somit zu Präsentationsarzneimittel macht.
Einer der eifrigsten Autoren befürwortender und werbender Literatur sind der kanadische Autor und Blogger Mark Sloan aus Ontario sowie der amerikanische Arzt Thomas Edward Levy (Thomas E. Levy). Weitere Autoren sind ein Thomas Lehmann und Marcus Burgstein. Der Blogger Mark Sloan, der im VAK Verlag publiziert, beschreibt die Chemikalie Methylenblau als ein Mittel welches das Immunsystem stärke, Mitochondrien "unterstütze" und vor Demenz und neurodegenerativen Erkrankungen schütze. Wörtlich heisst es spekulativ zum "Stoffwechselmedikament Methylenblau":
- Wissenschaftliche Forschungen haben gezeigt, dass praktisch alle Krankheiten einen metabolischen Ursprung haben, also den Stoffwechsel betreffen, und dass die Verbesserung der zellulären Mitochondrienfunktion der schnellste Weg zur Wiederherstellung von Gesundheit ist.
Glaubt man dem Autor Lehmann, so steigere das Wundermittel Methylenblau "Gehirn, Immunsystem und Mitochondrien". Zitat Thomas Lehmann:
- Alzheimer, Malaria, Depressionen oder Krebs – Krankheiten, die unterschiedlicher kaum sein könnten, und doch wird eine Waffe erfolgreich im Kampf gegen alle genutzt: Methylenblau, ein unkomplizierter Farbstoff, der viel mehr kann als nur Textilien färben. Wenn Sie selbst herausfinden möchten, was mit dem Wundermittel alles möglich ist, schnappen Sie sich diesen Ratgeber und tauchen Sie ein in eine blaue Welt! ... als Antidot gegen chemische Vergiftungen, als Malariamedikament, als wirksamer Viren-Killer, zur Verlangsamung der Gehirnalterung bei Demenz- oder Alzheimerpatienten, in der Krebsmedizin, als Antidepressivum oder als Gehirn-Booster für Aufmerksamkeit und Fokus – der Griff zu Methylenblau kann in vielen medizinischen Fällen ein Gamechanger sein.[4]
Autor Marcus Burgstein bewirbt Methylenblau trotz der Gefahren bei falscher Dosierung und bei bestimmten bestehenden Krankheiten für private Experimente, laut Burgstein "Effektive Selbstbehandlung von Beschwerden und Schmerzen": ..Wir räumen mit häufigen Missverständnissen und Halbwahrheiten auf...Befreien Sie sich von: Unsicherheiten: Werden Sie zum Experten und treffen Sie informierte Entscheidungen...Enttäuschenden Erfahrungen: Keine verschwendete Zeit und Geld mehr mit unwirksamen oder unsicheren Produkten...Nutzen Sie Methylenblau mit Zuversicht und Sicherheit..
Siehe auch
Bildbelege
Heilpraktiker Florian Schilling mit verschwörungs- ideologischer Werbung für Methylenblau
Weblinks
- https://de.wikipedia.org/wiki/Methylenblau
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/09/11/was-hinter-dem-social-media-trend-um-methylenblau-steckt
- https://flexikon.doccheck.com/de/Methylenblau
- https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=methylenblau
- https://www.apotheken-umschau.de/news/methylenblau-kein-wundermittel-sondern-gefahr-fuer-gesundheit-1168173.html
Weblinks (englisch)
Quellennachweise
- ↑ https://faktencheck.afp.com/doc.afp.com.36V2966
- ↑ https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=methylenblau
- ↑ https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/09/11/was-hinter-dem-social-media-trend-um-methylenblau-steckt
- ↑ aus Buchwerbung von Thomas Lehmann - Methylenblau für Einsteiger, Verlag Edition Jt