Magierin mit Drahtkrone zum besseren Empfang der Botschaften aus dem Jenseits. Quelle: taz

Als Jenseitskontakt (auch Nachtodkontakt - NTK, after-death communication - ADC, post-death contacts) wird in der Esoterik der vermeintliche Kontakt zu verstorbenen Personen bezeichnet. Auf dem Esoterikmarkt bieten sich zu diesem Zweck zahlreiche Personen mit entsprechenden spiritistischen Dienstleitungen an. Angeblich will man mit einem solchen Kontakt Informationen über verstorbene Personen vermitteln, die sowohl deren jenseitiges Dasein als auch noch unbekannte Tatsachen zu Lebzeiten dieser Person oder anderer Personen betreffen. Jenseitskontakte sollen angeblich spezielle Medien mit hellsichtigen Fähigkeiten vermitteln können.

In fast allen Kulturen ist der Glaube an Geister von Verstorbenen bei einem Teil der Bevölkerung verankert[1] und Behauptungen über Kontakte mit Verstorbenen sind bei Angehörigen von vor kurzem Verstorbenen häufig zu beobachten.[2]

NTK - Forschung

Seit dem 19. Jahrhundert sind Forschungen bekannt, die sich mit berichteten angeblichen Jenseitskontakten beschäftigen. Eine der ältesten Veröffentlichungen stammt aus dem Jahr 1850 (Catherine Crowe). Eingehendere Forschungen fanden ab Bildung der englischen "Society for Psychical Research" SPR statt, in den achziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Mehr als 20.000 Personen wurden nach "Geistwesen" befragt, insbesondere Geistern Verstorbener.[3][4] In Frankreich führte der Astronom Camille Flammarion ähnliche Untersuchungen durch und sammelte Berichte von 1824 Personen und veröffentlichte zum Thema[5]. Flammarion kam letzendlich zur Erkenntnis, dass es den Tod nicht gebe und die Seele unzerstörbar sei, dabei auf esoterische Lehren und die gesammelten Berichte Bezug nehmend, die dies "beweisen" würden.[6] 1962 erschien als Zusammenfassung ein SPR-Buch mit dem Titel Phantasms of the Living: Cases of Telepathy Printed in the Journal of the Society for Psychical Research during Thirty-Five Years. In den fünfziger bis siebziger Jahren sind aus den USA von Karlis Osis Forschungen zum Thema bekannt (Osis-Haraldsson deathbed studies). Sie beinhalteten Befragungen von tausenden Ärzten und Krankenschwestern. Insbesondere verglichen sie Berichte aus verschiedenen Kulturen miteinander. In der Schweiz befasste sich auch der Psychologe Carl Jung mit dem Thema und in England der Allgemeinmediziner W. Dewi Rees, der Witwen und Witwer befragte und versuchte dabei Muster in den Berichten zu finden.

Der Tod von Elvis Presley, die Medienberichte über seinen Tod, das Publikumsinteresse und zahlreiche Behauptungen zu "Elvis-Kontakten" führten zu mehreren Veröffentlichungen (Raymond Moody: "Elvis after Life: Unusual Psychic Experiences Surrounding the Death of a Superstar, 1987).

Angebliche Jenseitskontakte in den Medien und Regenborgenpresse

 
Bild-Zeitung: Leser werden durch makabren Barschel-Kontakt mit Kim-Anne Jannes angelockt
 
Artikel in "Die Welt"

Für Kritik in den Medien sorgte Ende Oktober 2010 eine RTL-Sendung, in der das Medium Kim-Anne Jannes behauptete, mit dem 1987 verstorbenen Politiker Uwe Barschel Kontakt aufgenommenen zu haben. Bei dieser Gelegenheit behauptete sie, dass Barschel ermordet worden sei, eine Vermutung, der seine Ehefrau Freya seit Jahren anhängt.


Trauer um Verstorbene und die Vermarktung von Trost

 
verurteilter Nachtod-Betrüger Grigorij Grabowoj (Foto: NTW)
 
"Trost aus Jenseit" von Bill und Judy Guggenheim (englischer Titel: "Hello from heaven")
 
Judy und Bill Guggenheim

Die Trauer Hinterbliebener von vor kurzer Zeit Verstorbenen und die nicht seltenen Illusionen zu möglichen Jenseitskontakten sind auch Betrügern nicht verborgen geblieben. So bot in Russland ein Erfinder namens Grigorij Grabowoj gegen Zahlung an, Verstorbene wieder zum Leben erwecken zu können. Für Aufsehen sorgten seinen Angebote an die Eltern von bei einem Terroranschlag (Beslan) ermordeten Kindern, ihre Kinder gegen Zahlung von 1.000 Euro „wiedererwecken“ zu können. Grabowoj wurde schliesslich zu 11 Jahren Haft verurteilt, musste jedoch nur einen Teil der Haftzeit absitzen.

In den USA verbreiten der ehemalige Börsenmakler und Buchautor Bill Guggenheim (der sich selbst als keynote speaker & workshop presenter bezeichnet) und seine ehemalige Ehefrau Judy (die als erste den Begriff "after-death communication" benutzt haben soll) (Webseite after-death.com) Hoffnungen zu möglichen Kontakten zu bereits Verstorbenen und erwecken insbesondere beständig den für Hinterbliebene erleichternden Eindruck, dass es den bereits verstorbenen Angehörigen „gut“ gehe. Das ausserwissenschaftliche, und an Laien gerichtete Buch ist offenbar gezielt an die zahlreichen Trauernden gerichtet, oder Angehörigen von Personen, die schwer erkrankt sind. Auf Basis esoterischer Vermutungen wird hier offensichtlich Geld mit dem Leid anderer Menschen verdient. Bill Guggenheim behauptet, dass 1988 ihm "eine Stimme" befohlen habe ein Buch zum Thema Nachtodkontakt zu schreiben (Führ eigene Untersuchungen durch und schreib ein Buch. Das ist deine Aufgabe) Die Guggenheims befragten daraufhin angeblich 2000 Personen (hauptsächlich per Telefon) zu möglichen Nachtodkontakten und veröffentlichten das Werk "Trost aus dem Jenseits. Unerwartete Begegnungen mit Verstorbenen" (Scherz-Verlag, englischsprachiger Originaltitel: "hello from heaven"), in dem sie unkritisch die Behauptung aufstellen, dass NTK reale Phänomene seien, unter Auschluß der ansonsten naheliegenden alternativen Hypothesen wie Halluzination oder Wachtraum. Zitiert werden von den Autoren nach einem unbekannten Prinzip ausgesuchte anekdotische Berichte von Befragten, die die Hypothesen der Buchautoren stützen sollen, selbst aber nicht prüfbar sind, da es sich um Träume und „Wahrnehmungen“ handelt. Beispiel:

‘‘ Plötzlich erschienen Adam und meine Nichte Jessica Hand in Hand vor mir! Sie waren vollkommen gesund, und ihre Gesichter leuchteten. Sie wirkten absolut lebendig und trugen lange weisse Gewänder. Ein sanftes Licht umgab sie beide. Sie waren so friedlich und glücklich, sie strahlten geradezu! Adam sagte: 'Hallo, Mutter. Ich liebe dich. Es geht mir gut. Ich bin glücklich, und du wirst eines Tages bei mir sein. Bitte trauere nicht so um mich, Mutter. Gib mich frei. Lass mich gehn.'

Dann sagte Jessica: 'Hallo, Tante Helen. Sag meiner Mutter, dass sie nicht mehr um mich trauern soll. Ich bin glücklich, und dies sollte so geschehen'. Dann gingen sie wieder. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich meinen Sohn freigeben.‘‘

Eigentlicher Kern des Trostwerks sind dann Behauptungen darüber, dass Hinterbliebene sich sicher sein können dass es den Verstorbenen „gut“ gehe, und diese selbst aber darunter „leiden“ würden zu sehen wie ihre Angehörigen Trauer über ihren Tod empfinden. Letzendlich also Motivation zu einer besonderen „Trauerarbeit“ auf Basis eines trostspendenden Buchs.

Literatur

  • Daggett LM.: Continued encounters: the experience of after-death communication., J Holist Nurs. 2005 Jun;23(2), Seiten 191-207
  • Kelly, Emily Williams; Arcangel, Dianne MA: An Investigation of Mediums Who Claim to Give Information About Deceased Persons, Journal of Nervous & Mental Disease, Januar 2011, Volume 199, 1, Sieten 11-17. doi: 10.1097/NMD.0b013e31820439da
  • Sylvia Hart Wright: Over a Century of Research on After-Death Communication, Journal of Spirituality and Paranormal Studies, Juli 2008

Siehe auch

Quellennachweise

  1. Rosenblatt, P.C., Walsh, R.P. and Jackson, D.A. (1976) Grief and Mourning in Cross- Cultural Perspective. HRAF Press
  2. Daggett LM.: Continued encounters: the experience of after-death communication., J Holist Nurs. 2005 Jun;23(2), Seiten 191-207.
  3. Gurney, Myers, Podmore 1886, Phantasms of the Living
  4. Sidgwick, Johnson, Myers, Podmore Report on the Census of Hallucinations
  5. Flammarion, C. (1901) The Unknown. New York and London: Harper Brothers.
  6. Flammario C: (1923) Death and Its Mystery: After Death. Manifestations and Apparitions of the Dead; The Soul after Death. NY and London: Century.