Nahtoderlebnis

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Als Nahtoderlebniss werden im Esoterikbereich und in der Parapsychologie selektiv ausgewählte Erlebnisse von Personen bezeichnet, die schwer erkrankten oder schwer verletzt wurden, aber dennoch überlebten und die Hypothesen über ein eventuelles Leben nach dem Tod oder den Reinkarnationsgedanken stützen sollen. Für solche Annahmen gibt es keine wissenschaftlichen Belege.

Erlebnisinhalte

Berichte über Nahtoderfahrungen sind häufig so genannte Außerkörperliche Erfahrungen (Out Of Body Experience - OOBE), bei denen die Personen über die Illusion berichten, ihren Körper verlassen und sich selbst von außen gesehen zu haben. Ein wesentliches Element der Nahtoderfahrungen sind Wahrnehmungen des Überganges durch einen Tunnel bzw. in eine Art Licht. Maßgeblich für eine Nahtod-Erfahrung scheint der subjektive Eindruck des Berichtenden zu sein, bald sterben zu müssen und weniger eine tatsächliche drohende Lebensgefahr.

Einige Betroffene berichten, dass sie sich und die Situation, in der sie sich befanden, von oben beobachtet haben. Weitere Erlebnisinhalte sind: Erscheinen von Lichtwesen, Engeln sowie eine Art Lebensrückschau. Typisch sind auch Emotionen wie Glücksgefühle, das Gefühl einer Allwissenheit und des Einsseins mit dem Universum bis hin zu mystischen und religiösen Empfindungen. Allerdings berichten nicht alle Betroffene von positiven Erlebnissen, sondern auch von angstbesetzten Szenarien wie der Hölle.

Diese Erlebnisse, Empfindungen und Emotionen werden in der Esoterik und Religion als Beweis eines Jenseits, der Existenz einer vom Körper unabhängig existierenden Seele, eines Lebens nach dem Tod oder der Reinkarnation gewertet (siehe auch Neurotheologie).

Bei Überlebenden mit Nahtoderfahrungen löst das transzendente Erlebnis oft einschneidende Veränderungen ihres Lebens aus. Sie sind fest davon überzeugt, dass das Erlebte real war. Daraus resultierend entwickelte sich besonders seit den 1980er Jahren eine Art neue religiöse Bewegung, die glaubt, in den Nahtod-Erfahrungen einen Beweis für das Leben nach dem Tod gefunden zu haben.

Ursachen

Für die Erlebnisse so genannter Nahtoderfahrungen existieren verschiedene wissenschaftliche Erklärungsmodelle, die das Phänomen jedoch nicht vollständig erklären.

Halluzinationen

Aus der Psychopathologie sind Halluzinationen bekannt, bei denen jemand ein Bild von sich selbst außerhalb seines eigenen Körpers sieht, ähnlich der außerkörperlichen Erlebnisse.

Träume

Viele Nahtoderfahrung wurde mit Traumtypen verglichen, insbesondere mit Klarträumen, Oneiroiden (Träume, bei denen der Erlebende sich als wach empfindet) und dem G-LOC-Dreamlet (Bewußtseinsverlust von Jetpiloten durch hohe Fliehkräfte). Klarträume haben mit den Nahtoderfahrungen gemeinsam, dass die Erfahrenden sich bewusst sind, dass ihr Erleben sich vom wachen Alltag unterscheidet.

Depersonalisation

Bei der Depersonalisation handelt es sich um eine krankhafte Selbstwahrnehmung, bei der die betroffene Person den Eindruck hat, dem eigenen Bewusstsein fremd gegenüberzustehen und ohne eigene Anteilnahme zu agieren. Mit der Nahtoderfahrung hat die Depersonalisation gefühlsmäßige Distanzierung von der materiellen Realität und eine Entfremdung vom eigenen Körper und der Umwelt gemeinsam. In 19-26 % der Fälle treten auch im Rahmen der Depersonalisation außerkörperliche Erlebnisse auf.

Dissoziation

Der Begriff Dissoziation bezeichnet Vorgänge, bei denen zusammengehörige Denkvorgänge oder Handlungsabläufe in Einzelheiten zerfallen. Dissoziative Reaktionen treten oft bei traumatischen Erfahrungen auf, wie beispielsweise bei Missbrauchserfahrungen. Da in einer Nahtoderfahrung die Persönlichkeit als vom Körper, seinen Schmerzen und den damit verbundenen Ängsten abgelöst erlebt wird, handelt es sich hierbei definitionsgemäß um eine dissoziative Leistung. Auch die gelegentlich in Außerkörperlichen Erlebnissen von außen beobachteten autonomen körperlichen Aktivitäten sind Hinweise auf den dissoziativen Charakter der Nahtoderlebnisse und außerkörperlichen Erlebnissen.

Erhöhte Kohlendioxidkonzentration im Blut

Die Forscher Zalika Klemenc-Ketis, Janko Kersnik und Stefek Grmec berichteten im April 2010 von Untersuchungen, in denen bei Patienten mit Herzstillstand und einer Nahtod-Erfahrung eine signifikant höhere Kohlendioxidkonzentration und ein erhöhter Kaliumspiegel im Blut gefunden wurden.[1] Ein erhöhter Kohlendioxidspiegel im Blut bzw. im Gehirn wird in Verbindung gebracht mit ungewöhnlichen Eindrücken, Lichtblitzen, Visionen und dem Gefühl, sich vom Körper zu lösen. Bereits in früheren Studien wurde nachgewiesen, dass das Einatmen von Kohlendioxid zu Halluzinationen führen kann, die den Nahtoderfahrungen ähnlich sind.[2][3]

Sauerstoffmangel

Es wird angenommen, dass Nahtodeserlebnisse auf Sauerstoffabwesenheit im Gehirn (zerebrale Anoxie), Sauerstoffmangel (Hypoxie) oder einen Überschuss an Kohlendioxyd (Hyperkapnie) zurückzuführen seien. Durch den Sauerstoffmangel im Gehirn kommt es zu einer Enthemmung in der Signalübertragung. Die Nervenzellen werden nicht mehr kontrolliert und die Sinneseindrücke können nicht mehr richtig verarbeitet werden. Damit lässt sich auch der Tunnelblick erklären: Die unkontrollierten Signale interpretiert das Gehirn als weißen Kreis, der zum Zentrum hin heller wird. Durch die zunehmende Reizüberflutung scheint das Ende des Tunnels näher zu kommen und man glaubt, in das Licht einzutreten.[4] Allerdings wiesen die Forschungen von Klemenc-Ketis, Kersnik und Grmec (2010) keine signifikante Korrelation zwischen einer sinkenden O2-Konzentration im Blut der Betroffenen und dem Auftreten von Nahtoderfahrungen bei ihnen auf.[5][6]

Drogen und körpereigene Botenstoffe

Halluzinogene wie LSD, Meskalin, Ketamin[7][8] und Haschisch rufen vereinzelt alle Nahtoderlebnis-Elemente bis hin zu vollständigen Nahtoderlebnis-Sequenzen auf. Deshalb gehen einige Autoren davon aus, dass die entsprechenden körpereigenen Botenstoffe und die zuständigen Rezeptoren im Gehirn für die Nahtoderfahrungen verantwortlich seien und die Nahtoderfahrungen komplexe halluzinatorische Erfahrungen seien.

Herzstillstand, klinischer Tod

11 bis 23 % aller Menschen, die einen Herzstillstand überleben, berichten hinterher von Nahtoderfahrungen, wobei allerdings nicht klar abgrenzbar ist, ob die Effekte nicht vordergründig durch einen erhöhten CO2-Gehalt im Blut verursacht wurden. In einer Studie von Zalika Klemenc-Ketis et. al. von der Universität Maribor wurden 52 Patienten, die einen zeitweiligen Herzstillstand überlebten, untersucht. Diejenigen von ihnen, die Nahtoderfahrungen hatten, wiesen dabei deutlich erhöhte Kohlendioxidwerte im Blut auf.[2]

Weitere mögliche Ursachen

  • Schläfenlappenepilepsie
  • Psychosen

Interessenverbände

In den USA wurde 1978 die International Association for Near-Death Studies (IANDS) gegründet, mit Sitz in Durham, North Carolina. Die IANDS hatte im Jahr 2010 rund 800 Mitglieder. Sie gibt das Journal of Near-Death Studies (JNDS) heraus, das vierteljährlich erscheint und den Anspruch einer wissenschaftlichen Zeitschrift erhebt. In Deutschland gibt es seit 2004 den Verein Netzwerk Nahtoderfahrung e.V., der sich auch German Friends of the International Association for Near-Death Studies nennt.

Siehe auch

Weblinks

Quellen