Konversionstherapie: Unterschied zwischen den Versionen
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Führende internationale psychiatrische und psychologische Fachgesellschaften lehnen solche Behandlungsversuche ab, da sie im Widerspruch zu den heute in Psychiatrie und Psychologie etablierten Auffassungen von Homosexualität stehen und möglicherweise schädigende Wirkung für die Betroffenen haben.<ref name='dgppn'>[http://www.dgppn.de/fileadmin/user_upload/_medien/download/pdf/stellungnahmen/2013/DGPPN-Referat_Stellungnahme_zu_Konversionstherapien.pdf Stellungnahme des DGPPN-Referats „Sexuelle Orientierung in Psychiatrie und Psychotherapie“ zu Konversionstherapien bzw. „reparativen“ Verfahren bei Homosexualität]</ref> | Führende internationale psychiatrische und psychologische Fachgesellschaften lehnen solche Behandlungsversuche ab, da sie im Widerspruch zu den heute in Psychiatrie und Psychologie etablierten Auffassungen von Homosexualität stehen und möglicherweise schädigende Wirkung für die Betroffenen haben.<ref name='dgppn'>[http://www.dgppn.de/fileadmin/user_upload/_medien/download/pdf/stellungnahmen/2013/DGPPN-Referat_Stellungnahme_zu_Konversionstherapien.pdf Stellungnahme des DGPPN-Referats „Sexuelle Orientierung in Psychiatrie und Psychotherapie“ zu Konversionstherapien bzw. „reparativen“ Verfahren bei Homosexualität]</ref> |
Version vom 24. September 2018, 13:39 Uhr
Als Konversionstherapie (auch Reorientierungstherapie, "Reparativtherapie" oder Umschwulung, von lat. conversio: Umwandlung, Bekehrung) sind pseudowissenschaftliche Therapieangebote zu verstehen, die bei Homosexuellen entweder ein Interesse an heterosexuellen Sexualkontakten wecken oder zumindest ihre homosexuelle Orientierung unterbinden bzw. sogar in ein asexuelles Verhalten umwandeln sollen. Diese Therapieform setzt die falsche Annahme voraus, dass Homosexualität „heilbar“ bzw. aberziehbar sei. Befürworter sind vor allem zahlreiche religiöse Gruppen wie beispielsweise Evangelikale, die katholischen Priesterbruderschaft St. Pius X. und der ultrakonservative katholische Orden Opus Dei, die Homosexualität als widernatürlich und nicht gottgewollt ansehen, sowie Teile der Ex-Gay-Bewegung. In Deutschland ist der Allgemeinmediziner und Homöopath Gero Winkelmann ein Befürworter und Anwender von Konversionstherapie.
Führende internationale psychiatrische und psychologische Fachgesellschaften lehnen solche Behandlungsversuche ab, da sie im Widerspruch zu den heute in Psychiatrie und Psychologie etablierten Auffassungen von Homosexualität stehen und möglicherweise schädigende Wirkung für die Betroffenen haben.[1]
Über eine dauerhafte Änderung der sexuellen Präferenzen mittels derartiger Therapieversuche existieren keine glaubwürdigen Berichte.
Hintergrund
In der Vergangenheit wurde Homosexualität als eine therapierbare psychische Störung betrachtet und erschien dementsprechend auch in den internationalen medizinischen Manualen. Im Jahr 1974 wurde Homosexualität in der Folge gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Entwicklungen von der American Psychological Association (APA) aus der Liste der psychischen Störungen gestrichen, 1992 schließlich auch aus dem weltweit anerkannten ICD-10-Katalog. Damit ist für die Wissenschaft Homosexualität unstrittig keine psychische Störung.
Formen der „Therapien“
Psychotherapie
Um Homosexuelle umzuorientieren, kommen vor allem verschiedene Verfahren der Verhaltenstherapie und der Psychoanalyse zur Anwendung. Begleitet werden solche Therapien häufig auch durch eine entsprechende geistliche Begleitung (Seelsorge), da die homosexuelle Orientierung von Gott nicht gewollt und lediglich eine psychologische Fehlentwicklung sei, die geheilt werden könne.[2]
Homöopathie
Der Bund Katholischer Ärzte in Deutschland (BKÄ) gibt eine Empfehlung, Homosexuelle mittels Homöopathie zu therapieren. Zum Einsatz soll eine Konstitutionstherapie mittels Platin in Hochpotenz kommen.[3]
Exorzismus
Insbesondere in den USA gibt es Strömungen, Homosexualität mittels Exorzismus „auszutreiben“. Viele der Anwender sind in der National Association for Research and Therapy of Homosexuality zusammengeschlossen, einer Organisation, die sich der modernen Wissenschaft verweigert und Exorzismus betreibt.[4] In Deutschland wird die Konversionstherapie unter anderem von einer radikal-religiösen Gruppierung names Wüstenstrom propagiert, die sich in diesem Zusammenhang ebenfalls des Exorzismus bedient.[5]
Andere
In der Vergangenheit wurden zur "Heilung" der Homosexualität teils brutale Therapien eingesetzt. Bis in das Jahr 1981 wurde in Europa und den USA Homosexualität auch durch die inzwischen generell obsolete Methode der Lobotomie behandelt.[6] Zur Anwendung kamen auch Methoden der chemischen Kastration. Ein berühmtes Opfer dieser Methode war der britische Mathematiker und Informatiker Alan Turing, der Anfang der 1950er Jahre wegen Homosexualität verurteilt wurde und sich, vor die Wahl gestellt, eine Haftstrafe anzutreten oder sich mit Östrogen behandeln zu lassen, für Letzteres entschied. Turing beging 1954 Suizid. Andere Formen waren beispielsweise Elektroschocks (auch an den Genitalien) oder das Verabreichen von Übelkeit auslösenden Medikamenten zusammen mit homoerotischen Stimuli (Aversionstherapie).
Vertreter
Derzeit wichtige Vertreter der Konversionstherapie sind der Psychologe Joseph Nicolosi (21. Januar 1947 - 8. März 2017), der Psychologieprofessor Mark A. Yarhouse von der evangelikalen Regent University sowie Warren Throckmorton und Richard Cohen, dem wegen Verstoßens gegen mehrere ethische Vorschriften die Zulassung als Therapeut entzogen wurde.[7] In Deutschland wirken Vertreter der Konversionstherapie nicht so offen wie in den USA, sodass sich hier kein "harter Kern" der Szene ausmachen lässt.
Eine im Jahr 2001 an der Columbia University initiierte Studie unter der Mitwirkung von Robert Spitzer will herausgefunden haben, dass Homosexualität therapierbar sei. Dafür wurden in Interviews 200 Personen befragt, die behaupteten, dass sich ihre sexuelle Orientierung geändert habe. Allerdings beruht die Studie allein auf diesen Befragungen, womit die Glaubwürdigkeit der Aussagen nicht verifiziert wurde. Spitzer entschuldigte sich später für diese Studie.[8]
Risiken
Da die sexuelle Orientierung beim Menschen nicht veränderbar ist, kann es durch Versuche, diese zu ändern, zu teils schweren psychischen Problemen wie Depressionen, Angsterkrankungen und selbstdestruktivem Verhalten bis hin zum Suizid kommen.[1]
Verbotsdiskussion
In den USA existieren Bestrebungen, die Konversionstherapie insbesondere bei Jugendlichen völlig zu verbieten. Ein entsprechendes Gesetz wird auch von Präsident Barack Obama unterstützt. In den Bundesstaaten Kalifornien und New Jersey bestehen bereits entsprechende Verbote.[9]
Weblinks
- Dr. Dipl. Psych. Gisela Wolf: Konversion- und reparative "Therapien" Fachtreffen des VLSP, 10. Oktober 2009
Quellenverzeichnis
- ↑ 1,0 1,1 Stellungnahme des DGPPN-Referats „Sexuelle Orientierung in Psychiatrie und Psychotherapie“ zu Konversionstherapien bzw. „reparativen“ Verfahren bei Homosexualität
- ↑ Tanya Erzen: Straight to Jesus: Sexual and Christian Conversions in the Ex-Gay Movement, University of California Press, Berkeley, 2006
- ↑ http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/0.1518.766184.00.html
- ↑ http://www.welt.de/vermischtes/article112358830/US-Exorzisten-spielen-sich-als-Homo-Befreier-auf.html
- ↑ Christian Stöcker: Exorzisten und Schwulen-Heiler: Dämonen auf dem Psychiaterkongress Spiegel online, abgrufen am 18. Mai 2015
- ↑ Vom Trieb befreit durch Operation - Neurochirurgie hilft Homosexuellen Die Zeit, vom 4. April 1969
- ↑ Sandra G. Boodman: A Conversion Therapist's Unusual Odyssey In: The Washington Post. August 16, 2005, Abgerufen am 30. März 2014
- ↑ Angebliche Therapie: Forscher entschuldigt sich für Homosexuellen-Studie Spiegel online, abgerufen am 18. Mai 2015
- ↑ http://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/sprektrum/news/2015/04/09/obama-gegen-konversionstherapie/15845.html