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Version vom 5. September 2013, 21:12 Uhr
Harald Walach (geb. 1957) ist Professor für die Forschungsmethodik komplementärer Medizin und Heilkunde an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder); dort leitet er das Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften (IntraG), das einen Masterstudiengang Komplementärmedizin anbietet. Davor war er Professor für Psychologie an der Universität Northampton, bis 2005 war er Leiter der Arbeitsgruppe für Evaluation, Naturheilverfahren und Umweltmedizin an der Universitätsklinik Freiburg.[2]
Tätigkeiten
Harald Walach ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen aus dem Bereich der Alternativmedizin. Sein besonderes Interesse gilt der Homöopathie, der Fernheilung und der Methodik zur Evaluation komplementärmedizinischer Methoden. Walach wirkt neben seiner Tätigkeit an der Viadrina in zahlreichen anderen Institutionen und Gremien mit:
- Walach hat sowohl in klinischer Psychologie (Universität Basel, 1990) als auch in Philosophie und Geschichte der Wissenschaft (1995, Universität Wien) promoviert und sich in Psychologie habilitiert (1998, Universität Freiburg).
- Er ist europäischer Leiter des "Samueli-Institute of Information Biology"[3] und Herausgeber der Fachzeitschrift "Forschende Komplementärmedizin und Klassische Naturheilkunde" sowie von "Spirituality and Health International".
- Walach wird im "Wissenschaftlichen Beirat" des privaten Internetprojekts "Psychophysik" des Werbetexters Claus Fritzsche genannt.
- Er war lange Zeit Mitglied des Vorstands des deutschen "Kollegiums für transpersonale Psychologie".
- Walach ist Präsident einer "International Society for Complementary Medicine Research".[4]
- Er ist Mitglied der Kommission nach § 25 Abs. 6, 7 und 7a Satz 8 AMG für den humanmedizinischen Bereich, homöopathische Therapierichtung (Kommission D), Fachbereich medizinische Statistik im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.[5]
- Die niederländische Homöopathie-Firma Amma Resonance Healing Foundation (ARHF) gibt Walach als "research consultant" an.[6] Die ARHF besitzt die Vermarktungsrechte an einem AIDS-Wundermittel namens "PC1" des britischen Medizinlaien und Erfinders Peter Chappell und bietet dieses auch zum Kauf an. Chappell behauptet, AIDS (aber auch Malaria und andere Infektionskrankheiten) nebenwirkungsfrei mit seiner Erfindung "resonance-healing" heilen zu können und behauptet sogar, dass eine absurde "Therapie" des Anhörens bestimmter Jazz-Musikstücke bei AIDS heilsam sei. Im Internet bietet er daher bestimmte MP3-Musikstücke zum kostenpflichtigen Download an und empfahl, diese per Rundfunksender in Afrika zu Heilzwecken auszusenden. Chappell sieht als Ursache von AIDS (das nachgewiesener Weise durch das HI-Virus ausgelöst wird) ein angenommenes "Ungleichgewicht zwischen männlichem und weiblichen Prinzip" ("AIDS is a disease born out of a disharmonious interaction between male and female principle"). Ohne dass für PC1, das offenbar der Homöopathie zuzuordnen ist, ein Wirksamkeitsnachweis bekannt wäre, wird das Mittel bei AIDS-Patienten in Afrika im Rahmen von Menschenversuchen eingesetzt.
- Mehrfach erschienen von Walach Beiträge im Internetportal Symptome.ch, einer Werbeplattform für eine Vielzahl pseudomedizinischer Therapien. Im März 2013 beispielsweise verbreitete er dort die verschwörungstheoretische Ansicht, dass die Homöopathie deshalb "unter Beschuss" stehe, weil sie so sicher und kostengünstig sei ("dass das Widerstand erzeugt, liegt auf der Hand").[7]
Pseudowissenschaft
Schwache Quantentheorie
Walach gehört zu den Urhebern der so genannten "Schwachen Quantentheorie" und benutzt diese Theorie u.a., um (angebliche) Phänomene aus dem Bereich der transpersonalen Psychologie zu erklären oder daraus ein Modell der Homöopathie zu entwickeln. Die "Schwache Quantentheorie" wird vor allem als theoretischer Unterbau von Ideen propagiert, die im Allgemeinen der Esoterik und der Alternativmedizin zuzuordnen sind.
Global Scaling
Walach ist oder war auch Anhänger des Global Scaling-Konzepts, das von dem vermeintlichen Physiker und Mathematiker Hartmut Müller erfunden wurde und beispielsweise von Herstellern pseudomedizinischer Geräte für scheinwissenschaftliche Erklärungen herangezogen wird. Befürwortet wird es auch von der Deutschen Gesellschaft für Energetische und Informationsmedizin DGEIM, mit der es eine Zusammenarbeit im Masterstudiengang Komplementärmedizin an Walachs Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften (IntraG) an der Viadrina gab. Nach der Verurteilung von Hartmut Müller wegen Anlagebetrugs im Zusammenhang mit der Global Scaling-Masche Anfang 2012 erklärte Walach, das Ganze sei ein "Missverständnis" gewesen. Global Scaling halte er für einen "Schmarrn" und meinte weiter: "Ich kenne mich damit nicht aus, und es ist mir auch zu kompliziert." Eine Zusammenarbeit mit der DGEIM gebe es nicht mehr: "Schließlich will ich damit nicht meinen Ruf zerstören."[8]
Kozyrev-Spiegel
Im Jahr 2011 hat Walach an der Viadrina eine Masterarbeitet betreut, die sich mit dem Kozyrev-Spiegel beschäftigt, einer abstrusen Vorrichtung, mit der man "einen Raum-Zeit-Kanal öffnen" könne und die u.a. telepathische Übertragungen ermögliche.[9] Als Quellen werden in der Arbeit nur außerwissenschaftliche Publikationen angegeben, z.B. mehrfach die Esoterikzeitschrift Raum & Zeit; rund zwei Drittel der Zitate stammen von den Autoren Marco Bischof, Nikolai Kozyrev, Vlail Kaznacheev und Alexander Trofimov (Miterfinder des Spiegels), Hartmut Müller, James Oschman, Marcus Schmieke und Harald Walach. Die Masterarbeit wurde in einem Newsletter von Walachs Institut IntraG im September 2011 als "hervorragend" gelobt:[10]
- 35 Studierende des ersten Jahrgangs 2009 haben nun ihr Studium abgeschlossen und Masterarbeiten geschrieben [...] Auch hervorragende experimentelle Arbeiten waren darunter wie die von Herrn Conrad, der in einem selbstkonzipierten Experiment die Hypothesen Kosyrevs überprüft hat [...] Wir werden die Autoren der Arbeiten ermutigen, diese in der wissenschaftlichen Literatur zu publizieren. Möglicherweise werden wir sogar eine eigene Reihe herausgeben.
In einem Interview mit der Berliner Tageszeitung (taz) lobte Walach Mitte Juni 2012 noch einmal die Masterarbeit:
- "...Ich finde die Substanz dieser Arbeit gut. Wenn jemand ein Vierteljahr Zeit hat, so wie es die Prüfungsordnung vorsieht, und in diesem Zeitraum ein sehr aufwendiges Experiment realisiert, eine große Datenmenge generiert und diese korrekt auswertet, sind bestimmte Kriterien erfüllt"...[11]
Auch Spiegel-Online befasste sich mit der unwissenschaftlichen Esoterik-Masterarbeit an der Europa-Universität Viadrina.[12]
Fernheilung
Walach war Hauptautor einer EUHEALS-Studie zur Fernheilung, an der auch Harald Wiesendanger beteiligt war.[13][14] 400 Geistheiler konnten sechs Monate lang 400 Patienten "fernheilen". Die Wunderheiler erhielten lediglich Informationen zu den jeweiligen Vornamen und eine Fotographie des Patienten. Den Forschern gelang es, für ihre Studie 300 000 Euro aus öffentlichen Geldern zu erhalten (europäischer Forschungsfond). Die Studie ergab keinen statistisch nachweisbaren Vorteil bei von Geistheilern behandelten Patienten mit chronischer Müdigkeit (CFS). Der Lübecker Geistheiler Jürgen Podey (alias "Mille Artifex") nahm seine Studienteilnahme zum Anlass, sich als staatlich geprüfter Geistheiler zu bezeichnen und wurde in diesem Zusammenhang später von der Studie ausgeschlossen. Ein weiterer beteiligter Fernheiler der Studie war Alexander Tarasov.
Autismus
Ein 2005 unter Mitarbeit von Walach erstelltes Paper versuchte zu belegen, dass wiederholte Exposition mit Quecksilber (auch in geringen Mengen) das Risiko für Autismus erhöht.[15] Dabei arbeitete Walach mit dem Chemiker Boyd Haley zusammen. Haley musste 2010 den illegalen Vertrieb einer von ihm als Medikament bezeichneten Industriechemikalie einstellen.[16] In dem Paper wird Chelation als "bevorzugte" Therapie bei Autismus bezeichnet und dabei auf die Organisation Defeat Autism Now (DAN) verwiesen. Dieses rekrutiert ihre Vertreter überwiegend aus den Reihen von Impfgegnern und alternativmedizinisch arbeitenden Therapeuten.
Zitate
- Homöopathie ist meiner Meinung nach einfach sehr systematisierte Magie. Deshalb wird man auch wahrscheinlich auf Dauer keine kausalen Signale in homöopathischen Arzneien finden. Das ist auch das Problem einer experimentellen Homöopathieforschung, die genau von dieser Voraussetzung ausgeht.[17]
Werke und Veröffentlichungen
- Walach, Harald: Weg mit den Pillen. Selbstheilung oder warum wir für unsere Gesundheit Verantwortung übernehmen müssen. Eine Streitschrift. Irisiana Verlag, München 2011
- Walach, Harald: Wissenschaftliche Untersuchungen zur Homöopathie. Die Münchener Kopfschmerzstudie, Arzneimittelprüfung mit Belladonna. Edition Forschung. KVC Verlag, Essen 2000
- Walach, Harald: Homöopathie als Basistherapie. Plädoyer für die wissenschaftliche Ernsthaftigkeit der Homöopathie. Karl F. Haug Verlag, Heidelberg 1986
- Walach H: Ganzheitliche Heilkunde – theoretische Überlegungen und der Versuch einer Vision. In: Heilkunde versus Medizin. Hrsg. Albrecht, Henning, Hippokrates Verlag, Stuttgart 1993
- Walach H: Magic of Signs: A Nonlocal Interpretation of Homeopathy. British Homeopathic Journal 2000; 89: 127-140
- Walach H: Entanglement model of homeopathy as an example of generalized entanglement predicted by Weak Quantum Theory. Forschende Komplementärmedizin und Klassische Naturheilkunde 2003; 10: 192-200
- Möllinger H, Schneider R, Walach H: Homeopathic Pathogenetic Trials Produce Specific Symptoms Different from Placebo: Forschende Komplementärmedizin und Klassische Naturheilkunde 2009; 16: 105-110
- Walach H, Möllinger H, Sherr J, Schneider R: Homeopathic pathogenetic trials produce more specific than non-specific symptoms: results from two double-blind placebo controlled trials. Journal of Psychopharmacology 2008; 22: 543-552
- Walach H, Lewith G.: “Homoeopathic remedies and drug-regulatory authorities”, Lancet 2010 Jan 23;375(9711):279
Zitat: We agree with Silvio Garattini and Vittorio Bertelé (Nov 7, p 1578)1 that homoeopathy is a nuisance. But instead of shelving it, as suggested, we suggest thinking twice: why do perfectly rational people continue to use irrational science and seem to find it effective?”...Homoeopathy is a scientific anomaly.
Stellungnahmen
Rezeption, Zeitungsartikel und Blogartikel
- Edith Kresta: "PROFESSOR ÜBER ALTERNATIVE HEILKUNDE - „Wir sind die Speerspitze der Aufklärung“, taz, 15.6.2012
- Joseph Kuhn: Wissenschaftstheorie, Wissenschaftspraxis, Wissenschaftspolitik - die unendliche Geschichte esoterischer Betätigungen an der Viadrina Gesundheits-Check, 27. April 2012
- Floran Freistetter: Pseudowissenschaft an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt: Professor Harald Walach und der Kozyrev-Spiegel Astrodicticum simplex, 8. Mai 2012
- Ulrich Berger: "Zirkuläre Medizin an der Viadrina", 26. September 2012
Quellennachweise
- ↑ http://www.arhf.nl/research.php
- ↑ Claus Fritzsche: Coup: Prof. Dr. Dr. Harald Walach übernimmt Professur an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) [1]
- ↑ http://www.siib.org/
- ↑ http://www.iscmr.org
- ↑ http://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/2_zulassung/zulArten/besTherap/amAnthropo/mitglieder-kommission-d.html?nn=1013980
- ↑ http://www.arhf.nl/research.php
- ↑ Homöopathie ist kostengünstig und sicher – und deshalb unter Beschuss? Symptome.ch, 18. März 2013
- ↑ Betrug mit „Gravitationswellen“: Erfolgreich, aber erfunden. FAZ.net, 21.04.2012
- ↑ Peter Conrad: Der Kozyrev-Spiegel in der Praxis. Masterarbeit Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), Institut für Transkulturelle Gesundheitswissenschaften, Masterstudiengang "Komplementäre Medizin - Kulturwissenschaften - Heilkunde". Gutachter: Prof. Dr. Dr. Harald Walach, Prof. Dr. Stefan Schmidt. Berlin, 15. März 2011
- ↑ INTRAG newsletter 2011 09, eingesehen April 2012 Verantwortlich für die Redaktion des INTRAG-newsletter war Gutachter Harald Walach (Zitat aus dem newsletter 2011 09: Redaktion dieser Ausgabe: Prof. Dr. Dr. Harald Walach, Prof Dr. Hartmut Schröder, Jochen Krautwald, Andreas Giesen - Verantwortlich: Prof. Dr. Dr. Harald Walach).
- ↑ Edith Kresta: "PROFESSOR ÜBER ALTERNATIVE HEILKUNDE - „Wir sind die Speerspitze der Aufklärung“, taz, 15.6.2012
- ↑ Bernd Kramer: "Esoterische Masterarbeit - Ich sehe was, was du nicht siehst", Spiegel Online, 7.5.2012
- ↑ Walach H, Bösch H, Haraldsson E, Marx A, Tomasson H, Wiesendanger H, Lewith G., "Efficacy of distant healing--a proposal for a four-armed randomized study (EUHEALS).", Forsch Komplementarmed Klass Naturheilkd. 2002 Jun;9(3):168-76
- ↑ Harald Walach, Holger Bösch, George Lewith, Johannes Naumann, Barbara Schwarzer, Sonja Falk, Niko Kohls, Erlendur Haraldsson, Harald Wiesendanger, Alain Nordmann, Helgi Tomasson, Phil Prescott, Heiner C. Bucher. "Effectiveness of Distant Healing for Patients with Chronic Fatigue Syndrome: A Randomised Controlled Partially Blinded Trial (EUHEALS)", Psychother Psychosom 2008;77:158–166 Volltext
- ↑ Mutter J, Naumann J, Schneider R, Walach H & Haley B, "Mercury and autism: Accelerating Evidence?", Neuroendocrinology Letters 2005 Oktober;Vol 26 No.5 439-446
- ↑ http://www.autism-watch.org/reg/fda/haley/osr.shtml
- ↑ http://www.informationen-zur-homoeopathie.de/?p=502