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| === Generelle Kritik === | | === Generelle Kritik === |
− | Die Kritiker führen an, dass durch die willkürlichen Spaltenbreiten des Schemas (in verschiedenen Konstellationen bis zu mehreren tausend Buchstaben, nur mittels Computer lösbar), gepaart mit der Tatsache, dass die [[Hebräisches Alphabet|hebräische Schrift]] nur [[Konsonant|Konsonanten]], aber keine [[Vokal|Vokale]] kennt, eine große Zahl von Treffern in Form von Wörtern mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Darüber hinaus sind in bestimmten Fällen bei der Wiedergabe nicht-hebräischer Wörter und Namen einige Buchstaben des Hebräischen phonetisch austauschbar, was die effektive Zahl von Buchstaben und deren Kombinationen erweitert. In Verbindung mit dem [[Zielscheibenfehler]] erhöht dies die Wahrscheinlichkeit von Treffern noch weiter. | + | Die Kritiker führen an, dass durch die willkürlichen Spaltenbreiten des Schemas (in verschiedenen Konstellationen bis zu mehreren tausend Buchstaben, nur mittels Computer lösbar), gepaart mit der Tatsache, dass die hebräische Schrift nur Konsonant|Konsonanten, aber keine Vokale kennt, eine große Zahl von Treffern in Form von Wörtern mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Darüber hinaus sind in bestimmten Fällen bei der Wiedergabe nicht-hebräischer Wörter und Namen einige Buchstaben des Hebräischen phonetisch austauschbar, was die effektive Zahl von Buchstaben und deren Kombinationen erweitert. In Verbindung mit dem Zielscheibenfehler erhöht dies die Wahrscheinlichkeit von Treffern noch weiter. |
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− | Wie beim [[Geburtstagsparadoxon]] findet sich mit großer Wahrscheinlichkeit irgendeine Aussage im Text (beim Geburtstagsparadoxon: ''Geburtstag irgendwann im Jahr''). Hingegen ist die Wahrscheinlichkeit gering, eine vorher festgelegte Aussage zu entschlüsseln, beispielsweise ''Klimaerwärmung um 2 Grad bis 2100'' (bzw. ''Geburtstag am 12. Mai''). Auch gibt es keine Möglichkeit, den Klartext zu verifizieren. Zu jedem Klartext lässt sich ein Schlüssel finden, der den Geheimtext entsprechend übersetzt, genau wie bei der [[One-Time-Pad]]-Verschlüsselung, die für jeden Schlüssel einen mehr oder weniger sinnvollen Klartext liefert. | + | Wie beim Geburtstagsparadoxon findet sich mit großer Wahrscheinlichkeit irgendeine Aussage im Text (beim Geburtstagsparadoxon: ''Geburtstag irgendwann im Jahr''). Hingegen ist die Wahrscheinlichkeit gering, eine vorher festgelegte Aussage zu entschlüsseln, beispielsweise ''Klimaerwärmung um 2 Grad bis 2100'' (bzw. ''Geburtstag am 12. Mai''). Auch gibt es keine Möglichkeit, den Klartext zu verifizieren. Zu jedem Klartext lässt sich ein Schlüssel finden, der den Geheimtext entsprechend übersetzt, genau wie bei der One-Time-Pad-Verschlüsselung, die für jeden Schlüssel einen mehr oder weniger sinnvollen Klartext liefert. |
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− | Auch die Behauptung, codierte Botschaften seien absichtlich im hebräischen Urtext verborgen worden, ist hinfällig. Drosnins Aussage, nach der „alle heute in der hebräischen Originalsprache vorhandenen Bibeln Buchstabe für Buchstabe identisch sind“, ist falsch. Es ist zwar erstaunlich, dass der Bibeltext über [[Jahrtausend]]e bewahrt wurde, ohne dass gravierende Unterschiede bestehen, jedoch sind die einzelnen erhaltenen Handschriften nicht Buchstabe für Buchstabe identisch. | + | Auch die Behauptung, codierte Botschaften seien absichtlich im hebräischen Urtext verborgen worden, ist hinfällig. Drosnins Aussage, nach der „alle heute in der hebräischen Originalsprache vorhandenen Bibeln Buchstabe für Buchstabe identisch sind“, ist falsch. Es ist zwar erstaunlich, dass der Bibeltext über Jahrtausende bewahrt wurde, ohne dass gravierende Unterschiede bestehen, jedoch sind die einzelnen erhaltenen Handschriften nicht Buchstabe für Buchstabe identisch. |
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− | Die älteste vollständige hebräische Handschrift ist der [[Codex Leningradensis]]. Er wurde um [[1000|1000 n. Chr.]] angefertigt und ist Basis der meisten heutigen hebräischen Bibelübersetzungen. Rips und Drosnin benutzten jedoch den Text der Tora-Ausgabe des Koren Verlages. Der Codex Leningradensis weicht von der Koren-Ausgabe ab – allein im [[5. Buch Mose]] um 41 Buchstaben. Die Schriftrollen vom [[Totes Meer|Toten Meer]] enthalten Bibeltexte, die vor über 2000 Jahren abgeschrieben wurden. Nicht deren sinngemäße Aussage, jedoch die Anordnung der Buchstaben weicht vom ''Codex Leningradensis'' noch weitgehender ab. In manchen Buchrollen wurden häufig Buchstaben hinzugefügt, um Vokale anzuzeigen, da Vokalpunkte damals noch nicht geschrieben wurden. Ein einziger geänderter Buchstabe würde die Buchstabenfolge samt der entstehenden Aussage fundamental ändern, so sie denn vorhanden wäre. | + | Die älteste vollständige hebräische Handschrift ist der Codex Leningradensis. Er wurde um 1000 n. Chr. angefertigt und ist Basis der meisten heutigen hebräischen Bibelübersetzungen. Rips und Drosnin benutzten jedoch den Text der Tora-Ausgabe des Koren Verlages. Der Codex Leningradensis weicht von der Koren-Ausgabe ab – allein im 5. Buch Mose um 41 Buchstaben. Die Schriftrollen vom Toten Meer enthalten Bibeltexte, die vor über 2000 Jahren abgeschrieben wurden. Nicht deren sinngemäße Aussage, jedoch die Anordnung der Buchstaben weicht vom ''Codex Leningradensis'' noch weitgehender ab. In manchen Buchrollen wurden häufig Buchstaben hinzugefügt, um Vokale anzuzeigen, da Vokalpunkte damals noch nicht geschrieben wurden. Ein einziger geänderter Buchstabe würde die Buchstabenfolge samt der entstehenden Aussage fundamental ändern, so sie denn vorhanden wäre. |
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− | Die Theorie eines Bibelcodes wurde aus mathematischer Perspektive gründlich – so der englische Sachbuchautor und Mathematiker der Universität Oxford Marcus du Sautoy – durch eine Arbeit von [[Persi Diaconis]], Mathematiker an der [[Stanford University|Stanford-Universität]], widerlegt.<ref>[[Marcus du Sautoy]]: ''Musik der Primzahlen. Auf den Spuren des größten Rätsels der Mathematik.'' C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-52320-X, S. 332.</ref> Das gelte gleichermaßen für die von den Kritikern wie McKay verwandten Werke. Die in ''Moby Dick'' gefundenen Zusammenhänge seien ein Ergebnis gezielter Suche danach und entsprechend gestalteter Sequenzierung des Textes. McKay und andere Kritiker bedienten sich somit der gleichen Beliebigkeit und Unwissenschaftlichkeit, die sie Drosnin zu Recht vorwürfen. Dies ergäbe Sinn, da sie ja zeigen wollten, dass man mit Drosnins Methoden auch bei anderen Texten fündig wird. McKay sagt allerdings, dass auch Witztum von vornherein mit diesen Methoden gearbeitet hatte: „Jeder einzelne unserer Tricks war aus Witztums Arbeit kopiert.“<ref>Brendan McKay: [http://cs.anu.edu.au/~bdm/codes/witzum/index.html ''Did we really find codes in War and Peace?''] "Every single one of our tricks was copied from Doron Witztum's own work." </ref> | + | Die Theorie eines Bibelcodes wurde aus mathematischer Perspektive gründlich – so der englische Sachbuchautor und Mathematiker der Universität Oxford Marcus du Sautoy – durch eine Arbeit von Persi Diaconis, Mathematiker an der Stanford University|Stanford-Universität, widerlegt.<ref>Marcus du Sautoy: ''Musik der Primzahlen. Auf den Spuren des größten Rätsels der Mathematik.'' C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-52320-X, S. 332.</ref> Das gelte gleichermaßen für die von den Kritikern wie McKay verwandten Werke. Die in ''Moby Dick'' gefundenen Zusammenhänge seien ein Ergebnis gezielter Suche danach und entsprechend gestalteter Sequenzierung des Textes. McKay und andere Kritiker bedienten sich somit der gleichen Beliebigkeit und Unwissenschaftlichkeit, die sie Drosnin zu Recht vorwürfen. Dies ergäbe Sinn, da sie ja zeigen wollten, dass man mit Drosnins Methoden auch bei anderen Texten fündig wird. McKay sagt allerdings, dass auch Witztum von vornherein mit diesen Methoden gearbeitet hatte: „Jeder einzelne unserer Tricks war aus Witztums Arbeit kopiert.“<ref>Brendan McKay: [http://cs.anu.edu.au/~bdm/codes/witzum/index.html ''Did we really find codes in War and Peace?''] "Every single one of our tricks was copied from Doron Witztum's own work." </ref> |
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| == Adaption == | | == Adaption == |