Sarkozy-Verschwörung

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Beispiel eines Reuploads des irreführenden Videoclips auf YouTube[1]
Der ehemalige Grand Wizard des Ku-Klus-Klans David Duke verbreitet die Sarkozy-Verschwörung im Rahmen seiner Theroie eines „white genocide“.[2]
Ein typisches Beispiel für das Grassieren der Sarkozy-Verschwörungen in Kommentarsektionen; der Kommentator gibt zu, über keine Französischkenntnisse zu verfügen.[3]
Antisemitismus nimmt, wie dieses Beispiel zeigt, in der Sarkozy-Verschwörung oft eine zentrale Rolle ein.

Der aus der rechtsradikalen und antisemitistischen Szene stammenden Sarkozy-Verschwörung zufolge soll der ehemalige französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy eine gesetzlich verbindliche so genannte "Rassenvermischung" in Frankreich gefordert haben.

Als Beleg herangezogen wird ein sinnentstellender und weniger als anderthalb Minuten langer Zusammenschnitt von vier kurzen Ausschnitten aus einer Rede Sarkozys, die er am 17. Dezember 2008 an der École polytechnique, einer der prestigeträchtigsten Elitehochschulen Frankreichs, hielt. Auch aus dem Essay La Cause du peuple des Ultrarechten Patrick Buisson, der als Berater für das ehemalige Staatsoberhaupt Frankreichs gearbeitet hat, werden Schlüsse auf eine Verschwörung des Staatspräsidenten gezogen.

Die Sarkozy-Verschwörung fällt, genauso wie der Kalergi-Plan oder der Hooton-Plan, mit denen sie oft zusammen genannt wird, unter die Kategorie Umvolkungs-Verschwörung: Großer Austausch, Great Replacement, Grand remplacement, white genocide. Ihre Anhänger findet sie insbesondere im englischsprachigen und im deutschsprachigen Raum; die Gründe hierfür liegen vor allem in den fehlenden Französischkenntnissen der meisten Zuschauer, der unglücklichen Übersetzung im Untertitel des Videoclips, seiner den tatsächlichen Inhalt verfälschenden Anneinanderreihung durch Videoschnitte und dem mangelnden Interesse an der politischen und medialen Landschaft Frankreichs: Sarkozy ist ein rechtskonservativer Politiker und seine Rede erregte in seinem Land keinen Unmut.

Im starken Kontrast zu der Verschwörungstheorie machte Sarkozy immer wieder Schlagzeilen wegen seiner harten Linie in Migrationsfragen.

Da der Videoclip sich bei YouTube und anderen Streamingdiensten mehrfach findet und einige Uploads gelöscht wurden, werden verlässliche Aussagen über die Verbreitung der Sarkozy-Verschwörung erschwert. Von einer breiten Wirkung des Videos innerhalb der rechten Szene darf jedoch ausgegangen werden, weil sich Vertreter der Verschwörung in diversen Weblogs und in szenenahen Kommentarsektionen häufig finden.


Das Video: ein Ausschnitt aus Sarkozys Rede vom 17. Dezember 2008 an der École polytechnique

In den Untertiteln des mit trauriger Melodie unterlegten Videoclips der Rede von Sarkozy werden ihm folgende Worte in den Mund gelegt:

[1] Was ist das Ziel? Das Ziel ist die Rassenvermischung [Sarcozy spricht im französischen Originalton von einer ,métissage‘]! Die Herausforderung der Vermischung der verschiedenen Nationen ist die Herausforderung des 21. Jahrhunderts. [...] [2] Es ist keine Wahl, es ist eine Verpflichtung. Es ist zwingend. Wir können nicht anders, wir risikieren sonst Konfrontationen mit sehr großen Problemen. [...] [3] Deswegen müssen wir uns wandeln (changer) und werden uns wanden (changer). Wir werden uns alle zur selben Zeit verändern: Unternehmen, Regierung, politische Parteien und wir werden uns diesem Ziel verpflichten. [...] [4] Wenn das nicht vom Volk freiwillig getan wird, dann werden wir staatliche zwingende Maßnahmen anwenden!“ – Untertitel aus dem YouTube-Video „Französischer Ex-Präsident Sarkozy spricht von Rassenvermischung mit Zwangsmaßnahmen“[4]

Dass es sich um eine konstruierte Aneinanderreihung vier verschiedener Stellen der Rede handelt, versucht der Videoclip zu kaschieren; die Sprünge wurden im oben angeführten Zitat kenntlich gemacht („[...]“) und nummiert („[1]“ bis „[4]“). Aus dem Kontext gerissen wurde in der weniger als anderthalb Minuten langen Zusammenstellung jeder einzelne Satz des französischen Staatsoberhaupts.

Im Folgenden wollen wir die Zusammenhänge, wie sie sich in der gesamten Rede zeigen, unter die Lupe nehmen, und die Übersetzung „Rassenvermischung“ kritisch hinterfragen.

zu „[1]“: Sarkozy verwendet das Wort „métissage“, das in diesem Kontext jedoch, wie wir noch sehen werden, nicht „Rassenvermischung“ bedeutet, sondern eine kulturelle Vermischung im Sinne einer „métissage culturel“ bezeichnet. Im Französischwörterbuch Larousse findet sich ein entsprechender Eintrag:

„Métissage culturel, [Hinzufügung: nom masculin] production culturelle (musique, littérature, etc.) résultant de l'influence mutuelle de civilisations en contact.“ – Dictionnaire Larousse[5]
Übersetzung: „Kulturelle Vermischung, ein kulturelles Produkt musikalischer, literarischer oder anderer Art, das aus den gegenseitigen Einflüssen zwischen Kulturen entsteht, die Kontakt miteinander haben.“

Die Hinzufügung „... culturel“ ist dabei unnötig, denn auch ohne Adjektiv kann das Wort „métissage“ eine „kulturelle Vermischung“ bezeichnen:

„Die wohl älteste und zugleich am weitesten verbreitete Bezeichnung von Phänomenen kultureller Hybridität ist der Begriff Métissage. Er stammt aus dem Portugiesischen ,Mestizao‘ (16. Jh.) und ist kolonialen Ursprungs. Als Bezeichnung für die biologische Mischung von Angehörigen verschiedener Ethnien im 16. Jahrhundert in Brasilien geprägt, avancierte der Begriff Métissage vor allem seit den 1930er Jahren zu einem wichtigen Begriff der Kolonialideologie, insbesondere im französischen Kolonialreich. Er bezeichnete die anvisierte assimilatorische Verschmelzung der Kulturen des Mutterlandes und der Kolonien unter der Hegemonie der französischen Sprache und Kultur zu einer Nation de 100 millions d’habitants, einer ,Nation von 100 Millionen Einwohnern‘, auf fünf Kontinenten.“ – Ansgar & Vera Nünning: Einführung in die Kulturwissenschaften[6]

Dass Sarkozy „métissage“ in der beschriebenen Bedeutung verwendet, ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang, der im Videoclip übergangen wird:

„Was ist das Ziel? Das wird für viel Gesprächsstoff sorgen, aber das Ziel ist es, die Herausforderung der Vermischung (métissage) anzunehmen; die Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist eine Zeit der Vermischung (métissage). [Hier unterbricht der YouTube-Videoclip, das Folgende wird also gezielt ausgespart.] Frankreich stand schon immer vor der Herausforderung der Vermischung (métissage). Frankreich stellt sich der Herausforderung der Vermischung (métissage) und bleibt seiner Geschichte treu. Außerdem ist es die Konsanguität (consanguinité), die immer das Ende von Zivilisationen und Gesellschaften herbeigeführt hat, – sagen wir es so: niemals Vermischung (métissage). Im Laufe der Jahrhunderte war Frankreich immer ein vermischtes (métissé) Land. Frankreich hat die Kulturen, die Ideen, die Geschichten vermischt (métissé). Und der Universalismus Frankreichs ist nichts anderes als die Frucht dieser konstanten Vermischung (métissage), die nie aufgehört hat, durch neue Beiträge bereichert zu werden und auf so viele Unterschiede bauen konnte, die miteinander vermischt wurden, sodass ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstand, ein einzigartiges Erbe intellektueller und moralischer Werte, die sich an alle Menschen richten. Frankreich in seiner Geschichte: Es gibt so viele unterschiedliche Männer, die dazu beigetragen haben, Frankreich zu schaffen. Frankreich, das gewusst hat, wie es seine Kulturen und Geschichten vermischt (métisser), hat einen universellen Diskurs ins Leben gerufen, weil Frankreich sich in seiner Vielfalt und in seinen Ursprüngen selbst als universell empfindet. Nun, diese Vermischung (métissage) ist Frankreich geglückt, weil es jedem das Versprechen eines sozialen Aufstiegs gab.“ – Übersetzung eines Abschnitts der Rede Sarkozys vom 17. Dezember 2008 an der École polytechnique[7]

Aus dem Zusammenhang wird unmittelbar klar, was Sarkozy unter „le métissage“' versteht: „Métissage“ hat es schon immer gegeben, er macht Frankreich aus, er bezieht sich auf Kulturen, Ideen und Geschichten. Weitaus weniger Beachtung schenken die Verschwörungstheoretiker der Erwähnung der Konsanguität („consanguinité“), also der „Blutsverwandtschaft“, die nach Sarkozy auf Dauer den Niedergang einer Zivilisation mit sich bringt. Tatsächlich spricht sich Sarkozy für einen ,melting pot’ aus:

„Claude Guéant [der sich für eine Reduzierung der Arbeitsmigration ausgesprochen hat] hatte Recht, es nicht zu einer ideologischen Frage zu machen: Frankreichs arbeitende Bevölkerung wächst in jedem Jahr um 110.000 Menschen. Anders gesagt: Bevor die Arbeitslosigkeit um eine Einheit gesenkt werden kann, müssen bereits 110.000 Arbeitsplätze geschaffen worden sein! Angesichts unserer Schwierigkeiten, allen unseren Staatsangehörigen Arbeit zu geben, und einer Arbeitslosigkeit von 23% für Ausländer aus Nicht-EU-Ländern müssen wir uns die Frage der legalen Einwanderung stellen: Das ist gesunder Menschenverstand. Ich würde nicht dasselbe sagen, wenn ich Deutschland regieren würde, wo jedes Jahr 100 000 Menschen weniger arbeiten. Ich war nie für Null Einwanderung, denn Zivilisationen brechen durch Blutsverwandtschaft und nicht durch den ,melting-pot’ zusammen. Aber wir müssen die Wirtschaftsimmigration an diese Realitäten anpassen.“[8]

Wenn wir die echten Schlagzeilen betrachten, für die Sarkozy sorgte, werden die Zusammenhänge klarer; er sagte im Jahr 2016 im Rahmen der Flüchtlingskrise, Konsanguität führe zwar zum Tod einer Gesellschaft, aber man müsse die Migration trotzdem eindämmen:

„Es gibt kein Geld mehr, keine Arbeitsplätze, keine Wohnungen, aber sie [die EU-Politiker in Brüssel] haben etwas gefunden. Sie haben gedacht, dass die Lösung des Einwanderungsproblems nicht etwa in einer Reduzierung, sondern in einer Verteilung [der Flüchtlinge] bestand. [...] In einem Haus, gibt es eine Wasserleitung, die explodiert und in die Küche strömt. Der Handwerker kommt und sagt: ,Ich habe die Lösung! Wir verteilen die Hälfte [des einströmenen Wassers] in der Küche, ein Viertel im Wohnzimmer, ein Viertel im Schlafzimmer der Eltern, und wenn das nicht genügt, bleibt noch das Kinderzimmer übrig.’ [...] Gesellschaften sterben an Konsanguität, wir haben von dem Vermischen (métissage) nichts zu befürchten. Aber wir müssen über das Maß und die Anzahl debattieren, wie viele Menschen wir unterbringen und auf welche Art wir sie unterbringen können.“[9]

Warum es Sarkozy tatsächlich geht, wurde nun deutlich: Es ist die Begrenzung der Migration. In Kritik geriet er wegen seiner rechtskonservativen Rhetorik, in der er die Flüchtlingskrise mit einem Rohrbruch vergleicht. Die Vorzüge des ,melting pot’ hebt er bezeichnenderweise immer dann hervor, wenn er seine politisch rechten Aussagen zur Einwanderung abzufedern versucht: Sarkozy ist stets darauf bedacht, Wähler des rechtspopulistischen Front National wiederzugewinnen, ohne dabei die moderaten Konservativen und die Wirtschaftsliberalen mit rassistischen Aussagen zu verschrecken, – es handelt sich um eine Gratwanderung, die ihm nicht immer gelingt.

Sarkozy hat bereits 2007, also ein Jahr zuvor seiner Rede an der École polytechnique, von einer kulturellen Vermischung gesprochen: Nur wenige Monate vor den Parlamentswahlen wollte Sarzkozy die Wähler im südfranzösischen Toulon, in der seit 1995 der Front National (heute: Ressamblement National) den Bürgermeister stellte, für seine Partei Union pour un mouvement populaire (heute: Les Républicians) wiedergewinnen.[10] Sein Augenmerk legte er insbesondere auf die dort ansässigen französischen Siedler, die in den 1960er Jahren aus Algerien zurückgekehrt waren. Sarkozy gab zu verstehen, er wolle für die Kolonialzeit, anders als es linke Politiker fordern, keine Buße tun; etwaige Reparationszahlungen müssten dagegen vielmehr an die Rückkehrer geleistet werden. Nach diesem Zugeständnis an die rechtsgerichteten Wähler betonte Sarkozy die Dringlichkeit der Vermischung („melange“), der Vielfalt („diversité“), der Osmose („osmose“) und der Verschmelzung der Kulturen: Explizit spricht er von dem „métissage des cultures“, in dem jeder, ohne das aufzugeben, was ihn ausmacht, das Beste von sich selbst mit anderen teilt; Sarkozy bezieht sich dabei insbesondere auf den Mittelmeerraum; die Globalisierung („mondialisation“) nennt er in diesem Zusammenhang eine Verwestlichung der Welt („occidentalisation du monde“).[11]



zu „[2]“: Die Verpflichtung bezieht sich keineswegs auf die Vermischung der Kulturen („métissage“), sondern auf den Kampf gegen soziale Ungerechtigkeiten, die durch sozioökonomische Benachteiligungen oder durch Diskriminierungen wegen der Hautfarbe entstehen. Es geht Sarkozy um den Einsatz gegen Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten und Diskriminierungen überhaupt. Er hält seine Rede vor Angehörigen und Studenten einer Eliteuniversität und plädiert für Chancengleichheit.



zu „[3]“: Mit seinem Aufruf zum Wandel – „Nous devon changer“ („Wir müssen uns wandeln“) – übernimmt Sarkozy fast wörtlich Barack Obamas Slogan: „Change we need.“ Als Sarkozy seine Rede hielt, war Obama erst kürzlich seine erste Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten angetreten. Die Worte Sarkozys sind nichts anderes als eine Hommage an den damaligen amerikanischen Präsidenten.



zu „[4]“: Sarkozy spricht in der Tat, wenn auch nicht von staatlichen, so doch von „zwingenderen Maßnahmen“ („des méthodes plus contraignantes“), falls die sozialen Ungerechtigkeiten bestehen bleiben sollten. Er bezieht sich dabei vor allem darauf, dass die Führungspositionen Frankreichs nicht divers genug, sondern einer Elite bevorbehalten sind.



Sarkozy bezieht sich auf eine kulturelle Vermischung: Aus seiner Sicht wurde Frankreich zum Schmelztiegel verschiedener geistiger Strömungen; deshalb kennzeichne sich der französische Universalismus gerade durch den Diskurs, in dem verschiedene Ansichten aufeinander treffen. Er setzt sich in seiner Rede für die soziale Chancengleichheit aller ein, ganz gleich, aus welcher Schicht sie stammen oder welche Hautfarbe sie haben. Seine Rede hielt er unter dem noch lebendigen Eindruck der erfolgreichen Wahlkampfkampagne Barack Obamas, die international aufmerksam verfolgt worden war.

Der Videoclip zur Sarkozy-Verschwörung manipuliert geschickt mit Untertiteln, die den Inhalt verzerren, und schneidet darüber hinaus kürzeste Abschnitte der Rede zusammen, um so ihren Sinn zu entstellen.

Der Essay: ein Werk der grauen Eminenz Patrick Buisson

Der ehemalige Berater Sarkozys, der Ultrarechte Patrick Buisson, unterstellt in seinem Essay La Cause du peuple aus dem Jahr 2016 der Ehefrau Sarkozys und ehemaligen Première dame Frankreichs Carla Bruni frankophobe Tendenzen mit rassistischem Anstrich.[12] So habe Bruni angeblich behauptet, die Franzosen würden unter sich bleiben und sich damit weigern, das „verfaulte, alte Blut (vieux sang pourri)“ zu erneuern. Abhilfe würde die Migration schaffen, mit deren Hilfe man „neues Blut (sang neuf)“ gleichsam importieren könne. Außerdem glaube sie an die genetische Überlegenheit von Menschen afrikanischer Herkunft.

Buisson erregte bereits 2011 Aufsehen mit seinem Buch „1940-1945: Années érotiques: Vichy ou les infortunes de la vertu“, in dem er die Eroberung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht als „erotischen Schock“ für die französische Gesellschaft bezeichnet.[13] Die Franzosen nennt er „müde Onanisten“, die ein „politischen und sexuelles KO“ erlitten hätten. Die Französinnen haben sich aus der Sicht Buissons wegen ihrer Faszination für die fremdartigen deutschen Soldaten massenweise den deutschen Besatzern an den Hals geworfen; und erst dadurch sei in Frankreich überhaupt eine sexuelle Revolution möglich gewesen.

Somit scheint Patrick Buisson eine sehr genaue Vorstellung von den sexuellen Bedürfnissen französischer Frauen zu haben. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass er den Namen von Carla Bruni in seinem Essay als Sprachrohr seiner eigenen Ansichten missbraucht hat.

Seinem ehemaligen Vorgesetzten Sarkozy wirft Buisson dagegen vor, ein Opportunist zu sein und überhaupt keine eigenen Meinungen zu vertreten. Das geht aus heimlichen Tonbandaufnahmen, die sogenannten Sarkoleaks, hervor, die Buisson während seiner Tätigkeit als Berater Sarkozys selbst aufgenommen hat und Journalisten zugespielt wurden: In einem Gespräch mit seinem Kollegen Jean-Michel Goudard prahlte er, der Präsident würde nichts sagen, ohne dass die beiden Männer vorher zustimmten. Über Carla Bruni und die Ministerin Roselyne Bachelot äußert sich Buisson in den Tonaufnahmen abfällig. Die BBC berichtet, dass Sarkozy in den Sarkoleaks einen positiven Eindruck macht:

„From the actual recordings, Mr Sarkozy emerges perfectly well. He is affable, loving towards his wife, not abusive towards absent colleagues. The scandal is how he could have fallen under the spell of a man who is today being vilified across the political spectrum.“[14]
Übersetzung: „In den tatsächlichen Aufnahmen kommt Herr Sarkozy sehr gut davon. Er ist freundlich, liebevoll gegenüber seiner Frau, nicht beleidigend gegenüber abwesenden Kollegen. Der eigentliche Skandal besteht darin, dass er unter den Bann eines Mannes [Patrick Buisson] geraten konnte, der heute [zu Recht] in jedem politischen Lager geschmäht wird“.

Für das Anfertigen der Tonbanaufnahmen wurde Buisson im Jahr 2014 zu einem Schadensatz von jeweils 10.000 € an Sarkozy und Bruni verurteilt.[15] Buissons Essay aus dem Jahr 2016 stellt nicht zuletzt einen Racheakt dar.

Patrick Buisson arbeitete von 1981 bis 1987 als Journalist für die rechtsradikale Zeitschrift Minute, deren Chefredakteur er ein Jahr lang war.

Die wirkliche Politik Sarkozys

Tatsächlich kennzeichnete sich Sarkozys Linie in Migrationsfragen immer wieder durch ihre Härte, so geriet er etwa in die Schlagzeilen, weil er forderte, die Migrantenviertel im Außenbezirk Paris’ „mit dem Kärcher zur reinigen“.[16] Ebenfalls in Kritik geriet der französische Staatspräsident, als er in Senegals Hauptstadt Dakar eine Rede hielt, in der er betont, man habe sich nicht für die Kolonialzeit zu entschuldigen, denn schließlich habe Frankreich den Fortschritt nach Afrika gebracht.[17] Von seinem Berater Patrick Buisson dazu ermutigt, führte Sarkozy im Jahr 2007 außerdem ein „Ministerium für Einwanderung und nationale Identität“ ein.

Zum Feindbild in der rechten Szene avancierte Sarkozy trotz seiner ausgesprochen rechtskonservativen Politik. Hierbei haben nicht zuletzt antisemitische Neigungen eine Rolle gespielt: Die Mutter Sarkozys hat jüdische Vorfahren.[18] Das Beispiel weist möglicherweise auch darauf hin, dass Frankophobie nach wie vor eine Rolle in Deutschland spielt.

Rezeption

  • David Duke, amerikanischer „white supremacist“ und ehemaliges Mitglied des Ku-Klux-Klans, hat die Sarkozy-Verschwörung propagiert.[19] Sein Video wurde mittlerweile wegen Hassrede von YouTube entfernt.[20] Ein Reupload findet sich bei Dailymotion.[21] Im Eintrag zu David Duke in der französischsprachigen Wikipedia wurde der bekennende Rassist bereits am 28. Dezember 2011 als Vertreter der Sarkozy-Verschwörung erwähnt.[22] Auch wenn die genaueren Umstände der Entstehung der Sarkozy-Verschwörung ungeklärt sind, kommt David Duke als ihr Urheber am ehesten in Frage.
  • Dirk Müller, auch unter dem Namen Mr. Dax bekannt, äußert sich in einem Interview wie folgt: „Sarkozy hat gesagt: [...] Diese Vermischung der Völker wird kommen und muss kommen und wenn die Bevölkerung das nicht freiwillig macht, werden wir sie dazu zwingen, – Sarkozy Originalton! Das sind Aussagen, die sind da.“[23] Den „Sarkozy Originalton“ kann Müller nur dem oben analysierten Video entnommen haben, weil er sich nirgendwo sonst, insbesondere in keiner Rede von Sarkozy selbst, findet.
  • White Rabit Radio, eine kleine, aber einflussreiche und sehr aktive Gruppe von Rechtsradikalen, die mit der Theorie eines Genozids an Weißen rassisische Ressentiments schüren will, verbreitet die Sarkozy-Verschwörung in den USA.[24]
  • Das Contra Magazin, einem Content-Partner von RT Deutsch, hat die Sarkozy-Verschwörung aufgegriffen.[25]
  • Johannes Ramel, ein suspendierter katholischer Priester, verbreitet die Verschwörungstheorie auf verschiedenen Blogs im Milieu religiöser Extremisten.[26]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. https://www.youtube.com/watch?v=iiQbRDIkxRk
  2. https://www.dailymotion.com/video/xojlqz.
  3. https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Sarkozy-in-Polizeigewahrsam-wegen-libyscher-Affaere/Sarkozy-ist-auch-ein-Rassist/posting-32073232/show/
  4. https://www.youtube.com/watch?v=1XIhTG6JyW0
  5. https://www.larousse.fr/dictionnaires/francais/m%C3%A9tissage/51001
  6. Nünning, Ansgar & Vera: Einführung in die Kulturwissenschaften : Theoretische Grundlagen - Ansätze. Stuttgart: Springer, 2008, S. 322.
  7. „Quel est l’objectif? Cela va faire parler, mais l’objectif, c’est relever le défi du métissage; défi du métissage que nous adresse le XXIe siècle. Le défi du métissage, la France l’a toujours connu et en relevant le défi du métissage, la France est fidèle à son histoire. D’ailleurs, c’est la consanguinité qui a toujours provoqué la fin des civilisations et des sociétés. Disons les choses comme elles sont, jamais le métissage. La France a toujours été, au cours des siècles, métissée. La France a métissé les cultures, les idées, les histoires. Et l’universalisme de la France n’est rien d’autre que le fruit de ce constant métissage qui n’a cessé de s’enrichir d’apports nouveaux et de bâtir sur tant de différences mêlées les unes aux autres un sentiment commun d’appartenance et au fond un patrimoine unique de valeurs intellectuelles et morales qui s’adressent à tous les hommes. La France, dans son histoire, ce sont des hommes tellement différents qui sont venus constituer la France. La France qui a su métisser ses cultures et ses histoires, en a construit, produit un discours universel parce qu’elle-même, la France, se sent universelle dans la diversité de ses origines. Eh bien, ce métissage, elle l’a réussi parce qu’elle a su offrir à chacun la promesse de la promotion sociale.“ (https://aphec.fr/?article376)
  8. „Claude Guéant [qui s’est déclaré en faveur de la réduction de l'immigration de travail] a eu raison de ne pas en faire une question idéologique: la population active de la France augmente de 110000 personnes par an. C'est-à-dire qu'avant de faire reculer le chômage d'une unité, il faut avoir déjà créé 110000 emplois! Avec nos difficultés à fournir un travail à tous nos nationaux, et un chômage à 23 % pour les étrangers non communautaires, nous devons nous poser la question de l’immigration légale : c’est du bon sens. Je ne dirais pas la même chose si je dirigeais l’Allemagne, où il y a 100000 actifs de moins par an. Je n’ai jamais été pour l’immigration zéro, car les civilisation s’effondrent par la consanguinité et non par le ,melting-pot’. Mais nous devon adapter l’immigration économique à ces réalités.“ (https://books.google.nl/books?id=CGt-to9TPl8C&pg=PT92&lpg=PT92&dq=consanguinit%C3%A9+migration&source=bl&ots=-ZMbMdOWRO&sig=ACfU3U2YwiPd010WDi22KqOBITfbK1KuOw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiKsYTJ9LXpAhWE2aQKHZaSBfk4ChDoATAEegQICRAB#v=onepage&q=consanguinit%C3%A9%20migration&f=false)
  9. Il n'y a plus d'argent, plus d'emplois, plus de logements, mais ils (NDLR : les eurocrates de Bruxelles, ces maudits) ont trouvé un truc. Ils ont considéré que la solution au problème d'immigration, c'était pas de réduire (notons la faute de français, elle est aussi volontaire que répétitive), c'était de répartir [...] Dans une maison, il y a une canalisation qui explose, elle se déverse dans la cuisine. Le réparateur arrive et dit, j'ai une solution : on va garder la moitié dans la cuisine, mettre un quart dans le salon, un quart dans la chambre des parents et si ça ne suffit pas, il reste la chambre des enfants. [...] Les sociétés meurent de consanguinité et n'ont rien à craindre du métissage. Mais il faut débattre de la mesure, du nombre de gens que l'on peut accueillir et de la manière de les accueillir.“ (https://www.challenges.fr/politique/pourquoi-sarkozy-a-deliberement-choisi-le-mode-de-la-vulgarite_79053)
  10. https://www.lemonde.fr/societe/article/2007/02/08/nicolas-sarkozy-prone-desormais-le-metissage-des-cultures_865093_3224.html
  11. Das originale Transkript der Rede findet sich hier: https://www.vie-publique.fr/discours/165425-declaration-de-m-nicolas-sarkozy-ministre-de-linterieur-et-de-lamena
  12. Es seien nur zwei Beispiele für die Verbreitung dieser Theorie im Zusammenhang mit der Sarkozy-Verschwörung angeführt: https://www.dailymotion.com/video/x52xdi7 und https://canalisations-marie.blogspot.com/2018/10/2210-i-sarkozy-coupable-de-genocide.html
  13. https://www.deutschlandfunk.de/erotische-invasion-der-wehrmacht.691.de.html?dram:article_id=51834
  14. https://www.bbc.com/news/world-europe-26488072
  15. https://www.handelsblatt.com/politik/international/heimliche-tonaufnahmen-sarkozy-gewinnt-vor-gericht/9618482.html?ticket=ST-3480305-MqlWAjgPHixLXMuhWPmD-ap6
  16. https://www.zeit.de/politik/2015-06/sarkozy-migranten-debatte
  17. https://taz.de/Umstrittene-Rede/!5197317/
  18. Ein Beispiel für den antisemitistschen Hintergrund der Sarkozy-Verschwörung findet sich in diesem Blog: https://valjean72.wordpress.com/tag/rassenvermischung/
  19. https://www.nouvelobs.com/monde/l-amerique-selon-trump/20170818.OBS3524/10-choses-a-savoir-sur-david-duke-ancien-chef-du-kkk-qui-encense-trump.html
  20. https://www.youtube.com/watch?v=yCKhy0Y2Rfs
  21. https://www.dailymotion.com/video/xojlqz.
  22. https://fr.wikipedia.org/w/index.php?title=David_Duke&oldid=73602949
  23. https://www.youtube.com/watch?v=MfjVfXUkz0k
  24. https://whiterabbitradio.net/french-ex-president-sarkozy-again-tells-french-to-mix-races
  25. https://www.contra-magazin.com/2018/12/nicolas-sarkozy-ziel-ist-sich-der-herausforderung-der-rassenvermischung-zu-stellen/
  26. http://www.johannes-ramel.at/ und https://www.allein-christus.at/glaubensfragen-j-ramel/allgemeine-themen/das-ziel-ist-rassenvermischung/