Philadelphia-Experiment

Aus Psiram
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Carl Meredith Allen (Quelle:Youtube)
USS Eldridge (DE-173) ca. 1944 (Quelle:Wikipedia)

Das Philadeplhia-Experiment ist eine moderne Sage um ein angeblich missglücktes militärisches Experiment mit einem US-amerikanischen Kriegsschiff und einer Tarntechnologie in den 1940er Jahren. Die Legende beruht lediglich auf Angaben aus veröffentlichten Briefen des Matrosen Carlos Miguel Allende alias Carl Meredith Allen, welcher der einzige Augenzeuge gewesen sein soll. Allende stellte seine Behauptungen erstmals zwölf Jahre nach dem angeblichen Experiment auf. Das angebliche Philadelphia-Experiment war Aufhänger von in mehrere Sprachen übersetzten Bestsellern und eines Hollywood-Films.

Sinn und Zweck dieses Experimentes soll der Versuch gewesen sein, mittels gewaltiger Magnetfelder ein Schiff für Radarortung unsichtbar zu machen. Dazu wurden angeblich riesige Generatoren auf dem Schiff aufgebaut, die ein entsprechend starkes Kraftfeld erzeugen sollten. Im Verlauf des Experiments sei das Schiff im Hafen von Philadelphia aus ungeklärten Umständen plötzlich gänzlich unsichtbar geworden und soll währenddessen im 500 Kilometer entfernten Hafen von Norfolk, Virginia teleportiert worden sein, bevor es wieder in Philadelphia, Pennsylvania erschien.

Am 12. Januar 1956 wurde erstmals in einem Brief über das Philadelphia Experiment berichtet. Diesen und weitere Briefe sandte Carlos Allende (alias Carl Allen) an den Schriftsteller, UFO-Forscher und Astronom Morris Ketchum Jessup. Laut der so genannten Allende-Briefen soll sich die Legende folgendermaßen zugetragen haben: Allen wurde angeblich Augenzeuge des Experiments, das ursprünglich den Codenamen Rainbow trug, als er auf einem Schiff der Handelsmarine namens SS Andrew Furuseth im gleichen Konvoi fuhr, welches zum entsprechenden Zeitpunkt in der Marinewerft von Philadelphia vis-á-vis der Eldridge lag. Als die Eldridge verschwand, sei für 15 Minuten nur noch der Kielabdruck des Schiffes im Wasser zu sehen gewesen sein. Die Teleportation des Schiffes soll dabei entsetzliche Auswirkungen auf die Besatzung gehabt haben. Menschliche Körper und andere Gegenstände sollen mit dem Schiffsrumpf verschmolzen gewesen sein, andere Besatzungsmitglieder seien dabei verbrannt oder spurlos verschwunden. Einige der physisch unversehrt Gebliebenen sollen wahnsinnig geworden sein. Noch Jahre später sollen sich vereinzelt Beteiligte, die das Experiment unbeschadet überstanden hatten, spontan in Luft aufgelöst haben oder schweren Erkrankungen erlegen sein.[1]

Als einzigen Beweis legte Allen seinen Briefen eine Namensliste derjenigen Personen bei, die sich mit ihm an Bord der SS Andrew Furuseth befanden. Dabei merkte er noch an, dass er sich nicht mehr an genaue Daten erinnern könne. In seinen Briefen kritisierte er Jessup wegen seiner Spekulationen zur Einheitlichen Feldtheorie Einsteins. Im Jahr 1955 veröffentlichte Jessup ein Buch mit dem Titel "The case for the UFO" (deutsch: Argumente für die Existenz von UFOs), in dem er über die einheitliche Feldtheorie bezüglich ihrer Eignung für alternative oder UFO-Antriebe spekulierte. In den Briefen interpretierte Allen die Feldtheorie als Grundlage für das Experiment und bat nachdrücklich, von der weiteren Erforschung der Einheitlichen Feldtheorie Abstand zu nehmen. Er deutete gegenüber Jessup an, dass er während seiner Zeit in der Handelsmarine Zeuge experimenteller Vorgänge geworden sei[2] und dies verheerende Folgen für die Mannschaft gehabt habe. Jessup bat daraufhin um weitere Beweise. Verschiedene Quellen machen dabei unterschiedliche Angaben zum weiteren Verlauf der Korrespondenz.[3]

Im Jahr 1956 wurde dem "Office of Naval Research" (ONR, Büro für Marineforschung) in Washington D.C. anonym eine Kopie von Jessups Buch zugesandt. Das Buch war mit unzusammenhängenden handschriftlichen Anmerkungen versehen, welche Kenntnisse über UFOs, ihre Herkunft und ihre Antriebstechnologie vorgaben. Zwei damalige Offiziere des ONR, Captain Sidney Sherby und Commander George Hoover, zeigten ein persönliches Interesse am Buch und kontaktierten Jessup, welcher Allen als den Urheber der Notizen identifizierte. George Hoover war der damals für Sonderprojekte zuständige Offizier. Auf Initiative von Hoover und Sherby stellte eine Vertragsfirma des Militärs, die Varo Manufacturing in Garland/Texas, private Abdrucke des Buches mitsamt der Anmerkungen her. Es wurden 25 Exemplare gedruckt, wobei andere Quellen von 105 oder 127 Kopien sprechen. Das ONR betonte, keine Kopien dieses Buches zu besitzen und nie irgendwelche Untersuchungen zur Unsichtbarkeit des Schiffes im Jahr 1943 unternommen zu haben.[4][2][3]

Im Jahr 1967 kontaktierte Allende den UFO-Forscher Jaques F. Vallee. 1968 erschien ein Artikel zum Thema von J. Clerk in dem Buch "The Allende Letters" von Steiger & Whritenour.

1969 (Juni) erschien Allende im Büro der Hauptverwaltung der privaten UFO-Forschungsruppe APRO (Aerial Phenomena Research Organization) in Tucson/Arizona, um seine Aussage zu widerrufen. Er stellte jedoch kurze Zeit später seinen Widerruf wieder in Abrede und kehrte zu seiner alten Darstellung zurück.[5]

1986 wurde Carl Meredith Allen, der zu dieser Zeit in Greeley, Weld County, Colorado, lebte, im städtischen Krankenhaus von Greeley von einer lokalen Zeitung interviewt. Er beteuerte, dass seine Version der Wahrheit entsprach. Da Allen glaubte, nur noch kurze Zeit zu leben, wurde dieses Interview als Sterbebett-Vermächtnis bezeichnet. Allen starb jedoch erst acht Jahre später in Greeley.

Die Aussage Al Bieleks und die Hollywoodadaption

Al Bielek (Quelle:Youtube)

Im Jahr 1984 wurde die Legende unter der Regie von Stewart Raffill verfilmt. Obwohl der Film selbst nur wenig auf der Originalerzählung beruht, diente er dazu, die Kernelemente eben dieser Erzählung zu dramatisieren. Im Jahr 1990 unterstützte Alfred Bielek, ein selbsternanntes früheres Besatzungsmitglied der USS Eldridge und angeblicher Zeuge des "Versuchs", die Filmversion. Er fügte Details seiner "Beobachtung" über das Internet hinzu, wovon vieles von Mainstreammedien wieder aufgegriffen und weiterverbreitet wurde.

Den ersten Schritt in die Öffentlichkeit machte er im September 1989, als er als Gastredner bei Timothy Beckley Greens "UFO - New Age Conference" in Phoenix auftrat. Am 13. Januar 1990 hielt das Mutual UFO Network (MUFON) sein alljährliches Treffen im MUFON Metroplex, Arizona ab. Mit seinen Erzählungen über das Philadelphia-Experiment wurde Alfred Bielek bekannt. Auf der Konferenz stellte er sich als angeblich überlebendes Crew-Mitglied des Testschiffes am Philadelphia-Experiment vor. Er behauptete, dass das Experiment schon im Jahr 1931 oder 1932 in der Gegend von Chicago begonnen wurde. Nach seinen Angaben waren die ersten Wissenschaftler, die in das Projekt involviert wurden, Nikola Tesla, ein "Dr. John Hutchinson" sowie ein österreichischer Forscher namens Dr. Emil Kirtenauer. Huchison hat nie promoviert, es handelt sich um einen kanadischen Bastler und Erfinder. Bielek änderte später mehrfach den Nachnamen Kirtenauers in Kurtenauer oder auch Kurtnauer.[6] Über die Existenz eines Herrn Kirtenauer/Kurtenauer ist anscheinend aber nichts bekannt, obwohl Bielek in einem Interview angibt, dessen Spur zurückverfolgt zu haben. Der Forscher Dr. Emil Kirtenauer scheint offenbar dem 1978 erschienen Buch "Thin Air" von Simpson & Burger entnommen, das auf dem Inhalt der Allende-Briefe basiert.[7]

Laut Bielek soll ferner John von Neumann mit dem Projekt betraut worden sein, als es an das Institute for Advanced Study bei Princeton verlegt wurde. In den späten 1930er Jahren soll noch ein Dr. Gustave Le Bon zur Gruppe hinzugekommen sein. Er erzählte weiter von einem Kinofilm aus dem Jahre 1983, der durch die britische EMI Thorn Corporation produziert worden sein soll. Laut seiner Aussage wurde der Film per Gerichtsbeschluß in den USA verboten und sei nicht der bekannte Kinofilm über das Philadelphia-Experiment.

Weitere Details seiner Aussage zu seiner Mitwirkung am Experiment scheinen sich hingegen zu großen Teilen auf den Kinofilm zu stützen. Die beiden Matrosen, die im Film über Bord springen und in der Zukunft landen, sollen Alfred Bielek und sein Bruder gewesen sein.[6]

Carl Allen als einziger Zeuge

Allendes Briefe sind die einzigen Anhaltspunkte zum Philadelphia-Experiment. Die Mannschaftspapiere und das Logbuch der USS Eldridge sollen genauso wie die Mannschaftspapiere der SS Andrew Furuseth unauffindbar sein. Sämtliche Schiffspapiere sind allerdings im Bundesarchiv aufbewahrt und können dort eingesehen werden. Gemäß dieser Unterlagen diente Allende unter dem Namen Carl M. Allen im Oktober 1943 an Bord der SS Andrew Furuseth. Andere Besatzungsmitglieder der SS Andrew Furuseth, welche ausfindig gemacht werden konnten, bestätigten oder dementierten Allens Angaben aber nicht. William S. Dodge, der damalige Kapitän der SS Andrew Furuseth, verneinte entschieden, in Norfolk irgendeine ungewöhnliche Beobachtung gemacht zu haben.[8]

Entstehung des Mythos

Mit einem Alter von über 50 Jahren erweist sich diese moderne Sage als zählebiger Bestandteil der UFO-Literatur. Das Buch des bekannten Autors Charles Berlitz und des UFO-Forschers William L. Moore gilt als Standardwerk (Berlitz und Moore, 1979). Die Geschichte erhielt zusätzliche Glaubwürdigkeit durch das anfängliche Interesse der beiden Marineoffiziere, welches als offizielles Interesse des ONR missinterpretiert wurde. Durch die Geheimhaltung von offizieller Seite, welche oft nur das Resultat bürokratischer Verfahrensweise ist, glauben Anhänger gerne, dass etwas vertuscht werden soll.

Der Mythos erhielt in der UFO-Szene noch zusätzliches Gewicht durch das Verhalten von Carl M. Allen. Bis Juli 1973 war Allen sehr schwer aufzufinden, da er ständig seine Adresse wechselte, diesbezüglich falsche Angaben machte und seine Briefe mit gefälschten Absenderadressen versah. Allen machte dazu Aussagen, von der Regierung beschützt zu werden. William L. Moore vertiefte die geheimnisvolle Geschichte, indem er einen Großteil seines gemeinsam mit Charles Berlitz verfassten Buches dem Mysterium um Carl Allen widmete.[3]

Die USS-Eldridge in Griechenland (Quelle: navsource.org)

Des Weiteren führte die Marine im Zweiten Weltkrieg tatsächlich Versuche mit Magnetfeldern durch.[9] Das Ziel war, die Wirkung von Magnetzündern in Torpedos und Seeminen zu neutralisieren und so zu verhindern, dass eine solche Waffe unter dem Schiff detoniert. Die Waffen detonieren nicht bei Kontakt mit der Bordwand, sondern durch eine messbare Störung des Erdmagnetfeldes, welche durch das Eigenmagnetfeld des Schiffes bedingt ist und einige Meter unter dem Schiff ausgelöst wird. Unter dem Rumpf bildet sich durch die anschließende Explosion eine Gasblase, wodurch das angegriffene Schiff an diesem Punkt schlagartig den Auftrieb verliert, während es an Bug und Heck noch vom Wasser getragen wird. Dadurch bricht es auseinander und sinkt. Die Magnetzünder steigern die Wirkung von Torpedos oder Seeminen in beträchtlicher Weise. Herkömmliche Waffen sprengen ein verhältnismäßig kleines Loch in die Bordwand, wobei das Schiff dann gegebenenfalls durch Wassereinbrüche oder Brände sinkt, was entsprechend mehr Zeit in Anspruch nimmt.[10]

In der Marinewerft von Philadelphia wurden Schiffe entmagnetisiert.[11] Carl Allen könnte diesen Vorgang beobachtet und darauf basierend seine Geschichte erfunden haben. Eine weitere These geht davon aus, dass die beteiligten Personen umgangssprachlich davon sprachen, ein Schiff für diese Art von Magnetzündern "unsichtbar zu machen". Carl Allen könnte auch das ausgeschmückt haben.

Rezeption

Über die Legende gab es fiktionale Berichte sowie solche in Sachbüchern. Es gab auch Filme, die auf den Mythos referenzierten:

  • Im Jahr 1963 gab Vincent Gaddis das Sachbuch "Invisible Horizons: True Mysteries of the Sea", heraus, worin er die Geschichte des Experimentes der Varo Annotation aufzählte.
  • Im Jahr 1978 gaben die Schriftsteller George E. Simpson und Neal R. Burger eine Novelle namens "Thin Air" heraus. "Thin Air" ist ein fiktionaler Thriller, der von den herausgegebenen Überlieferungen des Philadelphia-Experiments beeinflusst wurde.
  • Im Jahr 1979 publizierten Charles Berlitz und sein Mitautor William L. Moore "The Philadelphia Experiment: Project Invisibility", welches angeblich eine Erzählung war, die auf Tatsachen basierte. Später stellte Simon R. Green einen Bezug zum Mythos in seinem Buch "The Spy Who Haunted Me" her. Paul Violettes Buch "Secrets of Anti-Gravity Propulsion" zählt eine mysteriöse Beteiligung des Physikers Thomas Townsend Brown von der Philadelphia Marinewerft auf.
  • Im Jahr 1984 wurde die Legende selbst verfilmt, Regie führte Stewart Raffill (siehe Abschnitt "Die Aussage Al Bieleks und die Hollywoodadaption").

Literatur

  • "The U-Boat War in the Atlantic" Ed.: Ministery of Defence (Navy), und P.K.Kemp "The Triumph of British Sea Power in World War II" Boston/Toronto 1959, ISBN 0-117-72603-6, ISBN 978-0117726031
  • Charles Berlitz: The Philadelphia Experiment. Souvenir Press, London 1979, ISBN 0-285-62400-8.
  • Simon R. Green: The Spy Who Haunted Me, ISBN 0-451-46272-6, ISBN 978-0451462725
  • Vincent H. Gaddis: Invisible Horizons: True Mysteries of the Sea ISBN 0-801-91407-8, ISBN 978-0801914072

Quellenangaben