Mundstrommessung
Worum geht es? | Die Mundstrommessung wird von manchen Zahnärzten und Heilpraktikern vorgenommen, um zwischen Füllungen einen elektrischen Strom zu entdecken, der für eine Vielzahl von Befindlichkeitsstörungen und Krankheiten verantwortlich gemacht wird. |
Was sind die Fakten? | Eine Mundstrommessung erlaubt keine Rückschlüsse auf eine mögliche Quecksilberbelastung. Die Wechselwirkung zwischen dem Strom, dem pH-Wert des Speichels und den Krankheiten ist nicht erforscht. |
Was ist davon zu halten? | Festgestellte Ströme sind kein Grund zur Besorgnis, denn sie sind nicht der Grund für die behaupteten Krankheiten. Sie sollen lediglich die Schädlichkeit von Amalgam belegen und den Anreiz verstärken, Füllungen auszutauschen. Es handelt sich um Beutelschneiderei. |
Die Mundstrommessung (auch elektro-galvanische Mundstrommessung) ist eine pseudodiagnostische Maßnahme aus der alternativmedizinischen Zahnheilkunde,[1] die von einigen Zahnärzten und Heilpraktikern durchgeführt wird. Der Methode liegt die Annahme zu Grunde, dass kleinste Ströme im µA-Bereich zwischen metallhaltigen Zahnfüllungen Ursache eines ganzen Spektrums chronischer Erkrankungen seien und diese mit einer Mundstrommessung erkannt werden könnten. Die Anwesenheit verschiedener Metallen ergebe zusammen mit dem pH-Wert des Speichels eine Art Batterie (galvanisches Element). Folgen seien demnach:
- Korrosion von Metallen in Zahnfüllungen
- Kurzschlüsse mit der Folge von Nervenirritationen, wenn es zu einem Kontakt zwischen Zahnfüllungen komme
- Metallgeschmack
- Veränderung der bakteriellen Mundflora
- Belastung einer Grundregulation durch austretende Metallionen
- Störung des Immunsystems
- Schwindel, Kopfschmerz, Mundbrennen, Aphthen, Mundtrockenheit, Hauterkrankungen, Depressionen, Schlafstörungen
- Allergien
- Beeinflussung von Gehirn- und Nervenströmen
- Pilzbefall
- Veränderungen der Mundschleimhaut bis hin zu Veränderungen der Darmschleimhaut
Die höchsten Stromwerte sollen sich zwischen Zahnamalgamen und Goldfüllungen ergeben. Häufig wird die Mundstrommessung mit der pseudowissenschaftlichen Elektroakupunkturmessung nach Voll kombiniert (siehe auch: Bioelektrische Funktionsdiagnostik). Die Industrie bietet dafür entsprechende Kombigeräte an.
Befürworter behaupten, dass die Mundstrommessung auch dazu geeignet sei, Quecksilber- und Schwermetallbelastungen aus Amalgamfüllungen und so genannten Korrosionsquellen zu erkennen. Positive Mundstrommessungen (etwa bei Strömen ab 5 µA) können sodann für Empfehlungen zur Amalgamentfernung oder zur Entfernung der Füllungen mit den höchsten Mundstromwerten herangezogen werden.
Es ist wissenschaftlich unumstritten, dass Potentialunterschiede zwischen Zahnfüllungen auftreten. Allerdings sind derartige Potentialdifferenzen als Ursache für chronische Krankheiten nicht erwiesen und eine wissenschaftliche Anerkennung steht aus.[2]
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten wegen fehlenden Nachweises einer Eignung nicht. Wegen nicht nachgewiesenen Nutzens führen derartige Methoden zu einer finanziellen Belastung der Patienten selbst, wie ein Projektstudie 1997 ergab.[3]
Methode
Bei der Mundstrommessung wird versucht galvanische (Gleichstrom-)Ströme zu messen, die zwischen verschiedenen Zahnfüllungen fließen. Dazu werden Elektroden an verschiedene Zahnfüllungen angelegt und der Strom oder die Spannung gemessen. Mitunter wird auch die elektrische Kapazität (in Farad) bestimmt. Andere Geräte, wie das µ-Potentialgerät der Firma Pitterling Electronic GmbH, messen den elektrischen Leitwert in Mikro-Siemens (µS) (als reziproker Wert des Widerstandes). Auch wird davon abweichend das Potential zwischen metallhaltigen Füllungen und der Schleimhaut der Mundhöhle gemessen. Meist wird zunächst der pH-Wert des Speichels gemessen, der einen Einfluss auf das Messergebnis hat.
Eine an der Universität Heidelberg durchgeführte Untersuchung ergab, dass eine Mundstrommessung keine Rückschlüsse auf eine mögliche Quecksilberbelastung erlaubt und daher als diagnostisches Hilfsmittel in der Zahnheilkunde nicht empfohlen werden kann.[4]
Literatur
- Kelsch, Alexander Heribert: Bedeutung der 'Mundstrommessung' als diagnostische Ergänzung bei der Ermittlung von Quecksilberbelastungen bei Frauen mit Amalgamfüllungen. 1999, Dissertation, Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg. Publikation 27.07.2000 Volltext
- Rausch, Viktor: "Kritik der Mundstrommessung", in: Dt. Zschr. F. Biol. Zahnmedizin 8,1 (1992).