Gerhard Klügl
Gerhard Franz Klügl (auch "Gerhard Kluegl" oder Falschschreibung "Gerhard Klügel"; geb. 1946) ist ein deutscher Medizinlaie, Geistheiler und "Aurachirurg" aus Ruggell in Liechtenstein. Weitere von Klügl behauptete Fähigkeiten beziehen sich auf die Astrologie sowie Baubiologie.
Beachtung fand Klügl beim deutschen Filmemacher Clemens Kuby, der eine Dokumentation über Klügl drehte.[1] Klügl, der Mitglied in einer Gesellschaft für biophysikalische Medizin (GMB) sowie einer "Spiritual Energy Association" ist, erhielt im Jahr 2005 den bedeutungslosen "Alternativen Europäischen Medizinpreis" der Ingeborg Gebert-Heiß Stiftung.[2] Die genannte Stiftung ist nicht mehr aktiv; die Preisverleihung an Klügl war die letzte dieser Art. In der Vergangenheit hatte die "Ingeborg Gebert-Heiss Stiftung" sich auch werbend für die Germanische Neue Medizin des mehrfach vorbestraften Wunderheilers und Antisemiten Ryke Geerd Hamer eingesetzt.
Seit 2009 soll Klügl auch mit Viktor Zyganow zusammenarbeiten, der in Wiesbaden eine Privatpraxis "NERM" (New Energy Regulating Medicine) betreibt, als deren medizinischer Leiter wiederum Enrico Edinger fungiert. Zyganow bezeichnet sich auch als Prof. Dr. d. med. Wiss./RUS Viktor Zyganow und beruft sich dabei auf Titel der Moskauer Titelmühle Internationale Interakademische Vereinigung (auch "Internationale Interakademische Union" genannt), die wertlose Scheintitel und andere Ehrungen vergibt. Die Privatpraxis in Wiesbaden wird auch als "Akademische Lehrpraxis" einer Firma namens University of Global Scaling LLC bezeichnet, die dem Ehlers Verlag aus Wolfratshausen zuzuordnen ist und als deren Vizepräsident Zyganow fungiert. Auch diese Scheinuniversität ist keine anerkannte Universität und ihr Gründer Hartmut Müller befindet sich derzeit (Stand: Juni 2012) aufgrund eines Haftbefehls auf der Flucht vor den deutschen Behörden.
2017 gründete Klügl mit dem deutschen Arzt Mathias Künlen und der Liechtensteinerin Cornelia Hanselmann die Aktiengesellschaft IFA Institut für Aurachirurgie. Das Kapital beträgt 50000 CHF. Die Firma dient laut Handelsregistereintrag dem Zweck "auramedizinischer Forschung" und "aurachirurgischer Behandlungen", der Organisation und Durchführung von Vorträgen, Seminaren, Buchpräsentationen, der wissenschaftlichen Forschung und Koopertation mit Instituten im In- und Ausland, dem Vertrieb von geistigem Eigentum sowie dem Handel mit Waren aller Art.
Kurzbiografie
Klügl war bis 1972 Beamter beim Deutschen Patentamt in München und machte sich mit einem Büro zur Patentrecherche selbständig. Später "studierte" Klügl Baubiologie und nach eigenen Angaben habe er dadurch etwas über Wasseradern und "feinstoffliche Energien" erfahren. Ab 1988 wandte er sich englischen Geistheilern zu, die ihn dazu inspiriert haben sollen, selbst als "Aurachirurg" tätig zu werden.[3]
Klügl als Aurachirurg
Medizinlaie Klügl bezeichnet sich als "Chirurg" - allerdings nicht im herkömmlichen Sinn. Vielmehr will er mit Scheinoperationen eine hypothetische, so genannte Aura mit dem Ziel einer Heilung scheinchirurgisch angehen. Mehr als 10.000 solcher "Auraoperationen" will er durchgeführt haben.
In der Tradition philippinischer und brasilianischer Geistchirurgen wird bei den Klügl’schen Manövern kein körperverletzender Eingriff vorgenommen, es fließt kein Blut. Der "Eingriff" kann beispielsweise auch auf der Kleidung des Klienten erfolgen, da in der Alternativmedizin die angenommene und zu behandelnde Aura als ein Phänomen verstanden wird, das räumlich über die Hautoberfläche hinaus anwesend sei. Die von Klügl verwendeten Skalpelle, Laserpointer, Scheren und Spritzen verletzen nicht die Haut, sondern bleiben stets Zentimeter über der Hautoberfläche. Auch führt er "Eingriffe" an anatomischen Modellen und Anatomietafeln durch, die dabei im Blickfeld des Klienten sind. Die einzelnen "Eingriffe" werden dabei häufig durch typische Geräusche ärztlicher Handlungen begleitet, die üblicherweise als unangenehm empfunden werden. So werden Instrumente wie Pinzetten oder Skalpelle geräuschvoll aus Metallbehaltern geholt oder wieder zurückgelegt. Außerhalb des Blickfeldes des Klienten werden deutlich hörbare Scherenschnitte in der Luft vollführt oder Metallgegenstände aufeinandergeschlagen. Auffallend sind auch suggestive Befragungen des Klienten unter Ausnutzung des Barnum-Effekts und mit Mitteln des Cold Reading. Tonmitschnitt einer diagnostischen Sitzung:
- [...] Ich komme bei ihnen beim Kopf nicht vorbei. Haben sie es mit Kopfschmerzen öfter zu tun? - Im Moment nicht, nein - War das einmal? - Früher, ja. - Halsbereich bleib ich auch hängen. Wenn ich so bewege, spüren sie das? - Ja, leichter Druck, Ja. - Hmm. Ist es jetzt stärker? - Ja. - Ich hab hinter Ihnen gezogen, da steckt noch ein Strick in der Aura. - Hmm. - Irgendwo aus einem früheren Leben mitgebracht oder aus dem morphogenetischen Feld mit übernommen. Das lassen wir einmal offen, wichtig ist, der Körper erinnert sich daran, dann schneiden wir den (Scherengeräusch) Strick ab [...]
Klügl beschäftigt sich aurachirurgisch mit der "Wirbelrichtung", Wundheilung oder "Sehnenspannung". Unter der Behandlung will er auch Verletzungen vergangener Leben in der "Aura" des Erkrankten aufspüren und heilen können. Prinzipiell sei er unter anderem mit seiner Methode erfolgreich bei:
- Bandscheibenvorfällen
- Gelenksproblemen wie Arthrosen
- Entzündungen im Magen- und Darmtrakt
- Gallensteinen
- Zahnherde
u.v.m.
Bei seinen magisch-pseudomedizinischen Handlungen postuliert Klügl die Anwesenheit bestimmter ihn unterstützender "Wesenheiten" in Form von Chirurgen, Internisten und Pharmakologen. Dies ist in guter Übereinstimmung mit Praktiken brasilianischer Geistheiler, die beispielsweise die Anwesenheit einer "Doktor-Entität" namens Dr. Fritz behaupten, um eigene Handlungen aufzuwerten.
Als Folge von Klügls Wundereingriffen sollen auch noch Tage danach auf der Kleidung Operationsnähte zu sehen sein. Auch wird behauptet, dass sich auf der Haut Rötungen oder Anzeichen eines Eingriffs zeigten.
Ob Klügl mit seiner Methode tatsächlich einen dauerhaften Effekt erzielt, der sich auch von einem reinen Placeboeffekt unterscheidet, muss offen bleiben, da keinerlei seriös zu nennende Literatur oder auswertbare Daten vorliegen. In einem im deutschen Fernsehen gezeigten Video[4] werden ausschließlich kurzfristige und stets positive Effekte gezeigt. Ob es sich dabei um ausgesuchte "Fälle" handelt, ist nicht erkennbar. Auch wird über die vorherigen Zustände lediglich berichtet.
In einem Interview im Januar 2014 bei Querdenken TV wird behauptet, dass Klügl 13.000 Patienten behandelt hat und es wird berichtet von verschwundener Diabetes, einem operativ entfernten und nun nachwachsenden Eierstocks und anderen Wunderheilungen. In dem Bericht wird behauptet, dass die alles mit den morphogenetischen Feldern von Robert Sheldrakes und Heisenbergs Unschärferelation plausibel zu erklären wäre. Konkrete Ausführungen und detaillierte Erklärungen als Nachweis wurde nicht geliefert.[5]
Neben der "Aurachirurgie" setzt Klügl auch den medizinisch wertlosen kinesiologischen Muskeltest ein und beruft sich dabei auf die Psycho-Kinesiologie nach Dietrich Klinghardt. Behauptete "wissenschaftliche" Belege seiner Aura-Analyse durch die pseudowissenschaftliche Kirlian-Fotografie sind wertlos.
Völlig unklar bleibt, wie bei dieser Methode sichergestellt wird, dass schwere oder lebensbedrohliche Erkrankungen erkannt werden können, um sie sodann mit einer tatsächlich nachweislich effektiven Therapie zu behandeln. Bei Verlass auf nicht validierte Methoden wie die Aurachirurgie können allein durch Zeitverzug und falsche "Diagnosen" bleibende Schäden die Folge sein. Klügl ist kein approbierter Arzt und hat offenbar auch keinen Heilpraktikerschein.
Wunderheilungen
Klügl berichtet, dank seiner "Aurachirurgie" regelrechte Wunderheilungen vollbracht zu haben. Allerdings sind seine Angaben nicht geeignet, diese nachzuprüfen. So berichtet er von der "Heilung" einer "übergroßen Nase" mit Riechstörung bei einer Klientin folgendermaßen:
- [...] Ein Paradebeispiel war von einer Frau, die hatte eine wirklich übergroße Nase. Und diese Frau hat mir erzählt, sie wurde schon an der Nase ein paar Mal operiert, weil sie keine Luft durch die Nase kriegt, und auch bei der letzten Operation, da ging dann noch was schief, dass sie auch nichts mehr riechen kann. Und meine Intuition war, ich muss in der Aura die Nase aufschneiden, aufklappen und links und rechts Knorpelstücke rausschneiden. Das hab ich auch dann getan. Die Frau war eine Woche grün und blau im Gesicht geschwollen, und seitdem kann die Frau riechen, kann durch die Nase atmen und wenn man sie mit dem Passbild vergleicht, ist die Nase kleiner wie vorher [...] Sie trauen den Ärzten und Spitälern auch nicht recht so über den Weg. - Nein. - Aus gutem Grund, ihr Körper erinnert sich noch an medizinische Versuche, die einmal gemacht worden sind, und da haben sie hier noch eine Nadel drin, und einen Blasenkatheder haben sie auch noch. - Hmm. - Haben sie mit Leber Galle ein bisschen zu tun? - Leber. - Hmm [...][6]
Klügl, Gary Schwartz und die Kirlian-Fotografie
Zu Klügl werden "wissenschaftliche" Belege seiner "Aura-Analyse" durch eine Kirlian-Fotografie behauptet, etwa durch den US-amerikanischen Psychologen, Parapsychologen und "Nahtodforscher" Gary E. Schwartz aus Arizona. Bei der ursprünglich aus Russland stammenden Kirlian-Fotografie handelt es sich um ein pseudowissenschaftliches Verfahren, das häufig im Zusammenhang mit "Auraheilungen" oder der postulierten "Aura" angeführt wird.
Gary E. Schwartz ist für umstrittene Experimente mit Wunderheilern und "Medien" bekannt. Schwartz befasste sich insbesondere mit Biofeedback und der Parapsychologie sowie Hypothesen um eine Kommunikationsmöglichkeit mit Verstorbenen. In Bezug auf das US-amerikanische Medium Allison DuBois behauptete Schwartz, dass dieser tatsächlich mit Verstorbenen in Kontakt treten könne:
- There is no question this is not a fraud, some people really can do this, and Allison is one of them.
Schwartz wurde jedoch im Zusammenhang mit seinen umstrittenen Behauptungen in seinem Buch "Afterlife Experiments" vorgeworfen, unwissenschaftlich vorgegangen zu sein und ungeeignete statistische Verfahren benutzt zu haben. Auch stützte er sich selektiv auf Versuchspersonen, die sich parapsychologischen Phänomenen gegenüber aufgeschlossen zeigten.[7][8]
Schwartz publizierte auch zum Versuch, mithilfe der Gasentladungsvisualisationstechnik (GDV) eine Wirkung der Homöopathie nachzuweisen.[9] Die GDV ist eine Methode aus der Alternativmedizin, der ihre Befürworter nachsagen, sie könne die "Aura des Menschen" im Rahmen der Aurafotografie oder einer "Bioelektrografie" darstellen. In der unbedeutenden Postille "Journal of Near-Death Studies" veröffentlichte Schwartz im Jahre 2002 auch zum esoterischen Konzept eines Zellulären Gedächtnisses. Dabei wollte er herausgefunden haben, dass Verhaltensänderungen bei zehn Empfängern von Herztransplantaten auf Persönlichkeitsmerkmale der Spender zurückzuführen seien. Dabei unterstellten die Autoren also die Möglichkeit (suggest), dass dabei eine "Übertragung" von Persönlichkeitsmerkmalen stattgefunden haben könne.[10] Die Veröffentlichung fand dann auch Resonanz im Esoterikblatt NEXUS Magazin.
Ein Angebot des Skeptiker-Zauberers James Randi, für den Nachweis der Behauptungen aus Schwartz's "Afterlife Experiments" durch eine unabhängige Forschergruppe an der University of Arizona eine Million US-Dollar zu erhalten, lehnte Schwartz ab. Medium Allison Dubois beschwerte sich zudem über die kommerzielle Ausschlachtung seines Namens durch Buchtitel[11] von Gary Schwartz.[12]
Berufung auf Orbs
Auffällig sind Klügls Versuche, eigene Wunderfähigkeiten mit dazu ungeeigneten "Tricks" zu untermauern. So präsentiert er Bilder im Internet, die so genannte, auch als Orbs bekannte "Geisterflecken" zeigen. Es handelt sich dabei um sehr einfach zu reproduzierende Artefakte in der Fotografie: Kleine Partikel, die sich direkt vor der Linse einer Kamera befinden, werden dabei unscharf und relativ groß abgebildet und haben eine runde bis ovale Form. Die Orbs erscheinen besonders eindrucksvoll, wenn mit einem Blitzlicht gearbeitet wird. Bilder mit Orb-Kreisen oder Orb-Flächen ergeben sich beispielsweise bei Verteilung von Staubpartikeln und Verwendung eines Blitzlichts. Bei Digitalbildern lassen sich "Geisterflecken" natürlich auch nachträglich per Software einfügen.
Weblinks
- Ich bin ein Weltenmensch. Heilen in der Aura 3sat am 28.06.2010
- Andreas Rauschal: "Wer heilt, hat recht". In die seltsame Welt der Alternativmedizin entführte 3sat am Montag: Giselle Camenischs Film "Ich bin ein Weltenmensch" Wiener Zeitung 29.06.2010
Blogartikel
- Gerhard Klügl, der Aurachirurg im 3sat – TV Ver-Bildung pur! Ratgeber-News-Blog, 29.06.2010
- Michael Hohner: Gerhard Klügl: Weltenmensch, Aurachirurg Ratioblog, 25.09.2010
Quellennachweise
- ↑ Clemens Kuby: Heilen das Wunder in uns
- ↑ Zitat:
Letztmalig wurde am 10.04.2005 der Medizinpreis für Geistiges Heilen verliehen. „Mit dem europäischen alternativen Medizinpreis würdigt die Ingeborg Gebert-Heiß Stiftung im Gesundheitsbereich Leistungen, die wegweisende und innovative Heilungsmethoden fördern, bei denen der Menschen als ein geistiges, sich selbst heilendes Wesen im Mittelpunkt steht, geschätzt und verstanden wird. Die Krise des Gesundheitssystems verlangt eine fundamentale Bewusstseinsentwicklung aller, durch die der Mensch den Ort anerkennt und würdigt, an dem jede Krankheit und jede Heilung beginnt: die Seele. Eine seelenlose Medizin ist brutal, menschenverachtend und zunehmend Krankheit verstärkend. Mit dem europäischen alternativen Medizinpreis leistet die Ingeborg Gebert-Heiß Stiftung ihren Beitrag für einen Weg aus der Krise, auf dass wir erkennen, was wir sind: Göttliche Wesen." Am 10.04.2005 wurde der Alternative Europäische Medizinpreis auf dem Heilerforum am Bodensee in Radolfzell an den Aurachirurgen Gerhard Klügl vergeben. - ↑ http://www.tv-gesundheit.at/?p=25
- ↑ Video: Ich bin ein Weltenmensch, 2009, arte zero, GJ Camenisch, Zürich
- ↑ quer-denken.tv/215-aurachirurgie-heilt-karmische-wunden/
- ↑ Zitat Gerhard Klügl, 11. April 2010, Ich sehe was, was du nicht siehst - Von Heilern, Wunderheilern und der Suche nach dem Glück. Von Beate Lehner, SWR 2 Künstlerisches Wort/Literatur, Feature am Sonntag. Redaktion: Gabriela Hermer / Walter Filz, Regie: Katrin Martin
- ↑ http://www.csicop.org/si/show/how_not_to_test_mediums_critiquing_the_afterlife_experiments "How Not to Test Mediums: Critiquing the Afterlife Experiments, Skeptical Inquirer, Mai 2003. Ray Hyman
- ↑ http://skepdic.com/essays/gsandsv.html "Gary Schwartz's Subjective Evaluation of Mediums: Veritas or Wishful Thinking?", Skeptic’s Dictionary, 2007. Robert Todd Carroll.
- ↑ Bell IR, Lewis DA 2nd, Brooks AJ, Lewis SE, Schwartz GE. Gas discharge visualization evaluation of ultramolecular doses of homeopathic medicines under blinded, controlled conditions. J Altern Complement Med. 2003 Feb;9(1):25-38.
- ↑ Paul Pearsall, Gary E. R. Schwartz, Linda G. S. Russek: Changes in Heart Transplant Recipients That Parallel the Personalities of Their Donors, Journal of Near-Death Studies, Heft 20, 3 / März 2002, DOI 10.1023/A:1013009425905 Seiten 191-206.
- ↑ Gary E. Schwartz, William L. Simon: "The Truth About Medium: Extraordinary Experiments with the real Allison DuBois of NBC's Medium and other Remarkable Psychics", 2005, Hampton Roads Publishing Company
- ↑ http://web.archive.org/web/20060520210018/http://www.allisondubois.com/news.html
Bildquelle: Video: Ich bin ein Weltenmensch, arte zero, GJ Camenisch, Zürich