Entgiftungspflaster

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Typisches Produkt "Vitalpflaster". Als Zeichen einer erfolgreichen Entgiftung soll sich das Pflaster bei der Anwendung dunkel verfärben.
Produkt "Chinesisches Entgiftungspflaster" mit "pulverisiertem Mandarin Essig sowie Turmalin- und Germanium-Puder"
Darstellung der Färbung des Pflasters vor und nach der Anwendung

Als Entgiftungspflaster (auch Energiepflaster) werden in alternativmedizinischen Kreisen Pflaster bezeichnet, die angeblich Giftstoffe aus dem Körper leiten. Einige andere Bezeichnungen sind Detox-Pflaster, Vitalpflaster, Detox pads, Detox patches oder Chi pads. Die Pflaster sollen unterschiedliche Wirksubstanzen enthalten, die diesen Entgiftungseffekt entfalten sollen. Dazu gehören beispielsweise Baumessig (wahrscheinlich handelt es sich um Holzessig), Ginseng, Amethyst, zermahlene Heilsteine (Turmalin, Bergkristall, Amethyst), organisches Germanium, Chitosan, Mariendistel, Algen, Vitamine und Mineralien. Das Pflaster wird zur Anwendung gebracht, indem es auf eine beliebige Körperstelle geklebt wird, auf der es mehrere Wochen verbleiben soll. Dies soll dann gegen Schmerzen, Schwellungen, Rheuma, Arthritis, Schlafstörungen und beim Heilfasten helfen.[1][2] In der traditionellen chinesischen Medizin werden die Entgiftungspflaster auf die angeblichen "Meridiane des Fußes" oder auf Fußreflexzonen der Fußsohle geklebt (Detox-Fußpflaster).

Wirkungsweise

Eine vorgeblich erfolgreiche Entgiftung soll sich durch eine meist dunkle Verfärbung des Pflasters und der Haut darunter während der Anwendung zeigen. Diese Verfärbung ist allerdings kein Nachweis dafür; sie ist lediglich das Ergebnis dessen, dass sich aufgrund der mechanischen Verhinderung der Verdunstung der Hautfeuchtigkeit unter dem Pflaster (Okklusion) ein feuchtes Hautklima bildet. Dadurch diffundiert der schwärzlich gefärbte Holzessig bis auf die Haut und hinterlässt dort und auf dem Pflaster einen dunklen, klebrigen Fleck.[3] Zudem sind die Bestandteile des Baumessigs hautreizend, was im Zusammenhang mit der feuchten, aufgeweichten Haut zu Rötungen und lokalen Entzündungsreaktionen führt. Das soll dann von den angeblichen, aus dem Körper ausgetretenen Giftstoffen herrühren.

Bei Fußpflastern lösen sich aus den daran befestigten Pads mit Pflanzenbestandteilen bzw. Tees über Nacht durch den Fußschweiß die darin enthaltenen Farbstoffe und färben das Pad dunkel.[4] Ein vergleichbarer Effekt käme ebenfalls zustande, wenn man sich einen Teebeutel mit schwarzem Tee unter den Fuß klebt.[5]

Auch bei Entgiftungs-Fußbädern wird eine schmutzigbraune Verfärbung des Wassers als Beleg für die Wirksamkeit gewertet. Tatsächlich wird die Verfärbung aber durch die elektrolytische Zersetzung der Elektroden des Fußbads hervorgerufen; mit angeblich aus dem Körper ausgeleiteten Giftstoffen hat sie genau so wenig zu tun wie bei den Entgiftungspflastern.

Wirksamkeit

In der wissenschaftlichen Medizin gibt einige Anwendungsformen von wirkstoffhaltigen Pflastern. Sogenannte Schmerzpflaster geben dosiert Schmerzmittel an den Körper ab, capsaicinhaltige Pflaster dienen der Verbesserung der Durchblutung beispielsweise bei Muskelzerrungen.

Für andere Anwendungen - zumal für solche, die an sich schon auf einem pseudomedizinischen Konzept beruhen - gibt es keine Hinweise auf eine Wirksamkeit. Zudem ist nicht nachgewiesen, ob diese Pflaster überhaupt irgendeinen medizinischen Wirkstoff enthalten. Da bereits die Grundannahme der Entgiftung auf unwissenschaftlichen Vorstellungen beruht, bestehen keinerlei begründete Annahmen, dass Entgiftungspflaster eine gesundheitliche Wirkung haben. Die amerikanische "Federal Trade Commission" hat aufgrund nicht vorhandener Wirkungsnachweise den Herstellern gesundheitsbezogene Aussagen untersagt. [6] Eine 2008 vom Fernsehsender ABC durchgeführte Untersuchung, bei der acht Probanden die Pflaster längere Zeit trugen, konnte keinen Unterschied zwischen benutzten und unbenutzten Pflastern finden. In einem Labor wurde der Schwermetallgehalt, der Arsengehalt und verschiedene Kohlenwasserstoffe gemessen.[7]

Gefahren

Der Begriff "Baumessig" ist außerhalb der Pseudomedizin nicht geläufig. Anhand der Beschreibungen der Herstellung dieser Substanz[8] auf Hademar Bankhofers Internetseite www.bankhofer-gesundheitstipps.de scheint es sich um Holzessig zu handeln, das flüssige Kondensat der Holzvergasung (Pyrolyse).[9]

Holzessig besteht neben Wasser aus etwa 12% Essigsäure und Homologen, 2% Methanol, 1% Aceton, 1% Methylacetat und 10% gelöstem Holzteer, kleinen Mengen von Kreosot, Brandharzen und Brandölen, Aldehyd und geringen Anteilen anderer Destillationsprodukte. Der rohe Holzessig ist eine braune, saure, unangenehm teerig und rauchig riechende und schmeckende Flüssigkeit. [10] Bei längerem Hautkontakt kann es zu Hautreizungen kommen. Außerdem sind unter den Kondensationsprodukten auch giftige, krebserzeugende und krebsfördernde Stoffe, was dementsprechende Risiken mit sich bringt.[11] Hier sind vor allem die als krebserregend bekannten polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe zu nennen. Diese Stoffe können zudem von der aufgeweichten und gereizten Haut besser aufgenommen werden, was deren Gefahrenpotential zusätzlich erhöht.

Vertrieb

Der Vertrieb der Entgiftungspflaster wird unter verschiedenen Markennamen meist über das Internet abgewickelt. Eine Viermonatsanwendung mit 120 Pflastern kostet 198 Euro.[12]

Anwendungen von Pflastern in Alternativmedizin und Pseudomedizin

Auf dem Markt für Alternativmedizin und Esoterikprodukte werden zahlreiche Wunderpflaster angeboten. Zu finden sind etwa Energiepflaster, Appetithemmer-Pflaster, Anti-Aging-Pflaster, Stressabbau-Pflaster, Pflaster gegen Schlafstörungen, Pflaster zur Schmerzlinderung und so weiter.

  • Einige Pflaster der Firma LifeWave werden ebenfalls mit der Behauptung beworben, eine Ausscheidung von Giftstoffen aus dem Körper zu bewirken.
  • Ein Produkt mit dem Namen "Kino-Kiseki–Pflaster" der Firma Vita-Clean soll ebenfalls "Gifte ausleiten" können. Es wird vom deutschen Tierarzt Dietmar Cimbal beworben.
  • Cantharidenpflaster sind Anwendungen von Inhaltsstoffen (Cantharidin) verschiedener Käferarten der Gattung Cantharis. Cantharidin ist ein starkes Reiz- und Nervengift und dient den Käfern als Abwehrsekret gegen Feinde.
  • Beim Kinesio-Taping werden farblich unterschiedliche Pflaster auf die Haut geklebt, um Sportler über einen Placeboeffekt und autosuggestiv zu höheren Leistungen zu animieren. Gleichzeitig soll das Bekleben der Haut mit diesen Pflastern zahlreiche Beschwerden und Krankheiten heilen können, ohne gleichzeitig Nebenwirkungen zu entfalten.
  • Die japanische Firma Phiten bietet ebenfalls Pflaster und weitere Esoterikprodukte zur Leistungssteigerung an.
  • Bei der Farbmeridiantherapie der deutschen Krankengymnastin Christel Heidemann (1924–1998) werden Pflaster (gefärbte Seidenkreise) auf angenommene Meridiane der Hautoberfläche geklebt, um Wunderwirkungen zu erzielen. Heidemann berief sich dabei auf die Anthroposophische Medizin von Rudolf Steiner und die Meridianlehre der Traditionellen Chinesischen Medizin.
  • Zu den Elektrosmog-Schutzprodukten gehören die "bion-pad" Silikonkompressen, die den Käufer allein durch ihre körpernahe Anwesenheit vor behaupteten schädlichen Wirkungen des so genannten Elektrosmogs schützen sowie weitere unbelegte positive Wirkungen entfalten sollen.

Weblinks

Quellenverzeichnis

  1. Internetseite eines Anbieters: www.kraeuterwunder.de/naturspezialisten/entgiftungspflaster/entgiftungspfllaster-3-x-14-stuck-im-paket-dreiwochige-kur.htm
  2. www.gesund-heilfasten.de/entgiftungspflaster.htm
  3. Abrechnung mit wissenschaftlichen Scharlatanen Deutschlandradio Kultur, Beitrag vom 10. Januar 2010
  4. Super Turmalin, die dritte: Conticare® Detox Vitalpflaster Blog von Dr. med. Lothar M. Kirsch
  5. Super-Turmalin-Entgiftungspflaster - die Zweite Blog von Dr. med. Lothar M. Kirsch
  6. Mayo Clinic: Do detox foot pads really work?
  7. Mercola.com: 'Detoxifying' Foot Pads are a Scam
  8. www.bankhofer-gesundheitstipps.de/mandarinenbaum-schuetzt-erkaeltung.html
  9. Bankhofer beschreibt die Herstellung von Baumessig wie folgt: "Bei Mandarinen-Bäumen in Korea werden in regelmäßigen Abständen die Äste beschnitten. Das ist wichig für eine gute Mandarinen-Ernte. Die Zweige werden aber nicht entsorgt. Sie sind das wertvolle Grundmaterial für den Essig. Sie werden luftgetrocknet und reichern dabei noch mehr Natur-Energie an. Dann werden die Hölzer wie in einem Holzkohlen-Meiler verbrannt . Der aufsteigende Rauch wird in Röhren abgekühlt. Dabei entsteht der junge Baumessig bei Temperaturen von 100 bis 104 Grad Celsius.Es dauert etwa 6 bis 9 Monate, bis der Baumessig dann endgültig gereift ist." vergl. mit https://de.m.wikipedia.org/wiki/Holzessig
  10. SOUZA, João Batista G; RE-POPPI, Nilva and RAPOSO JR., Jorge Luiz. Characterization of pyroligneous acid used in agriculture by gas chromatography-mass spectrometry. J. Braz. Chem. Soc.. 2012, vol.23, n.4, pp. 610-617 DOI
  11. Diebold, J.P.: Review of the Toxicity of Biomass Pyrolysis Liquids Formed at Low Temperatures. National Renewable Energy Laboratory. 1997
  12. Gute Pillen - Schlechte Pillen: 2009/05, S.13a