Holopathie

Aus Psiram
(Weitergeleitet von Digitale Homöopathie)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Holopathie-Gerät QuintStation

Holopathie ist die Bezeichnung für ein pseudomedizinisches Verfahren, welches "energetische Blockaden" lösen und damit zu einer "Aktivierung der körpereigenen "Selbstheilungskräfte" beitragen können soll. Tatsächlich handelt es sich um eine Abwandlung der Elektroakupunktur nach Voll (EAV). Die Holopathie geht maßgeblich auf den österreichischen Arzt Christian Steiner zurück. Sie versteht sich als ein Verfahren der Energiemedizin und sieht sich in der Tradition der Akupunktur, der EAV, der Homöopathie und der Radionik. Steiner sieht in ihr eine Kombination aus Homöopathie, Elektroakupunktur und Bioresonanz auf der Ebene einer "digitalen Homöopathie". Für Scheinerklärungen zum Wirkmechanismus werden außerdem die morphogenetischen Felder von Rupert Sheldrake, die Kryptophysik von Burkhard Heim und die Schumann-Strahlung bemüht. Die Geräte zur Holopathie werden von der Firma Quintsysteme für holopathische Medizin GmbH in St. Pölten (Niederösterreich) vertrieben.

Indikationen

Wie häufig bei pseudomedizinischen Produkten wird eine Vielzahl von Anwendungmöglichkeiten genannt:

  • Chronisch-degenerative Erkrankungen aller Art
  • Immunschwäche, chronische Infekte
  • Akute und chronische Schmerzen, Entzündungen
  • Müdigkeit, Erschöpfung, Schlafstörungen, Depressionen, Migräne, Psychosomatik
  • Allergien
  • Neurodermitis
  • Zahnheilkunde: Kieferherde, Amalgamausleitung
  • Wirbelsäulensymptome, Rückenschmerzen
  • Gelenksschmerzen,Verspannungen, Arthrosen, Arthritis
  • Verletzungen, Knochenbrüche, Hämatome
  • Begleittherapie bei Tumoren
  • Sportmedizin, ganzheitliche Wettkampfvorbereitung

Behandlung

Holopathische Behandlung (nach Unterlagen der Quintsysteme GmbH)
Darstellung der "Trägerwelle mit Substanzsignal" in der Werbung

Mit Hilfe eines Computers ("Quintstation") wird zunächst an postulierten Akupunkturpunkten der Hand eine Hautwiderstandsmessung nach dem Prinzip der Elektroakupunktur nach Voll durchgeführt. Holopathie-Befürwortern zufolge werde damit festgestellt, "ob die Substanzinformationen, die Sie dem Klienten übertragen eine positive, negative oder indifferente Reaktion des Energiesystems auslösen, d.h. das Energiesystem des Getesteten antwortet mit ja oder nein." Zu diesem Zweck habe der Computer "die elektromagnetischen 'Fingerabdrücke' von praktisch allen Umweltschadstoffen und Belastungen gespeichert."

Im zweiten Schritt der Behandlung werden dem Patienten die notwendigen "Heilinformationen" zugeführt. In der Werbung heißt es dazu: "Der Computer liefert dazu aufgrund der Messdaten alle benötigten Substanzschwingungen und überträgt sie auf ein pulsierendes Magnetfeld – individuell abgestimmt und genau dosiert. Während der Therapie sitzen Sie entspannt zwischen den Magnetköpfen der QuintStation und lassen dieses Magnetfeld mit den Heilinformationen auf sich einwirken."

Nach Angaben der Quintsysteme GmbH wird das Substanzsignal dabei auf eine niederfrequente (einige Hz) Trägerschwingung aufmoduliert, die auch "physiologische Trägerwelle" genannt wird. Die erste Analyse-Sitzung mit einem Patienten dauere 60 bis 90 Minuten, die Folgesitzungen 30 bis 60 Minuten.

Um dem Patienten die angeblich gesundheitsfördernden Signale zuzuführen, gibt es außerdem das Taschengerät Quintbox, das am Körper getragen oder unter das Kopfkissen gelegt werden soll, sowie das Gerät Quintdrink zur "individuellen Übertragung elektromagnetischer Schwingungsspektren auf Flüssigkeiten".

Die erwähnten Substanzsignale oder elektromagnetischen Fingerabdrücke seien auf die Weise in Computer gelangt, dass man das thermische Rauschen von über 10 000 Substanzen digitalisiert habe. Nach dem Verständnis der Energiemedizin enthalte dieses Rauschen "das Charakteristische einer Substanz". Zwar wird nicht ausgeführt, was wie digitalisiert wurde (das Signal eines Widerstandsthermometers? Schwankungen der Infrarotsstrahlung? In welchem Frequenzbereich?), dennoch ist damit im Grunde alles über die Holopathie gesagt, denn die Aussage ist technischer und physikalischer Unsinn: Das einzig Charakteristische am thermischen Rauschen ist die Temperatur.

QuintChip

Quintchips

Um "Patienten nach der energetischen Optimierung in der Praxis auch zu Hause weiter zu unterstützen", wurde der QuintChip entwickelt, ein magnetisierbares Metallstück, das von einer Kunstoffhülle umgeben ist. Der Chip könne nach Art eines Amuletts am Körper getragen werden. Zuvor müsse er mit einem speziellen Programmiergerät mit den gewünschten holopathischen Informationen versehen werden. Diese Programmierung soll 3 bis 4 Monate wirksam sein.

Zeitweise wurde auch ein QuintChip Epsilon angeboten, der keine Programmierung erforderte, weil er bereits ein "universelles ESmog-Anwendungsprogramm" enthalte. Dieses Amulett sollte hochfrequente elektromagnetische Strahlung für den Körper besser verträglich machen, was allerdings "nur mittels bioenergetischer Testmethoden nachvollzogen werden" könne. Die Programmierung sollte etwa ein Jahr vorhalten, danach konnte der Besitzer einen neuen Chip "mit dem aktuellsten E-Smog-Programm von Dr. Steiner" zu einem ermäßigten Preis erwerben.

Abgesehen vom einfachen Magnetisieren oder Entmagnetisieren lässt sich ein Stück Eisen aber nicht "programmieren". Erst recht kann es keine "Trägerwellen" oder "Substanzsignale" abgeben, die wie oben beschrieben bei der Holopathie entscheidend sein sollen. Der Wirkmechanismus der Chips müsste demnach ein vollkommen anderer sein. Darüber wird jedoch nichts mitgeteilt. Das Produkt fällt in die Klasse der Aura-Balance-Akkus, Anti-Raucher-Chips, Neutralizer, Spritsparkarten und ähnlicher mehr oder weniger harmloser Scharlatenerie.

QuintFilm

QuintFilm Handy soll ins Batteriefach eines Mobiltelefons geklebt werden[1]

Unter der Bezeichnung QuintFilm werden kleine Kunststofffolien angeboten, die vor Elektrosmog schützen sollen. Offenbar zielt dieses Erzeugnis auf den Markt für Scharlatanerieprodukte wie Neutralizer, AlphaPrevent, Gabriel-Chip usw. ab. Es gibt die Varianten QuintFilm Handy, QuintFilm PC, QuintFilm SAT und QuintFilm NF. Die nutzlosen Folien für 20 Euro sollen nach Annahmen der Holopathie funktionieren und eine Haltbarkeit von einem Jahr aufweisen. Beworben werden sie mit unsinnigen Scheinerklärungen. So soll das Produkt aus einer speziell "energetisierten" Folie aus einem High-Tech-Kunststoff bestehen, die mit "eigens entwickelten homöopathischen Schwingungen" gegen die Auswirkungen von Elektrosmog "informiert" sei. Wenn ein solcher QuintFilm von einem elektromagnetischen Feld durchstrahlt werde, übertrügen sich die gespeicherten Schwingungen auf das Feld und veränderten so dessen "bioenergetische Eigenschaften". Dies sei mit bioenergetischen Testverfahren wie Meridian-Testung, Elektroakupunktur (gemeint ist vermutlich die Elektroakupunktur nach Voll), Kinesiologie, RAC und Holopathie leicht nachzuweisen.

Das Produkt QuintFilm wird offenbar nicht direkt von der Firma Quintsysteme GmbH vertrieben und wird auf ihrer Internetseite nicht aufgeführt. Erhältlich ist es bei Esoterik-Händlern (so bei Elraanis). In einer Werbebroschüre gab Quintsysteme Ende 2008 an, Quintfilm habe ein "Gütesiegel" des International Institute for Research on Electromagnetic Compatibility (IIREC).[2] Die österreichische Firma IIREC ist dafür bekannt, Gutachten und Zertifikate für solche fragwürdigen Produkte zu erstellen.

Abmahnung wegen unlauterer Werbung

Nach einer Abmahnung durch den Verband Sozialer Wettbewerb in Berlin musste die Quintsysteme GmbH ihre Werbung mit einem deutlichen Hinweis versehen, z.B. "Die Holopathie und die von ihr verwendeten Prinzipien, Methoden und Geräte sind der Komplementärmedizin zuzurechnen und schulmedizinisch nicht anerkannt. Die Wirkung ist wissenschaftlich nicht erwiesen." Die Firma Quintsysteme sprach in diesem Zusammenhang zeitweise von "Zensurmaßnahmen", die schon deshalb nicht gerechtfertigt seien, weil es viele zufriedene Kunden gebe. Dass die so genannte Schulmedizin das von den Holopathen postulierte Energiesystem im menschlichen Körper nicht kenne, liege daran, dass deren Weltbild "in geradezu absurder Weise vorgestrig" sei.

Studienlage

Zur Holopathie und der Quintstation liegen einige wenige Untersuchungen aus Österreich vor.

  • An der Innsbrucker Leopold-Franzens-Universität wurde die Holopathie 2005 im Rahmen einer Dissertation bei 21 Patienten mit chronischer Polyarthritis ("Rheuma") mit einem Placeboverfahren verglichen (14 Verum, 7 Placebo). Im Ergebnis zeigte sich in dieser Pilotstudie kein signifikanter Unterschied und somit kein Nachweis einer Wirksamkeit im wissenschaftsmedizinischen Sinne.[3]
  • Eine im Jahre 2009 im Rahmen einer Diplomarbeit durchgeführte Untersuchung (in der auf die Dissertation von 2005 nicht eingegangen wird) konnte ebenfalls keine über den Placeboeffekt hinausgehende Wirkung feststellen.[4]

Literatur

  • Larcher, Heike: Kontrollierte, randomisierte, doppelblinde Pilotstudie zur Erfassung der Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Behandlung mit dem Therapiegerät "QuintStation 315" bei Patienten mit chronischer Polyarthritis / vorgelegt von Heike Larcher, 2005. - II, 139 Bl. Innsbruck, Univ., Diss., 2005 [1]
  • Stefan Czernin, "Alternative Medizin fürs digitale Zeitalter", Artikel in Südwestpresse vom 12.02.2010
  • Pöll, Kerstin: Gesundheitsbezogene Lebensqualität und digitale Homöopathie, 2009, Diplomarbeit, Universität Wien. Fakultät für Psychologie. Betreuer: Jagsch, Reinhold. http://othes.univie.ac.at/4972/1/2009-05-20_0304088.pdf

Weblinks

Quellennachweise

  1. Broschüre QuintFilm – Bioenergetische E-Smog-Kompensation nach den Prinzipien der Holopathie
  2. http://www.quintsysteme.com/uploads/media/QuintEssentials08_2009-06_lowres.pdf
  3. Larcher, Heike: Kontrollierte, randomisierte, doppelblinde Pilotstudie zur Erfassung der Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Behandlung mit dem Therapiegerät "QuintStation 315" bei Patienten mit chronischer Polyarthritis. Dissertation, 2005 Innsbruck. (2005. - II, 139 Bl. Innsbruck, Univ., Diss., 2005)
  4. Pöll, Kerstin: Gesundheitsbezogene Lebensqualität und digitale Homöopathie, 2009, Diplomarbeit, Universität Wien. Fakultät für Psychologie. Betreuer: Jagsch, Reinhold. http://othes.univie.ac.at/4972/1/2009-05-20_0304088.pdf