Annette Streeck-Fischer

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Annette Streeck-Fischer ist eine habilitierte Ärztin und Psychiaterin aus Göttingen. Sie leitet die Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen des Akademischen Lehrkrankenhauses Asklepios Fachklinikum Tiefenbrunn bei Göttingen (früher: Niedersächsisches Landeskrankenhaus). Streek-Fischer ist ausgebildete Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapeutische Me­dizin und Psychoanalytikerin (DPG, DGPT).

Aktivitäten, Mitgliedschaften

Annette Streek-Fischer ist Lehr- und Kontrollanalytikerin am Lou-Andreas-Salomé-Institut Göttingen und besaß zwischen 1980-1996 einen Lehrauftrag an der Universitätskinderpsychiatrie Göttingen. Ihre Habilitation in 2006 erfolgte jedoch an der medizinischen Fakultät der Universität Hamburg-Eppendorf; bis 2009 arbeitete sie im Bereich Lehre an der Universitäts-Kinderpsychiatrie des UKE.

Sie ist Mitherausgeberin der Zeitschrift "Praxis der Kinderpsychologie, Kinderpsychiatrie", Mitglied in verschiedenen wissenschaftlichen Beiräten von Zeitschriften und gab zahlreiche Veröffentlichungen u.a. zu Themen wie Adoleszenz, Rechtsextremismus, Gewalt, Trauma, Misshandlung, Missbrauch heraus. Seit 2007 ist sie President elect der International Society of Adolescent Psychiatry and Psychology (ISAPP).[1]

Sie zählt zu den Gründungsmitgliedern der Göttinger Akademie für Psychotherapie[2] und ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Psychoanalytischen Hochschule in Berlin /International Psychoanalytic University[3], zu deren wissenschaftlichem Beirat u.a. auch Marianne Leuzinger-Bohleber, Frankfurt/Kassel gehört.

Frau Streeck-Fischer war eine Hauptreferentin auf dem im November 2000 erstmalig stattfindenden Göttinger Kongress für Bildung und Erziehung, dessen Initiator und bekanntester Protagonist Gerald Hüther ist. Gemeinsam mit Hüther tritt sie im Kontext Psychotraumatologie und Neurobiologie weiterhin in Erscheinung, zum Beispiel beim Kongress "Zeit heilt nicht alle Wunden", Entwicklungen - Verläufe - Therapieresultate - 12. Jahrestagung der DeGPT, Göttingen, 04.-07. März 2010[4][5]

Frau Streeck-Fischer ist Kuratoriumsmitglied der umstrittenen Konferenz ADHS[6], einer hauptsächlich von psychologischen Psychotherapeuten, Vertretern der Psychoanalyse sowie Heilpraktikern der Psychotherapie geprägten Vereinigung, die sich explizit gegen den international und interdisziplinär gefundenen Konsens zu Ursachen und Behandlung der ADHS stellt und in einer eigenen Konsensus-Erklärung ADHS als "gesellschaftspolitisches Konstrukt" bezeichnet.[7] In diesem Sinne trat sie auch in der Mediendiskussion um ADHS bzw. deren medikamentöse Behandlung mit Methylphenidat in Erscheinung.[8]

Vor dem Hintergrund ihrer inhaltlichen Übereinstimmung mit den Positionen der Konferenz ADHS erfüllt es mit Befremden, wenn Frau Streeck-Fischer ausgerechnet zum Thema ADHS im Rahmen der regulären Mittwochsfortbildungen der Psychiatrischen Universitätsklinik Göttingen bzw. der Akademie für Psychotherapie in der ärztlichen Weiterbildung tätig ist:[9][10]

  • 10.03.2010 Aufmerksamkeitsdefizitsyndrome bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen - Neurobiologie, Entwicklungspsychologie, psychodynamische Aspekte, Interventionen: Streeck-Fischer (AFK)

Forschungsschwerpunkte

  • Therapiestudien zu Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen bei Jugendlichen
  • Sensomotorische und kognitive Entwicklung bei Expansiven Störungen
  • ADHS Studien bei Kindern und Jugendlichen, z.B.: Aufmerksamkeitsstörung mit Hyperaktivität[11]

Ausgewählte Veröffentlichungen und Zitate

  • Streeck-Fischer, Annette: Trauma und Entwicklung. Folgen von Traumatisierung in Kindheit und Jugend in: H.Bonney (Hrsg): Neurobiologie für den therapeutischen Alltag (Vandenhoeck & Ruprecht 2011) [12]
  • Streeck-Fischer, Annette: Trauma und Entwicklung (Schattauer 2006)[13]
  • Streeck-Fischer Annette; Fricke Birgit: Better to be restless than locked up in a deep hole! Understanding and therapy of attention deficit and hyperactivity disorder from a psychodynamic viewpoint. In: Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie 2007;56(4):277-99. Abstract: Psychodynamic models will be presented after a critical discussion of the biomedical-psychiatric model of attention deficit and hyperactivity disorder (dimensional diagnostics, genetic disorder, dopamine deficiency, neuronal developmental disorder). Research findings on early mother-child interactions refer to specific psychosocial developmental conditions amongst children who develop ADHD. Factors which lead to gene expression can be traced here. A psychodynamic-oriented developmental psychotherapy which centres on regulatory procedures, de-centration, mentalisation, de-somatisation and symbolisation of treated notifications is helpful, particularly amongst children with complex disorders. The underlying conflicts and dealing with them are thus elucidated in the presentation of a treatment.
  • Streeck-Fischer, Annette: Wenn die Nervensägen kreischen. Zitat: [...] stellen sich mittlerweile viele Forscher entgegen. Annette Streeck-Fischer, Jugendpsychiaterin am Niedersächsischen Landeskrankenhaus [...] Verhalten des Kindes entdeckt sei. Auch zweifelt Streeck-Fischer daran, dass das Syndrom erblich sein soll: Solche Störungen werden in [...] (Quelle: Sueddeutsche, 1. September 2004)[14]
  • Streeck-Fischer, Annette: Editorial in :Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 56: 275—276 (2007):[15]

"[...] Arbeiten zur ADHS wurden in dieser Zeitschrift bereits mehrfach publiziert, zuletzt im Themenheft 5/2006. Dort standen biologische und verhaltenstherapeutische Aspekte im Vordergrund ebenso wie ätiologische Fragen und neuere Interventionsansätze. Die Notwendigkeit, das Störungsbild der ADHS auch aus psychodynamischer Perspektive zu behandeln, wurde damals bereits angekündigt und wird mit diesem Heft eingelöst.

Die Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung hat eine Prävalenz zwischen 4 und 7%. Tatsächlich wird die Diagnose jedoch weit häufiger gestellt. Offenbar ist die Bereitschaft groß, unruhigen oder unaufmerksamen Kindern in Schulen und in Arztpraxen die Diagnose einer ADHS zu attestieren. Der Griff zu Methylphenidat liegt vor allem deshalb nahe, weil Methylphenidat ein — dem Betäubungsmittelgesetz unterliegendes — hoch wirksames Psychopharmakon ist, das unruhige, unaufmerksame Kinder unaufwändig zur Ruhe bringt.

Das Störungsbild mit seiner Symptomtrias Aufmerksamkeitsstörung, Impulsivität und Hyperaktivität ist bei psychodynamisch orientierten Kinderpsychiatern und -psychotherapeuten umstritten. Es trennt biologisch und psychodynamisch orientierte Therapeuten in zwei Lager. Dabei werden teilweise alte Kontroversen neu aufgelegt, etwa die Streitfrage um die Bedeutung von nature und nurture, von Anlage und Umwelt, für die Entwicklung, aber auch konträre Positionen im Hinblick auf die Frage nach geeigneten therapeutischen Maßnahmen.

Von psychodynamischer Seite wurden von Anfang an plausible Erklärungsansätze für das unruhige, unaufmerksame und schwierige Verhalten der Kinder angeboten. Allerdings haben sich psychodynamisch orientierte Kinderpsychiater und -psychotherapeuten nur punktuell explizit und gezielt mit der ADHS befasst, stellt es sich aus psychodynamischer Sicht doch kaum als umschriebenes Störungsbild dar. Damit wurde die ADHS gleichsam einem biologischen Reduktionismus überlassen. Befunde etwa zu frühen Mutter-Kind-Interaktionen und ihrer Bedeutung für die Entstehung dieses Störungsbildes wurden folgerichtig vernachlässigt.

Breite klinische Erfahrungen sprechen dafür, dass die psychodynamische Psychotherapie bei ADHS-Kindern beeindruckend effektiv ist. Allerdings basieren diese Befunde bislang alleine auf klinischem Erfahrungswissen. In der ambulanten Versorgung werden etwa 20% der Kinder mit einer ADHS-Diagnose von psychodynamisch orientierten Psychotherapeuten behandelt. In den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie spiegelt sich das in keiner Weise wider. Systematische wissenschaftliche Untersuchungen zur Effektivität von psychodynamischer Psychotherapie bei ADHS stehen bislang noch aus. Hier besteht zweifellos Nachholbedarf. Erste Untersuchungen sind inzwischen angelaufen (siehe dazu in diesem Heft den Beitrag von Frau Leuzinger-Bohleber.)

Der psychodynamisch orientierte Kinderpsychiater und -psychotherapeut sieht sich in der Auseinandersetzung mit dem Störungsbild der ADHS gleich mehreren Problemen gegenüber, von denen einige in diesem Themenheft aufgegriffen werden Was ist von einer Diagnose zu halten, die äußerst impressionistisch anmutet? Was bedeutet es für ein Kind, wenn es lediglich mit Methylphenidat behandelt wird, während seine Innenwelt, seine Erfahrungen und seelischen Nöte eliminiert oder zumindest behandelt werden, als gäbe es sie nicht? Was hat es mit der Komorbidität bei diesem Störungsbild auf sich? Ist eine Typisierung von Kindern mit ADHS möglich? Wie lässt sich das Bild der ADHS mithilfe psychodynamischer Ansätze verstehen? Kinder, bei denen eine ADHS diagnostiziert wurde, haben besondere Probleme mit der Wahrnehmung und Regulierung von Affekten sowie deren sprachlicher Kategorisierung: Ihre Fähigkeiten zu mentalisieren sind eingeschränkt. Das erfordert spezifische therapeutische Strategien. An Fallbeispielen wird in diesem Heft anschaulich, wie Kinder mit Hilfe einer psychodynamischen Psychotherapie Entwicklungen nehmen können, unter denen sich die ADHS-Symptomatik verliert. Zudem können Risikokinder mit Hilfe eines psychodynamisch orientierten präventiven Ansatzes frühzeitig so gefördert werden, dass sie eine positive Entwicklung nehmen.

Mit den in diesem Themenheft zusammengetragenen Arbeiten ist ein Anfang gemacht, der die Bedeutung psychodynamischer Ansätze in Diagnostik und Therapie der ADHS unterstreicht. Der bereits erreichte Kenntnis- und Wissensstand kann zuversichtlich stimmen."

Annette Streeck-Fischer[16]

Weblinks

Quellennachweise