Esoterische Mauertrockenlegung
Esoterische Mauertrocknung bezeichnet unterschiedliche ausserwissenschaftliche oder pseudowissenschaftliche Verfahren, zu denen ihre Anbieter oder Befürworter behaupten, dass sie den Wassergehalt in Mauerwerk oder Räumen reduzieren könnten. Die hier thematisierte esoterische Mauertrocknung ist nicht mit etablierten Verfahren der Horizontalsperre zu verwechseln, die standardmässig in Neubauten verwendet wird und gelegentlich in Altbauten nachgerüstet wird. Auch handelt es sich nicht um klassische Be- oder Entlüftungsverfahren oder Heizungen.
Einige der Anbieter von esoterischen Mauertrocknungsverfahren bieten zusätzlich eine Entlüftung an oder verwenden zusätzlich zu ihren eigenen Verfahren auch etablierte Verfahren, was die Bewertung des Gesamtverfahrens erschwert und Rechtsstreitigkeiten verkompliziert. Die Bedienungsanleitung eines bestimmten Produkte aus diesem Bereich (Drymat) verlangt sogar mehrmals tägliches Stoßlüften von mindestens zwei Stunden Dauer. Die Nichteinhaltung dieser Vorgaben oder das Öffnen des plombierten Wunderkästchens führen laut Anleitung zum sofortigen Verlust aller Ansprüche gegenüber dem Hersteller.[1]
Produkte aus dem Bereich der esoterischen Mauertrockenlegung
Grundsätzlich ist zu beobachten, dass Firmennamen und Produktnamen oftmals nur kurze Zeit Bestand haben. So wurde aus der Firma Hydropol Hydrodry, nachdem ein Gericht gegen Hydropol vorging. Eine Liste zur Übersicht bildet desshalb nur eine Art Momentaufnahme der Szene.
- Aquapol, ein "magnetokinetisches" System zur Trockenlegung feuchten Mauerwerks der österreichischen Firma Aquapol - wasserpolarisationstechnische Geräte GmbH aus Reichenau an der Rax. Es wurde von Jürgen Fliege in der ARD beworben. In der ZDF-Fernsehsendung WISO wurde dagegen vor diesem Scharlatanerieprodukt gewarnt. Auch das ARD-Fernsehmagazin plusminus brachte einen kritischen Bericht über Aquapol, vor dessen Ausstrahlung die Firma der Redaktion mit rechtlichen Schritt drohte. Der Chef von Aquapol, Wilhelm Mohorn, ist bekennender Scientologe und Vereinsvorsitzender des ÖVR. Aquapol-Geräte kosten von 4.000 bis über 10.000 €.
- Aqualan (D), Aquabloc (AUT) und Aquaex (L,NL,B): Bei diesem Gerät sollen hypothetische Skalarwellen die Mauern trocknen. Die Leistungsaufnahme aus dem Stromnetz soll dabei 4,5 W betragen.
- BIOPOL MAGNUM: Ein Plastikkasten unbekannten Inhalts, der ohne Energiezufuhr Mauern trocknen soll und außerdem in 60 m Umkreis Wasser beleben und Elektrosmog unschädlich machen soll
- Dry-Tech: Eine angeblich bei der französischen Eisenbahn und der Pariser Metro zum Trockenlegen von Tunneln verwendete Technik
- ECODRY der Firma ECODRY Systeme GmbH aus Sauerlach[2]. Die Firma behauptet eine "elektrokybernetische" Mauertrocknung durch eine "Impuls-Resonanz-Technologie" (IRS) bewerkstelligen zu können, die die Firma erfunden haben will, und die ansonsten wissenschaftlich völlig unbekannt ist. Entsprechend gibt ECODRY auch auf seiner Webseite bekannt: ..Es stimmt, dass wir wissenschaftlich noch nicht alle in der Praxis belegten Eigenschaften beweisen können, aber einen Teil sehr wohl!.. Nach Angaben des Herstellers sollen die aufgestellten ECODRY-Kästen mit "elektromagnetischen Impulsen" in eine "Molekularstruktur des Wassers" eingreifen können was zu einer "kapillaren Wanderung" wichtig sei. Auch werde das Wasser auf wundersame Weise "zurück ins Erdreich orientiert", was ein positiver TÜV-Bericht dokumentiere.
- Hydropol: Ein Gerät der in Liechtenstein ansässigen Hydropol Schweiz AG, das über "schwachfrequente Wellen" und einer der Wissenschaft unbekannten "drahtlosen Elektroosmose" Wände "umpolen" könne und dadurch Wasser nach außen abfließen lasse
- Osmoterra
- RONDOM: Ein ähnliches Gerät der Firma Coufal. Laut Fantasieerklärung des Herstellers sorge es "mittels elektromagnetischer Wellen in verschiedenen Frequenzen für eine Änderung des Frequenzspektrums im Mauerwerk, so dass sich die ursächlichen Spannungskräfte für die aufsteigende Kapillarfeuchte nicht mehr bilden können". Es wird eine Reichweite von 16 m angegeben.
- Wall-Drying: Ein Kasten unbekannten Inhalts der bayerischen Firma Terra Energetic, der keine Energiezufuhr benötigt und einfach "höher als die höchste feuchte Stelle" aufzustellen ist. Zur Funktionsweise seiner Geräte beruft sich der Hersteller in unklarer Weise auf Burkhard Heim.
Feuchte in Mauerwerk
Ein hoher Wassergehalt im Mauerwerk (etwa durch eine undichte Horizontalsperre) führt zu kapillar aufsteigender Feuchtigkeit im Mauerwerk. Diese hat Feuchtigkeitsschäden zur Folge:
- Kondensation durch Wärmeverluste über die Wand
- Schimmelpilzbefall
- Schwammbefall
- erhöhte Wärmeleitfähigkeit und Wärmeverluste
Der Schimmelpilzbefall und andere Faktoren können eine Gesundheitsgefährdung zur Folge haben.
Konventionelle Mauertrockenlegung
Bei der konventionellen Mauertrockenlegung kommen verschiedene Verfahren zur Anwendung.
- vertikale Abdichtungen
- Drainagen
- Horzontalsperren (horizontale Dichtung), "Verkieselung", Stahlplatten
- Injektionsverfahren
- Entfeuchtungsputzen und Sanierputzen
- Lüftungsmaßnahmen. Entweder durch Schaffung einer Lüftung durch zusätzliche Öffnungen, gegebenenfalls ergänzt durch einen erzwungenen Luftwechsel durch Ventilatoren
Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei feuchten Bodenplatten von Kellerräumen.
Mauertrocknung durch Elektroosmose
Die Elektroosmose beschreibt Flüssigkeitstransport im Bereich einer Phasengrenze (oder Oberfläche) einer Flüssigkeit bei Anwesenheit eines hohen elektrischen Feldes. Der Effekt wird unter anderem bei der Elektrophorese angewandt. Bei Vorhandensein eines ausreichend hohen elektrischen Feldes (durch Spannungen von Kilovolt oder wenigstens einigen hundert Volt) können elektroosmotisch kleine Flüssigkeitsmenegen im Phasengrenzbereich (im Nano- bis Mikrometerbereich) beschleunigt werden. Auf Grund der äußerst geringen Reichweite der Elektroosmose kann dieses Verfahren nicht zur Trocknung von Mauerwerk verwendet werden. Bei Verfahren, die mit einer Kleinspannung von wenigen Volt finktionieren sollen, ist erst recht keinerlei Effekt auf die Mauerfeuchte zu erwarten. Mehrere Untersuchungen zu dieser Methode kamen zum Ergebnis, dass sich keinerlei Mauertrocknung elektroosmotisch erzielen lässt.
Lobbyvereinigung EURAFEM
Die EURAFEM e.V. ("Europäischer Arbeitskreis für Mauerwerkssanierung e.V."[3] ist ein münchner Verein, der die Interessen der hier thematisierten Branche vertritt. Präsident ist der Unternehmer und Privatflieger Edgar Aust aus Tecklenburg. Der Verein, dem auch die österreichische Aquapol Zentrale als auch die deutsche Aquapol Vertretung angehören, hat auch einen wissenschaftlichen Beirat, dem nach Vereinsangaben der emeritierte Josef Riederer (ehemaliger Leiter des Rathgen-Forschungslabors der Staatlichen Museen zu Berlin und ehemaliger Honorarprofessor im Fachgebiet Denkmalpflege an der Technischen Universität Berlin) und ein Dipl.-Ing. Peter Follin (Architekt und Energieberater aus Schleching) angehören sollen.
Der Verein vergibt Zertifikate an Mitglieder. Um ein EURAFEM-Zertifikat zu erhalten, reicht es drei Berichte von Objekten einzureichen, die mit der Methode des Antragstellers getrocknet worden seien. Nach Angaben des Vereins werde gegebenenfalls eine Stichprobe und eine "Vorortbegehung" durchgeführt.
Der Verein verwaltet auch den "Ernst-Vill-Verlag".
Weblinks
- http://de.wikipedia.org/wiki/Elektrophysikalische_Mauertrockenlegung
- http://de.wikipedia.org/wiki/Mauertrockenlegung
- http://www.haus-und-grund-dresden.de/elektroosmose_update.html
Quellennachweise
- ↑ Allgemeine Geschäftsbedingungen (Stand 10.08.2007): "Für das gelieferte Drymat-System wird eine Gewährleistung von 20 Jahren ab Installationstermin gewährt [...] Ausgenommen sind drückendes Wasser, Schichtenwasser oder Kondenswasser. [...] Die Gewährleistung entfällt, wenn der Käufer trotz Aufforderung des Verkäufers Feuchtigkeitsquellen nicht beseitigt hat oder sonstige nicht vom Verkäufer zu vertretende Faktoren den Erfolg des gelieferten Mauerentfeuchtungssystems beeinträchtigt haben."
- ↑ ECODRY Systeme GmbH, Mühlweg 1, 82054 Sauerlach
- ↑ Europäischer Arbeitskreis für Mauerwerkssanierung e.V., Amtsgericht München VR 16390. Anschrift: Prof.-Eichmann-Str. 8, D-80999 München. Vertretungsberechtigt: Edgar Aust, Präsident