Liberation Treatment der CCSVI
Die Chronische Cerebro-Spinale Venöse Insuffizienz (Chronic cerebrospinal venous insufficiency, CCSVI ) ist die Bezeichnung für eine vaskuläre Fehlbildung (Fehlbildung/abnormale Anlage von Blutgefäßes) bei der Hals- und Thoraxvenen auf Grund von Verengungen (Stenosen) nicht in der Lage sind, das Blut in ausreichendem Maße aus dem zentralen Nervensystem (ZNS), insbesondere aus dem Kopfbereich abzuleiten. Die beobachteten Verengungen betreffen dabei vor allem die Vena jugularis interna und/oder die Vena azygos.
Hypothesen zur Entstehung der Krankheit Mulptiple Sklerose (MS)
Eine umstrittene Hypothese, die in den dreissiger Jahren des 20. Jahrhunderts auftauchte, und die in unregelmässigen Abständen neu diskutiert wird, setzt diese Fehlbildung in einen ursächlichen Zusammenhang mit der Autoimmunkrankheit Multiple Sklerose (MS), die die häufigste neurologische Erkrankung ist, und unter verschiedenen Varianten vorkommt.
Die venöse Stenose (also die Abflussbehinderung durch Gefäßverengung) soll zu dabei zu einer venösen Stauung bzw. zu einer Erhöhung des venösen Druckes im Gehirn führen. Dies hätte nach dieser Hypothese zur Folge, dass sich in der Umgebung der gestauten Venen Eisenablagerungen bilden würden, die erst danach zu einer Entzündungsreaktion führen.
Bis auf Ausnahmen wird die Hypothese der Durchblutungsstörung als Ursache der MS von Fachleuten als spekulativ oder falsch zurückgewiesen. Die "Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V." weist in einer Stellungnahme von Dezember 2009 ausdrücklich auf Schwächen in der Beweisführung der Befürworter der Hypothese hin. Zitat DMSG:
- Nach unserem wissenschaftlichen Urteil entbehren die von Zamboni et al. vorgestellten Studienergebnisse einer soliden wissenschaftlichen Methodik und sind damit wertlos und sogar ethisch bedenklich.[1]
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie warnt vor sinnlosen und gefährlichen Gefäßeingriffen bei Multiple‐Sklerose‐Patienten, heisst es in einer DGN-Nachricht vom 17. September 2010.[2] Laut DGN sei die venöse Stauungshypothese von Zamboni zur MS-Entstehung wissenschaftlich nicht haltbar, und es seien bereits Todesfälle im Zusammenhang mit den Eingriffen bekannt geworden. Zitat:
- Nach unserer Meinung gibt es für diese Hypothese keine ausreichenden Beweise, und es gibt erst recht keinen Grund dafür, den vermeintlichen Gefäßstau in einem so genannten Liberation Treatment für mehrere Tausend Euro beseitigen zu wollen. (Zitat MS-Experte Hans‐Peter Hartung aus Düsseldorf)
In den letzten Jahren, etwa ab 2008, wurde die Hypothese der CCSVI als Auslöser der MS durch den italienischen Gefäßchirurgen Paolo Zamboni aus Mailand neu entfacht. Zamboni glaubt durch einen Eingriff die MS heilen zu können, bei dem entweder eine "Ballondilatation" durchgeführt wird, oder ein Stent (kleines Röhrchen, das von innen her ein Gefäß aufdehnen soll) eingesetzt wird. Die entsprechenden Behauptungen und Hypothesen fanden ein großes Interesse bei MS-Kranken, da bis heute für viele MS-Patienten eine kausal wirkende und gleichzeitig befriedigende Therapie der MS unbekannt ist, obwohl es in den vergangenen Jahrzehnten Fortschritte im Bereich der MS-Therapie gab.
Zur Zeit werben im Internet auch in Deutschland einige Ärzte damit, mit bildgebenden Verfahren (meist Ultraschall-Diagnostik/Sonographie) eine CCVSI nachweisen zu können, dabei auf diese Hypothese bezugnehmend. Patienten berichten teilweise, dass ihnen empfohlen worden sei ins Ausland nach Polen zu reisen um dort die Stent-Behandlung zu erfahren. Nach Auskunft von Patienten soll der Eingriff in Polen zwischen 3000 und 5000 Euro kosten.
Geschichte der CCSVI
Studienlage
Das Pro "CCSVI führt zu MS" - Lager
Im deutschsprachigen Raum formieren sich zahlreiche Anhänger der Minderheitenmeinung, dass bereits feststehe dass die CCSVI trotz laufender Untersuchungen als Ursache der MS anzusehen sei. Besonders aktiv ist in dieser Sache eine anonyme Gruppe von Betroffenen, die sich im Internet unter der Webpräsenz "csvi-ms.net/forum/" sammeln. Obwohl die Webseite kein auswertbares Impressum aufweist und auch die Whois-Recherche gesperrt ist, scheint hier ein gewisser Christian Nolte besonders aktiv zu sein. Neben dem Interesse für den möglichen Zusammenhang zwischen CCSVI und MS wird im Kreise dieser Gruppe insbesondere eine als feindlich empfundene Ärzteschaft ausgemacht, die sich über die Verschreibung von MS-Mitteln bereichere und jegliche Alternative zu medikamentösen Therapien quasi "unterdrücke". Auch werden dort diverse andere Therapieformen diskutiert, die als unkonventionelle Methoden zur Behandlung der MS subsummiert werden können. Hierzu gehört beispielsweise die "Biomechanischen Stimulation" (als Sonderform des Vibrationstraining bzw "Whole Body Vibration" oder Resonsnztraining).
"Liberation "Treatment" nach Zamboni-Protokoll
Mehrere kleinere Kliniken im In- und Ausland bieten inzwischen ein so genanntes "liberation treatment" nach Zamboni an:
- Holland: Klinik Prescan Nederland[3] aus Hengelo. (5995,- Euro)
Quellennachweise
- ↑ http://www.dmsg.de/multiple-sklerose-news/index.php?w3pid=news&kategorie=forschung&anr=2043
- ↑ Neurologen warnen vor gefährlicher Therapie bei Multipler Sklerose, http://www.dgn.org/images/stories/dgn/pdf/2010/pm_warnung_ms_therapie.pdf
- ↑ Prescan Nederland, Amarilstraat 20, NL-7554 TV HENGELO