ADE 651
ADE 651 (manchmal auch irrtümlich als AE561 bezeichnet, Vorgänger ADE 650) ist der Name eines dubiosen Gerätes, das angeblich Sprengstoffe, aber auch Drogen und andere Substanzen detektieren kann. Es besteht aus zwei Teilen, einem Handgriff mit Teleskopantenne sowie einem Kasten, in den Pappkarten mit Strichcodes eingeschoben werden, womit das Gerät auf die nachzuweisenden Substanzen programmiert werden soll. In Prospekten hieß es, das Herz des Detektors sei eine auf das Erschnüffeln von einzelnen Substanzen "programmierte" Karte. Sie sei auswechselbar, wodurch ADE 651 auch zur Suche von Trüffeln, geschmuggeltem Geld oder Elfenbein einzusetzen sei.
Das ADE 651 kam ursprünglich als Produkt "Golfinder" auf den Markt. Es sollte verlorene Golfbälle auffinden helfen. Die Bälle sollten gefunden werden, weil das Gerät angeblich auf "Elemente" in Golfbällen "abgestimmt" sei. Ein Geschäftsmann mit Namen Jim McCormick kaufte zunächst 300 derartige Golfinder zum Stückpreis von 20 US-Dollar und tauschte einfach die Etiketten aus, um aus Golfinder ADE 651 zu machen und zu einem Preis von 7000 US Dollar (für das Einsteigermodell ADE 101) bis 40.000 Dollar zu verkaufen. McCormick wurde inzwischen 60-facher Millionär und besitzt Ferienhäuser in England, auf Zypern und in Florida. 2013 wurde er wegen Betruges zu 10 Jahren Haft bestraft.
Die Geräte sind z.T. bis heute (2016) noch im Irak im Einsatz, obwohl deren Verwendung durch die irakische Regierung aufgrund eines Bombenanschlages am 3. Juli 2016, bei dem beinahe 300 Menschen ums Leben kamen, endgültig verboten wurde.[1]
Angebliche Funktionsweise
Das Gerät soll mittels "elektrostatischer magnetischer Ionenanziehung" ("electrostatic magnetic ion attraction", "electrostatic magnetic attraction" EMA) funktionieren. Einzelheiten zu diesem der Physik bislang unbekannten Effekt, der auch durch Bunkerbeton und Blei nicht abgeschirmt werden könne, werden nicht mitgeteilt. Die Reichweite betrage bis zu 650 m im Gelände und bis zu 10 m im Erdboden; die Nachweisgrenze liege im Pikogramm-Bereich. Eine Stromversorgung wird nicht benötigt, es sei lediglich eine gewisse Übung im Umgang mit dem Gerät erforderlich.
Kommerzielle Aspekte
Das Gerät wurde von einer britischen Firma namens Advanced Tactical Security & Communications hergestellt und unter anderem von einer Firma Cumberland Industries Ltd. angeboten, die auf Produkte für die Sicherheitsbranche spezialisiert ist. Aufsehen erregte das ADE 651, nachdem Ende 2009 bekannt wurde, dass das irakische Militär und die irakische Polizei über 1.500 Exemplare zu einem Stückpreis zwischen 16.500 und 60.000 US$ gekauft haben, um beispielsweise das Personal an Kontrollpunkten in Bagdad damit auszustatten.[2]
Insgesamt hatte die irakische Regierung Detektoren im Wert von 85 Millionen Dollar (rund 60 Millionen Euro) angeschafft. An den meisten Kontrollpunkten in Bagdad seien die Handgeräte ADE 651 im Einsatz gewesen. Der Chef des Unternehmens, Jim McCormick, wurde vorübergehend wegen Betrugsverdachts festgenommen, befand sich aber nach einer Kautionszahlung wieder auf freiem Fuß. 2013 wurde McCormick schuldig gesprochen[3] und zu einer Haftstrafe von 10 Jahren verurteilt.[4]
Im Februar 2011 wurde ein hochrangiger irakischer Polizeioffizier namens Jihad al-Jabiri im Zusammenhang mit dem Ankauf der ADE-651-Geräte verhaftet.[5][6]
Analoge Produkte
Ähnliche Produkte sind unter den Bezeichnungen ADE 100, ADE 101, ADE 650, ADE 750, ADE 751, DKL LifeGuard (ein Gerät, das verborgene Personen erkennen soll), MOLE, Alpha 6[7], GT200[8][9], SNIFFEX[10][11] und HEDD1 bekannt geworden.
In Ägypten tauchte 2014 ein sehr ähnliches Gerät unter der Bezeichnung C-Fast (siehe dazu Artikel Complete Cure Device) beim Militär auf. Dort soll es HI-Viren und Hepatitis-C-Viren entdecken können.[12][13]
Bei Hobby-Schatzsuchern insbesondere in den USA sind seit den 1980er Jahren ähnliche Geräte unter der Sammelbezeichnung "Long Range Locator" (LRL) bekannt geworden, die aus einer Teleskopantenne mit einem Handgriff oder Gehäuse bestehen. Manchmal befinden sich darin elektronische Komponenten, die tatsächlich aber keine Funktion haben. Einige Modellbezeichnungen sind: Treasure Scope, Electroscope 20 und Electroscope 301, Lectra Search X-50 und X-60. Ein weiteres Produkt aus dieser Kategorie war ScanTrak 18, ein Gerät, mit dem sich Golfbälle aufspüren lassen sollen.[14]
Unabhängige Tests
In den USA wurden derartige Geräte bei den Sandia National Laboratories untersucht, einer Forschungs- und Entwicklungseinrichtung des US-Energieministeriums. Die Wissenschaftler konnten 2002 bei dem "MOLE Programmable System" von Global Technical keine Wirksamkeit oder einen Effekt erkennen.[15] Das gilt ebenfalls für das schon 1998 getestete "DKL LifeGuard Model".[16]
Der amerikanische Zauberer und Skeptiker James Randi setzte einen Preis von 1 Million US$ für den Nachweis aus, dass das ADE 651 tatsächlich funktioniert. Er rechnet allerdings nicht damit, dass dieser Nachweis erbracht werden kann ("no one will respond to this, because the ADE651® is a useless quack device which cannot perform any other function than separating naïve persons from their money").[17]
Siehe auch
- Covid-19 detector, zum vermeintlichen Erkennen von Coronavirus-Infizierten aus bis zu 100 m Entfernung
Weblinks
- Sprengstoff-Detektor ADE 651 - Ein Bombengerät. SZ, 31. Juli 2016
- Irak: Britische Firma verkaufte unbrauchbare Sprengstoffdetektoren. Spiegel Online, 23. Januar 2010
- Ulrike Putz: Sicherheitstechnik-Skandal: Dunkle Geschäfte mit dem Sprengstoffschnüffler. Spiegel Online, 24. Januar 2010
- Ulrike Putz: Nutzloser Sprengstoff-Detektor: James McCormicks tödlicher Betrug. Spiegel Online, 03. Mai 2013
- Carsten Volkery: Nutzloser Bombendetektor: Britische Regierung half Betrüger bei Export von Schrott-Gerät. Spiegel Online, 27. Januar 2014
- http://wahrsagercheck.wordpress.com/2010/01/24/bombendetektoren-mit-wunschelrutentechnik-hersteller-verhaftet/
- http://en.wikipedia.org/wiki/ADE_651 (englisch)
Quellen
- ↑ ABC News: Iraq Finally Bans Fake Bomb Detectors After July 3 Blast, 25. Juli 2016
- ↑ Iraq Swears by Bomb Detector U.S. Sees as Useless. NY Times, 3 November 2009
- ↑ Fraudster who sold fake bomb detectors in war zones advised by UK officials. The Guardian, 23. April 2013
- ↑ Ulrike Putz: Nutzloser Sprengstoff-Detektor: James McCormicks tödlicher Betrug. Spiegel Online, 03. Mai 2013
- ↑ http://www.randi.org/site/index.php/swift-blog/1217-iraqi-general-turns-down-jref-challenge-gets-arrested-for-bomb-detector-scam.html
- ↑ Iraq police official charged in bomb device scandal. International Business Times, 17. Februar 2011
- ↑ Fake bomb detector husband jailed for three years. BBC News, 3. Oktober 2014
- ↑ Thai security forces spend $30 million on fake ‘bomb detectors’. The Washington Times, July 30, 2012
- ↑ Carsten Volkery: Nutzloser Bombendetektor: Britische Regierung half Betrüger bei Export von Schrott-Gerät. Spiegel Online, 27. Januar 2014
- ↑ N. Shachtman: “Sniffing” Bomb Detector Stinks. Wired, February 21, 2007
- ↑ S. Weinberger: Bomb Sniffing Scam Exposed. Wired, July 17, 2008
- ↑ Das Militär wirkt Wunder. Zeit Online, 28. Februar 2014
- ↑ Ägyptens Militär will Wundergerät gegen Aids entwickelt haben. Der Tagesspiegel, 3. März 2014
- ↑ http://www.geotech1.com/cgi-bin/pages/common/index.pl?page=lrl&file=reports.dat
- ↑ D. Murray: Double-Blind Field Evaluation of the MOLE Programmable Detection System. Sandia National Laboratories, 2002
- ↑ http://www.sandia.gov/media/hudet.htm Human presence detector fails controlled tests conducted by Sandia National Laboratories
- ↑ http://www.randi.org/site/index.php/swift-blog/231-a-direct-specific-challenge-from-james-randi-and-the-jref.html