Ecojet

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Unter dem geschützten Markennamen Ecojet vermarktet die Firma SCS Schneider GmbH aus Fuldabrück bei Kassel Permanentmagnete, die, an die Brennstoffleitung einer Heizungsanlage angebracht, ohne weitere Energiezufuhr zu Brennstoffeinsparungen beziehungsweise Effizienzsteigerungen von durchschnittlich 8% führen sollen. Die Firma beruft sich dabei auf ein Patent für ein "Verfahren zur magnetischen Ionisierung eines kohlenwasserstoffhaltigen Treibstoffs",[1] ferner vage auf Grundlagen in der Quantenmechanik und die Forschungsergebnisse der Physiknobelpreisträger Felix Bloch und Edward Mills Purcell, die für die Entdeckung der Kernspinresonanz bekannt wurden.

Ursprünglich vertrieb die SCS Schneider GmbH Ecojet-Magnete zum Preis von 696 DM (etwa 345 €) hauptsächlich für den Einsatz in Benzin- und Dieselfahrzeugen. Eine Untersuchung des ADAC im Jahr 2000[2] ergab jedoch die vollkommene Wirkungslosigkeit der Ecojet-Magnete hinsichtlich der beworbenen Energieeinsparversprechungen. Die SCS Schneider GmbH gab darauf den PKW-Markt auf und wandte sich dem Heizungsmarkt zu. Kritiker vermuten, dass dies aufgrund des weniger starken Verbraucherschutzes im Heizungsmarkt erfolgte.

Geschäftsführer und Mitinhaber der SCS Schneider GmbH ist Marcus Schneider.

Patent

Das durch den Geschäftsführer Marcus Schneider angemeldete Patent[1] behauptet ein Verfahren zur "magnetischen Ionisierung eines kohlenwasserstoffhaltigen Treibstoffs" durch eine besondere Anordnung von Permamentmagneten. Dieser Anspruch widerspricht dem aktuellen Stand der Wissenschaft, denn zur Ionisierung von Materie muss Ionisierungsenergie aufgewendet werden. Magnete geben jedoch keine Energie ab. Permanentmagnete üben zudem mit Magnetfeldstärken von maximal etwa 1,1 Tesla auf diamagnetische Kohlenwasserstoffe keine hinreichend starken Kräfte aus, gegen die durch von außen zugeführte Arbeit die Ionisierungsenergie erreicht werden könnte. Woher der beträchtliche Energiebedarf zur Ionisierung kommen soll, lässt das Patent im Unklaren.

Angebliche Wirkungsweise und wissenschaftlicher Hintergrund

Die SCS Schneider GmbH behauptet, durch die Magnetwirkung eine Veränderung der Moleküle des Brennstoffs zu erreichen, die zu einer besseren Sauerstoffanbindung und damit einer vollständigeren Verbrennung führt. Da jedoch auch schon ohne Magnete in einer Heizungsanlage die Verbrennung praktisch vollständig erfolgt, gibt es kein Potential für eine noch bessere Verbrennung und eine daraus resultierende Energieeinsparung von durchschnittlich 8%. Eine Heizungsanlage mit derart hohen Anteilen unverbrannten Kraftstoffs im Abgas wäre niemals zulassungsfähig und müsste sofort still gelegt werden.

Für die Veränderung der Moleküle durch die Magnetwirkung beruft sich die SCS Schneider GmbH auf Forschungsergebnisse aus der Quantenphysik und insbesondere auf die Forschungen der Nobelpreisträger Felix Bloch und Edwards Mills Purcell. Bloch und Purcell wurden für die Entdeckung der Kernspinresonanz bekannt. Für die Kernspinresonanz ist es jedoch erforderlich, dass den in einem starken Magnetfeld gelagerten Molekülen Energie in Form von hochfrequenter Strahlung genau bestimmter Frequenz zugeführt wird. Im Fall der Ecojet-Magnete fehlt diese Energiequelle, so dass unklar bleibt, wodurch die angebliche energetische Veränderung der Moleküle bewirkt werden soll. Resonanz tritt darüber hinaus nur bei einem winzigen Bruchteil der bestrahlten Moleküle auf. Dies reicht zwar für die Auswertung der Resonanzstrahlung bei bildgebenden Verfahren, ist für eine Verbesserung der Reaktivität der Moleküle jedoch extrem ineffizient und lohnt deshalb nur für die Produktion von Molekülen sehr teurer Stoffe, die sich durch andere chemische Reaktionen kaum bilden lassen.

Wirksamkeitszertifikat durch den TÜV Thüringen

Im Frühjahr 2008 stellte ein heute nicht mehr dort beschäftigter Mitarbeiter des TÜV Thüringen entgegen den Anweisungen der Geschäftsführung einen zertifizierten Wirksamkeitsnachweis für die Ecojet-Magnete der SCS Schneider GmbH aus. Dieses Wirksamkeitszertifikat entwickelte sich in der Folge zu einem wertvollen Marketinginstrument für die Ecojet-Magnete. Nachdem die Geschäftsleitung des TÜV Thüringen von diesem Wirksamkeitszertifikat erfuhr und grobe Messfehler bei der dem Zertifikat zugrundeliegenden Prüfungen feststellte, zog sie mit einer Unwirksamkeitserklärung das Wirksamkeitszertifikat zurück. Gegen diese Ungültigkeitserklärung klagte die SCS Schneider GmbH und erwirkte vor Gericht einen Vergleich[3]. Diesem Vergleich zufolge zog der TÜV Thüringen seine Ungültigkeitserklärung zurück, und die SCS Schneider GmbH gab dafür das Zertifikat freiwillig zurück. Der TÜV Thüringen verpflichtete sich in diesem Vergleich zur Wiederholung der Prüfung unter notarieller Aufsicht. Um die von der SCS Schneider GmbH unabhängige und unbeeinflusste Prüfungswiederholung führen der TÜV Thüringen und die SCS Schneider GmbH einen bis heute nicht abgeschlossenen Gerichtsprozess. Es gibt bis heute keine andere unabhängig durchgeführte Prüfung der Ecojet-Magnete als die des ADAC aus dem Jahr 2000, die deren Unwirksamkeit aufzeigte.

Anwender

Durch geschicktes Marketing und Werbung vor allem in Branchenzeitschriften konnte die SCS Schneider GmbH viele Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen gewinnen, die in teilweise euphorischen Anwenderberichten maßgeblich zur Bewerbung der Ecojet-Magnete beitragen. Zu den auf der Webseite der SCS Schneider GmbH für die Magnete werbenden Anwendern gehören neben vielen Hotelbetrieben auch der Schreibwarenhersteller Edding, die Kasseler Sparkasse und das Industrieunternehmen Evonik Degussa[4].

Kritik

Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) veröffentlichte im Juni 2009 ein Infoblatt, das sich eingehend mit angeblich energiesparenden Magneten, den Versprechungen der Anbieter und den angeblichen wissenschaftlichen Hintergründen befasste und zu dem eindeutigen Schluss gelangte: "Diese Magnettechnik hilft nicht, Brennstoff zu sparen". Laut LfU widersprächen die Magnete dem Energieerhaltungssatz, wenn sie die Versprechungen der Anbieter erfüllen würden. In diesem Infoblatt wies die LfU auch auf grobe systematische Messfehler in Gutachten hin, die zu der vermeintlichen Energieeinsparung durch die Magnete führten.

Obwohl in diesem Infoblatt weder der Firmenname SCS Schneider GmbH oder der Markenname Ecojet erwähnt wird, wurde aus den Ausführungen der Bezug zu den Ecojet-Magneten eindeutig klar. Die SCS Schneider GmbH erwirkte deshalb eine Abmahnung gegen das LfU und forderte die LfU zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Die LfU widersetzte sich dieser Abmahnung und gab auch nicht die geforderte Unterlassungserklärung ab. Dennoch konnte die SCS Schneider GmbH unter Hinweis auf den mit dem TÜV Thüringen geschlossenen Vergleich und die darin stehende Verpflichtung des TÜV zu einer zeitnahen unabhängigen Prüfung der Ecojet-Magnete erreichen, dass die LfU die Verbreitung des Infoblatts vorübergehend einstellte. Interessierte können das Infoblatt jedoch immer noch direkt bei der LfU anfordern.

Im Januar 2010 veröffentlichte die Zeitschrift IKZ Haustechnik eine Gegenüberstellung von Pro- und Kontra-Meinungen bezüglich der Ecojet-Magnete. Die Pro-Seite wurde vom Marcus Schneider, dem Geschäftsführer der SCS Schneider GmbH vertreten, die Kontra-Seite[5] von Prof. Hirschberg, der u.a. auch als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Heizungs-, Sanitär- und Raumlufttechnik tätig ist. Auch Prof. Hirschberg demontiert die pseudowissenschaftlichen Behauptungen über die angeblichen wissenschaftlichen Zusammenhänge mit der Kernspinresonanz, weist auf die Verletzung des Energierhaltungssatzes hin und weist grobe Messfehler nach, die bei den Kunden der SCS Schneider GmbH zu Irrtümern bezüglich der vermeintlichen Energieeinsparung führen. Ein durch die Magnete bewirkter energiesparender Effekt von Gas- und Ölbrennern ist laut Prof. Hirschberg nicht nachzuweisen.

Für die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) schreibt der auf Dieselgemischbildung und -verbrennung spezialisierte Physiker und promovierte Maschinenbauer Philippe Leick in einer Stellungnahme[6] zu den Ecojet-Magneten der SCS Schneider GmbH:

Sie haben erstmal vollkommen recht, dass dieses Produkt widersinnig ist. Es gibt gleich mehrere Gründe, mit denen man sich das sehr einfach herleiten kann. Die Argumentation sollte für jeden Ingenieur leicht nachzuvollziehen und nachzuprüfen sein, insofern mangelt es den Ingenieuren, die an dieses Produkt glauben, an gesunder Skepsis und an kritischem Denken. In erschreckendem Maß.
Natürlich soll nicht a priori ausgeschlossen werden, was "nicht sein darf". Wenn aber die Magnete tatsächlich so wie angepriesen funktionieren, sollte verstanden und erklärt werden, warum unser bewährtes und tausendfach erprobtes Verständnis von Magnetismus und Verbrennung hier nicht greift, wie letztendlich der offensichtliche Widerspruch zu den Erkenntnissen der modernen Physik aufgelöst werden kann. Versuche, diesen Widerspruch aufzulösen, sind aber nicht zu erkennen.

Umgang mit Kritikern

Als der Ingenieur, Journalist und Energieberater Thomas Berger das physikalisch unsinnige Verfahren, mittels Permanentmagneten Energieeinsparungen erzielen zu wollen, als eine "den Naturgesetzen widersprechende Werbeaussage" und als "Schwindelei" bezeichnete, reagierte die Firma SCS Schneider und erwirkte vor Gericht eine einstweilige Verfügung. Das Gericht untersagte Thomas Berger zu behaupten, dass es sich beim Verkauf dieser Magnete um Schwindel und Scharlatanerie handelt. Gegen das Urteil legte Berger Berufung ein.[7]

Ähnliche Produkte

Es gibt zahlreiche andere Anbieter von Permanentmagneten,[8][9], für die die Anbieter große Energieeinsparungen beim Einsatz in Heizungsanlagen und Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor versprechen. Die meisten der Anbieter argumentieren mit ähnlichen oder fast gleichlautenden pseudowissenschaftlichen Formulierungen; in keinem einzigen Fall ist die behauptete energiesparende Wirkung von unabhängiger Seite nachgewiesen.

Quellennachweise

Weblinks und Zeitungsartikel