Kolloidales Silber
Kolloidales Silber (KS, englisch colloidal silver) ist die flüssige Dispersion elementaren Silbers oder schwer löslicher Silberverbindungen aller Art. Kolloidales Silber wird in der Medizin äußerlich zusammen mit Antibiotika zur Vorbeugung von Hautinfektionen bei Brandwunden eingesetzt. Der Wirkmechanismus beruht dabei auf dem oligodynamischen Effekt von Metallen, der sich insbesondere bei Schwermetallen wie Silber oder Kupfer zeigt. In der Alternativmedizin wird es hingegen als Mittel zur inneren Einnahme bei einer Vielzahl von Erkrankungen beworben, häufig über so genannte MLM (Multilevel Marketing)-Networks. Allerdings fehlen dafür die rechtlichen Voraussetzungen in Deutschland, aber auch in anderen Ländern. Es gibt keine bekannte Indikation zur innerlichen Einnahme von kolloidalem Silber und es existieren keine unabhängigen und publizierten Berichte über eine mögliche positiv zu bezeichnende Wirkung beim Menschen.[1]
Chemie des kolloidalen Silbers
Bei üblichen Silberkolloiden liegen die Partikelgrößen zwischen 1 nm und 100 nm. Kolloidale Lösungen stehen zwischen echten Lösungen und Suspensionen, ihnen fehlen die kolligativen Eigenschaften der Lösungen wie osmotischer Druck, Siedepunkterhöhung und Gefrierpunkt-Erniedrigung. Kolloidteilchen tragen meist adsorbierte Ladungen, weshalb sie in einem elektrischen Feld elektrophoretisch aufgetrennt werden können. Sie können unter bestimmten Bedingungen als Niederschlag oder Gel ausfallen. Durch die Dispersion sehr kleiner Partikel wird eine große wirksame Oberfläche gebildet, die den oligodynamischen Effekt begünstigt.
Herstellung
Kolloidales Silber wurde früher in Kolloidmühlen durch mechanische Zerkleinerung hergestellt. In letzter Zeit setzten sich elektrochemische und reine chemische Verfahren durch. Bei den elektrolytischen Verfahren werden häufig gleichzeitig durch Verwendung von Kupferelektroden zusätzlich Kupferionen synergistisch zugesetzt, oder Wasserstoffperoxid zugesetzt, um eine Wirkung zu verstärken (Kupfer-Silberelektrolyse). Das kolloidale Silber kann in Apotheken rezepturmäßig hergestellt werden, andererseits auch von Laien mit auf dem Markt befindlichen Geräten hergestellt werden. Die erreichte Silberkonzentration ist dann aber schwierig zu bestimmen und muss üblicherweise geschätzt werden. Mitunter werden Zusatzinstrumente angeboten, die durch Messung von Temperatur und Leitfähigkeit den Anspruch erheben, die Silberkonzentration messen zu können. Da elektrochemisch zubereitete Kolloide jedoch aus einer meist unbekannten Mischung ionischen und nicht-ionischen Silbers bestehen, ist der Zusammenhang zwischen Silberkonzentration (in kolloidaler Form) und Leitfähigkeit schwierig zu ermitteln. Aufgrund weiterer Einflüsse (chem. Zusammensetzung bzw Reinheit der Silberquelle, Beschaffenheit des verwendeten Wassers) ist dies jedoch letztendlich nicht seriös möglich und eine unabhängige Prüfung (unter allen möglichen Umständen) dieser Verfahren steht noch aus. Eine andere Methode versucht, die erreichte Silberkonzentration über die Ladungsmenge zu berechnen, die über die Elektroden geflossen ist. Aufgrund des unbekannten Mischungsverhältnisses zwischen ionischem und nichtionischem Anteil und der unbekannten Elektroden-Stromausbeute funktioniert dieses Verfahren ebenfalls nicht zuverlässig.
Dosierung im alternativmedizinischen Bereich
Die Empfehlungen der einzelnen Anbieter (meist MLM-Networks) zur einzunehmenden Menge an kolloidalem Silber gehen weit auseinander und widersprechen einander eklatant. Manche Anbieter raten zur Einnahme von Mengen, die noch unter der natürlichen täglichen Silberaufnahme durch eine übliche Nahrung liegen; andere wiederum wollen, dass ihre Kunden nach dem Prinzip "viel hilft viel" vorgehen und empfehlen 10.000 ppm-Kolloide, um der geringen Resorption und der folgenden Verdünnung im Organismus zu begegnen und trotzdem hohe Konzentrationen im Körper zu erreichen. Ein Kölner Heilpraktiker führt anscheinend Infusionen mit 2.000 ppm-Silberkolloiden durch. In den letzten Jahren fand und findet weiterhin insbesondere in den USA ein erbitterter Streit zwischen verschiedenen Anbietern von kolloidalem Silber um die Kunden und Produkte der Konkurrenz statt. Die Verkäufer, die vorgeblich Silberionen verkaufen, bekämpfen insbesondere diejenigen Konkurrenten, die angeben, reine kolloidale Partikel des elementaren Silbers anzubieten. Die von manchen Verkäufern von kolloidalem Silber angeführte angebliche Herxheimer-Reaktion (Jarisch-Herxheimer R.) nach Einnahme ist nicht wissenschaftlich beschrieben worden. Herxheimer ist eine schwierig zu stellende Diagnose von klinisch erfahrenen Ärzten. Andererseits sind Herxheimer-ähnliche Symptome nach reiner Placebogabe beschrieben worden. Eine Herxheimer-Reaktion tritt außerdem typischerweise nur bei der erfolgreichen Bekämpfung bestimmter Keime auf, insbesondere der Spirochäten (Syphilis, Borreliose). Einige Anbieter von kolloidalem Silber empfehlen, zusätzlich Zitronensaft, Cayenne-Pfeffer oder Wasserstoffperoxid einzunehmen.
Aufgrund der geringen oralen Resorption von circa 10% (90% gelangen über den Verdauungskanal in die Toilette, 10% werden resorbiert und gelangen ins Blut) und aufgrund des Verdünnungseffekts wird mit den im alternativmedizinischen Bereich üblichen geringen Konzentrationen und Mengen zumeist keine für einen relevanten oligodynamischen Effekt ausreichende Konzentration erreicht. Zudem unterscheidet der oligodynamische Effekt nicht zwischen pathogenen und apathogenen (harmlosen) Keimen oder Symbionten, die geschädigt oder inaktiviert werden. Bei anzustrebenden höheren Dosierungen müssten hingegen Mengen aufgenommen werden, die entweder toxisch sind oder aber die Gefahr der Bildung einer dauerhaften Argyrie (Graufärbung der Haut) mit sich bringen.
Silberresistente Keime
Prinzipiell kann zwischen silberempfindlichen, weniger empfindlichen und silberresistenten Keimen (bzw. schwermetallresistenten / heavy metal resistance) unterschieden werden. Ursprünglich silberempfindliche Keime können nach Kontakt mit Silber resistent werden[2][3][4][5][6][7][8][9][10], was in Reihen der Befürworter kolloidalen Silbers allgemein vehement bestritten wird. Häufig wurde und wird kolloidales Silber mit dem Pseudoargument beworben, es verhindere eine Resistenzbildung und sei gerade deshalb eine Alternative zu Antibiotika. Silberresistenzen bei Mikroorganismen wurden in Wasserfiltern nachgewiesen sowie bei Brandverletzten, deren Haut mit silberhaltigen Mitteln behandelt worden war. Im Zuge der Entwicklung silber-resistenter Keime verstarben im Jahre 1976 13 von 15 Patienten, die mit einem silberresistenten Stamm von Enterobacter cloacae infiziert waren, auf einer Station für Brandverletzte an einer Sepsis.[11] Nach den Todesfällen wurde die gesamte Abteilung des amerikanischen Krankenhauses vorübergehend geschlossen. Silberresistenzen fördern auch gleichzeitig Antiobiotikaresistenzen; über Plasmide kann der Resistenzmechanismus zwischen verschiedenen Bakterienarten oder innerhalb der gleichen Art ausgetauscht werden[12][13][14]. Derartige Resistenzen bereiten ähnliche Probleme wie sie von antibiotikaresistenten Bakterien her bekannt sind. Da Silber auch in Zahnamalgam enthalten ist, können Bakterien in Zahnnähe oder auf Zähnen (z.B. Enterobakter) durch den kontinuierlichen Kontakt mit niedrig dosiertem Silber eine Resistenz entwickeln.
Vermarktung und Werbung
Kolloidales Silber wird in Deutschland, aber auch anderen Ländern aggressiv über MLM-Networks vermarktet, obwohl es für die beworbenen Zwecke ungeeignet und unwirksam ist. Mögliche Gesundheitsgefahren werden durch (oft unerfahrene) MLM-Verkäufer entweder geleugnet oder sind diesen aufgrund fehlender Fachkenntnisse unbekannt. Vermarktet wird nicht nur kolloidales Silber, sondern häufig auch Geräte und Zubehör zur elektrischen Selbstherstellung von kolloidalem Silber.
Werbung für kolloidales Silber findet sich auch auf den Webseiten des Blogs MMnews von Michael Mross.[15]
Rechtliche Lage
Kolloidales Silber wird in manchen Ländern als "OTC over the counter" NEM - also Nahrungsergänzungsmittel - legal vertrieben. Eine "alte" Zulassung von 1938 gibt es in den USA. In Deutschland ist kolloidales Silber laut Gutachten des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BFARM) ein Arzneimittel nach den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes.[16] Es kann daher nicht als Nahrungsergänzungsmittel oder Experimentierwasser angeboten werden. Auch die Herstellung ist nach §13 des Arzneimittelgesetzes von einer erteilten Erlaubnis abhängig. Nach Angaben des Rechtswissenschaftlers Benedikt Buchner vom Institut für Gesundheits- und Medizinrecht der Universität Bremen (IGMR) sind auch Geräte zur Herstellung von kolloidalem Silber (Silbergeneratoren) als Arzneimittel einzuordnen und als eine Verabreichungsform des kolloidalen Silbers anzusehen.[17] Eine Zulassung als Arzneimittel, die klinische Prüfungen beinhaltet, wird offenbar wegen der hohen Kosten (und möglicher Unwirksamkeit) von den Vertreibern in Deutschland gescheut. Es ist in Deutschland als Arzneimittel nicht zugelassen. Es wird jedoch immer wieder als Nahrungsergänzungsmittel (ohne Nährwert) oder als Pflanzenschutzmittel oder Experimentierwasser angeboten. Als Nahrungsergänzungsmittel würde es rechtlich als Lebensmittel gelten und fiele automatisch unter das LFGB[18] von 2005. Ferner unterliegt es der NemV von 2004,[19] die in der Anlage 1 eine Liste erlaubter Substanzen enthält. Silber steht nicht auf dieser Liste. Daher gab es zahlreiche Ermittlungsverfahren, Abmahnverfahren und Durchsuchungsbeschlüsse in diesem Zusammenhang. Im Zuge der Ermittlungen der Redaktion der Sendung WISO des ZDF im Februar und März 2008[20] wurde der deutsche Anbieter von Silbergeneratoren namens Vitasilver damit konfrontiert, dass die angebotenen Produkte Arzneimittel sind. Vitasilver reagierte mit der sofortigen Löschung seiner Internetseiten und stoppte den Verkauf. Bei eBay USA ist kolloidales Silber nicht zu verkaufen, in Deutschland gab es Ermittlungsverfahren und Beschlagnahmungen bei eBay-Händlern.
Das einzige in Deutschland erhältliche und zugelassene Fertigarzneimittel, welches kolloidales Silber (250 mg Ag / 100 g) enthält, ist das apothekenpflichtige Gastrarctin N (R) von Serumwerk Bernburg AG (ehemal. DDR). Indikation: Magen-Darm Antiseptikum. Der Beipackzettel warnt: Das Arzneimittel ist nicht zum Dauergebrauch bestimmt (Gefahr der Silbereinlagerung in Haut und Schleimhäute). Die maximale Tagesdosis wird mit 80 Tropfen angeben, was 0,04 * 80 Gramm, also 3,3 Gramm entspricht. Dies wiederum entspricht dann maximal 8 mg Silber pro Tag. Bei Patienten, die Gastrarctin N einnahmen, sind in der Vergangenheit Argyrien (Graufärbungen der Haut) als Nebenwirkungen aufgetreten.[21] Neben Gastrarctin N sind nur noch homöopathische Mittel auf dem Markt, die hochverdünnt kolloidales Silber enthalten. Diese homöopathischen Präparate bedürfen keiner herkömmlichen Zulassung.
Die US-amerikanische FDA entschied 1999, dass kolloidales Silber in den USA nicht als sicheres OTC-Produkt angesehen werden kann (Zitat: "[...] are not generally recognized as safe and effective and are misbranded."[22][23][24]) Die FDA berichtet auf einer ihrer Seiten[25] von einer Verurteilung zu vier Monaten wegen des ungesetzlichen Verkaufs von kolloidalem Silber: U.S. v. Diane Eckert-Kunick, No. MG-F-02-2093 (E.D. Cal.). In 1996, Diane Eckert-Kunick, along with her parents, formed New Gaia Products ("NGP"). The company manufactured, distributed, and sold dietary supplements including colloidal gold, colloidal silver, and colloidal titanium. Eckert-Kunick also distributed promotional literature claiming that NGP products cured cancer, rheumatoid arthritis and heart disease. In April 2002, Eckert-Kunick was convicted of introducing unapproved new drugs into interstate commerce. She received a sentence of four months incarceration in a community correctional center. und fügt hinzu: Colloidal Silver Products: These products are promoted as alternatives to antibiotics intended for serious infectious diseases. They also are promoted to protect against anthrax. Colloidal silver is completely ineffective. It is marketed for use by children and can cause severe adverse consequences, including argyria (blue-gray discoloration of the skin caused by the ingestion of silver). This condition is irreversible.
Der Hamburger Pharmakologe Thomas Eschenhagen von der Uniklinik Hamburg-Eppendorf forderte im Dezember 2011 im Deutschen Fernsehen ARD ein Verbot für die innerliche Einnahme von kolloidalem Silber.[26]
Nebenwirkungen: Argyrie und Argyrose
Eine Vielzahl von Personen, die in der Vergangenheit kolloidales Silber in der Hoffnung auf therapeutische Erfolge einnahm, erkrankte an der Hautkrankheit Argyrie (ältere Bezeichnung Argyriasis, von griechisch Argyron, englisch argyria; siehe auch Auriasis oder Chrysiasis bei Gold), bei der sich die Haut für immer (also lebenslang) insgesamt bläulich-grau verfärbt - insbesondere an Hautstellen, die dem Sonnenlicht ausgesetzt waren. Der Begriff Argyrie geht auf den deutschen Arzt Johann Abraham Albers aus Bremen zurück, der den Begriff 1816 einführte[27] und wurde später von Fuchs 1840 benutzt. Als Argyrose werden lokale Verfärbungen bezeichnet, meist im Bereich des Auges. Die Argyrie gehört zu den Dyschromien (Chromatosen) der Haut. Insbesondere sind in den letzten Jahren viele Menschen durch selbsterzeugtes kolloidales Silber mit Hilfe von so genannten Silbergeneratoren zu Argyrikern geworden. Es gibt keine Therapie dieser Erkrankungen.[28] Die Entwicklung einer Argyrie durch kolloidales Silber wird von den Herstellern und Vermarktern gerne bestritten. Die Literaturliste veröffentlichter wissenschaftlicher Untersuchungen zu dem Thema ist aber leider lang; eine Vielzahl von Personen, die nach Einnahme von kolloidalem Silber eine bleibende Argyrie bekamen, wurde durch Artikel in medizinischen Fachzeitschriften oder den Medien bekannt. Zu diesen gehört die Amerikanerin Rosemary Jacobs, der amerikanische Senatskandidat Stan Jones[29] oder Paul Karason. Karason stellte zu Hause kolloidales Silber mit Hilfe von destilliertem Wasser und reinen Silberelektroden elektrochemisch her,[30] genauso wie es von den Geräteherstellern im In- und Ausland empfohlen wird.
Wissenschaftliche nachgewiesene Ursachen der Argyrie durch silberhaltige Substanzen:
- Kolloidales Silber: Dazu zählen sehr viele dokumentierte Fälle aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts, als Nebenwirkungen nicht bekannt waren und Antibiotika noch nicht zur Verfügung standen. Des Weiteren finden sich neuere Fälle, seit kolloidales Silber als vermeintlich unschädliches alternativmedizinisches Mittel vermehrt beworben wird.[31][32][33][34][35][36][37][38][39][40][41]
- Silberstäube in Bergwerken und in der Silberverarbeitung[42]
- Silberamalgame in Zahnfüllungen[43]
- Silbernitrat (auch zur Crede-Prophylaxe)[44][45]
- Silberprotein [46][47]
- Silberhaltige Nasensprays[48]
- Silbersulphadiazin: [49][50]
- Durch silberhaltiges Kräuterpräparat: [51]
- Durch beruflichen Kontakt mit Silber bei der Fotoentwicklung[52]
- Silberne Akupunkturnadeln[53][54][55][56]
Bei der Argyrie kann es auch zu einer frühen Verfärbung der Fingernägel kommen, meist der Lunulae. In seltenen Fällen sind auch die Haare betroffen. In manchen Fällen werden Betroffene für "zyanotisch" (zu wenig Sauerstoff im Blut) gehalten, was zu Fehldiagnosen führen kann. Auch kann der Zustand mit dem Morbus Addison verwechselt werden.
Das Problem der Argyrie ist die Tatsache, dass es keine Therapie gibt und dass sie nach heutigen Erkenntnissen - einmal aufgetreten - nicht mehr verschwindet und nicht therapeutisch rückgängig zu machen ist. Sie kann die Betroffenen schwer stigmatisieren und stellt ein kosmetisches Dauerproblem dar. Es handelt sich also um einen irreversiblen Prozess.
Weitere gesundheitliche Auswirkungen bei Argyriebetroffenen sind wenig bekannt. Es gibt Hinweise für mögliche Nierenschäden sowie für Nachtblindheit in Argyriefällen (Nyctalopie). Die Argyrose (am Auge) trat insbesondere dann auf, wenn die Hornhaut bei Kontakt mit silberhaltigen Substanzen verletzt war.[57] Der Begriff der Argyemie / Argyrämie (engl. Argyremia) ist anscheinend überholt und wird nicht mehr verwendet. Die Argyrie ist in der letzten Zeit seltener geworden. Die Argyrie ist nicht zu den stoffwechselbedingten Speicherkrankheiten/ Thesaurismosen zu zählen und ist auch keine allergische Reaktion.
- Beispiele für den leichtsinnigen Umgang mit dem Begriff der Argyrie: Häufig machen sich die Verkäufer von kolloidalem Silber nicht die Mühe, die Rechtschreibung dieser Erkrankung zu prüfen. Die Folge sind groteske Falschschreibungen. Agryreia ist eine Pflanze und Agyrie eine genetisch bedingte neurologische Fehlbindung, die nichts mit der durch Silber verursachten Argyrie zu tun hat. Deutsche werbende Webseiten für kolloidales Silber lassen sich in "Argyrieseiten" und "Agyrieseiten" sowie in "kolloidale" und "kollodiale" Seiten unterscheiden. Die "Agyrieseiten" findet man merkwürdigerweise oft auf pseudowissenschaftlichen "Hulda Clark"-Seiten. Vertippter Text ist hier nicht gemeint, sondern eine Schreibweise, die innerhalb eines Artikels gleichbleibt. Das Phänomen ist international. (Eine Google-Suche nach "collodial silver" -colloidal bringt über 5.400 Treffer)
- Sind Blaublütige Argyriker? Mitunter kann auf Werbeseiten für kommerzielle Silberkolloide die Vermutung gelesen werden, dass der Begriff blaues Blut für Aristokraten in einem Zusammenhang mit der Verwendung von silberhaltigem Geschirr oder Besteck in aristokratischen Kreisen stünde. Dafür werden jedoch keine Nachweise erbracht; die heute verbreitete Verwendung silberhaltigen Bestecks in allen Schichten der Bevölkerung und die entsprechend fehlenden Argyrien sprechen gegen eine solche Hypothese. Auch gibt es keine wissenschaftlichen Studien, die einen einzigen Fall von Argyrie durch die Verwendung von Silbergeschirr belegen. Tatsache ist hingegen, dass der Begriff blaues Blut sich vom spanischen sangre azul ableitet, der vor Jahrhunderten Aristokraten bezeichnete, die im damaligen Spanien nicht körperlich in der Sonne arbeiten mussten und daher eine blasse Hautfarbe aufwiesen, auf der sich die bläulich durchschimmernden Venen deutlich besser abzeichnen. Der Begriff "Sangre azul" wurde dann in der Folge allgemein auf Aristokraten übertragen.
Grenzwerte für Silber
Für Erwachsene gelten im Blut Silberkonzentrationen von 0-3 nmol/l als Normalwerte. Mit einer einfachen Konzentrationsbestimmung kann noch nicht auf eine Toxizität auf den Organismus bzw. den Stoffwechsel geschlossen werden, da diese wesentlich vom physikalisch-chemischen Zustand des Silbers (elementar, kolloidal, Nanopartikelgröße, Oxidationsform, Ionenkomplex) abhängt. Beim Menschen kann bereits eine Gesamtaufnahme von 1.000 mg Silber zu ersten Symptomen einer Argyrie führen.
Nach §11 der deutschen Trinkwasserverordnung beträgt die zulässige Silberhöchstkonzentration nach Wasseraufbereitung 0,080 mg/l. Der WHO-Grenzwert beträgt 0,1 mg/l. Dies ist vor allem bei Verwendung von Trinkwasserfiltern von Bedeutung, da das Auswaschen der Silberverbindungen in das aufbereitete Trinkwasser durchaus aktiv gewollt ist, um einen länger anhaltenden Konservierungseffekt zu erzielen. Für Verwendung als Lebensmittelfarbstoff (E 174), u.a. zur Verzierung von Pralinen, gibt es keinen Grenzwert.
Siehe auch
- Kolloidales Gold
- Kolloidale Mineralien
- Tetrasil (Ag4O4, Imusil)
Weblinks und Literatur
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- BfR rät von Nanosilber in Lebensmittel und Produkten des täglichen Bedarfs ab Stellungnahme 024/2010 vom 28. Dezember 2009
- Nanosilber in Kosmetika, Hygieneartikeln und Lebensmittelkontaktmaterialien Österreichisches Bundesministerium für Gesundheit, Februar 2010
- Nanosilber soll raus aus Neurodermitis-Cremes www.welt.de, 2. September 2011
- Flüssiges Silber statt Antibiotika? Gute Pillen - Schlechte Pillen 2008/01, S. 11
- Daniels, R. et al.: Mikrosilber. Alte Aktivsubstanz in neuem Gewand Pharmazeutische Zeitung, Ausgabe 16, 2009
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- National Center for Complementary and Alternative Medicine (NCCAM): Colloidal Silver Products
- Therapeutic Goods Administration (TGA): Colloidal silver & related products
Fallberichte: Argyrie nach Einnahme von kolloidalem Silber
- Silberwasser macht Baselbieter blauviolett. Basler Zeitung, 28. Februar 2013, S. 21
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- Kwon, Lee et al: A Case of Argyria Following Colloidal Silver Ingestion
- Rosemary´s Story. The Side Effects of Silver Supplements that Salesmen Don't Tell You About
- Verdacht auf Zyanose. Was hat die Blaufärbung der Haut mit einem Wasserkocher zu tun? SpringerMedizin.at 24.11.2009 (MMW-Fortschr.Med. Nr. 44/2009, 30)
- Dieser Mann ist ganz blau im Gesicht www.blick.ch Aktualisiert am 3. Januar 2012
- Amerikaner lebt seit 14 Jahren mit blauem Gesicht www.krone.at, 21. Dezember 2007
Video
Quellenangaben
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- ↑ Forth, Pharmakologie und Toxikologie 1980
Worum geht es? | Kolloidales Silber wird in Arzneimitteln verwendet, die zusammen mit Antibiotika bei der Behandlung von Brandwunden eingesetzt werden, um Hautinfektionen vorzubeugen. In der Alternativmedizin wird ein viel größerer Anwendungsbereich behauptet. |
Was sind die Fakten? | Es gibt keine unabhängigen Berichte und Studien, die eine positive Wirkung der Einnahme von kolloidalem Silber zeigen. Stattdessen gibt es mit Argyrie eine Nebenwirkung, die eine dauerhafte Blauverfärbung der Haut, auch des Gesichts beinhalten kann. |
Was ist davon zu halten? | Vorsicht! Kolloidales Silber wird außerhalb des Medizinbetriebs oft über MLM vertrieben, was eine ruinöse Vertriebsmethode darstellt. Halten Sie sich davon fern, auch wenn Ihnen viel Geld versprochen wird.
Der großer Anwendungsbereich in der Alternativmedizin ist durch keinerlei allgemein nachvollziehbare Fakten belegt. Mit der Nebenwirkung Argyrie ist nicht zu spaßen. Adlige haben kein blaues Blut, "blaues" Blut entnimmt man einfach aus einer Vene und hat nichts mit der Verwendung von Silber zu tun. |