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In den USA ist die Akupunktur ebenfalls zu einem guten Geschäft geworden. Bereits 1993 meldete die US-Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drug Administration), dass jährlich 0,5 Mrd. US-Dollar für Akupunktur-Maßnahmen ausgegeben würden, was 9-12 Mio. Therapiesitzungen entsprechen würde. Die WHO schätzt die Zahl der Akupunktur-Anbieter in den USA auf ca. 10.000, wobei nur etwa 3.000 Ärzte darunter sein dürften <ref>MMW: Die Amerikaner entdecken die Akupunktur. Münch Med Wschr, 139, Nr.47, 8 1997 </ref>. Auf Grund des Einflusses der Akupunktur-Lobby musste die FDA sogar eine Herabstufung der Akupunkturnadeln bereits im Jahre 1996 vornehmen. Ursprünglich waren sie als wirksamkeitsnachweis-pflichtige Class III-Devices eingestuft worden. Auf Druck der Szene wurden die Nadeln in lediglich anmeldungspflichtige Class II-Devices herabgestuft. So konnten die Hersteller nur noch eine preiswerte Voranmeldung ihrer Nadeln einreichen und dann mit dem Verkauf beginnen, ohne eine Wirksamkeit ihrer Nadeln nachweisen zu müssen. In Deutschland ist die Lage vergleichbar. Jedermann kann Akupunkturnadeln verkaufen, so lange deren Herstellung sicher und die Sterilität des Produktes erwiesen ist.
 
In den USA ist die Akupunktur ebenfalls zu einem guten Geschäft geworden. Bereits 1993 meldete die US-Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drug Administration), dass jährlich 0,5 Mrd. US-Dollar für Akupunktur-Maßnahmen ausgegeben würden, was 9-12 Mio. Therapiesitzungen entsprechen würde. Die WHO schätzt die Zahl der Akupunktur-Anbieter in den USA auf ca. 10.000, wobei nur etwa 3.000 Ärzte darunter sein dürften <ref>MMW: Die Amerikaner entdecken die Akupunktur. Münch Med Wschr, 139, Nr.47, 8 1997 </ref>. Auf Grund des Einflusses der Akupunktur-Lobby musste die FDA sogar eine Herabstufung der Akupunkturnadeln bereits im Jahre 1996 vornehmen. Ursprünglich waren sie als wirksamkeitsnachweis-pflichtige Class III-Devices eingestuft worden. Auf Druck der Szene wurden die Nadeln in lediglich anmeldungspflichtige Class II-Devices herabgestuft. So konnten die Hersteller nur noch eine preiswerte Voranmeldung ihrer Nadeln einreichen und dann mit dem Verkauf beginnen, ohne eine Wirksamkeit ihrer Nadeln nachweisen zu müssen. In Deutschland ist die Lage vergleichbar. Jedermann kann Akupunkturnadeln verkaufen, so lange deren Herstellung sicher und die Sterilität des Produktes erwiesen ist.
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==Haltung der Krankenkassen im deutschsprachigen Raum==
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==Haltung der Krankenkassen in Deutschland==
Ab dem 1. Januar 2007 zahlen alle deutschen gesetzlichen Krankenkassen gemäß einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses in Deutschland Akupunktur-Leistungen im Rahmen einer rein symptomatischen Schmerzbehandlung außschliesslich bei:  
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Die Deutsche Angestellten Krankenkasse, die Barmer und die Kaufmännische Krankenkasse hatten sich im Jahre 2000 bereits für die Aufnahme der Akupunktur in den gesetzlichen Leistungskatalog eingesetzt. Hintergedanke war damals offenbar die finanzielle Attraktivität junger, gesunder, "alternativmedizinisch" ausgerichteter Beitragszahler für diese Kassen. In einem fragwürdigen Modellvorhaben betrieben seit Oktober 2000 diese Kassen eine Fragebogenaktion bei Akupunkturpatienten, um einen Wirksamkeitsnachweis ohne Kontrolle durch Anwendung einer konventionellen Therapie oder Akupunkturscheinbehandliung in Händen zu haben. Der entscheidende Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hatte daraufhin am 16. Oktober 2000 die Akupunktur in die Liste der nicht anerkannten Methoden eingruppiert und lediglich für drei Indikationen (chronischer Kopfschmerz, chronische Lendenwirbelsäulen-Beschwerden, chronische osteoarthritische Beschwerden), die länger als 6 Monate bestehen, eine Ausnahme für Krankenkassen erlassen die Modellversuche durchführten.
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Ab dem 1. Januar 2007 zahlen nun alle deutschen gesetzlichen Krankenkassen gemäß einem neuen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses in Deutschland Akupunktur-Leistungen im Rahmen einer rein symptomatischen Schmerzbehandlung bei bestimmten Indikationen. Dazu gehören:  
 
*chronischen Schmerzen in der Lendenwirbelsäule  
 
*chronischen Schmerzen in der Lendenwirbelsäule  
 
*chronischen Schmerzen in den Knien (Gonarthrose)
 
*chronischen Schmerzen in den Knien (Gonarthrose)
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Abgelehnt wurden Akupunktur-Leistungen bei allen anderen von Akupunkteuren genannten Indikationen, wie beispielsweise Kopfschmerzen. Hier muß der Patient die Kosten selbst übernehmen.
 
Abgelehnt wurden Akupunktur-Leistungen bei allen anderen von Akupunkteuren genannten Indikationen, wie beispielsweise Kopfschmerzen. Hier muß der Patient die Kosten selbst übernehmen.
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Die Deutsche Angestellten Krankenkasse, die Barmer und die Kaufmännische Krankenkasse hatten sich im Jahre 2000 bereits für die Aufnahme der Akupunktur in den gesetzlichen Leistungskatalog eingesetzt. Hintergedanke war damals offenbar der Versuch, sich junge, gesunde, "alternativmedizinisch" ausgerichtete Beitragszahler zu sichern. In einem fragwürdigen Modellvorhaben betrieben seit Oktober 2000 diese Kassen eine Fragebogenaktion bei Akupunkturpatienten, um einen Wirksamkeitsnachweis ohne Kontrolle durch Anwendung einer konventionellen Therapie oder Akupunkturscheinbehandliung in Händen zu haben.
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Ob die deutschen Krankenkassen allerdings tatsächlich längerfristig von der Akupunktur profitieren werden, bleibt zweifelhaft. Die in der Schweiz vor einigen Jahren durchgeführte [[Helsana-Studie]] zeigt eher das Gegenteil. Patienten, die alternative Methoden ausprobieren, kosten nach dieser Studie eindeutig mehr und sind nicht gesünder als Patienten, die diese Methoden ablehnen.
 
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Offenbar versuchen einige Krankenkassen, der Akupunktur einen seriösen Anstrich zu verleihen. Nach Angaben des Bundesversicherungsamtes dürften die Kassen jährlich 150-300 Mio. Euro für Akupunktur an Ärzte ausreichen. Dies sind 1,5 Promille aller Gesundheitskosten. Da die Methode bis heute keinen glaubwürdigen Wirksamkeitsnachweis in den behaupteten Indikationsbereichen geliefert hat, versuchte das Bundesversicherungsamt, diesen Abstrom von dringend benötigen Finanzmitteln aus der GKV heraus zu unterbinden. Man scheiterte damit allerdings erstinstanzlich vor dem Sozialgericht in Lübeck (Az. S 8 KR 167/99 ER 2) und zwar aus rein formalen Gründen. Das Bundesversicherungsamt ist schlicht nicht zuständig für die Bewertung und Außerverkehrnahme von fragwürdigen Methoden. Lediglich der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen ist hier weisungs- und entscheidungsbefugt. Allein dieser formale Grund schützte die Pfründe der Akupunkteure, die, ohne die fragwürdige Bezuschussung aus dem GKV-Sektor heraus, nicht lebensfähig wären, denn im Privatmedizinsektor wird nur ein kleiner Teil des 0,7 Mrd-Umsatzes der Akupunkturszene derzeit erwirtschaftet.
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Ob die deutschen Krankenkassen allerdings wirklich von der Akupunktur profitieren werden, wenn sie ihre kurzsichtige Interessen- und Marketingstrategie verfolgen, bleibt zweifelhaft. Die in der Schweiz vor einigen Jahren durchgeführte [[Helsana-Studie]] zeigt eher das Gegenteil. Patienten, die alternative Methoden ausprobieren, kosten nach dieser Studie eindeutig mehr und sind nicht gesünder als Patienten, die diese Methoden ablehnen.
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Die positive Einstellung bestimmter gesetzlicher Krankenkassen in Deutschland gegenüber der Akupunktur hat rein taktische Gründe. Die Akupunktur gilt aus rechtlicher Sicht als 'neue Therapiemethode', weil sie im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) gemäß § 87 SGB V nicht ausgeführt ist. Da der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen am 16. Oktober 2000 die Akupunktur in die Liste der nicht anerkannten Methoden eingruppiert hat und lediglich für drei Indikationen (chronischer Kopfschmerz, chronische Lendenwirbelsäulen-Beschwerden, chronische osteoarthritische Beschwerden), die länger als 6 Monate bestehen, eine Beschlussfassung für drei Jahre ausgesetzt hat, haben die Krankenkassen hier die Möglichkeit, Modellversuche legal durchzuführen, um Wirksamkeitsnachweise zu erbringen. Selbst wenn es zu Gerichtsprozessen bei gescheitertem Wirksamkeitsnachweis und dann negativer Einstufung durch den Bundesausschuss kommt, ist es den GKV-Kassen nicht erlaubt, für diese Indikationen zu bezahlen. Bestimmte Kassen, wie die anthroposophisch ausgerichtete Securvita BKK, in deren Vorstand der [[Geistheilung]] propagierende, ehemalige Vorsitzende der Berliner Ärztekammer, Dr. med. Ellis Huber sitzt, haben aber ein primäres Interesse am Verkauf von Versicherungspolicen, die fragwürdige Methoden teilweise oder vollständig zu bezahlen versprechen.
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Diese Krankenkassen versuchen deshalb verzweifelt, gemäß §§ 63 ff. SGB V im Rahmen von Modellversuchen Wirksamkeitsnachweise für die Akupunktur zu erzeugen, obwohl in der medizinischen Fachliteratur keine glaubhaften Nachweise existieren. Mit entsprechenden positiven Pressemeldungen über angebliche Erfolge des derzeit laufenden, methodisch drittklassig konzipierten, Modellversuchs im Bereich der Akupunktur verfolgen einige GKV-Kassen das Ziel, juristische Fakten zu schaffen. Sie sind offenbar immer noch der Ansicht, durch komplementäre Methoden junge, zahlungskräftige Mitglieder aus anderen Kassen abzuwerben.
      
Siehe auch: [[Akupressur]]
 
Siehe auch: [[Akupressur]]
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