Als Schamanismus wird ein heterogenes System von Ritualen und Glaubensinhalten bezeichnet, das als tribale Religion in Gesellschaften ohne oder mit gering ausgeprägter Schrifttradition ausgeübt wird. Die Heilung von Krankheiten ist die Hauptfunktion des Schamanen, der aber auch Prophezeiungen ausspricht. Der Schamane nutzt mystische Kräfte, um mit einer Welt von Geistern und Göttern zu kommunizieren und eine Balance zwischen menschlicher und spiritueller Welt zu erreichen.

Traditioneller Schamanismus

Der Schamanismus ist eine der ältesten Heiltraditionen mit religiösen Wurzeln, die bis in steinzeitliche Kulturen Sibiriens und Zentralasiens zurückreichen sollen. Die Bezeichnung Schamane leitet sich von dem in der Sprache der sibirischen Ewenki (Tungusisch)[1] vorhandenen Wort Saman ab, das für eine Technik der Erreichung von Ekstase bzw. Trance steht.

Der Schamane nimmt innerhalb seiner Ethnie die Position eines religiösen Führers oder Priesters ein. Ihm wird die Fähigkeit attestiert, mit magischen Kräften Krankheiten heilen zu können. Er treibt böse Geister aus, gibt Auskunft über den bevorstehenden Erfolg einer Jagd oder Ernte und ist für die Ausgewogenheit innerhalb der Ethnie verantwortlich. Traditionelle Schamanenkulte beinhalten Gesänge, Tänze, Trommeln, Geschichtenerzählungen und Heilungen. Der Trancezustand des Schamanen kann auch unter Zuhilfenahme von Entheogenen zustande kommen. Schamanismus wird auch heutzutage in bestimmten Kulturen praktiziert.

Die Organisation der Mongolischen Schamanen distanziert sich explizit von Nachahmern des traditionellen Schamanismus, und bezeichnen sie als Betrüger. Inzwischen bevorzugen sie es, ihre eigene traditionelle Spiritualität als „Tengerismus“ zu bezeichnen, nachdem der von ihnen verwendete Begriff Schamanismus durch die New Age Bewegung missbräuchlich verwendet worden sei.

Schamanismus in der Esoterikszene (Neoschamanismus)

Siehe Hauptartikel: Indigene Spiritualität in Europa

Der derzeit betriebene Schamanismus in der westlichen Esoterikszene ist u.a. durch die Publikationen des Anthropologen Carlos Castaneda wesentlich geprägt und wird kommerziell betrieben. Dabei werden kulturelle und spirituelle Elemente verschiedener Ethnien aus mehreren Kontinenten sowie pseudoschamanische Eigenkreationen vermischt, die oft nichts mehr mit der schamanischen Tradition indigener sibirischer Völker zu tun haben. Dieses Konglomerat an Vorstellungen wird in Kursen oder schulartig verlaufenden Ausbildungsveranstaltungen den Kunden als angeblich altes, geheimes oder tiefgründiges schamanisches Wissen vermittelt. In den Schamanismus praktizierenden sibirischen Ethnien muss ein Schamane eine Berufung erhalten und sich einer jahre-, teilweise jahrzehntelangen Ausbildung unterziehen, was westliche Anbieter nicht bzw. nur teilweise berücksichtigen.

Im Zuge des von Michael Harner und dessen Foundation for Shamanic Studies postulierten "Core Shamanism" werden häufig ebenso Elemente sibirischer spiritueller Traditionen mit denen von Ethnien aus anderen Kontinenten vermischt. Harners Vorstellungen sind zudem insofern von Rassismus geprägt, als er davon ausgeht, dass jeder Mensch die von ihm als Kern des Schamanismus betrachteten Aspekte lernen könne und diese wesentlich schneller, nämlich im Verlauf einiger Seminare lernen könne, wohingegen in indigenen sibirischen Kulturen sehr viel längere Lehrzeiten erforderlich sind.

Es gibt in der Szene des westlichen, esoterisch geprägten Schamanismus keine Homogenität in der Lehre und der Ausbildung, keine Wirksamkeitsnachweise und auch keinen seriösen Umgang mit dem Patienten; zudem werden die Praktiken aus ihrem kulturellen bzw. spirituellen Kontext isoliert. Häufig unterbleibt im westlichen Schamanismus eine kunstgerechte Diagnostik und Therapie und es ist im Einzelfall möglich, dass dem Patienten Krankheiten eingeredet werden, an denen er nicht leidet. Eine weitere Gefahr besteht darin, dass medizinisch notwendige Therapien unterbleiben können.

Aufgrund der Aneignung schamanischer Aspekte durch die Esoterikszene und deren Interpretation des Begriffs wird in der westlichen Welt zunehmend angenommen, dass indigene Völker auf allen Kontinenten über Schamanen verfügen bzw. verfügten. Dies ist jedoch nicht zutreffend. Die indigenen Völker des amerikanischen Doppelkontinents z.B. wehren sich vehement gegen die Bezeichnung "Schamane" und verwenden diese selbst nicht. Es ist daher als eindeutiger Hinweis auf einen Plastikschamanen zu werten, wenn Anbieter sich auf Praktiken aus außerasiatischen Gebieten beziehen und sich dennoch die Bezeichnung "Schamane" beilegen.

Siehe auch

Weblinks

Anderssprachige Psiram-Artikel

Quellenangaben