Abendlich Hamburg

Abendlich Hamburg 2020, Bild:[1]

Abendlich Hamburg war der Name eines deutschsprachigen Internetportals eines 22 jährigen russischsprachigen Programmierers Maxim G. aus Luhansk in der Ostukraine. Über ein Impressum verfügte Abendlich Hamburg bis zur Schliessung nicht. Abendlich Hamburg entstand im März 2018 als Webseite zunächst auf einem russischen Server und nutzte den russischen Domain-Service "REG.RU". Später wechselte man zu einem Server bei Cloudflare (USA). Eine Zeit lang konnten dennoch russischsprache Fehlermeldungen gesehen werden. Die Seite wurde Ende November 2020 wieder abgeschaltet. Zur Verbreitung wurden Server von Cloudflare genutzt, die den Namen der Kunden verschleiern. Eine Recherche zu den Registrierungsdaten führt zu acht verschiedenen Fake-Adressen in Gotha (Thüringen), ohne Nennung eines Namens.[2] Die seriös klingenden Namen der Autoren (Beispiel: Matthias Fritz) war erfunden.[3] Die Profilbilder der angeblichen Autoren waren höchstwahrscheinlich mithilfe künstlicher Intelligenz erstellt worden. Ein Bezug zur Stadt Hamburg war nicht erkennbar.[4] Die Recherchen deutscher Journalisten ergab Bezüge zum russischen Projekt News Front.

Verbreitet wurden holprig in die deutsche Sprache übersetzte Meldungen russischer Quellen, etwa vom russischen Staatssender RT. Einige der verbreiteten Nachrichten von Abendlich Hamburg wurden anschliessend in russischer Rückübersetzung in russischen Medien wie Komsomolskia Pravda oder Gazeta.ru als scheinbar zitierbare Quellen deutscher Medien zitiert ohne auf die tatsächliche dubiose Herkunft hinzuweisen. Dies entspricht typischer Weise dem so genannten "Weisswaschen von Nachrichten". (siehe dazu auch: Operation INFEKTION) Vermutet werden kann dass Abendlich Hamburg und andere analoge Projekte ausserhalb von Russland hauptsächlich angelegt wurden, um als scheinbar zitierfähige Quellen für russische Medien genutzt zu werden. Das Portal war wahrscheinlich nicht hauptsächlich an Leser in deutschsprachigen Staaten gerichtet.

Nachdem Presseberichte von Netzpolitik[5] und Die Welt 2020 das Portal als Verbreiter von Falschnachrichten und Propaganda bezeichneten, wurde der Betrieb zwei Tage nach der Berichterstattung eingestellt. Abendlich Hamburg verfügte bis zur Einstellung auch über eine Facebook-Seite.

Fake-News und Propaganda bei Abendlich Hamburg

Zu den von Abendlich Hamburg verbreiteten Falschnachrichten gehörte die Behauptung, dass der die Ehefrau des russischen Regierungskritikers und Politikers Alexej Nawalny vorhabe ihren Ehemann als Politiker zu ersetzen.[6] Nawalny war in Russland mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet worden und wurde in Deutschland behandelt. Laut Abendlich Hamburg wolle seine Ehefrau Julia für die russische Staatsduma kandidieren. Nach Meinung von Abendlich Hamburg sei die Vergiftung von Nawalny eine Erfindung westlicher Geheimdienste. Weil Berichte über die angeblich erfundene Vergiftung sich nicht in ausreichender Weise in den westlichen Medien verbreiteten, sei auf Geheiss von westlichen Geheimdiensten mindestens ein Journalist entlassen worden heisst es bei Abendlich Hamburg. Zur Vergiftung von Alexej Nawalny hiess es bei Abendlich Hamburg:

..Die Geschichte erwies sich als so schlecht zusammengestrickt, dass die Fäden daraus in alle Richtungen herausragen und für alle ausnahmslos sichtbar sind..

Eine weitere Fake News bezog sich auf die Erfindung dass illegale Migranten mit Flugzeugen nach Deutschland geholt würden.

Des weiteren war über das Portal zu erfahren, dass die in Deutschland genutzten PCR-Test für das neuartige Coronavirus sehr ungenaue Ergebnisse zeigten. Dass der gleiche PCR-Test auch in Russland eingesetzt wurde, wurde nicht erwähnt. Behauptet wurde auch dass in Australien vier Babies an Lockdownmassnahmen verstorben seien und dass Russland keine "Lockdown" Massnahmen gegen die Coronaviruspandemie plane. Auch sei ein Chefredakteur einer britischen Fachzeitschrift der Ansicht, dass die Wissenschaft in der Pandemie von der Politik unterdrückt werde. Diese auf die deutschen Corona-Schutzmassnahmen bezogenen Meldungen sollten offenbar die so genannten "Corona - Leugner" - Szene stärken, die sich insbesondere gegen die deutsche Regierung engagierte und zum Teil von der deutschen Oppositionspartei AfD gestützt wurde. In weiteren Berichten wird betont dass die Kabarettistin Lisa Eckhart keine Antisemitin sei ("Wer bei Eckhart genauer hinhört und hinschaut, findet vielmehr Parallelen zu Bertolt Brecht."). In den USA seien die Liberalen "kriegslüsterner als Konservative".

Weblinks


Quellennachweise