Hardin Jones ist ein Mediziner, der an der University of California in Berkley tätig war und mit einigen wenigen Veröffentlichungen zur Krebsstatistik in Erscheinung getreten ist.

Zahlreiche alternativmedizinische Internetseiten berufen sich auf Jones im Zusammenhang mit Behauptungen, nach denen Krebspatienten, die keine konventionelle Therapie wählen, eine vierfach größere Chance hätten, ihre Krankheit zu überleben als die behandelten Patienten. Eine Krebstherapie hätte demnach nicht nur keinen Nutzen, sondern sogar schädigende Folgen. Vielfach, z.B. von Andreas Moritz, wird der "prominent cancer researcher" Jones so zitiert: "My studies have proved conclusively that cancer patients who refuse chemotherapy and radiation actually live up to four times longer than treated cases." Das Zitat soll in einem Konferenzpaper aus dem Jahre 1969 enthalten sein.[1] Im Text taucht die Aussage jedoch nicht auf, siehe das Dokument als Faksimile.[2] Solche Aussagen werden oft in einem Zusammenhang mit der Aufforderung verbreitet, bei Krebs konventionelle Therapien zu meiden.

Jones arbeitete über statistische Fragen am "Donner Laboratory" für die damalige Atomic Energy Commission. Er war nie therapeutisch oder der klinischen Onkologie forschend tätig.[3] Zitate von Jones beziehen sich auf einen Vortrag aus dem Jahr 1956[4], also von vor über 50 Jahren, als beispielsweise die Chemotherapie noch in den Kinderschuhen steckte. Jones' Artikel von 1956 enthält mehrere statistische Angaben über unbehandelte und behandelte Krebspatienten, häufig auf Brustkrebs bezogen. Er kommt wörtlich zur Ansicht, dass "It is most likely that, in terms of life expectancy, the chance of survival is no better with than without treatment, and there is the possibility that treatment may make the survival time of cancer less" (Seite 331). Weiter geht Jones nicht mit seinen Angaben. Er belegt auch nicht seine Ansicht, dass behandelte Krebspatienten eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit hätten. Von ihm zitierte Arbeiten stammen aus dem Jahr 1926 und zweimal aus dem Jahr 1937. Aber selbst diese alten Arbeiten aus der Zeit vor 1956 (mit 651, 100, 64 und 100 Fällen) widerlegen seine Ansicht. Es handelte sich nicht um kontrollierte Studien, wie sie erst Jahrzehnte später üblich wurden. Jones stellte auch eine Regel auf, nach der bei sämtlichen Krebsarten die Sterberate über die Zeit konstant bleibe ("the death rate for all kinds of cancer remains nearly fixed from the moment when cancer is identified", Seite 314). Die Theorie wurde auch als das "Hardin Jones Principle" bezeichnet und beispielsweise von Linus Pauling 1989 zitiert. Heute ist bekannt, dass diese vereinfachende Regel nicht zutrifft – verschiedene Krebsarten zeigen auch unterschiedliche Überlebenskurven.

Die Angaben von Jones sind auf die heutige Situation bezogen falsch. Ende der 1950er Jahre lag die 5-Jahresüberlebensprognose noch bei 25%, heute liegt sie in Industriestaaten bei über 80% (so für das Jahr 2003 in den USA[5]), auch wenn man berücksichtigt, dass heute Brustkrebs (z.B. wegen Vorsorgemaßnahmen) früher diagnostiziert wird.

Quellennachweise

  1. Hardin B. Jones, Ph.D. "A Report on Cancer," paper delivered to the ACS's 11th Annual Science Writers Conference, New Orleans, 7. März 1969
  2. Hardin Jones: A Report on Cancer. 11th Annual Science Writers Conference, New Orleans, 7. März 1969
  3. http://www.users.on.net/~pmoran/cancer/hardin_jones_and_cancer.htm
  4. Jones HB (1956): Demographic consideration of the cancer problem. Transactions of the New York Academy of Science, Series 2, Vol.18, 298-333, PMID: 13312067
  5. Jemal A, Thomas A, Murray T, Thun M. Cancer statistics, 2002. CA Cancer J Clin. 2002: 23-47 Also: Weir HK, Thun MJ, Hankey BF, Ries LA, Howe HL, Wingo PA, Jemal A, Ward E, Anderson RN, Edwards BK Annual report to the nation on the status of cancer, 1975-2000, featuring the uses of surveillance data for cancer prevention and control. J Natl Cancer Inst. 2003 Sep 3;95(17):1276-99