Gerät zur Colon-Hydro-Therapie. Bild: Fa. Eich-Colon
Gerät zur Colon-Hydro-Therapie. Bild: Humares GmbH

Die Colon-Hydro-Therapie (COT) ist ein pseudomedizinisches Verfahren mit Bezügen zur Säftepathologie nach Galen.

Verfahren

Die COT ist nichts anderes als ein fortgesetzter Einlauf, bei welchem dem Patienten Wasser (vorgewärmtes gewöhnliches Leitungswasser) in unterschiedlicher Temperatur und Menge über einen Schlauch in den Anus eingeflößt wird. Dabei kommen verschiedene Einlaufbestecke zur Anwendung. Es gibt unterschiedliche Geräte zur Regulierung von Wasservolumen, Einlaufdruck und Wassertemperatur. Die Dauer der Einläufe ist unterschiedlich, beträgt aber in der Regel um die 60 Minuten. Die Entsorgung des Stuhl-Wasser-Gemisches erfolgt über dasjenige Schlauchsystem, mit dem der Einlauf vorgenommen wird. Die Auswahl von Temperatur, Wassermenge und Druck orientiert sich am subjektiven Befinden des Patienten. Richtlinien für diese Variablen existieren nicht.

Die Therapie wird von ihren Verfechtern bei verschiedenen Indikationen eingesetzt: Funktionellen Darmbeschwerden, Obstipation, Laxanzienabusus, parasitäre Darmerkrankungen, Neurodermitis, Rheuma, Herz-Kreislauferkrankungen, Arteriosklerose, Krebsleiden, Migräne, Lymphabflussstörungen, Alopezie und Hypertonie. Wie allerdings ein Wassereinlauf eine Glatze zurückbilden soll, wird von den Anwendern nicht erläutert. Weiterhin wird behauptet, man könne "Schlacken" oder "Rückstände", die sich über Jahre im Darm angesammelt hätten, mit dieser Methode "ausleiten". Fakt ist, dass dergleichen Rückstände bei einer normalen Darmfunktion nicht vorhanden sind und Kotzusammenballungen (sog. Kotsteine) sich nur bei denjenigen Personen gehäuft finden, bei denen der Darm Ausstülpungen oder Aussackungen aufweist, die pathologischer Natur sind.

Angebliche Wirkungsweise

Das Erklärungsmodell der COT fußt auf der Annahme, dass Mikroorganismen des Darmes nicht nur für die lokale Immunität von Bedeutung seien, sondern dass sie modulierend auf das Immunsystem des ganzen Menschen Einfluss hätten. Erkrankungen sollen also durch Waschung des Magen-Darm-Traktes beeinflussbar sein.

Im menschlichen Darm leben 400-500 verschiedene Bakterienarten. In einem einzigen Gramm Darminhalt finden sich 10-100 Milliarden Keime. Dazu kommen noch einmal 10-100 Millionen Bakterien, die mit jedem Gramm Schleimhaut verwachsen sind. Damit übersteigt die Anzahl der Darmbewohner die Zahl der Körperzellen eines Menschen um das Zehnfache. Die Besiedelung des Verdauungstraktes beginnt mit der Geburt und ist etwa mit zwei Jahren abgeschlossen. Die dann vorhandene Erwachsenenflora ist stabil und es ist so gut wie unmöglich, einen neuen Keim einzuschleusen (Kolonisationsresistenz), weil die bereits ansässige Flora für ein chemisches Milieu sorgt, das die Ansiedlung neuer Keime verhindert (E.U.L.E.n-Spiegel 9/1998).

Die physiologisch normale Darmflora besteht u.a. aus Candida-Hefen, Staphylokokken, anaeroben Kokken, apathogenen Corynebakterien, Pseudomonas, Mykoplasmen, Entamoeba, Giardia und Trichomonas. Ein ausgeklügeltes System aus Immunglobulinen und Abwehrzellen sorgt dafür, dass es Darmkeimen ausgesprochen schwer fällt, die Schleimhaut zu durchdringen und in den menschlichen Organismus einzuwandern[1]. Deshalb ist die Ansicht der Colon-Hydrotherapeuten, man könne mit Auswaschungen des Darmes auf das Immunsystem Einfluss nehmen, falsch.

Schwere Nebenwirkungsfälle durch Colon-Hydro-Therapie

Die Therapie kann jedoch nicht als harmlos bezeichnet werden, da es bei der COT durch die massive Volumenbelastung des Darmes zu einer Elektrolytverschiebung kommt. Da mineralsalzarmes Leitungswasser in großen Mengen eingeführt und elektrolythaltiger Stuhl in großen Mengen ausgespült wird, fließen in nicht unerheblichem Umfang Elektrolyte aus dem Gewebe und dem Blut in das Innere des Darms. Diese Elektrolytverschiebung ist so groß, dass von manchen COT-Therapeuten empfohlen wird, während der Behandlung den Verlust an Elektrolyten mittels physiologischer Kochsalzlösung abzufangen. Bei Patienten mit Herz- oder Niereninsuffizienz ist bei der COT mit erheblichen Kreislaufproblemen zu rechnen.

In den USA wurden zwei Todesfälle nach Kaffeeeinläufen berichtet, deren Ursache auf eine massive Elektrolytverschiebung zurückgeführt werden konnte. Auch Perforationen des Rektums bei unsachgemäßer Handhabung des Einlaufbesteckes wurden beschrieben, ebenso Ulzerationen in den unteren Darmabschnitten durch zu hohe Wassertemperaturen. Das US Center of Disease Control berichtete, dass sich bei 20% der Patienten, die sich in einer bestimmten Klinik einer COT unterzogen, nach der Behandlung blutige Durchfälle einstellten. In einer weiteren COT-Klinik kam es bei 13 Patienten zu dauerhaften Durchfällen, wobei in jedem dieser Fälle eine Amöbeninfektion nachgewiesen wurde. 10 der 13 Patienten mussten sich einer totalen oder teilweisen Kolektomie (Entfernung von Darmanteilen) unterziehen und sieben der 13 Patienten verstarben in der Folge der COT. Als Ursache stellte sich eine nicht ausreichende Desinfektion der eingesetzten COT-Spülmaschine heraus[2]. Auch bei nicht kontaminiertem Wasser kann es zu bakteriellen Entzündungen durch Migration von Bakterien durch die Darmwand und insbesondere durch die Divertikel kommen, da die Darmwand während der Therapie massivem Stress ausgesetzt ist. Nicht selten werden von CO-Therapeuten dem wässrigen Einlauf pflanzliche, organische und anorganische Beimischungen zugegeben. Nach einem Seifeneinlauf verstarb ein fünfjähriger Junge, der ein schweres Ödem mit nachfolgenden Ulzerationen und Nekrosen der Darmschleimhaut entwickelt hatte. Auch Strikturen des Darmes sind nach Einläufen unter Verwendung diverser Zusatzstoffe beschrieben worden.[3]

Die COT wird in Deutschland sowohl von niedergelassenen Ärzten als auch in (Kur-)Kliniken und von Heilpraktikern eingesetzt. Die Kosten liegen pro Sitzung bei 60-80 Euro und meist werden mehr als 10 Spülungen angesetzt.

Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat diese Behandlungsmethode bewertet und als unwissenschaftlich eingestuft.[4] Eine Kostenübernahme durch gesetzliche Krankenkassen ist deshalb für dieses wirkungslose Verfahren ausgeschlossen.[5]

Hygiene

 
Ein direkt angeschlossenes Colon-Hydro-Therapiegerät in einer Heilpraktikerpraxis (Bild:[6]

Im Rahmen der infektionshygienischen Überwachung von Heilpraktikerpraxen in Frankfurt am Main (2004) wurden teilweise Geräte für die Colon-Hydro-Therapie vorgefunden, die ohne erkennbare Absicherung an das Trinkwassernetz angeschlossen waren.[7] Geräte für die Colon-Hydro-Therapie müssen als Geräte der Klasse 5 nach EN 1717 über einen freien Auslauf angeschlossen sein. Bei einer Abflussverstopfung des gezeigten Waschbeckens kann gegebenenfalls ausgespülter Darminhalt aufsteigen und ins Waschbecken geraten.

Weblinks

Quellennachweise

  1. Kayser FH, Bienz KA, Eckert J, Zinkernagel RM: Medizinische Mikrobiologie Thieme Verlag, 9. Aufl, S.23-24, 1998
  2. Grell L: Kolon-Hydrotherapie. in: Saller R, Feiereis H: Erweiterte Schulmedizin. Anwendung in Diagnostik und Therapie. H. Marseille Verlag, München, 345-348, 1997
  3. Grell L: Kolon-Hydrotherapie. in: Saller R, Feiereis H: Erweiterte Schulmedizin. Anwendung in Diagnostik und Therapie. H. Marseille Verlag, München, 345-348, 1997
  4. http://www.g-ba.de/downloads/39-261-189/1998-04-24-BUB-Colon.pdf
  5. http://www.aok.de/bundesweit/gesundheit/behandlung-nichtmedikamentoese-und-alternative-therapien-kolonhydrotherpaie-8082.php
  6. Umschau Gesundheitswesen 2004; 66: 770 – 774
  7. Umschau Gesundheitswesen 2004; 66: 770 – 774
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