Hohlwelt nach Rolf Keppler

Die Hohlwelttheorie, auch Innenweltbild genannt, geht davon aus, dass wir auf der Innenseite einer Hohlkugel leben. Die Kugel hat den gleichen Durchmesser wie die Erde, also rund 12.700 km, und ihr Mittelpunkt ist gleichzeitig der Mittelpunkt des Universums. In einem Radius von vielleicht 1.000 km um dieses Zentrum erstreckt sich die "Fixsternkugel". Zwischen der Fixsternkugel und dem Erdboden befinden sich die Planeten und die Sonne. Etwa 3.000 km über der Erdoberfläche kreist der Mond mit einem Durchmesser von lediglich 150 km. Die Hohlwelttheorie ist nicht mit der Hohlerde-Theorie zu verwechseln, nach der im Inneren der Erde hochentwickelte Zivilisationen existieren sollen.

Ursprung

Der erste bekannt gewordene Vorschlag des Innenweltbildes stammt vom New Yorker Arzt, Esoteriker und Pseudowissenschaftler Cyrus Teed (1839 - 1908), der sein Konzept "Cellular Cosmology" nannte. Im 20. Jahrhundert wurde die Idee unter anderem von den deutschen Autoren Karl Neupert (Der Kampf gegen das kopernikanische Weltbild, 1928, zahlreiche weitere Titel) und Johannes Lang (Das neue Weltbild der Hohlwelttheorie, 1949) aufgegriffen.

Eigenschaften des Innenweltbilds

Das Innenweltbild geht von drei Axiomen aus:

  1. Die Lichtgeschwindigkeit ist nicht konstant wie im herkömmlichen "Außenweltbild", sondern nimmt zum Mittelpunkt der Weltkugel hin ab. Dort ist die Lichtgeschwindigkeit gleich Null.
  2. Alle Lichtstrahlen sind zum Zentrum der Kugel hin gekrümmt.
  3. Längen verkürzen sich umso mehr, je näher ein Körper dem Mittelpunkt der Hohlkugel kommt. Im Zentrum selbst schrumpfe jede Länge auf Null.

Mit diesen Annahmen lässt sich tatsächlich (unter größeren mathematischen Mühen) eine Hohlwelt derartig konstruieren, dass diese sämtliche (strahl)optischen Eigenschaften aufweist wie ein klassisches Universum. Sämtliche Vorhersagen, die das kopernikanische Weltbild macht, lassen sich unter Annahme der oben genannten Axiome wiederholen, da es sich mathematisch lediglich um eine geometrische Inversion des bekannten, klassischen Modells handelt. Die Theorie ist also in sich konsistent.

Das Morrow-Experiment

 
Verlegung der Geradestreckenverleger

Als vermeintlicher Beleg für das Innenweltbild wird häufig ein kurioses Experiment angeführt, das der Zeitungsredakteur und Vermessungstechniker Ulysses Morrow auf Anregung Teeds 1897 durchführte. Morrow versuchte, eine waagerechte und genau gerade Linie zu erzeugen und zu messen, ob diese bei immer weiterer Verlängerung ihren Abstand zur Erdoberfläche ändert. Dazu konstruierte er einige Meter große, rechtwinklige Rahmen, die er "Rectilineator" nannte (auf Deutsch meist "Geradestreckenverleger"). Die Rahmen wurden an einem Strand in Florida aneinander gelegt. Immer wenn drei davon in einer Reihe ausgerichtet waren, wurde der erste entfernt und zum Verlängern der Rectilineator-Kette benutzt, und so fort. Nach rund 1.000 solcher Schritte stellte Morrow eine Annäherung an die Erdoberfläche fest. Dies wurde als Beweis für eine konkave Erdoberfäche und damit für das Innenweltbild gewertet.

Das Experiment ist jedoch aus zwei Gründen nicht aussagekräftig. Zum einen wurde die erforderliche Genauigkeit der Rahmen völlig falsch eingeschätzt. Schon eine Abweichung von wenigen Millionstel Grad von der perfekt rechtwinkligen Form hätte den von Morrow berichteten Effekt (oder den gegenteiligen) bewirkt. Davon abgesehen hat das Experiment einen naiven Denkfehler: Dem Innenweltbild zufolge ist sämtliche Materie und sogar Lichtstrahlen, eben die ganze Welt, zum Weltmittelpunkt hin gekrümmt. Es ist überhaupt nicht plausibel, dass mit Stahl und Messing beschlagene Holzrahmen davon nicht betroffen sein sollen.

Lotversuche

 
Schematischer Aufbau des Lotversuchs

Als weiterer Beleg für die Richtigkeit der Hohlwelttheorie wird häufig der Lotversuch in der Tamarackmine angeführt. Dabei wurden zwei lange Lote in zwei Schächte von je etwa 1.300 m Tiefe herabgelassen. Es wurde beobachtet, dass sich die Lote voneinander entfernen. Nach der Hohlwelttheorie, die die Schwerkraft als "Druckkraft" interpretieren muss, ist dies das zu erwartende Ergebnis. Das Experiment wurde nur einmal im Jahr 1903 durchgeführt. Eine genaue, aussagekräftige statistische Analyse der Ergebnisse kann daher nicht durchgeführt werden. Mögliche Erklärungen sind allerdings Mess- oder Übertragungsfehler der beteiligen Wissenschaftler bzw. Schönung der Ergebnisse. Das Verhalten der beiden Lote kann auch durch lokale Schwankungen der Schwerkraft erklärt werden. Derartige Schwankungen entstehen durch inhomogene die Massenverteilung in der Erdkruste. Diese Schwereanomalien werden in der Geophysik (Stichwort Gravimetrie) unter anderem auch zum Aufspüren von Rohstoffen genutzt. In einer zeitgenössischen Publikation wurden Luftströmungen in den Schächten als mögliche Ursache für die Abweichungen genannt.[1] Eine äquivalente Messung wurde im Jahr 2003 im Rahmen der Diplomarbeit von Anne Gerda Bernau an der Kochertalbrücke durchgeführt. Sie bestätigt die Hohlwelttheorie nicht.

Martinscher Lichtkrümmungsversuch

 
Schematischer Aufbau des Lichtkrümmungsversuchs

Dies ist ein Experiment, mit dem die Erdkrümmung nachgewiesen werden soll. Ein Niveliergerät bei M markiert zwei Punkte in einer Entfernung von a = 1 km voneinander. Der Laserstrahl ist genau tangential zur Erdoberfläche ausgerichtet. Mit modernen Geräten ist das mit einer sehr hohen Genauigkeit von etwa 0,5 mm bis 3 mm auf einen Kilometer möglich. Wird das Niveliergerät nun an einem der markierten Punkte wiederum genau tangential zur Erdoberfläche ausgerichtet und auf den anderen Punkt gerichtet, so liegt der markierte Punkt entsprechend der Erdkrümmung und lokalen Gegebenheiten höher. Unklar ist, was die Hohlweltbefürworter mit diesem Experiment zeigen wollen, da auch unter den oben genannten Axiomen in einer Hohlwelt mit dem gleichen Effekt zu rechnen ist.

Widerlegung unter Berücksichtigung der Argumente der Hohlweltbefürworter

Wenn eine Theorie in sich stimmig sein soll, muss geprüft werden, ob neue Phänomene oder Effekte vorhergesagt werden können, und ob sich die Theorie in das Gebäude der anderen Theorien einfügen lässt. In beiden Punkten versagt die Hohlwelttheorie:

1) Es lassen sich jedoch keinerlei neue Phänomene beobachten oder vorhersagen, die nicht durch die klassische Theorie ebenfalls interpretiert werden können, da es sich lediglich um eine Umformulierung handelt. Die Mathematik wird allerdings erheblich anspruchsvoller.

2) Die Theorie fügt sich nicht nahtlos in andere Theorien ein, es kommt zu zahlreichen Widersprüchen. Eine Schwierigkeit besteht darin, zu erklären, warum die Hohlweltbewohner eine Schwerkraft erfahren, die in Richtung des Erdbodens zeigt. Ohne weitere Annahmen lässt sich die Schwerkaft nicht erklären; im Innern einer Hohlkugel herrscht Schwerelosigkeit.[2] Ein Ansatz, diese Probleme mit Trägheits- (also Schein-)kräften zu erklären, ist zum Scheitern verurteilt, da die Schwerkraft an jedem Punkt der Erde Richtung Mittelpunkt der Erde wirkt, bei Trägheitskräften sollte das nur auf einem Breiten- oder Längengrad der Fall sein. Seismologische Befunde zum Aufbau von Erdmantel und Erdkern sowie kosmologische Erkenntnisse, etwa zur Ausdehnung des Weltalls, lassen sich ebenfalls nur schwer mit dem Innenweltbild in Einklang bringen.

Physikalisch lassen sich die Strahlungseigenschaften der Sonne durch das Modell des schwarzen Strahlers beschreiben. Ein schwarzer Strahler ist ein Objekt, das Wärme (und je nach Temperatur auch Licht) abstrahlt. Das Spektrum der Strahlung ist dabei einzig von der Temperatur des Körpers abhängig. Die Strahlungsleistung eines schwarzen Strahlers ist außerdem abhängig von der Oberfläche des Strahlers. Durch Vergleich der Spektren der Sonne und schwarzen Strahlern kann die Oberflächentemperatur der Sonne zu etwa 6000 K bestimmt werden. Die Gesamtenergie P, die die Sonne auf die Erde abstrahlt, beträgt unter der vereinfachenden Annahme, die Erde sei eine der Sonne zugewandte Scheibe, höchstens P = E0π R2  = 1,74⋅1017 W, darin ist E0 die Solarkonstante und R der Radius der Erdkugel. Die Strahlungsleistung eines schwarzen Strahlers ist durch das Stefan-Boltzmann-Gesetz bestimmt:

 

Mit der Stefan-Boltzmann-Konstante  , der Oberfläche des Strahlers A und der Temperatur T ergibt sich nach Gleichsetzen der Strahlungsleistung ein Radius von etwa 14 km für die Sonne. Dadurch wird ein Zünden der Fusion im Innern der Sonne völlig unmöglich, da weder der erforderliche Druck noch die Temperatur erreicht werden kann.

Quellen

  1. McNair FW (1902): DIVERGENCE OF LONG PLUMB-LINES AT THE TAMARACK MINE. Science, Vol. XV, No. 390, 994-996
  2. Ernst Grimsehl, Walter Schallreuter: Lehrbuch der Physik. 1. Mechanik, Akustik, Wärmelehre. Teubner, 1991


Weblinks