angebliche Fußreflexzonen

Die Fußreflexzonenmassage ist eine pseudomedizinische Behandlungsmethode aus der Alternativmedizin.

Gegen Ende der 1960er Jahre führte H. Marquardt die angeblich bei den Indianern Mittel- und Nordamerikas praktizierte Fußreflexzonenmassage (FRZM) in Europa ein. In den USA wurde sie vom Arzt W. Fitzgerald erstmals schriftlich dokumentiert und zur zone therapy weiterentwickelt.

Fußreflexzonentherapeuten behaupten, dass eine Formanalogie zwischen einem sitzenden Menschen und seiner Fussform bestehe. Daraus könne man für das "Makrosystem Mensch" verschiedene "Mikrosysteme" ableiten. Ingham (1981) gibt mit der folgenden Abbildung ein Beispiel für die angeblichen Zusammenhänge zwischen verschiedenen Reflexzonen und menschlichen Organen bzw. Körperregionen.

Lokalisation verschiedener Reflexzonen nach Ingham (1981)

Aus anatomischer Sicht gibt es keinerlei Veranlassung, an die von Ingham angegeben Zusammenhänge zu glauben. Die Meinung, der Druck auf die Fußsohle in Höhe der Zehen führe zu einem Reflex am Herzen, ist bislang nicht bewiesen. Fußreflexzonentherapeuten könnten angeblich solche Zusammenhänge z.B. mit EKG-Messungen beweisen. Dergleichen Belege gab es bis heute aber nicht, weder für Herzreflexe noch für entsprechend messbare Veränderungen der Lungen- oder Nierenfunktion.

Laut Verfechtern wie Eichelberger (1993) oder Ingham (1981) soll die FRZM bei diversen Indiationen sinnvoll sein: Entspannung, Steigerung des Wohlbefindens, Schlafförderung, statisch-muskuläre Belastungen und Fehlformen, chronische oder akute Erkrankungen am Bewegungsapparat, Schmerzreduktion und Kopfschmerzen verschiedener Art einschließlich Migräne. Daneben soll sie sich bei Funktionsstörungen des Urogenitaltrakts (z.B. Reizblase), prämenstruellem Syndrom oder funktionellen Zyklusstörungen bewährt haben. Die Fachliteratur belegt diese Behauptungen eher nicht. Kristof et al. (1998) veröffentlichten eine Literaturübersicht mit folgenden Ergebnissen:

Autoren Patientenzahl Indikation Therapie in der Kontrollgruppe Ergebnis im Vergleich zur Untersuchungsgruppe
Engquist und Vibe-Hansen (1977) 16 Plasmakortisolanstieg bei operativer Entfernung der Gallenblase FRZM an "falscher" Zone kein Unterschied
Lafuente (1993) 32 rezidivierende Kopfschmerzen Massage an "falscher" Zone und Flunarizingabe (in FRZM-Gruppe Placebo) kein signifikanter Unterschied bei Schmerzhäufigkeit und -intensität
Petersen et al. (1992) 30 Bronchialasthma keine FRZM kein Unterschied
Eichelberger (1993) 60 Harnverhalt nach gynäkologischer Operation keine FRZM kein Unterschied in der Nachkatheterisierungsrate
Baerkgaard und Vibe-Hansen (1981) 30 Schmerz bei Harnleitersteinen FRZM an "falschen" Zonen signifikante Schmerzlinderung nach FRZM an "richtigen" Zonen
Oleson und Flocco (1993) 50 prämenstruelles Syndrom FRZM an "falschen" Zonen Symptomenscore signifikant niedriger als bei FRZM an "richtigen" Zonen
 
Reflexzonensocken

Bei Bronchialasthma versagte die FRZM (Petersen et al. 1992). In den Studien von Engquist und Vibe-Hansen (1977) und Lafuente et al. (1993), die insgesamt 46 Patienten repräsentierten, hatte die für die Patienten verblindete Untersuchung keinen Einfluss auf die Schmerzempfindung.

Bei Baerkgaard und Vibe-Hansen (1981) hingegen waren Verbesserungen unter korrekter FRZM zu erkennen. In ihrer Studie fand sich in der Untersuchungsgruppe bei neun Patienten ein "verminderter Schmerz" (gemessen an der Zeit bis zur ersten Schmerzmitteleinnahme). In der "falsch" behandelten Kontrollgruppe hatten nur zwei Patienten eine weniger als eine Stunde dauernde Schmerzlinderung, während 18 weitere Kontrollpatienten keine Schmerzlinderung erfuhren. Allerdings betrug die Beobachtungszeit nur vier Stunden und die Verteilung der Erkrankungsschwere der Patienten zu Beginn ihrer Nierensteinkolik war nicht geklärt. Eventuell war der wahre Grund für das bessere Abschneiden korrekt FRZM-behandelter Patienten das überproportional häufigere Vorliegen kleinerer Harnleitersteine bei der Untersuchungsgruppe. Solche Harnleitersteine gehen schneller ab bzw. erzeugen kürzere und weniger heftige Koliken.

In der 60 Patienten umfassenden Studie von Eichelberger (1993) erhielten alle Frauen 15 Minuten täglich FRZM und zwar 2-4 Tage vor einer geplanten Entfernung eines Blasenkatheters, der wegen eines postoperativen Harnverhalts gelegt werden musste. Jeweils 30 Frauen erhielten entweder ein die Blasenmuskelspannung anregendes Mittel (Flunarizin) oder Placebo. In beiden Behandlungsgruppen musste gleich häufig nochmals katheterisiert werden, weil nach Entfernung des ersten Katheters die Blasenfunktion nicht einsetzte.

Die Patientinnen von Oleson und Flocco (1993), bei denen die Kontrollgruppe an den "falschen" FRZM-Zonen stimuliert wurde, schätzten die Behandlung alle als angenehm und entspannend ein. Anhand eines etwas kritikwürdigen Symptomenscores ohne die Verwendung objektiv nachprüfbarer Kriterien kamen die Autoren zur Erkenntnis, dass die korrekt behandelten Frauen subjektiv die Behandlung häufiger als positiv einschätzten als die falsch behandelten Frauen.

Kristof et al. (1998) sind der Auffassung, dass Reflextherapeuten, die als Fachkundige über die Therapieform Bescheid wussten, ggf. unbewusst die Patienten in den Studien hätten beeinflussen können. Diesen Effekt in klinischen Studien zu kontrollieren, dürfte jedoch schwer fallen. Wirklich handfeste gesicherte Daten über die Wirksamkeit der FRZM liegen bis heute nicht vor.

Rechtliches

Im privaten Bereich wird die FRZM als Heil- und Hilfsmittel angepriesen. Die FRZM ist eine Ausübung der Heilkunde und bedingt folglich bei gewerbsmäßiger Ausübung eine Zulassung als Heilpraktiker. Mit der Frage, ob Fußreflexzonenmassage unter das Heilpraktikergesetz fällt, befasste sich das Oberverwaltungsgerichtes Koblenz bereits 1988 (Urteil vom 8.11.1988, Aktenzeichen 6 A 21/88). Dieses steht auf dem Standpunkt, dass Fußreflexzonenmassage eine gezielte Behandlungsmethode zur Linderung bzw. Heilung von Beschwerden, ja sogar von Krankheiten darstellt. Anerkanntermaßen, so das Gericht, gehe die Fußreflexzonenmassage von einer Wechselbeziehung zwischen bestimmten Fußpartien und diesen zugeordneten Organen oder Körperteilen aus. Aufgrund dieser Zuordnung solle durch Massieren eines bestimmten Punktes am Fuß auf ein an anderer Stelle des Körpers vorhandenes Leiden, welches nicht selten organischer Art sei, eingewirkt werden. Hieraus werde deutlich, dass die somit der Fußreflexzonenmassage notwendigerweise vorangehende diagnostische Tätigkeit typisch ärztlich sei und ärztliches Fachwissen voraussetze.

Auch das Verwaltungsgericht Oldenburg stufte die Fußreflexzonenmassage als "Heilbehandlung" ein und zwar u.a. wegen möglicher Kontraindikationen bei akuten Krankheiten (Urteil vom 25.9.1995, Aktenzeichen 7 B 3587/96). Ebenso ging das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 20.06.2000, Aktenzeichen 1 K 13/96) im Kontext davon aus, dass eigenverantwortlich ausgeübte Fußreflexzonenmassage eine erlaubnispflichtige Heilbehandlung darstelle und damit eine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz voraussetze. Wer nicht Arzt oder im Besitz einer Heilpraktiker-Erlaubnis ist, mache sich bei der gewerbsmäßigen Ausübung dieser Tätigkeit strafbar.

Weblinks

Quellennachweise

  • Baerkgaard N, Vibe-Hansen H: Ureterstensanfald og zoneterapi. Ugeskr Laeger 143, 676-678, 1981
  • Eichelberger C: Studie über Fusszonenreflexmassage. Alternative zu Pillen. Krankenpflege (Soins Infirmiers), 5, 61-63, 1993
  • Engquist A, Vibe-Hansen H: Zoneterapi og plasmakortisol under kirurgisk stress. Ugeskr Laeger, 139, 460-463, 1977
  • Ingham ED: Geschichten, die die Füße erzählen können. Drei Eichen Verlag, München-Engelberg, 1981
  • Kristof O, Schlumpf M, Saller R: Fussreflexzonenmassage - Praxis und Evaluation. Forschr Med, 116, 50-54, 1998
  • Lafuente A: Effekt der Reflexzonenbehandlung am Fuss bezüglich der prophylaktischen Behandlung mit Flunarizin bei an Cephalea-Kopfschmerz leidenden Patienten. Erfahrungsheilkunde, 39, 713-715, 1990
  • Oleson T, Flocco W: Randomized controlled study of premenstrual symptoms treated with ear, hand and foot reflexology. Obstet Gynecol, 82, 096-911, 1993
  • Petersen L, Faurschou P, Olksten OT, Svendsen UG: Fodzoneterapi og asthma bronchiale. Uegeskr Laeger, 154, 2065-2068, 1992
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