CM3-Kapseln sind ein pseudomedizinisches Präparat, das vernetzte Zellulose enthält, die nach dem Zerfall der Hülle zu einem Schwämmchen wird. Das Mittel wird zur Behandlung von Übergewicht (Hungerdämpfung durch Dehnung der Magenrezeptoren) beworben. Es gibt keinen seriösen Hinweis auf seine Wirksamkeit.

Von der österreichischen Firma Nycomed wird das Produkt CM3-Kapseln zur Gewichtsreduktion angepriesen. Auf der Homepage (www.http://www.cm3.at) findet man Anpreisungen wie Jetzt abnehmen!, von führenden Bikinis empfohlen oder und das Hungern ist gegessen!.

Woraus bestehen CM3-Kapseln?

Laut Herstellerangaben handelt es sich um vernetzte Zellulose, die aus Flachs, Baumwolle und Holzfasern hergestellt wird. Nach dem Auflösen der Kapselumhüllung im Magen entfaltet sich die Zellulose zu einem weichen, schwammartigen Würfel, der 6-8 Stunden im Magen verweilen und angeblich über die Sättigungssensoren ein lang anhaltendes Sättigungsgefühl vermitteln soll. Nach Verlassen des Magens zerfällt der schwammartige Würfel im Darm in kleine Faserstückchen. Diese kleinen Teilchen verlassen dann, wie alle anderen ballaststoffhaltigen Lebensmittel, auf natürliche Weise den Körper.

Im Arznei-Telegramm (Nr. 4, 1999, S. 45) berichtete die Stuttgarter Fachärztin für Allgemeinmedizin, Dr. med. C. A. Ossmann, über einen interessanten Versuch mit diesen Kapseln. Sie hatte eine Kapsel geöffnet und den Inhalt in ein Glas mit Wasser geworfen. Das in einer blauen Kapsel befindliche, weiße Gebilde von 1,5 x 0,5 cm Länge und 3 mm Dicke verwandelte sich in Sekundenbruchteilen in eine Art Schwämmchen mit einer Größe von 3 x 1,5 cm. Die Ärztin erinnerte der Vorgang an eine Art zusammengepresstes Autoschwämmchen. Das Gebilde war geruch- und geschmacklos, ließ sich aber nur in einer Richtung zerreissen. Ob demzufolge die Herstellerangaben über das scheinbar leicht zerfallende Würfelchen in der Realität Bestand haben, bleibt zweifelhaft.

Anpreisung von CM3-Kapseln zur Gewichtsreduktion

Die primäre Anwendung liegt auf der Behandlung des Übergewichts (BMI > 25 kg/m2) und zwar gemeinsam mit einem speziellen Ernährungs- und Walkingprogramm. Damit soll übergewichtsbedingten Folgekrankheiten wie Diabetes, Hypertonie und Herz-Kreislauferkrankungen vorgebeugt werden.

Als Dosierung werden 1-3 Kapseln jeweils eine 1/2 Stunde vor den Mahlzeiten empfohlen, die mit viel Flüssigkeit eingenommen werden sollen. Die Tagesdosis soll 10 Kapseln nicht überschreiten.

Der Preis für diese Art der Gewichtsreduktion ist erheblich. Laut Arznei-Telegramm liegt der Preis pro 50-Kapsel-Packung bei 30,50 Euro. Damit wird pro Kapsel ein Endpreis von 61 Euro-Cent fällig. Nähme man bis zu 10 Kapseln täglich ein, würde die Tagesdosis etwa 6 Euro und die Wochendosis 49 Euro kosten. Da man laut Herstellerangaben etwa 1 kg im Monat abnehmen soll, läge der Preis pro verlorenem Kilogramm bei etwa 180 Euro. Dies ist ein horrender Preis für ein Produkt, das bis heute keinen Wirksamkeitsnachweis geliefert hat.

Hersteller gibt eine ganze Menge Kontraindikationen an

Nach Herstellerangaben sollen CM3-Kapseln bei entzündliche Erkrankungen des Verdauungstrakts (z.B. Refluxösophagitis, Gastritis, Ulcera ventriculi et duodeni, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Divertikulitis), krankhafte Verengungen des Verdauungstrakts (z.B. Achalasie, Pylorusstenose, Ösophagus- und Dünndarmdivertikel), Adhäsionen des Verdauungstrakts, Operationen des Bauchraums, insbesondere des Verdauungstrakts (auch wenn diese lange zurückliegen), Hiatushernie, Kau- und Schluckstörungen, potenzielle Blutungsherde im Verdauungstrakt (z.B. Ösophagus- und Magenvarizen), Anzeichen eines Darmverschlusses (drohender oder bestehender mechanischer oder paralytischer Ileus), Gastroparese bei Diabetikern mit Neuropathie, Darmpolypen, chronische Obstipation, Gastric-Banding und Magenballon nicht verwendet werden.

Es sind ernste Nebenwirkungsfälle aufgetreten

Das Arznei-Telegramm berichtete in seiner Septemberausgabe 2001 von einer 56-jährige Frau mit einer 20 Jahre zurückliegenden Darmoperation, die eine Woche nach Einnahme von drei Kapseln CM3 einen mechanischen Ileus entwickelte. Der Dünndarm wurde durchlöchert, das Bauchfell entzündet sich. Teile des Dünn- und Dickdarms mussten entfernt werden.

Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) liegen gemäß der Angaben des Arznei-Telegramms insgesamt acht Berichte über Darmverschlüsse in Verbindung mit CM3 vor. Drei Betroffene haben die in der Packungsbeilage aufgeführten Gegenanzeigen - Darmerkrankungen und zurückliegende Operationen im Bauchraum - nicht beachtet. Auch bei vier von zwölf weiteren Verdachtsberichten über Verstopfung, Magenausgangsstenose u.a. sollen Kontraindikationen bestanden haben. Lebensbedrohlicher Darmverschluss ist ein unvertretbares Risiko für ein Medizinprodukt, das (ohne hinreichende klinische Nutzenbelege) zur Selbstmedikation bei Übergewicht angeboten wird. Das Arznei-Telegramm stufte CM3-Kapseln als bedenklich ein und forderte ein sofortiges Verbot.

Deutsches Medizinprodukterecht deckt das obskure Marketing

Gemäß des deutschen Medizinprodukterechts muss ein Hersteller einer nur physikalisch wirksamen Methode, die es bei CM3 zu sein scheint, sein Produkt als Medizinprodukt anmelden. Diese Einstufung erfolgt eigenständig durch den Hersteller und erlangt damit Beweiskraft. Eine Außerverkehrnahme ist nur dann möglich, wenn die Zulassungsbehörde (www.bfarm.de) entsprechende Schadensfälle gerichtsverwertbar berichtet erhält. Die Anmeldung und die Inverkehrbringung eines solchen Medizinprodukts bedarf keines Wirksamkeitsnachweises. Der Hersteller kann also völlig legal ein unerprobtes Produkt in den Verkehr bringen. Ein analoges Produkt (Matricur) wird nach analogen Bedingungen vermarktet.

CM3-Kapseln wegen unlauterer Werbung abgemahnt

Die Tatsache, dass es sich bei CM3-Kapseln nicht um ein Arzneimittel, sondern um ein Medizinprodukt handelt, entbindet nach Ansicht des LG Köln (Az 31 O 510/00 vom 9. November 2000) nicht von der Verpflichtung, sich bei der Bewerbung des Produkts an das Heilmittelwerbegesetz zu halten. Werbungen mit Patientengeschichten, klinischen Studien oder Vorher-Nachher-Vergleichen sind außerhalb der Fachkreise unzulässig. Entsprechende Werbeaussagen wurden dem Anbieter untersagt.


Schadensfälle: Mehrere Fälle von Verlegung des Dünndarms durch die Schwämmchen sind bekannt geworden. Fazit: kein Wirksamkeitsnachweis, wird teuer (aber legal) als Medizinprodukt verkauft.

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