Eine Sekte (von lat. secta Richtung, von sequi folgen, engl. cult) ist eine kleinere religiöse Gemeinschaft, die sich von einer größeren Gemeinschaft gelöst hat und meist von dieser abgelehnt wird. [1] In einem erweiterten Sinne gilt "Sekte" auch als Bezeichnung für eine philosophische oder politische Gruppierung, die durch ihre Lehre im Konflikt zu herrschenden Überzeugungen steht.

In der modernen Religionswissenschaft wurde der Begriff Sekte durch Bezeichnungen wie "religiöse Sondergemeinschaft", "neureligiöse Gemeinschaft" oder "Neue religiöse Bewegung" ersetzt. Deutsche Großkirchen verwenden den Begriff jedoch weiter, etwa durch die Berufsbezeichnung "Sektenbeauftragte/r".

Umgangssprachlich werden religiöse oder pseudoreligiöse Gruppen oder Organisationen und Firmen dann als Sekte bezeichnet, wenn diese in irgendeiner Weise als gefährlich oder problematisch angesehen werden. Der amerikanische Psychiater Robert Jay Lifton beschreibt in einer zu Beginn der 1980er Jahre verfassten Analyse fundamentalistisch-totalitärer Kultgruppen (cults) und ordnet diesen bestimmte Merkmale zu:

  • ein charismatischer Führer, als Objekt der Verehrung
  • ökonomische, sexuelle oder andere Ausbeutung der Gruppenmitglieder durch den oder die Anführer
  • Kontrolle aller Kommunikation in einer bestimmten Umgebung (Milieukontrolle), damit auch Isolation vom bisherigen sozialen Umfeld
  • Forderung nach einer "Reinheit": radikale Trennung zwischen Gut und Böse in der Umwelt und in sich selbst
  • eigene Sprachregelungen und proprietäre Wortwahl
  • Leugnung der Existenzberechtigung Anderer (dispensing of existence): Wer die Wahrheit nicht erkannt hat, gilt als verworfen und hat in letzter Konsequenz keine Existenzberechtigung.

Der Begriff Sekte ist nach wie vor umstritten. Vielfach wird die Verwendung des Begriffes aus Gründen der persönlichen Toleranz abgelehnt. Demnach wird der Begriff Sekte als Abwertung verstanden. Andere lehnen ihn ab, weil er auf ein religiöses Weltbild hinzudeuten scheint. Demnach wird der Begriff Sekte als Aufwertung verstanden.[2]

Erkennungsmerkmale

Versprechungen

Die sogenannte Sekte oder Psychogruppe verspricht, die Welt bzw. den Einzelnen erlösen zu können bzw. zu verändern oder einfach auf den richtigen Weg zu bringen. Mit diesen Versprechungen gewinnt sie neue Mitglieder und hält die bisherigen bei der Stange. Die Werbetaktik reicht vom liebevollen Umwerben ("Love-Bombing") über engagierte Überzeugungsarbeit für großartige Weltverbesserungs- oder Rettungspläne bis hin zu einschüchternden Warnungen vor irdischen oder kosmischen Katastrophen oder ewiger Verdammnis. Versprochen werden Rundumlösungen im Sinne eines rettenden Rezepts. Es wird die Lösung für alle Fragen und persönlichen Probleme angeboten. Es geht darum, ein unglaubliches Ziel zu erreichen oder ein schreckliches Menschheitsdrama zu überleben. Dem Einzelnen wird versprochen, dass er als Mitglied dieser Sekte den Weltuntergang heil überstehen werde. Es werden Sehnsüchte angesprochen und andererseits Ängste mobilisiert, auf die dann mit passenden Versprechungen reagiert wird. Idealistisch klingende, utopische und wunderartige Lösungen werden aufgezeigt. Die religiöse Gemeinschaft behauptet, dass sie als einzige die totale Errettung bzw. Erlösung für eine absehbare Zukunft noch in diesem Leben oder nach dem Tod bieten kann.

Bekehrung zu einem vollständig anderem Leben

Die Gemeinschaft verspricht, dass mit ihrer Hilfe jeder ein anderer Mensch werden kann. Die Gruppe scheint etwas anzubieten, was sonst noch nirgends zu finden war. Ob es sich um eine Religionsgemeinschaft oder eine ideologisch engagierte Organisation oder einen Anbieter esoterischer, therapeutischer oder persönlichkeitsverbessernder Trainings handelt, man verspricht jeweils das Erreichen unglaublich hoher Ziele. Dies kann sein die Erlösung oder Errettung der Welt, die Schaffung einer humanen Gesellschaft, der Sieg über Elend, Unterdrückung, Krankheit und Verzweiflung, der Sieg über das Böse oder den angeblichen Hauptfeind, oder es geht ganz irdisch um den traumhaften persönlichen, beruflichen und geschäftlichen Erfolg.

Als Voraussetzung dafür, dass sich das Leben des Mitglieds wie versprochen grundsätzlich neu gestaltet, wird allerdings eine totale Umkehr oder Bekehrung (Konversion) gefordert. Die von der Sekte vorgeschriebene neue Lebensweise ist angeblich für die Erfüllung ihrer großartigen Versprechungen unverzichtbar. Um den entscheidenden "Durchbruch" zur "eigentlichen" Persönlichkeit zu erreichen, müssen durch wesentliche Verhaltens- und Einstellungsänderungen angebliche Blockaden im Gehirn oder gegenüber den anderen Menschen oder gar im Zusammenhang mit einem "transpersonalen" geistigen Universum beseitigt werden. Die Angehörigen, Freunde und andere Außenstehende sind häufig besonders von der veränderten Persönlichkeit des Neu-Mitglieds überrascht und darüber, dass es sich für ein solches, (scheinbar) völlig anderes, neues Leben entschieden hat oder plötzlich nach "revolutionären" Lebensprinzipien leben will, die es in einem Seminar oder Training kennen gelernt hat.

Das Versprechen der Gruppierung, dass sich das Leben des Neulings und seine Persönlichkeit in einem umfassenden Sinn zum Positiven hin verändern soll, wird von dem gemeinsamen Glauben daran in der Gemeinschaft getragen. Die Anhänger lassen sich von der Euphorie der anderen Mitglieder anstecken. Außenstehenden stellt sich dieses von Hoffnung getragene neue Leben als "euphorische Phase" dar. In dieser begeisterten Stimmung will das neue Mitglied nicht über seine Perspektiven reden und sich schon gar nicht den kritischen Fragen von Außenstehenden stellen. Das Engagement für die Gemeinschaft fordert den Neuling als ganzen Menschen. Er will sich im Sinne der Gemeinschaft ändern bzw. weiter entwickeln und damit seinem Leben vermeintlich einen wirklichen Sinn geben, glücklicher und heil werden, eine höhere Moral als die "Durchschnittsmenschen" erreichen oder auch Teil haben an der endgültigen gesellschaftlichen oder gar kosmischen, universalen und endzeitlichen (Er-)Lösung.

Weblinks

Quellennachweise

  1. Ursula Herrmann, 1993. Fremdwörterlexikon, Lexikographisches Institut München, Orbis Verlag
  2. http://www.agpf.de/Begriff.htm