Im Jahre 2010 wurde in Deutschland per Ketten-Emails und auch auf diversen Internet-Webseiten die Verschwörungstheorie eines im Jahre 2011 angeblich drohenden EU-weiten Verkaufsverbots für Heilpflanzen verbreitet, die stark an gleichartige falsche Behauptungen zum Codex Alimentarius erinnern. In diesem Zusammenhang wurde auch zur Unterzeichnung einer Petition gegen das angebliche Verbot aufgerufen.[1] Als Drahtzieher der vermeintlichen Gesetzesänderung wird die Pharmaindustrie vermutet.

2009 wurden in Deutschland rund 1,2 Milliarden Euro für rezeptfreie pflanzliche Arzneimittel ausgegeben. Hinzu kamen noch nicht apothekenpflichtigen Pflanzenpräparate, die in Supermärkten, Drogerien oder Bioläden angeboten werden.[2]

Die Urheber

In einem TAZ-Blog verbreitete ein Hans Cousto die Behauptung: "Pharmalobby kämpft für Verbot von Heilpflanzen". (..Leider ist es wahr: die Pharmalobby hat wieder zugeschlagen...[3]

Traditional Herbal Medicines Directive (THMPD 2004/24/EG)

Gemeint ist hier die EU-Richtlinie 2004/24/EG. Diese wurde bereits im Jahr 2004 verabschiedet und 2005 in der deutschen Gesetzgebung umgesetzt. Die sechs Jahre alte EU-Regelung hatte die Funktion traditionelle pflanzliche Arzneimittel in der EU in einem vereinfachten Verfahren zuzulassen. In einigen Mitgliedsländern der EU gab es damals keine Regelungen für phytopharmazeutische Produkte. In Deutschland existierten jedoch bereits ähnliche Standards wie von der EU vorgesehen. Am 1. April 2011 läuft einzig eine Übergangsphase von 7 Jahren aus, was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Gesetze schon fest verankert sind und nicht zur Disposition auf europäischer Ebene stehen.

Betroffen von der Richtlinie sind nur rezeptfreie Fertigarzneimittel. Der Hersteller muss lediglich nachweisen, dass die Wirksamkeit aufgrund langjähriger Anwendung plausibel und die Sicherheit gewährleistet ist. Für die Registrierung sind lediglich ein Gutachten sowie ein Literatur-Überblick notwendig. Bei der Frage nach der "Tradition" eines heilpflanzlichen Produkts werden auch Angaben aus dem Ausland berücksichtigt, wenn dieses bislang im Ausland gebräuchlich war. Außereuropäische Hersteller haben die Möglichkeit, die Tradition ihrer Produkte im Registrierungsprozess anerkennen zu lassen.[4]

Zurzeit (2010) liegen allein in Deutschland knapp 250 Anträge vor, bei denen es für nahezu alle Antragssteller - laut Bundesministerium für Gesundheit - ..eine sehr gute Perspektive.. gibt.

Nicht betroffen sind Lebensmittel. Daher trifft die Verordnung auch nicht auf Knoblauch, Pfefferminze oder Zimt zu. Dies hinderte jedoch Anhänger dieser Verschwörungstheorie nicht daran genau dies fälschlich zu behaupten und sich dabei auf ein Projekt von Verschwörungstheoretikern zu berufen (Infokrieg.tv):

..Diese Petition ist absolut sinnvoll und notwendig, weil mit Inkraftreten der genannten EU-Direktive (=Diktatur) der Anbau von Gemüse und Kräutern im Garten, ja sogar auf dem Balkon und in der Wohnung! VERBOTEN werden wird ! ! ! Das glaubt Ihr nicht ? ? ? schaut auf i n f o k r i e k . t v ! Macht Euch schlau, solange Ihr noch könnt, bzw. bevor es zu spät ist ! ! ![5]

Auch sind die Nahrungsergänzungsmittel oder Tees nicht von der Regelung betroffen solange sie nicht als Arznei gelten.

In alle Prozesse der Verabschiedung der Richtlinie, von der ursprünglichen Idee über konkrete Formulierungen bis hin zur letztendlichen Entscheidungsfindung waren Heilpraktikerverbände mit einbezogen. Der Fachverband Deutscher Heilpraktiker distanzierte sich von den oben genannten Verschwörungstheorien und der diesbezüglichen Petition an den Deutschen Bundestag. Zitat daraus:

..Die EU-Richtlinie zu traditionellen Planzenpräparaten ( THMPD 2004/24/EG ), die schon seit vielen Jahren in den europäischen Ländern umgesetzt wird und bis 2011 endgültig wirksam wird, ist in Deutschland seit vielen Jahren umgesetzt und wirksam..[6]

und sprach von "Panaikmache".[7] Zitat:

..Der Bundesvorstand des Fachverband Deutscher Heilpraktiker e.V. bittet deshalb, solche Panikmails nicht einfach ungeprüft weiter zu multiplizieren, sondern bei den verantwortlichen und sachkompetenten Mitgliedern des Bundesvorstandes oder Ihres Landesverbandes erst einmal nach zu fragen. Diese können nachprüfen, ob es einen entsprechenden Handlungsbedarf gibt und Sie umgehend darüber informieren..

Siehe auch

Weblinks

Quellennachweise