Otto Buchinger

Otto Buchinger (geb. 16. Februar 1878, gest. 16. April 1966) war ein deutscher Arzt alternativmedizinischer Orientierung, Marinearzt, Guttempler, Quäker, Lebensreformer und Esoteriker. Er gilt als Begründer einer Heilfastenmethode, des "Buchinger-Heilfastens". Auf Otto Buchinger geht der Begriff der so genannten Entschlackung zurück.

Kurzbiographie

Buchinger wuchs in Darmstadt auf. Er studierte zunächst Rechtswissenschaften an der Großherzoglichen Hessischen Ludwigs-Universität zu Gießen, wechselte jedoch später zum Fach Medizin. Während des Studiums war Buchinger Korpsstudent und machte durch politische Kampfreden auf sich aufmerksam. Buchinger wurde 1901 Arzt und promovierte (nach einem ersten gescheiterten Versuch) über das Thema "Wie verändert Pepsin die elektrische Leitfähigkeit der Milch?". Buchinger wurde Marinearzt und war im fernen Osten, Afrika und Südamerika auf Schiffen der deutschen Kriegsmarine tätig. Er begann 1907, Vorträge über Tropenhygiene und Lebensreform an Bord zu halten und praktizierte die damals populäre Hans-Jörg-Müller-Gymnastik. Buchinger engagierte sich auch als Alkoholgegner und trat einem Guttemplerorden "Zum sicheren Kurs" bei. Ab 1911 wendete sich Buchinger der Homöopathie zu.

Kurz vor Ende des ersten Weltkrieges erkrankte Buchinger im September 1917 an einer lakunären Mandelentzündung und septischem Gelenkrheumatismus und musste 1918 vorübergehend gesundheitsbedingt aus dem Beruf scheiden. Buchinger gesundete und führte dies auf eine 18-tägige Wasser-Fastenkur bei einem Gustav Riedlin in Freiburg zurück. Seine Heilung machte Buchinger zum überzeugten Anhänger des Heilfastens. Seine anekdotisch auf ein Fasten zurückgeführte Heilung wird von Anhängern des Heilfastens häufig betont und verbreitet.

1920 gründete Buchinger in seiner Geburtsstadt Witzenhausen das "Kurheim Dr. Otto Buchinger". Ende 1924 gründete er den "Lichthort-Bund" und hielt im vegetarischen Restaurant "Pomona" Vorträge. Seine Klinik zog Anhänger der Lebensreformbewegung, Rohköstler, Esoteriker, aber auch Prominente an.

Buchinger will später nach Mexiko auswandern, entscheidet sich dann jedoch für einige Monate eine Chefarztstelle in einem Sanatorium einer Anhängergruppe um Jakob Lorber bei Berlin anzunehmen.

Im November 1935 verlegte Buchinger seine Klinik von Witzenhausen nach Bad Pyrmont. Auch hier war seine Klink unter Prominenten bekannt. Allerdings geriet Buchinger zunehmend mit dem Nationalsozialismus in Konflikt und war Schikanen ausgesetzt.

Nach 1945 baute Buchinger seinen Sanatoriumsbetrieb wieder aus. 1953 verließ Buchinger seine Familie in Pyrmont und zog an den Bodensee. Dort eröffnete er 1954 eine neuerbaute Klinik auf dem "Hohen Stein" in Überlingen, wo er 1966 verstarb. Seine Klinik in Bad Pyrmont wurde von seinem Sohn Otto (II) Hermann Ferdinand Buchinger bis 1996 weitergeführt. Der Schwiegersohn Otto Buchingers I., der 1985 verstorbene Kaufmann Helmut Ph. Wilhelmi, und seine 1916 geborene Ehefrau Maria (Tochter Otto Buchingers I.), gründeten 1953 in Überlingen die der Alternativmedizin zugewandte Buchinger Klinik am Bodensee (Inhaber seit 1985 der Enkel Raimund Wilhelmi), wie auch 1973 in Marbella/Spanien eine weitere Klinik. Das Stammhaus Otto Buchingers in Bad Pyrmont wird seit 1996 von dem Enkel Otto Buchingers I und dem Sohn Otto Buchingers II, Andreas Buchinger, im Sinne des Gründers weitergeführt.

Im spanischen Marbella (bei Malaga) führte die Buchinger-Tochter Maria Buchinger von 1973 bis zu ihrem Tode eine "Clinica Buchinger".

Gesundheitslehre

Buchinger war Anhänger der Alkohol- und Tabak-Abstinenz (bei gleichzeitiger anekdotisch berichteter Schwäche für Süßes), die er als eine Möglichkeit zur Hebung der Volks- und Wehrkraft Deutschlands sah. Den Vegetarismus betrachtete er zunächst als ein rassenhygienisches und volkswirtschaftliches Heilmittel. Als wichtiges therapeutisches Element sah er das Heilfasten und auch Gebete als Beitrag zu einer "inneren Hygiene" an. Heilfasten bezeichnete er als "Königsweg der Heilkunst". Als geistige Nahrung empfahl er seinen Patienten zum Beispiel biblische Psalmen oder die Werke Goethes und Rilkes.

Buchinger begründete sein Heilfastens damit, dass der Organismus von "Schlacken" gereinigt werden sollten und "Selbstheilungskräfte" aktiviert werden sollten. Er benutzte hierzu den Begriff Entschlackung, der einzig in der Alternativmedizin gebraucht wird.

Heilfasten nach Buchinger (Buchinger-Fasten)

Als Heilfasten nach Buchinger wird ein Fasten zu therapeutischen Zwecken genannt, bei dem für 10-40 Tage nur Gemüsebrühe, Obstsaft, Kräutertee und Wasser eingenommen werden dürfen. Das Trinken von Wasser wird forciert. Hinzu kommen Einläufe, die einer Darmreinigung dienen sollen. Das so genannte Buchinger-Fasten entspricht einer täglichen Kalorienaufnahme von 100 - 250 Kcal. Nach dieser Lehre sollen fast alle chronischen Krankheiten und alle Krankheiten, die durch "Ernährungsfehler" entstanden seien, therapeutisch günstig beeinflusst werden können. In für Patienten gedachten Veröffentlichungen ist in diesem Zusammenhang davon die Rede, dass das Fasten nicht näher kenntlich gemachte "krankengeschichtlichen Veränderungen" beinflusse und "Ablagerungen" in betroffenen Organen "anspreche". Die Fastendauer habe dabei einen nicht näher plausibel gemachten selektiven Einfluß auf die angesprochenen "Veränderungen". Demnach seien "jüngste Veränderungen" am leichtesten und schnellsten beeinflussbar, während die "ältesten" einer längeren Fastenkur bedürften. Nach Angaben der Überlinger Buchinger-Klinik soll das Heilfasten zur Entsäuerung und Entschlackung des Bindegewebes führen.

In eher esoterischen Sinne behaupten Buchinger-Fastenbefürworter, dass der Faster in seiner Fastenperiode seine eigene Krankengeschichte "wiederhole", erkennbar an den unterschiedlichen (und individuell unterschiedlich erlebten) Phasen des Fastens.

Buchinger als Autor

Als Marinearzt veröffentlichte Buchinger seine ersten Aufsätze unter dem Pseudonym Otto Wanderer. Seine bekanntesten Bücher sind "Das Heilfasten und seine Hilfsmethoden" (1935), die Bibel der Fastenfreunde, sowie "Ums Ganze" (Bad Pyrmont 1947).

Buchinger als Quäker

Die ersten Berührungen von Buchinger mit dem Quäkertum fanden Anfang der 1920er Jahre statt. Im April 1926 wurde er von der "Religiösen Gesellschaft der Freunde (Quäker)" aufgenommen. Buchinger besuchte 1927 und 1928 das Quäker-College Woodbrooke in England. Buchinger hielt in eigenen Kliniken Vorträge über das Quäkertum. In den fünfziger Jahren trat Buchinger wieder aus der Religiösen Gesellschaft der Freunde (Quäker) aus. Grund waren die Nähe zum Katholizismus und Begenungen mit Therese Neumann (1898-1962) in Konnersreuth, der eine sagenhafte Nahrungslosigkeit und Stigmata nachgesagt wurden.

Weblinks

Quellennachweise