ACE

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ACE - (Adrenal Cortex Extrakts) sind Nebennierenrindenextrakte die zu umstrittenen alternativmedizinischen Heilmitteln verarbeitet wurden und im weiteren Sinne zu den Frischzellentherapien zu zählen sind.

Extrakte aus der Nebennierenrinde werden in den USA in der Quacksalberszene häufig benutzt. Sie werden in den Staaten als ACE bezeichnet und sind seit dem Ende des 19. Jahrhunders im Umlauf. Im Jahre 1895 berichtete William Osler von Behandlungserfolgen eines Glycerol-Extraktes aus frischem Nebennierenrindengewebe bei der Behandlung des Morbus Addison. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde ACE kommerziell erhältlich und in der Diagnose und Therapie des M. Addison verwendet. Allerdings ersetzten synthetische Zubereitungen adrenaler Hormone bald diese Zellextrakte.

Trotz der Tatsache, dass die US-Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drug Administration) den Vertrieb von ACE-Extrakten nicht mehr lizensiert hatte, wurden die Osler'schen Zellextrakte weiterhin in der Quacksalberszene benutzt. Als Indikationen für die subkutane Applikation von Spritzen, die die Zellextrakte enthielten, wurden Symptome bei Alkohol- oder Drogenentzug, Allergien, Entzündungen, Stressbewältigung, Hypoglykämie oder Depressionen genannt. Auch wurde eine Mode-Indikation mit der Bezeichnung "Hypoadrenalismus" kreiert, die es im hochschulmedizinschen Bereich schlicht und ergreifend nicht gibt.

Inhaltsstoffe

Die Mittel sollen aus Nebennierenrinde hergestellte Extrakte enthalten.

Anpreisung

ACE sollen nach Meinung der Anbieter zur Behandlung u.a. von Allergien, Abgeschlagenheit bis hin zu Alkohol- und Drogenabhängigkeit; zusätzlich zur Behandlung des frei erfundenen 'Hypoadrenalismus' geeignet sein.

Wirksamkeitsnachweise

Es gibt keinen seriösen Hinweis auf eine Wirksamkeit dieser umstrittenen Mittel.

Nebenwirkungen / Schadensfälle

Durch gepanschte, bakteriell verseuchte, illegal verkaufte Zubereitungen kam es zu massiven Schadensfällen in den USA. Harmlos war der ACE-Zellextrakt nicht, denn im September 1999 berichtete das Center for Disease Control and Prevention in Atlanta von einer Serie Mycobacterium abscessus-bedingter Infektionsfälle (=Weichteilabzesse), die in direktem Zusammenhang mit der Applikation von ACE standen. Zwei Ärzten, die in der Umgebung der US-Stadt Denver praktizierten, waren Weichteilabzesse bei Patienten aufgefallen, die nach der Injektion des Inhalts einer ACE-Viole aufgetreten waren. Die Meldung erreichte die FDA, die der Sache daraufhin mit erheblichem Aufwand nachging.

Zunächst wurde der Inhalt einiger Violen mikrobiologisch untersucht und es stellte sich heraus, dass sich Mycobacterium abscessus anzüchten ließ. Daraufhin wurden für den Zeitraum vom 1.1.1995 bis 18.8.1996 ACE-Anwender aufgefordert, einen standardisierten Fragebogen auszufüllen, um Informationen über das Produkt und seine Nebenwirkungen zu erhalten. Insgesamt konnten 140 Patienten in 20 US-Bundesstaaten ermittelt werden, die ACE im Untersuchungszeitraum erhalten hatten. Es handelte sich überwiegend um weibliche (88%) Personen im Alter von 15-77 Jahren (Median 43 Jahre), die sich wegen Gewichtsverlust, Müdigkeit und 'Hypoadrenalismus' mit ACE hatten behandeln lassen. Fast zwei Drittel der ACE-behandelten Patienten (n=87; 62,1%) hatten am Einstichort einen Abszess entwickelt, der auf die Infektion mit M. abscessus zurückzuführen war. 35 der 87 Abzesse waren bereits nach einmaliger ACE-Einspritzung aufgetreten. Die Mehrzahl (n=111; 79,3%) der Spritzen wurde vom Therapeuten selbst vorgenommen, jedoch spritzten 12,1% der Patienten (n=17) sich auch selbst diese Zellextrakte und zwar i.d.R. intramuskulär. Bei den 35 Patienten, die bereits nach einmaliger Anwendung einen Abzess entwickelt hatten, lag die Zeit bis zum Entstehen der Läsion bei 32 Tagen. Von den 87 Patienten mit Abszessen mussten sich 60 (69%) in ärztliche Behandlung begeben. 51 von ihnen mussten sich einer Inzision der Läsion mit nachfolgender Drainage unterziehen, 41 mussten Antibiotika einnehmen und 11 Patienten waren so schwer betroffen, dass eine chirurgische Behandlung (plastische Chirurgie) der Läsion notwendig wurde.

Die FDA ermittelte, dass die 140 Patienten von insgesamt 103 Therapeuten (darunter 58 Ärzte, 19 Osteopathen und 17 alternative Behandler) behandelt worden waren, wobei in 9 Fällen überhaupt keine Angabe über die Qualifikation des Therapeuten zu ermitteln war.

Die FDA zog 248 ACE-Violen ein und untersuchte bei 213 Violen den Befall mit M. abscessus. Bei jeder zehnten Viole waren Mycobakterien nachweisbar. Daraufhin stellte die FDA Recherchen hinsichtlich des Vertreibers und des Herstellers des Mittels an. Vertrieben wurden die Mittel von einem Anbieter aus Arizona, der in der Zeit vom 1.1.1995 bis 18.8.1996 337 Bestellungen von 148 Personen erhalten hatte. 8% der Besteller waren Privatpersonen, die ACE in Eigenverantwortung spritzten. Insgesamt waren 3.954 Violen ausgeliefert worden, wobei die Violen in 30 US-Bundesstaaten und auch in zwei Länder im Ausland verschickt worden waren. Der Hersteller der Violen wurde in Florida aufgespürt. Im Rahmen gerichtlicher Ermittlungen stellte sich heraus, dass die Violen unter unhygienischen Bedingungen hergestellt und nach Vorgaben eines handschriftlichen Rezepts zusammengemixt wurden. Eine Analyse des Mittels ergab, dass es sich um eine geringe Menge von Hydrocortison (163-234 Mikrogramm/ml) handelte, die mit Merthiolate-Pulver und destilliertem Wasser (dem mutmaßlichem Einfallstor für die bakterielle Verseuchung) vermischt wurde. Das Produkt wurde in nicht-ettiketierte Violen abgefüllt und nach Montana verschickt, wo die Violen mit Ettiketen nicht existenter pharmazeutischer Firmen versehen wurden. Bei der Analyse der Violen ergab sich kein Anhaltspunkt dafür, dass Nebennierenrindengewebe oder andere tierische Zellprodukte in der Lösung enthalten waren.

Die Recherchen demonstrieren die hohe kriminelle Energie, mit der fragwürdige Mittel verkauft werden können. An eine fragwürdigen Methode, die von Gesundheitsbehörden keine Marktzulassung mehr erhalten hätte, die aber in der Volksheilkunde eine gewisse Verbreitung erfahren hat, hängen sich Hersteller an, die auf unhygienische Weise Inhaltsstoffe erzeugen und diese an unkritische Ärzte, Apotheken und Privatpersonen weiterverkaufen. Dabei werden in erheblichem Umfange Nebenwirkungen in Kauf genommen, deren Folgen die Krankenversicherungssysteme zu bezahlen haben. Wie so oft sind weibliche Patienten Ziel solcher Methoden, weil man diesen offenbar mehr Quacksalberei verkaufen kann als männlichen Patienten.

Fazit: nutzlos, teuer und im Einzelfall eindeutig gesundheitsgefährlich. Aus der Nebennierenrinde hergestellte Extrakte, seit über 100 Jahren in der Quacksalberszene verbreitet. Schwerpunkt des derzeitigen Handels ist USA. Gepanschte Produkte sind häufig. Massive Nebenwirkungen nach Spritzen dieser Produkte sind bekannt geworden.

Literatur

 Galil K, Miller LA, Yakrus MA, Wallace RJ, Mosley DG, England B, Huitt G, McNeil MM, Perkins BA: Abscesses due to Mycobacterium abscessus linked to injection of unapproved alternative medicine. Emerg Infect Dis 5: 681-687, 1999


Quelle: Paralex