Mumijo
Mumijo (auch Shilajit) ist ein Naturstoff, der in der zentralasiatischen Volksmedizin seot langem bekanntes Heilmittel- und Stärkungsmittel. Mumijo ist fester Bestandteil der ayurvedischen Medizin. Mumijo ist ein hell- bis dunkelbrauner, je nach Gehalt pulverförmig bis zähviskoser, asphaltartiger Naturstoff mit harzig- rauchigem Geruch.
Namensherkunft
Die Wortverwandtschaft zu Mumie hat vor allem in der westeuropäischen Literatur für viel Verwirrung gesorgt. Mumijo hat nichts zu tun mit der Mumia der echten ägyptische Mumie, wurde aber fälschlicherweise oft damit gleichgesetzt. Im altpersischen Sprachraum steht der Begriff mum für Wachs. Durch den Wandel im Sprachgebrauch trat nach der Übernahme des Begriffes in den arabischen Sprachraum und die damit einhergehende Verbreitung die Bedeutung Bitumen und Asphalt sowie Pissasphalt (Pechbitumen) hinzu. Diese auf Erdöl basierenden Substanzen wurden aufgrund ihrer konservierenden Wirkung für die Einbalsamierung von Leichen verwendet. In den verschiedenen Sprachregionen des Orients gibt es heute die vielfältigsten Namen für Mumijo. Alle Namen der jeweiligen Sprachen deuten jedoch auf die Erscheinungsform des Mumijo hin: Es wird es dargestellt als eine Art Ausschwitzung der Berge. In Indien ist es unter den Namen Shilajit bekannt. In der südsibirischen Region des Altai-Gebirges wird es Barachschin genannt; dies bedeutet so viel wie Öl der Berge. In den Regionen Tibet, Mongolei, Transbaikalien findet man den Namen Brogschaun, was so viel bedeutet wie Bergsaft. Im Iran und Irak findet man den Namen Arakul dshibal, das so viel wie Bergschweiß bedeutet. In den Regionen mit den Hauptvorkommen, Kasachstan, Usbekistan und Kirgisistan wird es Mumijo genannt.
Entstehung
Trotz genauer botanischer und geologischer Aufnahme der jeweiligen Vorkommen kann man noch keine endgültige Aussage über den exakten Entstehungsprozess, der je nach Fundstätte variieren kann, treffen. Wissenschaftlich gesichert sind die notwendigen Standortvoraussetzungen. Allen Fundstätten ist gemeinsam, dass sie einer langen und intensiven Sonnenbestrahlung unterliegen, die Luft besonders sauber ist und ein spezielles Pflanzenbewuchsspektrum vorliegen muss. Vor allem Milchsaft-bildende höhere Pflanzen, hier besonders Euphorbia-Arten (Wolfsmilch-Arten), sind eine der Voraussetzungen für die Bildung der zähviskosen, aber außerordentlich gut wasserlöslichen Mumijo-Matrix.
Die Argumente für einen rein pflanzlichen Ursprung liegen im Gehalt sekundärer Pflanzenstoffe wie z.B. Alkaloiden und der kompakten gummiartigen Erscheinung des Mumijo, das mit organischen Fasern, Sand und sonstigen Erdbestandteilen durchsetzt ist. Es ist keine vergleichbare Substanz aus dem Tierreich bekannt, die ein Gel dieser Art bildet. Die chemische Beschreibung der wässrigen Lösung jedoch spricht auch für einen tierischen Ursprung, da im wässrigen Auszug sowohl Hippursäure als auch albuminoide Eiweißstoffe erscheinen. Es gibt auch eine Theorie eines ausschließlich tierischen Ursprungs. Die Mumijo-Bildung wird analog zur Guano-Bildung gesehen. Hier wird davon ausgegangen, dass es sich um Exkremente von Fledermäusen handelt. Diese Exkremente werden durch Regen aus den Bergen ausgewaschen und bleiben in den Spalten und Ritzen der Gesteine als Rückstände zurück und bilden im Laufe der Zeit clusterförmige Sedimente. Diese Theorie hat insoweit Schwächen, als in den Höhenlagen von über 4000 m die Anzahl höherer Tiere, die eine so große Menge an Exkrementen ausscheiden könnte, in aller Regel nicht vorhanden ist. Des Weiteren müssten o.g. typische Stoffwechselprodukte vorkommen, was nicht in der zu erwartenden Menge der Fall ist. In Höhlen wird Mumijo nicht nur vom Boden aufgelesen (wo eine Verunreinigung durch z.B. Fledermäuse möglich und wahrscheinlich ist) sondern auch von der Decke gekratzt. Es besteht der Verdacht, dass durch unreine Sorten belastete Proben untersucht wurden und der Gehalt an tierischer Substanz als natürlich angesehen wurde, obgleich es sich nur um Rückstände handelt. Der Reifeprozess des Mumijo wird in der Fachwelt zur Zeit mit etwa 20 Jahren diskutiert, Tendenz eher steigend, aber auch hier steht der endgültige Beweis dieses diskutierten Zeitraumes noch aus, da dieser Zeitraum auf Annahmen und Hochrechnungen beruht, die naturgemäß mit einem statistischen Fehler behaftet sind.
Die von D. D. Djenchorow 1995 formulierte Substanzbeschreibung des Mumijo als „ein komplexes hochmolekulares organisch-minerales Stoffwechselprodukt aerober Mikroorganismen, entstanden im Verwesungsprozeß von Pflanzenresten, Flechten und Harzen“ ist der derzeitige Konsens über den Erkenntnisstand des Entstehungsprozesses.
Eigenschaften
Mumijo zeigt deutliche Eigenschaften eines Pflanzenextraktes. Die lakritzartige Erscheinung gereinigter Mumijo-Extrakte steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gehalt an Restwasser. Gereinigtes Mumijo als plastische Masse enthält etwa 15% Wasser, bei Trocknung erstarrt es zu einer glasartigen Schmelze, die pulverisiert werden kann. Dieses Pulver zieht sehr stark Luftfeuchtigkeit an, bis der o.g. Wassergehalt wieder erreicht wird, dieses Verhalten ist von Pflanzenextrakten bekannt.
Inhaltsstoffe
Mumjio besteht aus mineralischen (anorganischen) und organischen Stoffen. Der mineralische Anteil des Mumijo ist stark abhängig vom Fundort. Der organische Anteil wird zu 80-85% bestimmt durch latex- und harzartige Humus-Bestandteile, die restlichen Anteile bestehen im wesentlichen aus niedermolekularen organischen Substanzen, besonders dibenzo-a-pyrone, Triterpene vom Tirucallan-Typ, phenolische Lipide, Kurzkettige Tannine und Gallotannine. Die organischen Bestandteile mittlerer molarer Masse werden im wesentlichen von Humin- und Fulvinsäure gebildet, die wiederum als Carrier für niedermolekulare Verbindungen dienen. Das latexartige Grundgerüst der Mumjio-Matrix ähnelt sehr den Inhaltsstoffen der umgebenden Flora. Mumijo wird vermehrt dort gefunden, wo Euphorbia royleana wächst. Inhaltsstoffe der Wolfsmilchgewächse wurden in leicht modifizierter Form im Mumijo wiedergefunden.
Anwendung
Mumijo ist seit alters her ein fester Bestandteil der Volksmedizin Zentralasiens. Derzeit wird es hauptsächlich angewandt zur Nachbehandlung von Frakturen und Immunmodulation, bei Magen- Darmschleimhauterkrankungen (Gastritis), Hämorrhoiden, zur "allgemeinen Stärkung" und bei Potenzproblemen.
Eine Dosis-Wirkungsbeziehung besonders bei den mineralischen Komponenten lässt sich allerdings nicht herstellen, sämtliche Anorganika liegen isoliert betrachtet in subtherapeutischer Dosierung vor. Die immer wieder gepriesene Anwendung als Potenzmittel entbehrt einer wissenschaftlichen Grundlage.