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Jod-Verschwörungstheorien kreisen besonders in esoterischen und pseudomedizinischen Kreisen, wo behauptet wird, dass Lebensmittel, insbesondere Speisesalz mit Jod „vergiftet“ werden und Ursache zahlreicher Erkrankungen sei, wie z.B. Krebs, indem es die Nitrosaminbildung erhöht, Jodakne, *eine Dauerbehandlung mit Jodverbindungen Depressionen, Nervosität, Schlaflosigkeit, sexueller Impotenz, Reaktivierung einer latenten Tuberkulose, Herzrasen, Herzstolpern, Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt, Allergien und vieles andres mehr.

Rolle des Jod im Organismus

Jod ist ein lebensnotwendiges Spurenelement und vor allem für die Funktion der Schilddrüse wichtig. Die Schilddrüse synthetisiert die ebenfalls lebensnotwendigen iodhaltigen Hormone Thyroxin (Tetraiodthyronin, T4) und Triiodthyronin (T3). Ein chronischer Iodmangel führt zunächst zur Hyperplasie und später Hypertrophie, d.h. zur Größenzunahme, der Schilddrüse. Klinisch macht sich das als „Kropf“, medizinisch Struma bemerkbar. Die endemische Struma war in früheren Jahrhunderten geradezu das Kennzeichen ganzer Bevölkerungen, zum Beispiel in Bayern, der Schweiz oder Österreich. Besteht der Jodmangel längere Zeit, kann sich eine sogenannte Knotenstruma mit autonomen Adenomen entwickeln. Wird die Jodmangelsituation dann plötzlich behoben (zum Beispiel durch vermehrte Jodzufuhr mit der Ernährung oder durch Gabe von stark jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln), kann sich durch überschießende Hormonproduktion durch die autonomen Areale eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) entwickeln.

Die Hormone T3 und T4 sind von entscheidender Bedeutung für die frühkindliche Entwicklung des Gehirns. Ein bei Geburt bestehender ausgeprägter Mangel an diesen Hormonen führt zur mehr oder minder schweren geistigen Retardierung (bis zum Kretinismus). Deswegen wird routinemäßig jedes Neugeborene auf das Vorliegen einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) untersucht, um diese möglichst bald zu behandeln. Wird die Behandlung nur um wenige Wochen verzögert, kann dies eine geistige Behinderung zur Folge haben. Die häufigste Ursache für die Hypothyreose beim Neugeborenen ist die unzureichende Iodzufuhr während der Schwangerschaft. Daher ist die ausreichende Jodzufuhr gerade in der Schwangerschaft von besonderer Bedeutung. Eine Metaanalyse aus 10 verschiedenen Studien zeigte, das ein chronischer Iodmangel zu einer mittleren Minderung des Intelligenzquotienten um 13,5 Punkte führte<refBleichrodt N, Born MP. A meta-analysis of research on iodine and its relationship to cognitive development. In: Stanbury JB (ed.): The damaged brain of iodine deficiency. New York, Cognizant Communication, 1994:195–200. </ref>. Dass chronischer Jodmangel bei Kindern zu Intelligenzminderung führt wurde durch Studien aus allen Teilen der Welt belegt[1][2][3]. Jodmangel gilt als die weltgrößte Ursache von vermeidbaren Hirnschäden und geistiger Zurückgebliebenheit[4].

Jodversorgung in Deutschland

In Mitteleuropa enthalten die landwirtschaftlich genützten Böden vergleichsweise wenig Jodverbindungen. Dies gilt nicht nur für die Alpenregion, auch Böden der Küstenebenen in Dänemark, Niederlande sind relativ iodarm. Die Böden der humiden Klimazonen sind deswegen so arm an Jod, weil dieses im Laufe der Erdgeschichte ausgewaschen wurde. Der Jodgehalt in der von Wasser und Ackerboden ist von vielen Einflussfaktorenabhängig. Entfernung vom Meer, gebirgige Regionen sind allerdings eher von Jodmangel betroffen als das Tiefland.

Weltweit leben etwa eine Milliarde Menschen in Jodmangelgebieten. Etwa 200 Millionen Menschen leiden an einer durch Jodmangel bedingten Struma. Weil früher die Struma in diesen Jodmangelgebieten so häufig vorkam, spricht man auch von einer endemischen Struma. Etwa 20 Millionen Menschen, die in Gebieten mit ausgeprägtem Jodmangel leben, leiden unter den Folgen eines angeborenen Jodmangels (Kretinismus).

In Deutschland weisen mehr als 30 Prozent der Erwachsenen eine Schilddrüsenvergrößerung oder Schilddrüsenknoten auf. Das früher angenommene Nord-Süd-Gefälle in der Häufigkeit hat sich nicht bestätigt. Ebenfalls entgegen früheren Annahmen gibt es keine wesentlichen Unterschiede in der Häufigkeit zwischen Männern und Frauen. In der Schweiz ist die Prävalenz der Jodmangelstruma deutlich gesunken, da dort wegen der jodarmen Böden das Speisesalz seit 1922 mit Jod angereichert wird.

Gefahren bei Überdosierung

Daten aus den Ländern mit gesetzlich verpflichtender Salzjodierung wie Österreich zeigten, dass es während der ersten Jahre nach der Einführung bei höherer Jodierung zu einer Verstärkung von Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse (zum Beispiel Morbus Basedow) kommen kann. Eine optimale Prophylaxe sollte deshalb bedarfsgerecht, d.h. unter Vermeidung eines Überangebots, erfolgen und sorgfältig epidemiologisch überwacht werden. Patienten mit solchen Erkrankungen sollten frühzeitig identifiziert und behandelt werden.

Um gesundheitlichen Schäden vorzubeugen, hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit empfohlen, die erlaubte Jodierung des Tierfutters, also letztlich auch die der Menschen, einzuschränken. Daraufhin wurden per EU-Verordnung Nr.1459/2005 die Obergrenzen für die Jodierung des Tierfutters für Hühner und Kühe halbiert. Die EU hat hierbei versucht, die gesamte Jodaufnahme des Menschen, zu berücksichtigen. Allerdings sind bei voller Ausreizung des aktuellen Grenzwerts (5mg/kg) und ausschließlicher Kraftfutterfütterung immer noch Dosen von 400–1200 µg/l in Kuhmilch möglich, was einem Vielfachen der empfohlenen Tagesdosis entspricht. In Deutschland beträgt der Jodgehalt des Kraftfutters nur 1 mg/kg bei durchschnittlich 50 % Kraftfutter-Anteil (mit resultierendem durchschnittlichem Milch-Jodgehalt von 100 µg/l). Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt bei einem Wert ab 300 μg Iod/l Urin vor negativen gesundheitlichen Konsequenzen.

Weblinks

Quellenverzeichnis

  1. Pineda-Lucatero A, Avila-Jiménez L, Ramos-Hernández RI, Magos C, Martínez H. Iodine deficiency and its association with intelligence quotient in schoolchildren from Colima, Mexico. Public Health Nutr. 2008 Jan 21:1-9 PMID 18205986
  2. Qian M, Wang D, Watkins WE, Gebski V, Yan YQ, Li M, Chen ZP. The effects of iodine on intelligence in children: a meta-analysis of studies conducted in China. Asia Pac J Clin Nutr. 2005;14(1):32–42. PMID 15734706
  3. Santiago-Fernandez P, Torres-Barahona R, Muela-Martínez JA, Rojo-Martínez G, García-Fuentes E, Garriga MJ, León AG, Soriguer F. Intelligence quotient and iodine intake: a cross-sectional study in children. J Clin Endocrinol Metab. 2004;89(8):3851–7
  4. Delange F. Iodine deficiency as a cause of brain damage. Postgrad Med J. 2001;77(906):217–20