Tonbandstimme

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Als Tonbandstimmen oder Transkommunikation (auch Electronic Voice Phenomenon (EVP) oder Instrumental Transcommunication) werden auf verschiedene Weise zustande kommende Schallereignisse wie z.B. Störgeräusche beim Radioempfang bezeichnet, die von den Anhängern der Transkommunikation als menschliche Stimmen interpretiert werden. Personen, die nicht zum Kreis der für das Phänomen Empfänglichen gehören, erkennen jedoch zumeist nur Geräusche oder Wortfetzen ohne Bedeutung. Auch können verschiedene "Stimmenhörer" bei gleichem Schallereignis durchaus zu unterschiedlichen Interpretationen kommen. Die meisten Anhänger der Transkommunikation glauben, dass die gehörten Stimmen überwiegend als Botschaften Verstorbener aufzufassen sind. Einige Stimmenhörer behaupten, auf diese Weise in einen Dialog mit Verstorbenen treten zu können.

Auch Bilder sollen auf eine ähnliche Weise empfangen werden können.

Eigenschaften der Tonbandstimmen

Die aufgezeichneten Schallereignisse lassen sich in verschiedene Kategorien zur Erzeugung einordnen.

  • Rauschen. Es werden Botschaften aus Rauschsignalen oder Ähnlichem herausgehört, in dem man ein UKW-Radio auf eine unbenutzte Frequenz einstellt und das Rauschen aufnimmt oder einen Rauschgenerator einsetzt.
  • Mikrofonmethode. Die erwarteten Botschaften werden bei Stille per Mikrofon aufgenommen. Eine Variante besteht darin, mit einem harten Gegenstand über Metallflächen oder Porzellangefäße zu schaben und die dabei gemachten Aufnahmen verlangsamt abzuspielen.
  • Radiomethode. Hierbei handelt es sich um den Empfang leiser und entfernter Kurzwellen- oder Mittelwellenradiosender, die gleichzeitig empfangen werden und ein Stimmengewirr oder Geräusch erzeugen.
  • Computersoftware. Des Weiteren gibt es Aufzeichnung mit speziellen Computerprogrammen (z.B. EVPMaker), die zuvor eine beliebige Audiodatei (*.wav) nach dem Zufallsprinzip in kleine Segmente zerteilt und neu zusammengesetzt hat.

Allen Verfahren ist gemeinsam, dass die Auswertung und Interpretation immer nach der Aufnahme erfolgt, und zwar typischerweise nach mehrmaligem Abspielen. Dabei kann die Wiedergabe auch nach Belieben rückwärts oder mit veränderter Geschwindigkeit erfolgen. Sodann werden möglichst relevante Abschnitte herausgesucht, wobei hierfür kein standardisiertes Vorgehen bekannt wurde. Die Auswahl der als relevant bezeichneten Abschnitte der Aufzeichnung wird völlig dem Experimentator und seinen Fähigkeiten überlassen.

Unter neutralen Testbedingungen konnten bisher keine entsprechenden Phänomene reproduziert werden, welche mit bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten nicht vereinbar wären.[1] Vielmehr sind die Phänomene gut mit recht einfachen etablierten Hypothesen aus Physik oder Psychologie und Psychiatrie vereinbar. Wissenschaftliche Bewertungen kritisieren insbesondere die rein subjektiven Interpretationen der so genannten Durchsagen.[2][3]

Geschichte

 
Friedrich Jürgenson
 
Konstantin Raudive

Der Begriff "Tonbandstimmen" geht auf den schwedischen Kunstmaler und Opernsänger Friedrich Jürgenson zurück, der im Jahr 1959 mit seinem Tonbandgerät Aufnahmen von Vogelstimmen anfertigte und nach mehrmaligem Anhören der Bänder glaubte, neben den Vögeln auch Stimmen zu hören, welche ihn persönlich ansprachen ("Friedrich, du wirst beobachtet") und Dinge sagten, von denen angeblich nur er selbst wissen konnte. Er widmete sich seit dieser Erfahrung völlig der Erforschung dieses Phänomens. Im Jahr 1967 veröffentlichte er sein Buch Sprechfunk mit Verstorbenen und machte damit auch den Begriff "Stimmen aus dem Jenseits" publik. Das Parapsychologische Institut der Universität Freiburg unter der Leitung von Hans Bender untersuchte in Zusammenarbeit mit Jürgenson in den Jahren 1964 und 1970 seine Behauptungen.

Auch der lettische Schriftsteller Konstantin Raudive (1909-1974) beschäftigte sich langjährig mit den Tonbandstimmen. 1968 erschien sein Buch Unhörbares wird hörbar. Raudive war wie Jürgenson bestrebt, das Phänomen zu beweisen.

Der Begriff "Tonbandstimmen" entstammt somit einer Zeit, in der entsprechende Schallaufzeichnungen nur mit Tonbandgeräten hergestellt werden konnten. Der Begriff wurde jedoch beibehalten, obwohl derartige Aufzeichnungen heute meist mit anderen Mitteln (PC) gemacht werden. Der Physiker Ernst Senkowski (geb. 1922) prägte die allgemeinere Bezeichnung "instrumentelle Transkommunikation".

Anerkannte oder plausible Erklärungen

Bei historischen Aufnahmen konnten Tonfolgen und Worte oder Musikfetzen erfolgreich einzelnen Rundfunksendern zugeordnet werden, nachdem man einen Vergleich mit dem Sendefahrplan machte. Tonbandgeräte, aber auch MP3-Aufnahmegeräte und PCs können durch starke Hochfrequenzfelder gestört werden, wobei dieser Direkteinstrahlungseffekt häufig Signale im Hörfrequenzbereich hervorruft.

Das "angestrengte Hineinhören" kann zur Illusion führen, etwas zu hören, was andere nicht hören können. "Stimmenhören" als akustische Halluzination gehört zu den so genannten Positivsymptomen des Krankheitsbildes der schizophrenen Psychose. Menschen die an der "mediumistischen Psychose" leiden, können sich ebenfalls berufen fühlen, Botschaften aus dem Nichts zu empfangen und weiterzugeben.

Der Wiener Physiker Johannes Hagel vermutet infolge seiner Experimente zur Frage einer systemerhaltenden Rolle von Zufallsprozessen in maschinellen Systemen, dass jemand, der Tonbandstimmen einspielt, sich mit komplexen Zufallsprozessen in seiner unmittelbaren Umgebung in Verbindung setzt. Diese Zufallsprozesse würden durch den Vorgang der Einspielung das Zustandekommen von sprachähnlichen oder sprachartigen, akustischen Sequenzen bewirken, deren Bedeutung (bezugnehmende Aussagen) einer Einwirkung auf die einspielende Person entsprächen. Hagel betont, dass über diese Phänomenologie hinaus immer noch ein großer Erklärungsbedarf bleibe, insbesondere hinsichtlich des Mechanismus dieser akausalen Korrelation.[4].

Das Phänomen in den Medien

Film und Fernsehen trugen und tragen entscheidend zur Popularisierung dieses Themas bei. Dabei wird das Phänomen oft mit Horror-Elementen ausgeschmückt, die für Schockeffekte beim Zuschauer sorgen sollen, jedoch das zugrunde liegende Phänomen eher verschleiern. Aus dem Jenseits stammende Stimmen sind beispielsweise Bestandteil in Steven Spielbergs Horrorklassiker Poltergeist (1982). Das Phänomen ist ferner Grundlage des Horrorthrillers White Noise – Schreie aus dem Jenseits (2005) und dessen Fortsetzung White Noise 2 - The Light (2007).

tiehrhaw red emmitS - Reverse Speech Therapy

In den 1990er Jahren machte ein Australier namens David John Oates mit einer, wie er selbst sagt, "Entdeckung von Nobelpreiskaliber" auf sich aufmerksam: Spielt man auf Tonband Gesprochenes rückwärts ab, so würden angeblich "als Kommentare des Unterbewussten" sinnvolle Wörter und Sätze auftauchen, die enthüllten, was der Sprecher "wirklich" denke und fühle. Diese so genannte Reverse-Speech-Methode bedeute nichts weniger als eine "Revolution in Psychoanalyse und Psychotherapie". Desgleichen in Kriminologie und Pädagogik: Verbrecher könnten leicht entlarvt werden, indem man ihre Aussagen rückwärts anhöre und nach unbewussten Geständnissen absuche; ebenso Ehepartner, die man der Untreue verdächtigt oder Kinder, die ihre Eltern und Lehrer ständig belögen. Im Übrigen ließe sich selbst dem Gebrabbel von Säuglingen, auf Tonband aufgenommen und rückwärts abgespielt, sinnvolle - und vor allem "wahre" - Botschaften entnehmen. Eine Jüngerin von Oates will sogar im rückwärts abgespielten Sprechfunkverkehr der amerikanischen Apollo-Mondflüge Belege dafür gefunden haben (z.B. die Wörter "lie" = Lüge und "fraud" = Betrug, Fälschung), dass die Mondlandungen gar nicht stattgefunden haben, sondern ein groß angelegtes Täuschungsmanöver waren.[5] Darüber besteht bei vielen Verschwörungstheoretikern allerdings ohnehin Einigkeit.

Inspiriert wurde Oates allem Anschein nach durch das schon lange vorher populäre Gerücht, bei bestimmten Stücken aus der Rockmusik würden, wenn man sie rückwärts abspielt, geheime Botschaften hörbar. Tatsächlich ist seine "Entdeckung" - hochgejubelt von den Medien der Esoterikszene als "Einblick in den tiefsten Grund des Unbewussten" - jedoch Unsinn. Es handelt sich bei dem vermeintlichen Verstehen sinnvoller Worte oder Sätze aus Geräusch um ein hinlänglich bekanntes neuropsychologisches Phänomen: Das Gehirn versucht, aus nicht-sinnmachender sensorischer Wahrnehmung bei wiederholter Darbietung Sinnhaftes zu gestalten (wie etwa im "Sehen" tatsächlich gar nicht vorhandener Figuren in Zufallsmustern). Der Effekt tritt verstärkt auf, wenn - wie bei den Rückwärtssprachforschern - eine entsprechende Erwartungshaltung vorliegt.

Inzwischen gibt es neben Oates eine ganze Reihe von "Reverse Speech Consultants", die teilweise auch Ausbildungen zum "Reverse Speech Analyst" oder "Rückwärtssprachanalytiker" anbieten.

Literatur

  • Bender, H. (1972). The phenomena of Friedrich Juergenson. Journal of Paraphysics, 6, 65–75.
  • Ellis, D. J. (1975). Listening to the ‘Raudive voices.’ Journal of the Society for Psychical Research,48, 31–42.
  • Keil, J. (1980). The voice on tape phenomena: Limitations and possibilities. European Journal of Parapsychology, 3, 287–296.
  • Smith, E. L. (1972). The Raudive voices – objective or subjective? A discussion. Journal of the Society for Psychical Research, 46, 192-200
  • Smith, E. L. (1974). The Raudive voices–Objective or subjective? A discussion. Journal of the American Society for Psychical Research, 68, 91–100.
  • Baruss I: Failure to Replicate Electronic Voice Phenomenon, Journal of Scientific Exploration, Vol.15, No. 3, pp. 355–367, 2001 0892-3310/01
  • Jürgenson, Friedrich: Sprechfunk mit Verstorbenen. Goldmann, München 1989, ISBN 3-4421-1727-5
  • Senkowski, Ernst: Instrumentelle Transkommunikation. R. G. Fischer, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-8950-1254-8
  • Schäfer, Hildegard: Brücke zwischen Diesseits und Jenseits. Theorie und Praxis der Transkommunikation. Bauer, Freiburg 1989, ISBN 3-7626-0374-X
  • Goldner, Claudia: Reverse Speech Therapy in: Lehrerinnen- und Lehrerkalender 2003/04. Anabas-Verlag, Frankfurt/Main

Aufnahmen von EVP-Stimmen

Quellennachweis

  1. http://www.scientificexploration.org/jse/articles/pdf/15.3_baruss.pdf
  2. Ellis, D. J. (1975). Listening to the ‘Raudive voices.’ Journal of the Society for Psychical Research,48, Seiten 31–42.
  3. Smith, E. L. (1972). The Raudive voices – objective or subjective? A discussion. Journal of the Society for Psychical Research, 46, 192-200
  4. Zeitschrift für Anomalistik 1+2/2002
  5. http://www.reversespeechinternational.com/moonlanding.php