International Council of Scientific Development

Version vom 8. Juli 2009, 17:25 Uhr von Skrzypczajk (Diskussion | Beiträge) (Hinweis auf wertlose Tepperwien-Diplome rausgenommen. Mir scheint der Hinweis und Tepperwien-Artikel ausreichend.)

Das International Council of Scientific Development (ICSD) ist ein Verein aus München, dessen Ziel nach eigenen Angaben ist, "neue wissenschaftliche Ansätze zu entwickeln, die zu wirkungsvollen Problemlösungen im 21. Jahrhundert führen können". Angegliedert an das ICSD ist die International Academy of Science (IAS), wobei der Bezug zwischen den beiden Teilorganisationen uneinheitlich dargestellt wird. Meist werden beide Vereine genannt und es ist von ICSD-IAS oder IAS-ICSD die Rede. Als Schwerpunkte werden Geophysik, Biophysik, Humanmedizin, Physiologie, Terramedizin, Umwelt und Gesundheit, Ökologie, Global Change Forschung sowie Globalisierung und Nachhaltigkeit genannt. Wissenschaftliche Aktivitäten von ICSD/IAS sind jedoch nicht bekannt geworden.

Beide Vereine sind in München im Vereinsregister eingetragen. Als "Sitz des Präsidiums" wird Schloss Tratzberg in Tirol angegeben, ein in Privatbesitz befindliches Schloss, dessen Räume für Veranstaltungen angemietet werden können. In München existiert eine Postfachadresse, Kontaktperson ist hier Dr. med. Eva Neu. Als weiterer Korrespondenzadressat wird der Bildungswissenschaftler Michael Schratz vom Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung der Universität Innsbruck aufgeführt. Präsident der "deutschen Sektion" ist der Rostocker Zoologe Dieter G. Weiss.

Die IAS ist nicht zu verwechseln mit einer International Academy of Science aus Kansas City (Missouri, USA). Dabei handelt es sich um eine 1985 gegründete, um Akkreditierung bemühte private Bildungseinrichtung, die anderweitig unbekannte akademische Grade wie "Doctor of Research" verleiht. Ebenso ist die IAS nicht mit der Firma Internationale Akademie der Wissenschaften (IAW) [1] mit Sitz in Liechtenstein zu verwechseln, die hauptsächlich Lehrgänge von Kurt Tepperwein vermarktet.

Mitglieder

Gegründet wurden ICSD und IAS 1982 von dem Philosophen Robert Spaemann (geb. 5. Mai 1927), dem Philosophen und Wissenschaftshistoriker Reinhard Löw (1949-1994) sowie dem Mediziner Michael Michailov, der seinerzeit am Deutschen Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (Helmholtz Zentrum München) tätig war. Heute gibt Michailov ein "Institut für Umweltmedizin" mit dem ICSD/IAS-Postfach als Adresse an. In der Folge wurden dann laut Darstellung des Vereins "über 700 Akademie-Mitglieder" (von nationalen Akademien der Wissenschaft), darunter "über 100 Nobelpreisträger", als Mitglieder "berufen". Zum Ehrenpräsidenten wurde der Chemiker Linus Pauling (1901-1994, Nobelpreis für Chemie 1954, Friedensnobelpreis 1962) ernannt. Präsident der IAS sei bis 2003 der Physikochemiker und Philosoph Ilya Prigogine (1917-2003, Nobelpreis für Chemie 1977) gewesen.

Wie viele der so gewonnenen Mitglieder von ihrer Mitgliedschaft tatsächlich Kenntnis haben bzw. hatten, ist nicht bekannt. Die Zahl der Mitglieder soll heute über 1.000 liegen, 58 davon seien Nobelpreisträger, außerdem werden rund 60 weitere Inhaber des Nobelpreises, die allerdings sämtlich bereits verstorben sind, als Ehrenmitglieder genannt. Des Weiteren sollen dem ICSD weltweit über 50 Universitäten angehören sowie "über 30 amtierende oder frühere Minister oder Staatsoberhäupter".

In einigen Quellen wird als Präsident der IAS der Innsbrucker Mediziner Walter Kofler genannt, der diese Position seit dem Jahr 2002 innehaben soll. Generalsekretär sei der Nachhaltigkeitswissenschaftler Ralf Klemens Stappen, der auch Geschäftsführer der Franz von Assisi Akademie zum Schutz der Erde e.V. in Eichstätt ist. Die Internetdomain ias-icsd.org (die Webseite von ICSD/IAS) ist unter seinem Namen auf die Franz von Assisi Akademie registriert. Stappen ist auch der Erfinder des bei den Schwerpunkten von ICSD/IAS genannten Begriffs Terramedizin.

Tätigkeit

 
Internationale Konferenz auf Schloss Tratzberg 1995

Über tatsächliche Aktivitäten von ICSD/IAS ist wenig bekannt. Angeblich wurden zahlreiche Tagungen und Konferenzen abgehalten. Jedoch finden sich praktisch keine Hinweise auf daraus resultierende Veröffentlichungen von Proceedings usw. Vereinzelt auffindbare Manuskripte lassen sich nicht den Veranstaltungen zuordnen.

Unklar gehalten wird auch, in welchem Umfang ICSD/IAS tatsächlich an den Veranstaltungen beteiligt war. Beispielsweise wird von ICSD/IAS auch ein normales Seminar an der Fakultät für Philosophie, Logik und Wissenschaftstheorie, Religionswissenschaft und Wirtschaftstheorie der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) München aufgelistet, das im Jahr 2003 in Kooperation mit dem ICSD abgehalten wurde. Neben einer Reihe von Lehrenden der LMU wird im Vorlesungsverzeichnis für dieses Seminar als Mit-Koordinatorin Eva Neu vom ICSD/IAS-Sekretariat genannt. Im Jahr 2000 sei eine Konferenz mit dem Titel Sustainable Regions in Europe - Environment, Health and Education in the Context of Agenda 21, Güstrow 2000, Federal state government of Mecklenburg-Vorpommern, University of Rostock and City Güstrow abgehalten worden. Hierbei handelt es sich um die Tagung Stadt-Umland-Perspektiven – zukunftsfähige Regionen in Europa der Stadt Güstrow. Kofler und Stappen haben bei dieser wissenschaftlich unbedeutenden Veranstaltung Beiträge geliefert, eine darüber hinaus gehende Beteiligung von ICSD/IAS ist nicht erkennbar. Ein internationales Symposium mit dem Titel "Cyclic recurrence and cosmological problems" im Jahr 2002 wird im Internet ausschließlich in einer Art PR-Text von ICSD/IAS genannt, der auf der Seite des Vereins sowie gleichlautend auf einer größeren Anzahl anderer Seiten zu finden ist.

Offenbar handelt es sich bei den aufgezählten Veranstaltungen entweder um solche, die nichts mit dem ICSD/IAS zu tun haben oder um kleinere Treffen, die durch imposante Titel zu "internationalen Konferenzen" von ICSD/IAS aufgeblasen werden (siehe Bild rechts). Eine Neigung zu sprachlichem Imponiergehabe ist auf der Webseite von ICSD/IAS nicht zu übersehen, z.B. das mehrfache Betonen, wie bedeutend seine Mitglieder seien oder die Selbsttitulierung als "scientific academy of global breakthrough thinkers".

Darstellung von ICSD und IAS durch andere

Artikel zu ICSD/IAS in der deutsch- und englischsprachigen Wikipedia und anderen Internet-Nachschlagewerken sind in werbendem Stil gehalten und wurden offensichtlich entweder von Protagonisten des Vereins verfasst oder weitgehend von dessen Internetseite abgeschrieben.

Der ICSD (mit seinen vielen Nobelpreisträgern) wird besonders von dem Pseudowissenschaftler und Esoterik-Autor Dieter Broers zur Eigenwerbung benutzt. So habe man ihn "aufgrund seiner wissenschaftlichen Leistung" in das ICSD berufen, wo er seit 1997 "Direktor für Bio-Physik" sei. Broers präsentiert dazu Empfehlungsschreiben aus den Jahren 1992 und 2000, die jeweils auch von der "Executive Secretary of Presidium" Eva Neu unterzeichnet sind. Angesichts von Broers tatsächlichem Wirken nähren diese Umstände die Zweifel an der Seriosität des Vereins.

Weblinks