Alternativmedizinische Zahnheilkunde

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Bild aus einem Artikel von Thomas Rau bei "Sanum-Post" mit Bezug zur Meridian-Lehre aus der TCM[1]
alternativ-zahnheilkundliche Beziehungen zwischen "Meridianen" und Zähnen
anderes Beispiel für den Versuch aus der TCM bekannte "Meridiane" Zähnen zuzuordnen
So genannte "Resonanzkette" in der alternativen Zahnheilkunde
Scharlatanerieprodukt "Zahn-Zappicator" (siehe Artikel Zapper)

Als alternativmedizinische Zahnheilkunde wird der zahnheilkundliche Zweig der Alternativmedizin bezeichnet. Teilweise ist dieser Begriff auch synonym mit einer "ganzheitlichen Zahnheilkunde" oder "biologischen Zahnheilkunde". Merkmal ist der Einsatz pseudomedizinischer Diagnose- und Therapieverfahren.

Bekannter Exponent in Deutschland ist der Münchner promovierte Zahnarzt und Heilpraktiker Johann Lechner.

Geschichte

Bereits zur Zeit des Nationalsozialismus wurde in Deutschland eine "Biologische Zahnmedizin" als "Neue Deutsche Zahnheilkunde" propagiert, parallel zur "Neuen Deutschen Heilkunde" sowie zur Förderung der Homöopathie.[2]

Mögliche Gefahren

Eine häufig im alternativ-zahnheilkundlichen Umfeld zu beobachtende Tendenz ist eine postulierte generelle Unverträglichkeit gegenüber Dentalmaterialien, insbesondere metallhaltigen Materialien. Dies kann zu Empfehlungen von "Sanierungen" oder "Herdsanierungen" führen, bei denen überflüssigerweise intakte zahnärztliche Restaurationen ausgetauscht, strategisch wichtige, erhaltungswürdige Zähne gezogen oder gar Kieferknochen ausgefräst werden. Unter dem Stichwort "Herdsanierung" wird auf umstrittene und/oder untaugliche Testmethoden zurückgegriffen, wie die Elektroakupunktur nach Voll (EAV), die Bioresonanztherapie, der Vega-Test oder die Kinesiologie. Die nach fragwürdigen Tests vorgenommenen stark invasiven Eingriffe können in Einzelfällen bis hin zu ausgedehnten Gebissverstümmelungen führen, die nachfolgend umfangreiche prothetische Rekonstruktionen erforderlich machen.[3][4] Anzutreffende Fehldiagnosen oder Fantasiediagnosen beziehen sich auf behauptete Restostitis, Immunschwäche, "Vergiftung", "Verpilzung" oder "Herdbelastung", die sich etwa pauschal durch langwierige (in der Regel privat zu bezahlende) "Ausleitungs- und Entgiftungsbehandlungen" lösen ließen.

Siehe auch

Typische Methoden und Verfahren

  • Akupunktur und Mundakupunktur
  • Alternativmedizinische Lehren über Krankheitsentstehung durch angenommene oder tatsächliche "Kieferfehlstellungen", die durch spezielle proprietäre "Funktionsdiagnosen" erkannt werden sollen. Gebissfehlstellungen werden ebenfalls als Ursache für gebissferne Erkrankungen herangezogen (z.B. Erkrankungen des Kniegelenks).
  • Bioelektrische Funktionsdiagnostik
  • CAVITAT
  • Pseudomedizinische Diagnose- und Behandlungsmethoden zur Craniomandibulären Dysfunktion (CMD, Kraniomandibuläre Dysfunktion, engl. Temporomandibular joint dysfunction - Temporomandibular joint dysfunction syndrome, temporomandibular disorder, TMD, TMJD). In Deutschland existiert ein CMD-Dachverband e.V. Verbreitet werden Hypothesen zur Entstehung einer breiten Palette von Erkrankungen (z.B. Migräne, grüner Star, Tinnitus oder Depression), die durch ein angenommenes "Ungleichgewicht" verschiedener Gruppen der Kaumuskulatur und der Kieferknochen entstehen sollen. CMD-Behandler behaupten dass zwischen 50% und 70% aller Menschen in Deutschland an CMD leiden würden.
  • Dentosophie
  • Energetische Messungen mit MEDEC-BIOGRAPH (Energiemess- und Diagnosesystem)
  • Homöopathie, zum Beispiel zur Ausleitung von Quecksilber
  • Intraossäre Neuraltherapie nach Rau
  • Applied Kinesiologie und Arm-Längen-Reflex-Test
  • Lymphozytentransformationstest (LTT) und Basophilen-Degranulationstest (BDT)
  • Magnetfeldtherapie
  • Mikromagnetische Medizin
  • Neuraltherapie
  • NICO (Neuralgie-Induzierende-Cavitätenbildende Osteolyse)
  • Orotox-Test
  • Osteopathie zur Behandlung von Zahnfehlstellungen
  • Prognos-System
  • Psychodontie, eine außerwissenschaftliche Lehre, die bestimmte Zahnstellungen auf Charaktereigenschaften einer Person zurückführt
  • Regulationsdiagnostik nach Klinghardt
  • Serum Compatibility Testing (auch Dental Filling Compatibility Testing, Blood Compatibility Testing und später Clifford Materials Reactivity Testing CMRT nach Levy) von Hal. A. Hugins, vermarktet von Thomas Edward Levy. Der Compatibility-Test sollte nachweisen, ob das Blut eines Patienten mit Bestandteilen von Implantaten oder Zahnfüllungen kompatibel sei. Der Patient musste eine Blutprobe abgeben, die mit verschiedenen Reagentien in Kontakt gebracht wurde. Es soll dann wie bei Testungen auf Allergene auf eine Art Reaktion gewartet werden, die jedoch in der Regel stets positiv ausfallen sollen. In der Folge kann ein Zahnarzt sich auf den Test berufen und Zahnfüllungen (insbesondere mit Amalgam) auch dann entfernen wenn der Patient über keine Beschwerden berichtet. Dieser proprietäre Test ist nicht mit den etablierten Testverfahren der Serologie zum Testen der Verträglichkeit von Blutgruppen oder Allergen-Testungen zu verwechseln.
  • Vitalpunktdiagnose
  • Zahnherd-Störfelddiagnostik und Therapie
  • Zahnamalgamentfernungen
  • Zahn-Zappicator (Tooth Zappicator)
  • Bionatortherapie

Literatur

Weblinks

Blogartikel

Quellennachweise

  1. http://www.sanum.com/pdf/86_rau_mammacarcinom.pdf
  2. Bettina Wündrich: „Biologische“ Zahnmedizin im Nationalsozialismus – Entwurf und Entwicklung einer „neuen deutschen Zahnheilkunde“ zwischen 1933 und 1945 und ihre Beziehung zur alternativ-ganzheitlichen Zahnmedizin von heute.
  3. http://www.zm-online.de/m5a.htm?/zm/18_04/pages2/hist1.htm
  4. http://www.blzk.de/archiv/zbay/12_99/9912s53.html