Werbung für den Atox Bio Computer[1]

Michael Frass (geb. 9. März 1954, Wien) ist ein promovierter und habilitierter Internist und Erfinder aus Wien. Er ist Anhänger der Homöopathie und setzt sich für deren Anwendung in der Intensivmedizin, also bei der Behandlung lebensbedrohlicher Zustände[2], und in der homöopathischen Therapie von Krebs ein.[3] Ferner bietet er eine "Additive Homöopathie für Tumorpatienten" an.[4] Sich selbst bezeichnet Frass als "Internist, Intensivmediziner, Wissenschafter, Erfinder".

Frass ist Leiter der Salzburger ÄKH-Ambulanz (Ärztegesellschaft für Klassische Homöopathie) "Homöopathie bei malignen Erkrankungen" und ist im Beirat des Interuniversitären Kolleg für Gesundheit und Entwicklung Graz.

Ende 2010 machte Frass durch eine Kontroverse[5] um einen Text der Arbeiterkammer Wien[6] auf sich aufmerksam, in dem die Homöopathie kritisch dargestellt wurde. In seiner Eigenschaft als Vizepräsident der Ärztegesellschaft für Klassische Homöopathie (ÄKH, Sitz Salzburg) bemängelte er vor allem, dass die Homöopathie durch den Titel des Textes in den Bereich der Esoterik gerückt werde, und vertrat die Meinung, "dass nur Fachkundige zum Thema Homöopathie eine fundierte Aussage machen können".

Frass bewarb das Scharlatanerieprodukt Atox Bio Computer, ein nutzloses Elektrosmog-Schutzprodukt, das vor verschiedenen Strahlungen schützen soll, indem es "negative Informationen in positive umwandelt". 2006 will er zusammen mit der Ärztin und ehemaligen Atox-Mitarbeiterin Gabriele Stilianu durch Messung der Herzfrequenzvariabilität herausgefunden haben, dass sich "unter Anwendung des Atox Bio Computers eine sofortige, merklich positive Wirkung auf das vegetative Nervensystem" ergäbe.[7][8]

Kurzbiografie

Michael Frass wurde 1954 in Wien geboren. Er studierte von 1972 bis 1978 Humanmedizin an der Universität Wien. Es folgten Forschungsaufenthalte am Institut Pasteur in Paris und dem "Porter Memorial Hospital" (USA). Die Habilitation fand 1990 statt. Seit Februar 2004 ist er Leiter einer "Spezialambulanz „Homöopathie bei malignen Erkrankungen“ an der Klinik für Innere Medizin I der Meduni Wien. Seit 2005 ist Frass Koordinator des in die Kritik geratenen[9] Wahlfachs "Homöopathie" der Medizinischen Universität Wien. 2018 wurde die Homöopathie-Vorlesung von Frass nach dem dritten Mal von der Uni Wien gestrichen, weil es wiederholt Beschwerden von Studenten gegeben hatte. Der Rektor Markus Müller begründet den Schritt im Gespräch mit der Zeitung Standard damit, dass sich "die Med-Uni von unwissenschaftlichen Verfahren und Scharlatanerie klar distanziert".[10]

Von 1999 bis 2001 hielt Frass eine Vorlesung "Komplementärmedizin" an der Universität Wien. Ab dem Wintersemester 2001/02 war er Koordinator der Ringvorlesung "Grundlagen und Praxis komplementärmedizinischer Methoden" an der Universität Wien. Von Mai 2002 bis Dezember 2005 war er Leiter des "Ludwig Boltzmann Instituts für Homöopathie". Seit 2005 wird er als Leiter eines "Instituts für Homöopathieforschung" genannt.

Seit 1994 ist Frass Vizepräsident der österreichischen Ärztegesellschaft für Klassische Homöopathie (ÄKH). Seit 2002 ist er Vizepräsident des Dachverbandes Österreichischer Ärzte für Ganzheitsmedizin. Frass ist Präsident der 2010 in Köthen (Sachsen-Anhalt) gegründeten Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie e.V. (WissHom). Frass ist außerdem Mitglied der Society of Critical Care Medicine, des American College of Emergency Physicians, der Society for Academic Emergency Medicine, der Society for Airway Management, des American Institute of Homeopathy und der Österreichischen Gesellschaft für homöopathische Medizin.

Homöopathieforschung und Wassergedächtnis

Frass wird häufig von Homöopathen zitiert, wenn die Frage nach über Placeboeffekte hinausgehende Wirkungen der Homöopathie positiv beantwortet werden soll.

Frass führte eine Studie bei Patienten durch, die im Koma waren. Auf diese Weise sollten Suggestiveffekte angeblich keine Rolle spielen. Er behauptet in der Studie, dass ein homöopathisches Mittel (Kaliumdichromat C30, DHU) Absonderungen aus der Luftröhre "signifikant verringert" habe.[11] Die Arbeit geriet in die Kritik, da im Titel der Arbeit (Influence of potassium dichromate on tracheal secretions in critically ill patients) von Kaliumchromat als Wirkstoff die Rede ist (ohne dabei zu erwähnen, dass es sich um eine Anwendung der Homöopathie handelte), dieses jedoch auf Grund der extremen Verdünnung (C30, dreißigste Centesimal-Potenzierung) nicht über die bereits im Lösungsmittel vorhandene Konzentration hinaus eingesetzt wurde.[12] Auch stellten Kritiker nachträglich fest, dass die zwei sehr kleinen Vergleichsgruppen (je 25) ungleich verteilt waren (unterschiedliches COPD-staging), was das Ergebnis wertlos macht.[13]

In einer weiteren Untersuchung stellte er fest, dass die Homöopathie einen signifikanten Einfluss auf die Überlebenschancen von intensivmedizinisch behandelten Patienten mit Sepsis ("Blutvergiftung") haben könne.[14]

Zusammen mit der Wiener Apothekerin Ilse Muchitsch (Interdisziplinärer Homöopathischer Arbeitskreises der Österreichischen Apothekerkammer) lud Michael Frass 2003 den französischen Biophysiker und Anhänger des so genannten Wassergedächtnisses Louis Rey (Lausanne) nach Wien zu einem Festvortrag zu seinen Thermolumineszenz-Experimenten, in denen er behauptete, dass hochverdünntes Lithiumchlorid in Deuterium (schwerem Wasserstoff) "Spuren" hinterlasse.[15]

Erfindungen

Frass ist Erfinder eines ösophagotrachealen Kombinationstubus (Combitube TM), der von Tyco-Healthcare-Kendall-Sheridan in New York hergestellt wird. Er ist Inhaber mehrerer Patente und Gebrauchsmuster:

  • Frass M., Frenzer R., Zahler, J. (1987): Respiratory tube or airway. US-Patent 4.688.568
  • Frass M., Frenzer R., Long G, Kline J.S., Sheridan D.S., Fink D., Toppses A.N.: Esophageal-Tracheal Double Lumen Airway. US-Patent 5,499,625
  • Frass M., Frenzer R. (1989): Ultrasound contact medium dispenser. US-Patent 4,844,080
  • Frass M., Kurtaran A., Kaserer K., Halling L. (2006): Gerät für Nadelbiopsie. Österreichisches Patent AT 413 790 B
  • Frass, M., Frass., A. (2005): Rasierapparat mit Leuchtvorrichtung. Österreichisches Gebrauchsmuster AT 007 606 U2

Werke und Veröffentlichungen (Auswahl)

Frass ist Autor und Coautor zahlreicher Fachartikel zu Fragen der maschinellen Beatmung und weiterer intensivmedizinischer, onkologischer und kardiologischer Themen.[16]

Publikationen zur Homöopathie:

  • Frass M: Acht Jahre Kopfschmerzen. Dt J Homöopathie 1988; 7 (4. Quartal): 323-324
  • Frass M. (1990): Sepsis-Behandlung beim beatmeten Patienten an der Intensivstation. Dt J Homöopathie 1990; 9 (2. Quartal): 159-162
  • Frass M, Bunzel B, Strasser M: Homöopathie in der Wartezeit vor Herztransplantation. Dt J Homöopathie 2000, 16 (4. Quartal), 318-320
  • Frass M: Homöopathie – ihr Stellenwert auf einer Intensivstation. In: Durch Ähnliches Heilen. Homöopathie in Österreich. Herausgeber: Peter König, Orac Verlag. 1996; 143-151
  • 21-teilige Serie über Homöopathie für die Österreichische Apothekerzeitung gemeinsam mit Ilse Muchitsch (2001)
  • Endler PC, Ludtke R, Heckmann C, Zausner C, Lassnig H, Scherer-Pongratz W, Haidvogl M, Frass M. Pretreatment with thyroxine (10 -8 parts by weight) enhances a 'curative' effect of homeopathically prepared thyroxine (10 -13) on lowland frogs. Forsch Komplementarmed Klass Naturheilkd. 2003;10:137-142
  • Michael Frass, Michael Bündner (Hrsg.): Homöopathie in der Intensiv- und Notfallmedizin. Urban & Fischer/Elsevier Verlag 2007

Weblinks

Weblinks (englisch)

Quellennachweise

  1. Werbung von Michael Frass für das Scharlatanerieprodukt "Atox Bio Computer
  2. Michael Frass, Martin Bündner (Hrsg.): Homöopathie in der Intensiv- und Notfallmedizin. Urban & Fischer, 2007
  3. Ulrich Berger: Frass, Dahlke und die Panikmacher Scienceblogs.de, 17. Oktober 2014
  4. http://www.multiplesmyelom.at/86.html
  5. Ulrich Berger: Anmerkungen zur Homöopathie: Replik auf Herrn Frass (ÄKH) Scienceblogs.de, 29.November 2010
  6. http://wien.arbeiterkammer.at/bilder/d129/Esoteriktexte.pdf
  7. http://www.pressebox.de/pressemeldungen/atox-systemtechnik-gmbh/boxid/95333
  8. Ulrich Berger: Alternativwissenschaft in Österreich. Teil 1. Skeptiker 1/2007, 22-24
  9. Ulrich Berger: Homöopathie an der MedUni – Teil 1/2 Scienceblogs.de, 29. November 2008
  10. https://www.derstandard.at/story/2000092345586/homoeopathie-polarisierende-potenzen
  11. Frass M, Dielacher C, Linkesch M, Endler C, Muchitsch I, Schuster E, Kaye A. Influence of potassium dichromate on tracheal secretions in critically ill patients. Chest. 2005; 127:936-41 Volltext
  12. Letter to the editor. (Chest).
    Treating Critically Ill Patients With Sugar Pills
    David Colquhoun, FRS, University College of London, London,UK
    To the Editor:
    It surprises me that CHEST would publish an article (March 2005)1 on the effect of a therapeutic agent when in fact the patients received none of the agent mentioned in the title of the article. It is not mentioned in the title, but reading the article reveals that the “potassium dichromate” was a homeopathic C30 dilution. That is a dilution by a factor of 1060, and for those of us who believe in the Avogadro number, that means there would be one molecule in a sphere with a diameter of approximately 1.46 × 1011 m. That is close to the distance from the earth to the sun. To describe this as “diluted and well shaken,” as the authors do, is the understatement of the century. The fact of the matter is that the medicine contained no medicine. The authors will doubtless claim some magic effect of shaking that causes the water to remember for years that it once had some dichromate in it. The memory of water has been studied quite a lot. The estimate of the duration of this memory has been revised2 downwards from a few picoseconds to approximately 50 femtoseconds (50 × 10-15 s). That is not a very good shelf life. It is one thing to tolerate homeopathy as a harmless 19th century eccentricity for its placebo effect in minor self-limiting conditions like colds. It is quite another to have it recommended for seriously ill patients. That is downright dangerous.
  13. Orac: Homeopathy in the–cringe–ICU] Scienceblogs.com, 2. Juli 2007
  14. Frass, M, Linkesch M, Banyai S, Resch G, Dielacher C, Löbl T, Endler C, Haidvogl M, Muchitsch I, Schuster E. Adjunctive homeopathic treatment in patients with severe sepsis: a randomized, double-blind, placebocontrolled trial in an intensive care unit. Homeopathy 2005; 94:75-80
  15. http://kritischgedacht.wordpress.com/2008/01/21/ein-gigabyte-pro-liter/
  16. http://www.homoeopathin.at/ausbildungszentrum/vortragende/univ.-prof.-dr.-michael-frass/literatur.html