Die Haar-Mineral-Analyse ist ein umstrittenes, pseudomedizinisches Diagnoseverfahren, das auf einer chemischen Analyse des Haares beruht.

Seit etwa 25 Jahren wird mit zunehmender Verbreitung in der Alternativmedizin und Esoterikszene die Analyse von Haaren als eine diagnostische Maßnahme bei Erkrankungen angepriesen. Verschiedene Apotheken, Reformhäuser, Heilpraktiker und vor allem kommerzielle Haaranalyse-Institute bieten die Haaranalyse als Dienstleistung an. Viele der Analytik-Dienstleister haben keine Qualitätssicherungsmaßnahmen. Eine Haaranalyse kostet ca. 110 Euro.

Anwendung

Rechtsmedizin

Haaranalysen dienen bei rechtsmedizinischen Untersuchungen dem Nachweis bestimmter Substanzen (z.B. Arsen, Arzneimittel oder bestimmte Drogen) im Haar.

Pseudomedizin

Laut Befürwortern sollen durch die Haarmineralanalyse Informationen über den Versorgungsstatus von Mineralstoffen und Vitaminen sowie Belastungen mit Umweltschadstoffen (Beispiel: Schwermetalle) gewonnen werden. Für diese Indikation werden Haar-Mineral-Analysen auch im Veterinärbereich angeboten.

Methodik

Man verbrennt (verascht) das abgeschnittene Haar und weist die Zielsubstanzen mittels Atomabsorptionsspektrographie nach. Untersucht werden die Konzentrationen von Mineralien und Spurenelementen (Calcium, Chrom, Eisen, Germanium, Kalium, Kobalt, Kupfer, Lithium, Magnesium, Mangan, Molybdän, Natrium, Phosphor, Selen, Strontium, Vanadium, Zink) sowie bestimmter Metalle (Aluminium, Antimon, Arsen, Barium, Blei, Cadmium, Nickel, Palladium, Platin, Quecksilber, Silber, Thallium).

Reproduzierbarkeit und Eignung der Haarmineralanalyse

Das Haar gehört zu den stoffwechselaktivsten Geweben. Es wächst 0,8-1,3 cm monatlich. Die Haar-Mineral-Analyse macht sich dabei den Umstand zunutze, dass Spurenelemente oder komplexere Substanzen, die dem Organismus zugeführt werden, während des Haarwachstums über das Blut im Keratin der Haare abgelagert werden. Allerdings werden auch von außen (z.B. über Shampoos, Haarsprays, Färbemittel, Gele, etc.) Stoffe an- und in das Haar eingelagert. Wie und in welchem Umfang die einzelnen Elemente im Haar eingebaut werden, ist in vielen Fällen noch nicht ausreichend erforscht.

Während organische Substanzen (Detergenzien) durch die Haarwäsche entfernt werden können, werden anorganische bzw. metallische Substanzen tiefer in das Haar eingeschwemmt. Gegenläufig verhält es sich mit Substanzen, die über die Atmung oder die Nahrung aufgenommen werden. Gerade anorganische Metalle, die so in den Organismus gelangen, lassen sich in der Haaranalyse besonders schlecht mit den in den Haaren vorhandenen Werten korrelieren. Die Zinkkonzentration im Haar kann beispielsweise normal oder erhöht sein, während sie im Organismus zu niedrig ist.

Die Reproduzierbarkeit von Haar-Mineral-Analysen hat sich in Untersuchungen als schlecht herausgestellt.[1] Die Stiftung Warentest verglich 2004 mehrere Anbieter von Haaranalysen.[2] Für individuelle Probanden zeigten sich von Labor zu Labor teilweise erhebliche Schwankungen. Bei Proben derselben anonymisierten Person wurden im gleichen Labor häufig unterschiedliche Werte gemessen. Einzelne Labors gaben zu den Analysenergebnissen auch "Normalwerte" an, die sich zudem von Labor zu Labor erheblich unterschieden.[3] Die Erzielung ähnlicher Werte sogar in der gleichen Haarprobe fällt den Analysen also ausgesprochen schwer. Haarfarbe, Geschlecht, Ethnie und Alter beeinflussen die Einlagerung von Fremdstoffen in den Haaren erheblich. Weitere Einflussfaktoren sind Ernährung, Haarbehandlung und Wohnort. Diese Faktoren werden in vielen Labors nicht berücksichtigt. Des Weiteren existieren keine Richtlinien für die Probennahme. Eine weitere Ursache für wenig aussagekräftige Messergebnisse ist eine Ungleichverteilung der Einlagerungen im Haarprotein. Es kann zu lokalen Ansammlungen von Substanzen kommen, die auf eine scheinbar erhöhte Belastung hindeuten können.

Bisher wurde keine oder nur eine schwache Korrelation zwischen den ermittelten Werten im Haar und den Messwerten in Blut und Urin gefunden. Es ist auch bisher weitgehend unbekannt, wie hohe Schadstoffkonzentrationen im Haar und mögliche gesundheitliche Folgen zusammenhängen. Im Haar selbst sind die Schadstoffe für den Betroffenen meist unschädlich. Zudem lassen sich für Kalzium, Kupfer, Eisen, Magnesium und Zink keine einheitlichen Normwerte finden, Daten zu dieser Frage fehlen.

Die US Agency for Toxic Substances and Disease Registry (ATSDR) sieht daher die Haaranalyse nur bei der Bestimmung von Methylquecksilber zur Ermittlung der individuellen Schadstoffbelastung als geeignet an.[4][5]

Die Haar-Mineral-Analyse kann prinzipiell keine Aussagen über die Versorgung des Körpers mit Vitaminen machen.

Siehe auch

Weblinks

Quellennachweise

  1. H. Drexler und K. H. Schaller: Haaranalysen in der klinischen Umweltmedizin: Eine kritische Betrachtung. In: Dtsch Arztebl 99, 2002, S. A-3026/B-2557/C-2276
  2. Stiftung Warentest: An den Haaren herbeigezogen. Ein Test verschiedener Anbieter von Haaranalysen und die erschreckenden Ergebnisse. In: test 10, 2004, S. 86–90.
  3. Human-Biomonitoring: Haaranalyse als Methode. Deutsches Forschungszentrum Gesundheit und Umwelt, März 2008
  4. Human-Biomonitoring: Haaranalyse als Methode. Deutsches Forschungszentrum Gesundheit und Umwelt, März 2008
  5. Agency for Toxic Substances and Disease Registry: Summary Report Hair Analysis Panel Discussion Exploring The State Of The Science. Juni 2001