Die Dunkelfeldmikroskopie nach Enderlein (auch Vitalblutdiagnose nach Günther Enderlein, Dunkelfeld-Blutdiagnostik nach Enderlein) ist ein pseudomedizinisches Verfahren zur Erkennung von Krebs und anderen Erkrankungen. Die nur in der Alternativmedizin eingesetzte Methode geht auf den deutschen Insektenforscher Günther Enderlein (1872-1968) Nach dem Tod von Enderlein geriet die Methode fast vollständig in Vergessenheit. Sie erlebte erst Jahre später eine Art Wiedergeburt bei alternativmedizinisch orientierten Ärzten und Heilpraktikern.

Nach Ansicht von Enderlein sei es möglich, eine beginnende Krebserkrankung aufgrund einer bisher nicht standardisierten, lichtmikroskopischen Untersuchung einer kleinen Blutprobe (wenige Blutstropfen werden benötigt) zu erkennen. Eingesetzt wird dazu die Dunkelfeldmikroskopie. Seine Blut-Interpretationen unter dem Lichtmikoskop sind nur bei Kenntnis der von ihm propagierten Pleomorphismus-Hypothese zu verstehen, die noch aus dem 19. Jahrhundert stammt. Die inzwischen widerlegte und obsolete Pleomorphismus-Hypothese besagt kurz gesagt, dass aus unbelebter Materie Bakterien und Pilze entstehen könnten, und auch aus Bakterien Pilze entstehen könnten.

In Deutschland, aber auch international, wird dieses Verfahren von einigen Ärzten und Heilpraktikern im alternativmedizinischen Bereich zur so genannten Krebserkennung eingesetzt. Die Dunkelfeldmikroskopie nach Enderlein spielt in der Diagnostik der wissenschaftlichen Medizin keine Rolle, da ein Nachweis der Eignung fehlt und Studienergebnisse diese als nicht empfehlenswert erscheinen lassen.

Methodik und Befundung

Der Untersucher entnimmt dem Patienten eine geringe Menge Blut. Das Blut braucht dabei nicht einer grösseren Vene entnommen werden. Ähnlich der Blutzuckerbestimmung wird beispielsweise mit einer Nadel die Fingerbeere angestochen, oder Blut aus dem Ohrläppchen entnommen. Nach Blutentnahme werden die Blutstropfen nicht mit Citrat ungerinnbar gemacht und eine Fixierung findet nicht im üblichen Sinne der medizinischen Blutdiagnostik statt. Eine rein chemisch bedingte Fixierung findet nicht statt, es kommt jedoch unweigerlich zur Austrocknung und Gerinnung der Probe mit der Bildung charakteristischer Artefakte. Diese Austrocknung kann als eine Form von Fixierung verstanden werden. Eine Austrocknung kann durch die Verwendung von Glühlampen zur Beleuchtung beschleunigt werden.

Es wird also das direkt entnommene Blut untersucht. Die Untersucher sprechen dabei von "Vitalblut". Daher kommt es direkt nach Entnahme zur einsetzenden Blutgerinnung ausserhalb des Körpers auf dem Objektträger. Eine Färbung des Blutes findet ebenfalls nicht statt. Mit der Dunkelfeldmikroskopie wird die Blutprobe auf einem Objektträger begutachtet. Die Probe wird nicht von einer Lichtquelle unterhalb des Objekts beleuchtet, sondern seitlich oder von oberhalb des Objektivs. Daher erscheint der Hintergrund schwarz (dunkel) und die beleuchteten Objekte erscheinen hell. Für die Dunkelfeldmikroskopie ist prinzipiell jedes bessere Lichtmikroskop geeignet. Enderleinuntersuchen behaupten hingegen dass nur spezielle Lichtmikroskope zur Dunkelfelduntersuchung geeignet seien. Eine weitere anzutreffende Falschbehauptung betrifft die Frage nach sofortiger Untersuchung. Enderleinuntersucher betonen dass nur sie eine schnelle Diagnostik einer Blutprobe anbieten können, wobei jedoch zu beachten ist dass auch bei der Untersuchung nach Enderlein gegebenenfalls mehrere Stunden bis zur Befundung vergehen müssen. Auch in der wissenschaftlichen Medizin sind in Minuten durchgeführte mikroskopische Untersuchungen geläufig, etwa bei der schnellen Vorabklärung einer Infektion oder von Erkrankungen des Blutes. Genaue quantitative Untersuchungen werden in Laboren durchgeführt mit Auszählung der Zelltypen.

Untersucher nach der Enderleinschen Methode gehen bei der Befundung anders vor als in der medizinischen lichtmikroskopischen Untersuchung, die in der Laboratoriumsmedizin und Hämatologie Standard ist. Auch werden teilweise proprietäre Begriffe genutz. Allerdings wird von Enderlein-Untersuchern auch die Grösse und Form der roten Blutkörperchen beachtet, genauso wie in der standardisierten Mikroskopie des Blutes. Die äussere Form roter Blutkörperchen kann sich jedoch unter den speziellen Umständen der Enderlein-Methode durch Eintrocknung und Gerinnung ändern. Da die Eintrocknungs- und Gerinnungsphänomene temperatur- und zeitabhängig sind, können Untersucher auch bei gleichem Patienten daher nach Belieben zu unterschiedlichen Befunden kommen. In der medizinischen Mikroskopiertechnik wird hingegen versucht standardisierte Bedingungen einzuhalten, die allerdings durch langen Probenversand und nicht geeignete Lagerbedingungen der Proben gestört werden können.

Die eigentliche Befundung unterscheidet sich grundsätzlich von der medizinischen lichtmikroskopischen Befundung, und ist nur bei Kenntnis der Pleomorphismushypothese zu verstehen. In der medizinischen Mikroskopiertechnik werden rote Blutkörperchen, Zellen des weissen Blutbildes und Trombozyten (Blutplättchen) sowohl qualitativ als auch quantitativ beurteilt. Durch Färbung können die verschiedenen zellulären Bestandteile des Blutes unterschieden werden. Bei der Enderlein-Dunkelfeldmikroskopie spielen hingegen hypothetische "Protite" eine Rolle, die der Medizin bislang unbekannt geblieben sind. Es handelt sich dabei um kleine Partikel im Blut, die in der Medizin als Thrombozyten, Zellfragmente, Fingerabdrücke auf Objektträger oder Verunreinigungen usw erkannt würden.

Bei der nicht exakt standardisierten Befundung nach Enderlein wird die Probe nach "Belastungen" der roten Blukörperchen abgesucht. Gesucht wird nach so genannten "Eiweisseinschlüssen der roten Blutkörperchen", die beispielsweise ungenau als Zeichen einer "Überlastung des Stoffwechsels mit Eiweissen" gedeutet werden, obwohl die roten Blutkörperchen bekanntlich keinen Stoffwechsel haben. Aus der Form der roten Blutkörperchen wird auch auf angenommene Allergien gedeutet. Des weiteren wird nach so genannten Symblasten (auch Eiweisskristalle genannt) gesucht, als Zeichen einer fleischhaltigen Ernährungsform. Eine Suche nach so genannten Filiten (auch als "Stoffwechselschlacke" bezeichnet) soll einen Sauerstoffmangel und schwere Krankheiten identifizieren. Die Erkennung der so genannten Filite ist dem Zufall überlassen, und zeigt die Nachteile einer nicht standardisierten Methode: einige Enderleinuntersucher sehen in faden- oder stabförmigen Strukturen Filite, andere hingegen suchen nach punktförmigen Strukturen als Filite.

Einige Untersucher suchen auch nach der so genannten Geldrollenbildung, also dem Aneinanderhaften in Form von Stapeln bei roten Blutkörperchen. Auf Grund der einsetzten Gerinnung und des Ausbleiben des Blutflusses kommt es jedoch stets zur Geldrollenbildung mit der Zeit. Zudem sind Geldrollenbildungen in geringem Ausmass kein Zeichen einer Erkrankung, sondern finden sich auch bei gesunden Menschen. Die Geldrollenbildung wird in den Kreisen der Untersucher nach Enderlein mit einem Übersäuerungskonzept oder dem Einfluss von Elektrosmog erklärt.

Es wird auch nach einem Zerfall (med. Hämatolyse) der roten Blutkörperchen gesucht. Diese würde jedoch beim Menschen erhebliche Krankheitssymprome hervorrufen und dürfte daher bei Routineuntersuchungen nur selten auftreten. Enderlein-Untersucher warten eine bestimmte Zeit ab, bevor sie mikroskopieren. So wird erst nach vier Stunden des Gerinnungsprozesses und Eintrocknungsprozesses nach dem gemeinten Zerfall der roten Blutkörperchen abgewartet und hier Krebs als Ursache erwogen.

Zu den Begriffen, die nur im Enderleinuntersucher-Bereich anzutreffen sind gehören beispielsweise Übersäuerung, Übersäuerung, Filite, Übereiweissung, Proteinschleier, Schlacke, Symplast, Membranauswuchs, Endobiose u.s.w.

Validierungen

Eine Studie aus dem Jahr 2005 an der Justus-Liebig-Universität Gießen zeigte die Unbrauchbarkeit der Methode. Ihre Schlussfolgerung:

"Mit der Dunkelfeldmikroskopie ist es scheinbar nicht möglich, das Vorhandensein einer Krebserkrankung sicher zu erkennen. Die Methode sollte in der klinischen Praxis nicht eingesetzt werden, bevor weitere Untersuchungen vorliegen."[1]

Eine weitere wissenschaftliche Studie von Michael Teut et al. kam im Jahr 2006 zum gleichen Ergebnis.[2]

Siehe auch

Weblinks

Quellennachweise