gegen das neue Coronavirus geimpftes Kind mit den typischen Erkennungszeichen des Impfmagnetismus

Als so genannter Impfmagnetismus werden in Impfgegnerkreisen und Querdenkerkreisen angebliche magnetische Effekte von Impfstoffen gegen das neue Coronavirus genannt. Es handelt sich dabei um ein in der Medizin unbekanntes Phänomen und entspricht einer reinen Erfindung mit Verschwörungstheoriecharakter, beziehungsweise um ein Beispiel für Trollerei oder so genannten Prank. Erzählungen über "magnetische" COVID-19 Impfstoffe werden etwa ab Mitte Mai 2021 weltweit hauptsächlich in Form von Videos und Telegram verbreitet. Die Erzählungen und Falschbehauptungen sollen Stimmung gegen die Corona-Massnahmen und die Impfungen machen und gleichzeitig für Spass im Internet sorgen.

Magnetische Impfstoffe

Das Bundesgesundheitsministerium befasste sich im Mai 2021 kurz mit der Verschwörungstheorie "magnetischer Einstichstellen", wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) mitteilte. Die Reaktion des Ministeriums sorgte dabei für Belustigung im Internet.[1] Das Bundesgesundheitsministerium dementierte dass die Corona-Schutzimpfung angeblich eine magnetische Wirkung auslösen würde:

Es wird behauptet, die Corona Schutzimpfung lässt den Bereich um die Einstichstelle magnetisch werden. Das ist falsch! Richtig ist: Bei der Corona-Schutzimpfung werden keine Mikrochips verabreicht! Dementsprechend ist auch die Einstichstelle nicht magnetisch. Dass in einigen Videos trotzdem Magnete an der Einstichstelle haften, liegt an der sogenannten Adhäsions- oder auch Anhangskraft. Diese kann durch Schweiß, Fette oder Öle auf der Hautoberfläche verstärkt werden.

Jan Böhmermann twitterte zum Thema: „Manche behaupten, nachts ist es dunkel, weil an der großen Halogenlampe, die unsere Flacherde tagsüber erhellt, die Batterien (AAA) gewechselt werden müssen. Fakt: Das stimmt (nicht)! gez. Bundesministerium für Gesundheit.“

Die Stuttgarter Nachrichten griffen das Thema im Mai 2021 auf, und berichteten über Videos, in denen Bilder von angeblichen "Magnetischen Einstichstellen" gezeigt werden. In den Videos werden bei angeblich Geimpften kleine Kühlschrankmagnete am Oberarm plaziert, die dann am Arm haften bleiben sollen. Als Ursache werden sodann heimlich mitverimpfte Mikrochips oder magnetische Metallpartikel aus dem Impfstoff vermutet.

Die Redaktion der Stuttgarter Nachrichten befragte das zuständige Ministerium in Baden-Württemberg. Angesprochen auf diese Magnet-Videos sagte Pascal Murmann, Sprecher des Sozialministeriums in Baden-Württemberg: „Selbstverständlich wird niemand durch die Impfung gechipt, die Impfung ist außerdem freiwillig. Wir haben ja derzeit eher die Situation, dass die Nachfrage das Angebot übersteigt.“[2]

Die Erzählungen zu magnetischen Impfstoffen waren auch Thema bei Fact Checking Webseiten wie Correctiv[3], Health Feedback[4], AFP[5], Politifact[6], Metabunk[7] oder Mimikama[8]. Die Faktenchecker haben den Versuch mit den Kühlschrankmagneten achgestellt und kommen zu dem Schluss: „So ein kleiner Magnet kann nahezu überall am Körper hängenbleiben, solange die Stelle entsprechend glatt ist – das klappt also eher weniger an den haarigen Beinen oder am rauen Ellenbogen.“ Als naheliegenste Erklärung bietet sich dabei die Adhäsion an.</ref>

Impfmagnetismus und Anwälte Markus Haintz und Reiner Füllmich

 
Aufruf an Geimpfte von Markus Haintz. Geimpfte sollen sich beim Hofer Arzt Michael Dykta zur Diagnostik der Spasserzählung vorstellen (Bild: twitter, 9.7.2021)

Der Göttinger Rechtsanwalt Reiner Füllmich gehört zum Kreis der Personen, die den Geschichten um magnetische COVID-19 Impfstoffen Glauben schenken. Zusammen mit dem Anwalt Markus Haintz besprach Füllmich das Thema der Spasserzählung magnetischer Impfstoff in einem von OVALmedia aufgezeichneten Video der Stiftung Corona Ausschuss ("56. Sizung"). Mit einbezogen wurde der Hofer Arzt Michael Dykta vom Sana-Klinikum in Hof. Dieser soll angeblich vom angenommenen Magnetismus Betroffenen helfen können indem er Diagnostik zu "magnetischen Phänomenen" nach Coronaimpfungen betreibe obwohl das behauptete Phänomen in der Medizin und Literatur vollkommen unbekannt ist. Mit involviert ist die Heilpraktikerin Lisa Marie Binder-Raupenstrauch, nach eigenen Angaben Homöopathin, Astrologin und Fachfrau für „Ausscheidungskommunikation“. Binder-Raupenstrauch ist auch Autorin des Blogs Rubikon und Initiatorin des Vereins "Aus Liebe zum Grundgesetz e. V." aus Grafing in Bayern.[9] Der Aufruf sich nach Impfmagnetismus untersuchen zu lassen, wurde auch auf den Webseiten des Vereins Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie e.V. veröffentlicht, der der Querdenkerszene zuzuordnen ist. Auch mehrere Querdenken-Gruppen verbreiteten den Aufruf weiter.

Der genannte Arzt Michael Dykta erscheint im Internet in Videos, die die Krankengeschichte einer Ramona Klüglein thematisieren, der nach einer Astra-Zeneca Impfung einen Teil des Dünndarms entfernt wurde. Dykta soll ihr behandelnder Arzt gewesen sein. In diesem Zusammenhang wird (unter anderem auch von Wolfgang Wodarg) behauptet dass die Erkrankung dieser Frau durch die Impfung entstanden sei.

Verbreiter

Eine der ersten Verbreitungen erfolgte am 10. Mai über Instagram (missioninactionpodcast in Instagram-Video).

  • Sebastian Verboket (Fakten, Frieden, Freiheit) über Telegram
  • Oliver Janich verbreitete die Fake News von Sebastian Verboket ungeprüft weiter[10]
  • Martin Rutter (Österreich)
  • Verein "Aus Liebe zum Grundgesetz e. V." aus Grafing in Bayern von Heilpraktikerin Lisa Marie Binder-Raupenstrauch, nach eigenen Angaben Homöopathin, Astrologin und Fachfrau für „Ausscheidungskommunikation“. Binder-Raupenstrauch ist auch Autorin des Blogs Rubikon.
  • Blogger Jens Veit Günther, Betreiber der werbefinanzierten Webseite markneukirchen-politik.de[11] mit Co-Autoren Michael Sieber und Oliver Schüller. Günther veröffentlichte am 20. Juni 2021 einen Beitrag mit dem Titel "Geimpfte sind magnetisch".[12] Medizinlaie Günther behauptet beleglos dass Geimpfte nach einer MRT oder CT - Untersuchung "Wechselwirkungen" zu befürchten hätten. Bei "vielen Geimpften" würde zudem "der ganze Körper magnetisch" werden. Günther meint auch beleglos dass in der Nahrung heimlich "giftige Spike-Proteine" hinzugefügt werden, die Prionen verursachen die zum Rinderwahnsinn BSE führten. Verschwörungstheoretisch fügt Günther hinzu: ..Da erinnere ich mich doch glatt an das Buch, in dem ich gelesen habe, daß die "Eliten" die Bevölkerung reduzieren wollen, indem sie die Lebsnmittel vergiften. Geschrieben von einem aus der selbst ernannten Elite.. Dass die Hoax-Geschichte des Impfmagnetismus eine Tatsache leitet er unter anderem daraus ab, dass die Firma Tib Molbiol, die er Christian Drosten zuweist, an der gleiche Adresse residiere wie eine Herstellerfirma von Magnet-Nanopartikeln (Eresburgstraße 22 in Berlin). Bei seinen Bemühungen die Fake-Erzählung aufzuwerten, zitiert Günther ausgerechnet Mike Adams, den er fälschlich als "bekannten Toxikologen" bezeichnet. Tatsächlich ist Mike Adams lediglich Buchautor und Betreiber eines Internetshops aus Tucson (Arizona). Adams ist Impfgegner und pauschaler Gegner der modernen Medizin und lehnt jegliche Medikamente und Arztbesuche ab.
  • Stew Peters TV

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Quellennachweise