von links: Bürgermeister Achim Gaus, Innovationsbeauftragter und MdB Stefan Kaufmann (CDU), Gunter Schulte, Reinhold Schmid (Habrama), CDU-Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer, Harald Sauer, Josef Braunsteffer jun., Josef Braunsteffer (Inhaber). Bild: Franz Glogger / SWP[1]
Facebook - Eintrag der CDU-Bundestagsabgeordneten Ronja Kemmer nach Intergreentech-Besuch im September 2020
Artikel in der Südwestpresse
typische Werbung für Scharlatanerie mit Einbausätzen zur On-Bord-Wasserstofferzeugung. Bild der Firma You Gotta Know / Ronald Keszler aus Zypern. Die Firma hütet sich, aktuell fertige Produkte anzubieten, sondern verkauft Bauanleitungen
Zum Vergleich: Auto-Elektrolyse der Firma FISS

Die Intergreentech GmbH ist ein 2020 gegründetes Unternehmen aus Erbach südwestlich von Ulm, das auf dem Firmengelände des mittelständischen Maschinenbauunternehmens Habrama GmbH residiert. [2] Das sich als "Startup" bezeichnende Unternehmen behauptet an Vorrichtungen zu forschen, die zukünftig in der Lage sein sollen, aus Wasser Heizenergie für Heizungen und Energie für Kraftfahrzeuge und Kraftwerke zu gewinnen. Die angebliche Funktionsweise widerspricht allerdings allgemein gültigen physikalischen Gesetzen. Bei dem Gerät würde es sich um ein Perpetuum Mobile handeln; die angebliche Wunderleistung dient in aller Regel nur dazu, leichtgläubige Anleger um ihr Geld zu bringen. Hauptinvestor ist der Geschäftsführer der Habrama GmbH, der auch Mitinhaber der Intergreentech GmbH ist. Eingeladene Bundestagsabgeordnete sollen dabei helfen, staatliche Förderungen für das Projekt zu erhalten.

Angebliche Wirkungsweise

In der Presse ist von einem geheimnisvollen HHO-Modul die Rede, welches Wasser in seine Komponenten Wasserstoff und Sauerstoff zerlege. Bei einer Elektrolyse wird keine Energie gewonnen, sondern nur das Gasgemisch Wasserstoff/Sauerstoff gespeichert, oder getrennt gespeichert. In der Esoterikszene und Freie Energie-Szene kursieren seit langem Theorien, nach denen in einem solchen Prozess mehr Energie erzeugt werden kann, als hineingesteckt wird. Das sich dabei bildende Knallgas bezeichnen die Tüftler von Intergreentech missverständlich als HHO und "goldenen Wasserstoff". Es wird dabei in keiner Weise plausibel gemacht, was das gemeinte HHO von Knallgas unterscheiden soll, welches bereits 1800 von dem Chemiker Johann Wilhelm Ritter entdeckt und beschrieben wurde. Die Mit-Geschäftsführer Harald Sauer und Gunter Schulte werden in der Presse mit der Aussage zitiert, dass die Antriebsenergie eines Kraftfahrzeugs aus dem genannten HHO-Knallgas entstehe, welches aus einem HHO-Modul an Bord des Kraftfahrzeugs stamme. Die Energie zum Betrieb des Elektrolyseurs stamme aus der Autobatterie, die wiederum vom Motor aufgeladen wird. Auch sei es möglich, die geheimen HHO-Module auf Lokomotiven, Baumaschinen oder Frachtschiffen einzusetzen. Containerfrachtschiffe bräuchten demnach nur Meerwasser tanken.

Da - abgesehen von der geringen in die Batterie selbst eingespeicherten Energie - von keiner anderen Energiequelle die Rede ist, handelt sich hier lediglich um eine der zahlreichen Varianten eines so genannten Wasserautos. "Wasserautos", die ihre Antriebsenergie nur aus Wasser gewinnen sollen sind physikalisch unmöglich und stellen ein Perpetuum Mobile dar. Mehrere Personen, die in der Vergangenheit versuchten, für ihre "Wasserautos" gutgläubige Anleger oder (sehr selten) Käufer zu finden, wurden verurteilt. Zwar lässt sich in Elektrolyseuren Knallgas aus Wasser herstellen, aber dies wird mit einem hohen Energieverbrauch erkauft, der deutlich höher ist, als die bei der Verbrennung der gleichen Menge Knallgas erzeugbare Energie. Mit Wasserstoffgas betriebene Motoren haben nur energetische Wirkungsgrade, die mit Werten von etwa 30-40% den Ottomotoren entsprechen. Hinzu kämen noch Probleme durch eine höhere Verbrennungstemperatur bei Verwendung von Wasserstoff als Brennstoff und damit verbunden gegebenenfalls eine höhere Emission von Stickoxiden.

Der Antriebsmotor mit Wirkungsgrad 30-40% kann also nicht im Betrieb über die Lichtmaschine (Wirkungsgrad rund 60%) und den Elektrolyseur (Wirkungsgrad unter 50%) die Energie für den Motor selbst liefern. Ein derartiger Motor würde kurz nach Start stehen bleiben, eine kurze Laufzeit ist durch kleine Gasmengen, die mit der gespeicherten Bordbatterie erzeugt werden können, möglich. Dass Elektrolyseuren Wunderwirkungsgrade über 100% erreichen könnten, ist physikalisch unmöglich. Dies würde dem Energieerhaltungssatz widersprechen.

Szenetypisch werden von der Intergreentech keine fertigen Produkte angeboten, die auch geprüft werden könnten. Es wird weder Werbung betrieben, noch eine eigene Webseite. Dies erweckt den Verdacht dass herkömmliche Kunden nicht gesucht werden. Vielmehr wird nach staatlichen Subventionen gesucht. Gunter Schulte wird in der Südwestpresse mit den Worten zitiert, dass "in nur wenigen Monaten" ein Fahrzeug mit dem HHO-Generator rolle oder eine Heizung damit laufe, wenn es für die Umsetzung eine Anschubfinanzierung des Bundes gebe.

Tatsächlich ist der Begriff HHO (oder Browns Gas, machmal auch Brown Gas) wissenschaftlich völlig unbekannt, es handelt sich um eine Phantasiebezeichnung aus der freien Energie-Szene. In der Chemie wird von Knallgas oder Oxyhydrogen gesprochen. In der deutschsprachigen Wikipedia kommt der Begriff im Artikel zu Knallgas nicht vor. In einem eigenständigen Artikel "HHO-Zelle" wird auf die Unmöglichkeit einer Realisierung wie bei Intergreentech behauptet, hingewiesen. Einzig eine sehr geringe Beimischung von Wasserstoff könnte geringe positive Effekte haben, wenn einerseits die Stromentnahme aus der Lichtmaschine gering bleibt und gleichzeitig ein Kraftstoff/Wasserstoffgemisch einen höheren Wirkungsgrad des Motors ermöglichten. Ein "Tanken von Meerwasser" bei Containerschiffen ist völlig unmöglich. In der englischsprachigen Wikipedia heisst es zum Begriff HHO und Browns Gas: "Brown's gas" and HHO are terms for oxyhydrogen mainly encountered in fringe science.[3] Fringe Science bezeichnet dabei Pseudowissenschaft.

Das geheimnisvolle HHO-Modul

Zum HHO-Modul wird von Intergreentech nichts Konkretes mitgeteilt. Demnach spalte es Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff auf, was der Funktion eines herkömmlichen Elektrolyseurs entspricht. Der firmenbeteiligte Tüftler Gunter Willy Schulte machte in einem Freie Energie Forum jedoch einige wenige weitere Angaben, die erkennen lassen, wie weit er sich auf einem Gebiet ausserhalb der wissenschaftlichen Physik bewegt:

Wir (ein Maschinenbauer, ein Ingenieur und ich) haben eine kleine Firma gegründet, die sich mit der Entwicklung und Herstellung von Wasserstoff-Generatoren mit hohem Wirkungsgrad beschäftigt. Wir möchten dies in mobiler und stationärer Weise zur Anwendung bringen, auch um der scheinbar allgegenwärtigen E-Mobilitäts-Hysterie etwas Natürlicheres entgegenzusetzen.
Wir experimentieren mit einer Kombination von Erregungsmechanismen mit Magnetismus und Frequenzmodulation in Erweiterung der klassischen Elektrolyse und auch mit neuen Geometrien des Versuchsapparats, was dazu führt, dass sich bekannte Frequenzen oftmals unerwartet verhalten. Den Magnetismus haben wir derzeit mit einer Anordnung von Dauermagneten verbaut, werden aber bei größeren Ausführungen gegebenenfalls wieder auf Elektromagnete zurückgreifen. Unsere größte Herausforderung ist es derzeit, die Schwingung in das System einzubringen.
Zu diesen Themen suchen wir geeignete Kooperationen und Ratgeber unter den Frequenz- und/oder Wasserstoff-Experten.
Wer hätte hierzu eine Empfehlung und/oder einen wichtigen Hinweis für uns?
Herzlichen Dank im Voraus!
Mit freundlichen Grüßen
Gunter Schulte
gunter.schulte@t-oxxxxx
[4]

In einem anderen Forum teilte er mit:

Wir bauen gerade eine mobilen Wasserstofferzeuger an Bord, der den klassischen Verbrenner mit „Kraftstoff“ versorgt, statt Diesel, „Emission“ ist Bihydromonoxyd…;-) Problem 2021 ressourcenerhaltend gelöst, ohne Kobalt, Lithium und 4000 km Oberleitung….
Nachtrag: ich wäre auch für die (Rück-)Verlagerung der Güter auf die Bahn, allein deren Verkehrspolitik erscheint wenig geeignet dafür. Im Übrigen könnte sich die Bahn die aufwändige Elektrifizierung der restlichen 39 % der noch vorhandenen deutschen Bahnstrecken sparen, denn mit unserer Wasserstoff-Technologie könnte auch eine Diesellok emissionsfrei fahren.
[5]

Der ehemalige VIP-Chauffeur und aktuelle Rentner Gunter Schulte[6] ist Geschäftsführer der Leonberger Firma Sustainable Technologies und betrieb mit Roland Betz eine SWingEngine UG, die inzwischen wegen Vermögenslosigkeit geschlossen wurde (Insolvenz). Er arbeitet unter anderem an einer Technologie zur Katalytischen Drucklosen Verölung (KDV) in Baden-Württemberg. Er betreibt im westfälischen Ennigerloh in einem privaten Entsorgungsbetrieb eine Probe-Anlage dazu. Dieses Verfahren, welches der Pyrolyse ähnelt, wurde in den achtziger Jahren an der TU Tübingen erfunden und patentiert. Es lässt sich damit aus kohlenstoffhaltigen Wert- und Reststoffe wie Biomasse, Müll, Kunststoff, Klärschlamm, Altöl, Altreifen oder Bahnschwellen synthetischer Diesel gewinnen. Auch der italienische Erfinder und verurteilte Betrüger Andrea Rossi hatte sich in den siebziger und achtziger Jahren vergeblich auf diesem Gebiet versucht, und hinterliess der Gemeinde ein völlig verseuchtes Grundstück. Er erhielt 10 Millionen US-Dollar von gutgläubigen Anlegern für seinen gescheiterten Fusionsreaktor für den Hausgebrauch Focardi-Rossi-Energiekatalysator (Ecat), der nach einem physikalisch unmöglichen Prinzip konstruiert war.

Intergreentech GmbH

 
Mitinhaber Harald Sauer (Harry Sauer auf FB) gibt sich als "Corona-Skeptiker" zu erkennen. Quelle: Facebook

Die Intergreentech GmbH wurde im Januar 2020 gegründet. Geschäftsführer sind Josef Braunsteffer, Harald Georg Frohmut Sauer und Gunter Willy Schulte. Laut Handelsregistereintrag ist Gegenstand des Unternehmens die Entwicklung, Herstellung und Vertrieb technischer Produkte im Bereich der Energietechnik. An gleicher Anschrift wie die Intergreentech residiert in Erbach auch das Maschinenbauunternehmen Habrama GmbH, das 2008 gegründet wurde und Josef Braunsteffer zuzuordnen ist. Josef Braunsteffer der Habrama soll laut Presse[7] der hauptsächliche Geldgeber der Intergreentech sein, welche auch eine Halle der Habrama nutzen soll.[8]

Besuch von Budestagsabgeordneten

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Ronja Kemmer wurde zur einem Treffen mit Intergreentech nach Erbach in die Habrama-Halle geladen. Bei Facebook veröffentlichte sie danach am 6. September 2020 folgenden Kurzbericht:

Ronja Kemmer
September 6 at 3:10 AM
Diese Woche war "Mr. Wasserstoff" Stefan Kaufmann bei mir im Wahlkreis zu Gast. Gemeinsam waren wir zusammen in Erbach bei INTERGREENTECH, das beim Traditionsunternehmen HABRAMA als Startup für Wasserstoffinnovationen ansässig ist. Die Tüftler machen Wasserstoff alltagstauglich: Mit einem neuen Herstellungsverfahren wird der Kraftstoff erst direkt im Fahrzeug aus normalem Wasser erzeugt – aufwendige Lagerung und Transport entfallen..
[9]

Glaubt man den Angaben von Kemmer, so wurde sie von Intergreentech überzeugt, dass es eine Möglichkeit gebe, Wasserstoff aus Wasser an Bord eines Fahrzeugs zu gewinnen ohne aufwendige Lagerung und Transport. Auch der anwesende Innovationsbeauftragter und CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann äusserte sich am 2. September 2020 kurz über seinen Besuch mit Kemmer bei Intergreentech:

Stefan Kaufmann
September 2 at 11:24 AM
Wasserstoff-Innovationen in der Alb-Donau-Region! Im Rahmen meiner Deutschlandtour durfte ich heute weitere Projekte zur Innovation im Bereich #Wasserstoff kennenlernen: [...] Zusätzlich konnte ich bei Habrama in Erbach im Wahlkreis von Ronja Kemmer hinter die Kulissen des Entwicklungsprozesses für eine noch wenig erforschte Art von Wasserstoff (HHO) schauen..
[10]

Nach Erscheinen dieses Artikels bei Psiram wurde der facebook-Eintrag bei Stefan Kaufmann entfernt. Eine zwischengespeicherte Kopie ist hier[11] einsehbar.

Ähnliche Unternehmen im deutschsprachigen Raum

  • In Deutschland machte die Jülicher Firma Clean World Energies GmbH Werbung für so genannte "H-Reaktoren" und "Super-Cubes", die durch Zusatz von Wasserstoffgas den Treibstoffverbrauch und die Freisetzung von Schadstoffen von Automotoren verringern soll. Der Strom zum Betrieb des eigenen "Eletrolyseurs" sollte aus der bordeigenen Autobatterie entnommen werden. Im Gegensatz zur Intergreentech ist hier nur von einem Zusatz die Rede. 2018 wurde die Firma von einem Liquidator geführt und 2020 aus dem Handelsregister gelöscht.
  • Die Erfurter Firma FISS Management AG (Fahrfertige Innovative Spritspar Systeme, mit Kontoverbindung in der Schweiz, wahrscheinlich ein Ein-Mann-Betrieb) versprach eine Senkung des Treibstoffverbrauchs von Motoren und Heizungen um bis zu 25% dank einer kleinen Plastikkarte (bekannt als Spritsparkarte) für 449 €, die alleine durch ihre räumliche Nähe ihre Wunderwirkung entfalten sollte (das Test-Magazin warnte). FISS bot auch Elektrolyseprodukte an, die an Bord von Autos alleine durch die Bordbatterie versorgt werden sollten und geringe Mengen Wasserstoff erzeugten. Die Kosten sollen für PKW 2.260€ und für LKW 9.520€ betragen. Derartige Konstruktionen erhöhen jedoch nur den Treibstoffverbrauch mit zusätzlicher Schadstoffbelastung der Umwelt. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Bonn hat der FISS-Management AG in Markkleeberg am 8. September 2008 untersagt, Darlehen von Anlegern entgegen zu nehmen.

Siehe auch

Literatur und Presseberichte

  • Franz Glogger: Intergreentech Erbach: Startup arbeitet an einem Konzept, um mit Wasser zu tanken, Südwest Presse, 8. September 2020 Text

Weblinks

Quellennachweise