Dominique Belpomme
Dominique Belpomme (rechts) mit John Gruia Ionescu in Neukirchen (2010)

Dominique Belpomme (geb. 14. März 1943 in Rouen) ist ein französischer Arzt und Onkologe. Er ist Professor der klinischen Onkologie an der Universität Paris-Descartes und praktiziert an der privaten Alleray-Labrouste Klinik in Paris. Belpomme ist Vorsitzender (président) eines Vereins mit dem Namen ARTAC (Association pour la Recherche Thérapeutique Anti-Cancéreuse), und Vorsitzender von ISDE-France International Society of Doctors for Environment (Internationale Gesellschaft der Ärzte und Ärztinnen für Umweltschutz). Belpomme gilt als Erfinder des Encephaloscan, einer fragwürdigen Ultraschalluntersuchung zum Nachweis der so genannten Elektrosensibilität.

Belpomme macht durch Ansichten zu möglichen negativen gesundheitlichen Folgen elektromagnetischer Felder (siehe Elektrosmog) auf sich aufmerksam und stellt für Patienten dazugehörige Zertifikate aus, deren hohe Kosten (von 800-1800 €) von den Patienten getragen werden müssen. Belpomme glaubt auch objektive Biomarker und Blutparameter entdeckt zu haben, die es ermöglichten die Diagnose einer Elektrosensibilität oder eines "Mikrowellen-Syndroms" zu stellen. Er nennt dazu angeblich erhöhte Blutwerte von:

  • Nitrotyrosin zu 28 % bei EHS/MCS erhöht
  • Protein S100B zu 15 % bei EHS/MCS erhöht
  • Autoantikörper gegen O-Myelin zu 23 % bei EHS/MCS
  • Zunahme von Hsp27 und/oder Hsp70-Chaperon-Proteine zu 33 % bei EHS/MCS erhöht
  • 24 h-Urin 6-Hydroxymelatonin Sulfat / Kreatinin-Verhältnis verringert

Derartige Biomarker sind jedoch wissenschaftlich nicht anerkannt.

Dominique Belpomme macht auch durch Aussagen zur Krebserkrankung auf sich aufmerksam, die nicht dem aktuellen Wissensstand entsprechen. So behauptet er beispielsweise seit 2016 dass Krebserkrankungen in 70% bis 90% der Fälle durch die Umwelt verursacht werden. Er machte auch umstrittene Angaben durch bis dahin unbekannte angebliche gesundheitliche Schäden durch Pestizide. Belpomme trat auch in mindestens zwei Filmen auf, die mögliche Gefahren durch Pestizide zum Thema haben. Belpomme vertritt seit 2004 unter anderem die irrige Ansicht dass die in vielen Ländern zu beobachtende Verlängerung der Lebenserwartung sich nur auf den Zeitraum zwischen Geburt und dem sechzigsten Lebensjahr beschränke. Über Sechzigjährige würden demnach nicht von der zu beobachtenden Verlängerung der durchschnittlichen Lebenserwartung profitieren. Belpommes Angaben in dieser Frage sind jedoch wissenschaftlich widerlegt.

Belpomme ist mit Franz Adlkofer, Lennart Hardell und Olle Johanson Unterzeichner einer Erklärung vom 23. März 2009, in der vor den gesundheitlichen Folgen drahtloser Kommunikationstechniken gewarnt und auf die Möglichkeit hingewiesen wird, dass künstliche elektromagnetische Felder einen Einfluss auf Zugvögel und Bienen haben können.[1]

2011 trat Belpomme auf einem Kongress des mobilfunkkritischen Vereins Gigaherz auf.

Im Oktober 2019 ist Belpomme als Referent eines Internationalen Symposium der Kompetenzinitiative zum Schutz von Mensch, Umwelt und Demokratie e. V. geladen, zusammen mit (u.a.) Karl Hecht und Lennart Hardell.

2018 wurde durch die französische Ärztekamme gegen Dominique Belpomme ein Verfahren eingeleitet, da er ohne individuelle Begutachtung und Untersuchung von Patienten diesen eine Art pauschale Diagnose einer so genannten Elektrosensibilität attestierte oder dazu nicht validierte Diagnoseverfahren einsetzte. Die kritisierten mehrere hundert gleich lautende Zertifikate einer "Elektrosensibilität" unterscheiden sich nur durch die Eintragungen für Name, Geschlecht und Datum. Die Atteste tauchten bei Kunden auf, die sich gegen den Einbau von drahtlosen Stromzählern des Typs Linky zur Wehr setzten. In derartigen Zertifikaten wurde den Patienten unter anderem attestiert durch elektromagnetische Wellen gefährdet zu sein; die geschilderten Symptome wären demnach geeignet als Disposition zu einer zukünftigen Alzheimer-Demenz angesehen zu werden. Tatsächlich gelang es im Juli 2019 Besitzern eines Belpomme-Zertikats vor Gericht in Tours den Einbau drahtloser Stromzähler zu untersagen. Vor anderen Gerichten scheiterten die Klagen jedoch.[2] Vermeintliche elektrosensible Patienten konnten zu Belpomme über die Privatklinik Alleray-Labrouste in Paris Kontakt aufnehmen.[3] Laut französischer Presse liegen die Kosten derartiger Zertifikate bei rund 820 €, die nicht von den Krankenkassen übernommen werden.

Kurzbiographie

Von 1975 bis 1982 war Belpomme Klinikleiter mehrerer Krankenhäuser (Institut Gustave-Roussy, Hôpital Saint-Louis). 2011 gründete er das European Cancer and Environment Research Institute (ECERI) in Brüssel und wurde dessen Vorsitzender.

Verein ARTAC

ARTAC und Belpomme führen zahlreiche gesundheitliche Störungen und Krankheiten auf die Anwesenheit elektromagnetischer Wellen und insbesondere des Mobilfunks zurück und betreiben Forschung zum Thema der Elektrosensibilität. Nach Belpommes Ansicht seien bis zu 10% der Bevölkerung elektrosensibel. Folgen seien "Fatigue" (chronische Müdigkeit), Schlaflosigkeit, Depression sowie eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des Auftretens der Multiplen Sklerose oder der Alzheimerschen Erkrankung bei jungen Menschen. Im Rahmen einer Hypothese von Belpomme soll die Elektrosensibilität auf die Anwesenheit von Magnetosomen im Gehirn zurückzuführen sein. Die Magnetosome sollen dabei kleinste "Elektromagneten" darstellen, die sich aus der Verschaltung von Nervenzellen (Neuronen) ergeben sollen.

Der mobilfunkkritische Verein ARTAC zieht im Internet einsehbaren Aufrufen einen Vergleich zwischen der Anwendung drahloser Kommunikation und der deutschen Besatzung in Frankreich und ruft indirekt zu einer "Mobilfunk-Resistance" auf. Des Weiteren wird von der Existenz eines Mikrowellen-Syndroms (nach Monnet und Le Ruz) ausgegangen. Für den Personenkreis der Elektrosensiblen seien auch spezielle "Funklöcher" (Zones Refuges EHS) einzurichten.

Laut ARTAC sei der von seinem Präsidenten durchgeführte, bislang unvalidierte Encephaloscan als das derzeit beste diagnostische Werkzeug anzusehen, um Zeichen von "Hirnleiden" bei Elektrosensiblen nachzuweisen.[4]

Encephaloscan

 
von Dominique Belpomme ausgestelltes vorformuliertes "Certificat" einer vermeintlichen Elektrosensibilität
 
Anonymisiertes Gutachten von Dominique Belpomme, das einer Patientin (unter anderem auf Basis eines Encephaloscans) Elektrosensibilität bescheinigt
 
Encephaloscan eines angeblich elektrosensiblen "Philippe"
 
Encephaloscan von "Philippe" nach einem angeblich dreimonatigen Aufenthalt in einem Wohnwagen in einem Funkloch-Waldgebiet "Forêt de Saoû"

Encephaloscan bezeichnet eine Ultraschalluntersuchung, die im Umfeld mobilfunkkritischer Kreise eingesetzt wird, um eine so genannte Elektrosensibilität nachzuweisen. Die in der wissenschaftlichen Medizin unbekannte Methode wird aktuell (2019) hauptsächlich in Frankreich eingesetzt. Der wissenschaftlich unbekannte Begriff Electroencephaloscan taucht in der Star Wars Filmreihe als "Gehirnscan"-Methode durch einen imaginären "Encephaloscanner" auf. (Science-Fiction-Film "Krieg der Welten" mit Tom Cruise) Nach Belpomme würde sich bei den angenommenen Elektrosensiblen folgendes typisches Bild ergeben:

„Im Allgemeinen ist eine zerebrale Hypoperfusion im limbischen System (Hippocampus) feststellbar, eine schlechtere Durchblutung, die zu einer unzureichenden Sauerstoffversorgung führt, eine ernst zu nehmende Situation, die zur Entstehung von neurodegenerativen Folgeerkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer führen kann“.

Filmauftritte

Dominique Belpomme trat unter anderem in einem mobilfunkkritischen Video mit dem Titel "Les sacrifiés des ondes" (Die Opfer der Wellen) auf, das von Jean-Yves Bilien produziert wurde. Zu den weiteren Beteiligten gehörten auch unter anderen Jean-Paul Bibérian und Luc Montagnier.

Zitate

  • "Dank meiner klinischen Forschungsarbeiten hat die Weltgesundheitsorganisation WHO elektromagnetische Wellen als potenziell krebserregend eingestuft." (Tatsache ist jedoch, dass in der Monografie 102 der IARC der Name Belpomme nicht auftaucht)

Veröffentlichungen

  • Avant qu'il ne soit trop tard, Fayard, 2007, 302
  • Guérir du cancer ou s'en protéger, Fayard, 2005, 444
  • mit Bernard Pascuito, Ces maladies créées par l'homme : Comment la dégradation de l'environnement met en péril notre santé, Albin Michel, 2004, 384
  • Les grands défis de la politique de santé en France et en Europe, Librairie de Médicis, 2002, 915

Weblinks

Weblinks (englisch)

Weblinks (französisch)

Quellennachweise

Anderssprachige Psiram-Artikel