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Granderwasser

Johann Grander (24. April 1930 - 24. September 2012) war ein österreichischer Unternehmer aus der Gegend von Kitzbühel (Tirol), Esoteriker, ehemaliger Tankstellenpächter und Sonderling. Er wurde bekannt durch die Vermarktung von Produkten (z.B. Grander-Wasser), die dazu geeignet sein sollen, anderes Wasser in seinen Eigenschaften positiv zu beeinflussen, ohne direkt mit diesem Wasser in Kontakt zu treten. Wie er diese "Wasserbelebung" genau durchführte, war das Geheimnis des Tirolers, der angab, die Volksschule nach 7 Jahren verlassen zu haben und keinerlei Kenntnisse auf den Gebieten der Chemie oder Physik nachweisen konnte.

Das Grander-Familienunternehmen Vertrieb für Original Grander Technologie (U.V.O. Vertriebs GmbH & Co. KG) macht einen Jahresumsatz von etwa 13 Millionen Euro, indem es wahrheitswidrig angeblich positive Eigenschaften des Produkts Grander-Wasser bewirbt.

Granderwasser

 
Grander-Wasserbeleber, in Wasserleitung eingebaut

Beim Grander-Wasserbeleber fließt das Leitungswasser an Kammern vorbei, die mit so genanntem Informationswasser gefüllt sind. Dadurch soll das Wasser in seiner "Struktur" verändert werden und besondere, positive Eigenschaften erlangen. Angeblich soll auch ein Glas Granderwasser durch Informationsübertragung das Wasser in einem danebenstehenden Glas so verändern können, dass es die Eigenschaften des Granderwassers übernimmt.

Grander gab an, die Anweisungen zur Entwicklung seines Wassers von Gott bekommen zu haben.

Hinweise für die Wirksamkeit von Granderwasser gibt es nicht. Verbraucherschützer und Wissenschaftler haben mehrfach auf die Wirkungslosigkeit hingewiesen. Auch sind bereits Gerichtsurteile wegen "Irreführung der Konsumenten" ergangen.

Im dem Verfahren 4 R 1/06f urteilte das Oberlandesgericht Wien am 17. August 2006, dass die Bezeichnung "aus dem Esoterik-Milieu stammender, parawissenschaftlicher Unfug" für Granderwasser sachlich begründet ist, ebenso wie der Vorwurf, dass "Menschen, die an gefährlichen Krankheiten wie etwa Borreliose oder Krebs leiden, möglicherweise leichtgläubig auf dringend notwendige medizinische Behandlung verzichten und auf die Wirkung des Wunderwassers vertrauen". Betrug dürfe man dem Unternehmen jedoch nicht unterstellen, befand das Gericht, da die Käufer ein Rücktrittsrecht hätten.[1]

 
Aufgeschnittener Grander-Wasserbeleber älterer Bauart. In der Mitte die Bohrung für den Wasserdurchfluss, außen vier mit Granderwasser bzw. "Informationswasser" gefüllte Kammern

In der Schweiz ist es seit 1999 verboten, mit einer therapeutischen Wirkung des Wassers zu werben. Auch in Deutschland gilt Wasser als Lebensmittel und darf nach dem LFGB-Gesetz (Lebensmittel- und Futtergesetzbuch) nicht mit unbelegten gesundheitsbezogenen Angaben beworben werden. Im Jahr 2005 wurde in Neuseeland die Vertriebsfirma für Grander-Wasser zu einer Strafe und Schadensersatz von umgerechnet 72.000 € verurteilt. Die Richterin bezeichnete die entsprechenden Produkte als Quacksalberei und Pseudowissenschaft.[2] Von der Website Granders sind mittlerweile alle Behauptungen, die eine therapeutische Wirkung des Wassers versprechen, entfernt worden.

Mit wissenschaftlicher Methodik durchgeführte Untersuchungen bestätigen keine der von Grander behaupteten Wirkungen. Marko Heckel und Peter Heinig vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Golm bei Potsdam überprüften die Eigenschaften von Wasser vor und hinter einem Grander-Zylinder und konnten keinen Unterschied feststellen.[3][4] Am Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik UMTEC an der Hochschule Rapperswil wurde 2005 die angebliche Verbesserung des Geschmacks des Wassers untersucht. Verblindete Versuchspersonen bemerkten jedoch keinen Unterschied zu normalem Leitungswasser.[5]

Bisherige Erklärungsversuche der Wirkungsweise werden von Kritikern als wahllose Anhäufung pseudowissenschaftlicher Begriffe gesehen. Diese Erklärungsversuche dienten nur dem Zweck, Unwissende zu täuschen.

Studien und Diplomarbeiten zu Granderwasser

 
Auszug Diplomarbeit Höbling 2004[6]

Zu Granderwasser liegen mittlerweile mehrere Studienergebnisse vor.[7] Im Jahr 2000 stellte ein Diplomand Unterschiede zwischen Granderwasser und Leitungswasser fest, im Ergebnis sei die Oberflächenspannung unterschiedlich.[8] Bei einem Nachversuch konnte jedoch festgestellt werden, dass sich die unterschiedliche Oberflächenspannung aus der Verwendung eines bestimmten Gartenschlauchs ergibt.[9][10]

Im Jahre 2004 wurde an der TU Graz mit Unterstützung der Granderwasser-Firma IPF Granderwasser mit Leitungswasser im Rahmen einer Diplomarbeit verglichen. Mit sieben verschiedenen Methoden wurde nach Unterschieden gesucht, aber keine gefunden.[11] Aufgrund des negativen Ergebnisses wurde die Diplomarbeit für fünf Jahre gesperrt und konnte nicht eingesehen werden.[12]

Auch eine Arbeit zum Thema aus dem Jahr 2006 wird noch einige Jahre geheimgehalten werden können, bis die gesetzlich mögliche Sperrfrist 2011 endet.[13]

Granderwasser in öffentlichen Einrichtungen

  • Die Stadt Bubesheim im schwäbischen Landkreis Günzburg gab 3000 Euro für eine Granderwasser-Wasserbelebungsanlage aus, die an den gemeinsamen Hauswasseranschluss von Rathaus und Kinderhaus eingebaut werden soll. Laut Augsburger Allgemeinen kam der Anstoß zur Nutzung des esoterischen Prinzips aus den Reihen des Gemeinderats. Zitat: "Der Gemeinderat, der den Vorschlag gemacht hat, hat von positiven Erfahrungen im Bekanntenkreis mit dem Granderwasser berichtet."[14]
  • Im Winterthurer Schwimmbad Wolfensberg wurde 2009 für 47.000 Franken ein "Magnetgenerator" eingebaut, der das Wasser nach der Grander-Methode beleben soll. Von den Betreibern wurde behauptet, "im Schwimmbad sei in der Folgesaison weniger Frischwasser und weniger Chemie und Aufwand für die Reinigung nötig gewesen." Im Mai 2010 wurde der Betreiber des Bades, das von der Stadt Winterthur Zuschüsse von 125.000 SFr jährlich erhält, vom Chef des Sportamts aufgefordert, Rechenschaft darüber abzulegen, warum eine hohe Summe in dubiose Technik investiert wurde, ohne die Stadt zu informieren.[15]
  • Die Firma U.V.O. gibt an, mehr als 120 öffentliche Bäder mit Grander-Produkten ausgerüstet zu haben.[16]

Granderwasser als Thema an österreichischen Schulen

Die Pädagogische Hochschule Oberösterreich bot Anfang 2009 einen Fortbildungskurs für Lehrer in Sachen Granderwasser an, in dem Johannes Larch (Forschungsleiter der Firma Grander) Werbung für sein esoterisches Produkt machen durfte.[17]

Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst

Im Jahr 2001 wurde Grander für sein Lebenswerk mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet. Im Juni 2008 forderten mehrere Abgeordnete die Aberkennung der Auszeichnung, da Grander "nicht nur keine anerkennenswerten Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaft erbracht [...] sondern nachweislich überhaupt keine Leistungen auf den Gebiet der Wissenschaft erbracht" habe.[18] Die Aberkennung des Ehrenkreuzes lehnte Wissenschaftsminister Johannes Hahn jedoch ab.[19]

Freie-Energie-Forschung

Grander hat einige "Magnetmotoren" erfunden, die ihre Energie aus so genannter freier Energie gewinnen sollen, aber aus unbekannten Gründen "nicht unters Volk gebracht werden könnten".[20]

Literatur

  • Felsch, H. (o. J.): Annäherung an das Wasserrätsel anhand der Grander®-Technologie. Broschüre der Granderfirma
  • Faißner, K. (2000): Diplomarbeit zur Grander-Wasserbelebung. Frohnleiten

Weblinks

Quellennachweis

  1. http://homepage.univie.ac.at/erich.eder/wasser/
  2. http://www.comcom.govt.nz/MediaCentre/MediaReleases/200506/livingwaterquackeryresultsin136000.aspx
  3. Skeptiker 3/2003
  4. http://homepage.univie.ac.at/erich.eder/wasser/potsdam-studie.pdf
  5. "Nicht alles auf dieser Welt lässt sich beweisen" 20 Minuten Online, 21. Mai 2010
  6. Quelle: http://www.scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2010/07/wie-die-granderwasserfirma-funf-jahre-lang-eine-wissenschaftliche-studie-unterdruckte.php
  7. http://homepage.univie.ac.at/erich.eder/wasser/
  8. Faißner K (2000): Physikalische und physikalisch-chemische Daten unter der Verwendung von belebtem und unbelebtem Wasser und der Einsatz der Grander-Wasserbelebung in Betrieben. Diplomarbeit (Sozial und Wirtschaftswissenschaften, Studium irregulare) an der TU Graz, 115 pp.
  9. http://homepage.univie.ac.at/erich.eder/wasser/faissner2000.htm
  10. http://www.gwup.org/component/content/article/87-Paratechnologien/758-oberflaechenspannungsaenderung-durch-grander-belebung-nicht-bestaetigt
  11. Hölbling Margit: Spektroskopische und magnetische Untersuchungen von Übergangsmetall- und Seltenerdionen in belebten und unbelebten Wässern. Diplomarbeit an der TU Graz, 2004
  12. http://www.scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2010/07/wie-die-granderwasserfirma-funf-jahre-lang-eine-wissenschaftliche-studie-unterdruckte.php
  13. Maier, E. (2006): Solvatisierungseigenschaften unterschiedlich behandelter Wässer. Diplomarbeit, Technische Universität Graz [1].
  14. Rebekka Jakob: Granderwasser“ schmeckt nicht jedem Augsburger Allgemeine, 11. Februar 2010
  15. Zauberwasser in der Badi bringt Stadtrat zum Kochen TagesAnzeiger, 21. Mai 2010
  16. http://www.gra-schwimmbaeder.com/ Aufruf am 10. September 2010
  17. http://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2008/11/granderwasser-im-schulunterricht.php
  18. Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst an Johann Grander sen. - Aberkennungsverfahren (4598/J)
  19. Schreiben des Wissenschaftsminister Johannes Hahn vom 5. August 2008
  20. http://www.horusmedia.de/1996-wasser2/wasser2.php