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Polyphenole

Allgemein

Im Zusammenhang mit der gesundheitsbezogenen Werbung für Antioxidantien ist eine Gruppe von Substanzen in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Forschung gerückt und wurde demzufolge auch sofort auf dem Lebensmittelmarkt und ganz besonders bei Nahrungsergänzungsmitteln beworben.

Die Hauptgruppen der Phenole sind folgende:

  • Phenole - Catechol
  • Phenolsäure
    • Hydroxybenzosäure – Gallus- und Vanillinsäure
    • Hydroxyzimtsäure - Kaffeesäure
  • Coumarine
  • Flavonoide -Quercetin, Myricetin etc.
  • Ligane – Secoisolariciresinol
  • Lignine - Lignin

Es werden allerdings viele Behauptungen aufgestellt und Aussagen getätigt, die schlecht oder gar nicht belastbar belegt sind. Und es werden Zusammenhänge hergestellt, die so nicht gegeben sind. Teilweise werden Substanzen und Gruppen, wie auch ihre Eigenschaften so bunt durcheinander gewürfelt, so dass man in dem Bereich schon von einer Multi-Kulti-Subtanzgruppe sprechen kann. Dadurch werden Verbraucher massiv in die Irre geführt. Und wie in diesem Segment üblich, sind es in der Regel hochpreisige Produkte, bei denen kein eindeutiger Nachweis eines nennenswerten gesundheitlichen Mehrwerts erbracht wurde. Die Vertreiber entsprechender Produkte profitieren davon, dass Polyphenole chemisch gesehen keine einheitliche Gruppe sind. Unter diesem Begriff lassen sich einige Substanzen einordnen, solange sie mindestens einen Pheonolring haben.

Viele Jahre ging man davon aus, dass Phenole Abfallprodukte des pflanzlichen Stoffwechsels wären, ohne jede Funktion. Mittlerweile weiß man, dass diese „Abfälle“ durchaus Funktionen haben und es wurden antioxidative und antimikrobielle Effekte nachgewiesen, bei Versuchen mit Tieren und In-Vitro. Diese Endprodukte werden in den Blättern, Schalen oder anderen Außenschichten eingelagert. Von daher ist es schon von sehr großer Bedeutung zu wissen und zu beachten, wo und wie die Substanzen gewonnen und verarbeitet werden.

Bei entsprechend unzureichender Verarbeitung werden die phenolreichen Randschichten entfernt oder beschädigt. So reduziert sich der Gehalt bei der Produktion von Säften ganz erheblich (nur noch ca. 10% des ursprünglichen Gehalts). Auch die Lagerung und die Jahreszeit spielen eine Rolle. Gemüse die im Spätherbst verarbeitet werden, weisen einen höheren Gehalt auf, als im Sommer (z.B. Endivien). Bei Nahrungsergänzungsmitteln ist selten zu erkennen, ob diese Aspekte ausreichend berücksichtigt sind.

Prinzipiell sind Phenole in allen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, die wir zu uns nehmen. Aber auch in Getränken wie Kaffee oder auch Weizenbier kommen, teils erhebliche, Mengen vor. Dies führt dazu, dass die täglich aufgenommen Menge locker ein paar Gramm betragen kann. Alleine dieser Aspekt stellt die Notwendigkeit der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln in Frage.

Ein weiterer wesentlicher Kritik-Punkt bei der Vermarktung ist, dass konsequent verschwiegen wird, dass einige der angebotenen Substanzen im Körper sehr reduziert, bzw. schlichtweg gar nicht aufgenommen werden. Beispiele sind das sehr stark beworbene Curcumin, Quercetin, wie auch Anthocyane. Diese werden im Darm, so gut wie nicht absorbiert (auch hier unter 10 %.) Das bedeutet, dass extrem hohe Mengen des Stoffes zugeführt werden müssten, die ein Mensch im Normalfall physiologisch gar nicht in der Lage ist aufzunehmen.

Somit sind auch die In-Vitro-Studien, bei denen mit exorbitant hohen Konzentrationen gearbeitet wurde, nicht auf den Menschen übertragbar. Dies bedeutet, dass die beworbene vorbeugende Schutzfunktion beim Menschen, nicht von der Bedeutung ist, wie kommuniziert wird. Auch ein vielfach versprochener Heilungs-Effekt ist nicht erkennbar nachgewiesen.

Relevant vermarktete Substanzgruppen/Produkte

Phenolsäuren

Phenolsäure – Hydroxybenzosäure, Hydroxyzimtsäure

Vorkommen:

Rhabarber (155mg/100g), Mangos (440mg/100g), schwarzer Tee (4,6 ,mg/100 ml), Kaffee pro Tasse 30-70 mg Kaffeesäure, Radieschen (75-100mg/kg).

Ein besonders extremes Beispiel für den Verlust von Phenolsäure ist Vollkornweizen, während das Original noch bis zu 500 mg/kg hat, enthält das Endprodukt welches auf den Markt kommt nur noch 50mg/kg.

Die Verstoffwechselung der Säuren geht sehr schnell, Die Plasmakonzentration erreicht schon nach 2 Stunden ihren Höhepunkt und fällt dann schnell ab. Bei In-Vitro, wie auch in Tierversuchen, wurden antioxidative Wirkungen nachgewiesen [1]

Es gibt Ergebnisse einer Arbeitsgruppe die zeigen, das Gewürzsumach (Rhus Coria) Schutzeffekte vor oxidativen DNA-Schäden bewirken kann. [2] [3]

Auch bei den Hydroxyzimtsäuren (Kaffee) wurden einige Studien veröffentlicht, in denen sowohl pro-, wie antioxidative Eigenschaften beschrieben werden. Aber auch hier wurden die Effekte, in der Regel mit extrem hohen Konzentrationen erreicht, die Menschen nicht zu sich nehmen. Bei Ratten wurden oxidative Schäden beobachtet. Die zugeführte Menge entsprach aber in etwa 40 L Kaffee.

Zu erwähnen sind die möglichen negativen gesundheitlichen Schäden, die auftreten können, wenn versucht wird, durch die Aufnahme großer Mengen, eine positive Wirkung zu erzielen. Magenkrebs kann die Folge sein. Ein weiter negativer Effekt von Phenolsäure ist der Anstieg des Homocysteinspiegels, dieser erhöht das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen, Osteoporose und Demenz.[4]

Resveratrol

und die Frage: sind 100 Liter Rotwein am Tag ok? In Anlehnung an den Schlager von Roland Kaiser:“7 Fässer Wein können uns nicht gefährlich sein“ wäre zu prüfen, ob diese These haltbar ist

Einer der Gründe warum Resveratrol in den Fokus von Medien und Nahrungsmittelindustrie gerückt ist, ist die Annahme, dass diese Verbindung für das sogenannte "French Paradox" ist die Hypothese welche besagt, dass vermehrt weintrinkenden Franzosen gesundheitliche Vorteile vom Weingenuss hätten.......=>Resveratrol

Flavonoide

Flavonoide werden allerorts schon als neues Wundermittel im Kampf gegen Krebs gefeiert, dies ist in der Branche der Nahrungsergänzungsmittel-Industrie gang und gebe und wie so oft, viel zu kurz gegriffen. Auch hier ist die Datenlage widersprüchlich, beruht nur auf In-Vitro oder Tierversuchen, oder ist gar nicht vorhanden und es wird mit anekdotische Evidenz geworben.

Vorkommen
    • Flavone: Apigenin (Sellerie) Luteolin (Sellerie, Artischocken
    • lavonole: Quercetin (Zwiebel, Äpfel), Kaempferöl (Gingko-Biloba)
    • Flavanone: Naringenin (Orangen)
    • Flavanole: Epigallecatechingallat (Tee/Rotwein)
    • Anthocyane: Cyanidin (Rotkraut) Malvidin (blaue Weintrauben)
    • Isoflavone: Genestein, Daidzein (Soja)
    • Xanthohumol (Bier)

Da Flavonoide auf vielen verschieden Ebenen und an unterschiedlichen Punkte im Organismus wirken, sind im Bezug auf vorbeugende Gesundheits-Effekte theoretisch sehr vielversprechend. Die antioxidative Wirkung geht über einen sehr großen Bereich. Unter In-Vitro-Bedingungen wurden gute Ergebnisse erzielt mit Kaempferöl, Quertcetin und Luteolin.

Die Hemmung der Zellteilung, durch Flavanoide ist gut erforscht. Und in Übersichtsarbeiten gut dargestellt. Anhand von Quercetin kann man die Arretierung der Zelle bei der Teilung gut beobachten. Sie wird als eine gute „mulitfunktionale Chemopräventive Substanz“ bezeichnet [5]. Diese Untersuchungen fanden In-Vitro und in Tierversuchen statt. Dabei wurde beobachtet wie Quercetin mit großer Effizienz die Teilung der Krebszellen hemmte. Auch die Auslösung des programmierten Zelltodes wurde beobachtet

Aufnahme Flavanoide und Krebsrisiko

In einer Reihe von Studien wurde aufgezeigt, dass Zusammenhänge zwischen dem Verzehr flavonoidhaltiger Nahrung und dem Auftreten verschiedener Krebserkrankungen bestehen. Der weitaus größte Teil waren aber Erhebungen per Fragbögen, die dann ausgewertet wurden. Andere Untersuchungen waren aufwendiger und es wurden auch Stoffwechselprodukte untersucht. In einer chinesischen Studie, die das Auftreten von Brust- und Magenkrebs betraf, wurden teespezifische Polyphenole gemessen, wobei ein signifikanter Zusammenhang gesehen wurde. [6]) Die meisten Untersuchungen beziehen sich auf Lungenkrebs. Tatsächlich fanden sich Hinweise Auswirkungen. In einer Metanalyse wurden 11 Fall und 5 Kohortenstudien ausgewertet und man kam zu dem Ergebnis, dass ein signifikanter Zusammenhang, besonders beim Konsum großer Mengen deutlich wurde [7]

Beispiel Quercetin (Zwiebeln, Äpfel)

Zu dieser Substanz, die zu den Flavonolen gehört, wurden über 8000 Arbeiten veröffentlicht. Grund für das häufige Vorkommen ist die, im Gegensatz zu vielen anderen Pflanzenstoffen, gute Bio-Verfügbarkeit. Und es werden ihr eine Menge schützende Eigenschaften zugeschrieben. Das Lebensmittel mit dem höchsten Quercetin-Gehalt ist die Zwiebel, sie weist bis zu 350mg/kg auf. Aber auch in den Schalen von Birne und Äpfeln findet man ein hohen Gehalt. Auch Paprika- und Tomaten haben mit über 60mk/kg noch einen hohen Anteil.

Schon in den 1970’ern wurden aber In-Vitro-Studien durchgeführt, die DANN-schädigende Effekte erzielten. Dies führte dazu, dass eine Langzeitstudie initiiert wurde, vom amerikanischen National- Toxicology-Programm (NPP). Bei einer Dosis von 2.000mg/kg Körpergewicht und Tag stellte man bei Ratten die Auslösung von chronischen Nierenschäden, sowie Krebszellen in Epithelen der Nieren. [8], Bei einer Folgestudie mit geringeren Dosierung trat der Effekt nicht auf. Ob dies für den Mensch Relevanz hat wir noch diskutiert. Einige Humanstudien, die positive Effekte zeigten, waren Untersuchungen, die aufgrund von Fragebögen und Auswertungen durchgeführt wurde. Die Aussagekraft ist daher kritisch zu bewerten und mit Vorsicht zu betrachten. (siehe Studienlage)


Tannine

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Studienlage

Phenole sind Bestandteile vieler pflanzlicher Lebensmittel, die dazu noch einen Menge andere Substanzen enthalten. Von daher ist es sehr schwierig über epidemiologische Studien konkrete Ergebnisse zu erzielen und Aussagen zu treffen. Resveratrol, Curcumin und Quercetin sind Substanzen, die auch mit klinischen Studien unter kontrollierten Bedingungen und mit reinen Substanzen durchgeführt wurden. Ansonsten werden bei der Beurteilung eventueller Effekte auf In-Vitro oder Tierversuche benutzt. Zum Schutz durch Flavonoiden vor Entzündungen wurde über 100 Einzelstudien veröffentlicht. In einem Übersichtsartikel von Prasad et al. wurde das Ganze gut zusammengefasst >ref>Prasad S, Phromnoi K, Yadav RV et al. Target-inflammatory Pathways by Flavanoids for Precention and treatment of cancer, Planat Med. 2010, 1044-1063</ref> In Tierversuchen sehr gut erforscht ist Resveratrol, wo in zahlreichen Studien bei Ratten und Mäusen, diverse Organen künstlich infiziert wurden. Dabei fand man gehäuft Schutzeffekte und eine Verlängerung der Lebenszeit von Versuchstieren (weiter siehe Resveratrol)

Studien Lunge

Eine Fallstudie zur Lunge, aus den USA mit 558 Fällen, sowie 837 Kontrollen, zeigten einen deutlichen Zusammenhang beim Konsum einzelner Substanzen bei Rauchern (Quercetin 9mg), Kaempferöl (2mg/d, Bei Nichtrauchern waren die Effekte geringer. Eine prospektive Studie aus den USA mit 34.708 Frauen zeigte signifikante Assoziation zwischen Lungenkrebs bei Rauchern und Exrauchern und dem Verzehr von Flavononen. Der Effekt war bei Frauen, die nicht rauchen, nicht signifikant

Studien Dickdarm

Fallstudie zum Wiederauftreten von Dickdarmpolypen. 947 Risikopatienten/948 Kontrollen. Die Aufnahme von Flavanoiden wurde per Fragebogen erfasst. Bei der Auswertung ergab sich eine Reduzierung von Rezidiven beim Konsum flavonoidreicher Nahrung. Fallstudie England,264 Fälle/408 Kontrollen. Es wurde keine Beziehung zwischen einem Erkrankungsriskio und dem Gesamtkonsum von Flavonoiden hergestellt werden, aber eine deutliche Assoziation mit Flavonen, die nicht aus Tee stammten-

In einer Studie zur Mundhöhle aus Italien mit 805 Fällen/2.081 Kontrollen ergaben sich zuerst Effekte bei Flavononen und Flavonoide, aber nach Berücksichtigung der Vitamin C Aufnahme, war die Signifikanz nicht mehr gegeben [9]

Humanstudien Quercetin

Es existieren nur ein gutes Dutzend Studien und alle wurden erhoben durch die Auswertung der Verzehrmengen per Fragebogen. Somit sind auch dies Ergebnisse nicht als evident und belastbar zu sehen. In einer prospektiven Studie in Finnland mit 9.959 Männern und Frauen und einer Laufzeit von 30 Jahren ergaben sich Hinweise auf die Reduzierung aller Krebsarten [10]. Diese Befunde wurde durch eine, ähnlich durchgeführte, Fallstudie aus den USA untermauert [11]. Auch hier die Fragebogenmethode. Auch zum Prostatakrebs wurde eine Fragebogenstudie durchgeführt.Die Ergebnisse waren vielversprechend und lassen auf einen Zusammenhang schließen, zwischen der Aufnahme von Flavonoiden und Erkrankung. [12]

Um all diese, im Ansatz positiven Erkenntnisse und vielversprechenden Ergebnisse zu bestätigen, braucht es aber noch einige klinische Humanstudien und Untersuchung unter kontrollierten Bedingungen.


Literatur

  • Krebs und Ernährung, Knasmüller et al, Thieme Verlag, 8.Auflage, 2014
  • Medizinische Mikrobiologie, Kayser, Böttger, Deplazes....13. Auflage, 2014
  • Humangenetik, Murken, Grimm....8.Auflage 2011
  • Biochemie des Menschen, Florian Horn, 6. Auflage, 2015

Quellenverzeichnis

  1. Ferk F, Nersesyan A, Misik M. et al. Antioxidant and Cancer protective Effects of Gallic Acid...,NOVAM 2009, 245-249
  2. Chakraborty A, Ferk F, Simic T et al. DNA-protective effects of Sumach..... Mutat Res 2009, 10-17
  3. Chakraborty A, Jager W et al. Protent Protection of gallic acid ngainst DNA-Oxidation...Mutat 2011, 61-71
  4. http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=3591
  5. Russo M, Spagnulo C, Tedesco I et al. The Flavanoid quercetin in diesease prevention and Therapy....BiochemPharmacol 2012, 6-15
  6. Yuan JM, Sun C, Butker LM, Tea and Cancer Prävention… Pharmacol Res. 2011 12-135
  7. Garcia-Tirado J., Rieger-Reyes C., Saz-Peiro P, Effects of Flavonoids in the prevention of Lung-Cancer, Systematic Review Med.Clinic Barcelona 2012, 358-363
  8. NTP. Toxicology and Cancerogenesis Study of Quercetin (Cas.Nr.117394, Report Series Nr. 409 1992
  9. Knasmüller et al, Risiken und Prävention....2014,Ergebnisse epidemiologischer Studien, 287-288
  10. Knekt P, Jarvinen R, Seppanen R et al. Dietary flavanoids and the Risk of Lung Cancer…. Am J Epidemol 1997, 223-230
  11. Cui Y, Morgenstern H, Greenland S et al. Dietary Flavonoid intake lung cancer – a population based case-control-study, 2008, Cancer, 2241-2248
  12. Strom SS, Yamamura Y, Duphorne CM et al. Phytoöstrogen intake and prostate cancer, a case control study using a new database. Nutr.Cancer 1999, 20-25