Bei der Stammzellentherapie werden Stammzellen (das sind undifferenzierte Zellen, die sich in verschiedene Zelltypen ausdifferenzieren können) zur Behandlung verschiedener Krankheiten eingesetzt. Eine Form der Stammzelltherapie ist die Knochenmarktransplantation, die bereits seit vielen Jahren zur Behandlung von Leukämie eingesetzt wird.

Andere Einsatzgebiete werden allerdings erst erforscht und finden derzeit noch keine klinische Anwendung. Stammzellen können aus embryonalem und adultem Gewebe gewonnen werden. Embryonale Stammzellen sind je nach Stadium omnipotent oder pluripotent, während adulte Stammzellen pluripotent oder multipotent sind. Derzeit wird noch intensiv darüber geforscht, ob bzw. inwieweit sich adulte Stammzellen in entsprechende Gewebe zurück differenzieren lassen.

In Deutschland sind Stammzellentherapien seit 2011 nicht mehr zulassungsfähig und daher verboten.

Therapiemöglichkeiten

Während sich die Therapie mit Knochenmarkstammzellen bei Leukämie etabliert hat, wurden andere Anwendungen, wie z.B. gegen die Parkinson-Erkrankung, wegen schwerer Nebenwirkungen wieder eingestellt. Derzeit wird nur in wenigen Fällen eine Transplantation von Stammzellen durchgeführt. Diese Therapien sind über lange Jahre bis Jahrzehnte im Rahmen kontrollierter klinischer Studien erprobt worden und kamen nur zur Anwendung, weil sie sich als effektiv erwiesen und der therapeutische Nutzen die möglichen Nebenwirkungen überwiegt.

Nebenwirkungen

Da bei der Stammzellentherapie Suspensionen undifferenzierter Zellen injiziert oder direkt in das erkrankte Organ implantiert werden, können sich diese Zellen an unerwünschten Körperregionen ansiedeln. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Stammzellen Tumore bilden[1]. Nach einer Transplantation von Stammzellen ins Rückenmark kann es z.B. zu einer Hirnhautentzündung (Meningitis) kommen. 2009 wurde ein Fall eines Jungen mit Louis-Bar-Syndrom bekannt, welcher mit Injektionen von neuralen Stammzellen (gewonnen aus Gehirnen von 8-12 Wochen alten, abgetriebenen Föten) in Gehirn und Rückenmark behandelt worden war. Aus den verwendeten Stammzellen entwickelten sich mehrere Tumoren in Kleinhirn und Rückenmark[2].

Anwendung der Stammzellentherapie durch dubiose Klinik-Firmen

Aufgrund der hohen therapeutischen Erwartungen, die in die Stammzellenforschung gesetzt werden, bestehen auch entsprechende Hoffnungen auf Heilung bei Menschen, die an derzeit unheilbaren Krankheiten leiden. Das machen sich einige Privatkliniken zu Nutze, indem sie Stammzellentherapien gegen Erkrankungen wie ALS, Alzheimer, Arthrose, Diabetes, frühkindliche Hirnschädigung, kardiovaskuläre Erkrankungen, Makula-Degeneration, Multiple Sklerose, Parkinson, Schlaganfall und Verletzungen des Rückenmarks anbieten.

Für die Therapie werden Stammzellen aus dem Knochenmark entnommen und in einem Labor aufbereitet. Dort werden die Zellen vom Plasma getrennt und auf Krankheitserreger überprüft. Sind genügend vitale Stammzellen vorhanden, werden diese zurück in den Körper des Patienten gespritzt (in eine Vene, Arterie, das Nervenwasser - den Liquor -, in das Rückenmark oder per Operation mitten in das kranke Organ, z.B. das Gehirn).

Die dabei zur Anwendung kommenden Zellen sind mesenchymale Stammzellen, die bisherigem Kenntnisstand zufolge zwar Fett-, Knorpel- und Knochenzellen bilden können, jedoch keine Nervenzellen. Somit besteht für Patienten mit Erkrankungen bzw. Schädigungen des Nervensystems wie z.B. ALS, Alzheimer, frühkindliche Hirnschädigung, Multiple Sklerose, Parkinson, Schlaganfall und Verletzungen des Rückenmarks keinerlei Nutzen bei weiter bestehender Gefahr gravierender Nebenwirkungen.

Die Stammzellentherapie wird z.B. von Kliniken der Firmen XCell und cells4health angeboten. Auf den Webseiten dieser Firmen wird die Stammzellentherapie mit der Behauptung hoher Therapieerfolge angepriesen. Auf mögliche Nebenwirkungen wird nicht eingegangen.[3][4] Weitere Kliniken sind im Ausland ansässig, z.B. in der Ukraine, der Türkei und Mexiko.

Das Unternehmen wirbt heute damit, seit 2007 mehr als 3500 Patienten behandelt zu haben. Mindestens hundert davon wurden einem neurochirurgischen Eingriff unterzogen. All das geschah, ohne dass dazu geprüfte Daten veröffentlicht wurden, wie es in Medizin und Forschung zur Kontrolle erforderlich und Usus ist; in den öffentlich zugänglichen Datenbanken finden sich keine entsprechenden Publikationen.[5]

Wissenschaftlich gibt es keinen Wirksamkeitsnachweis der Stammzellentherapie, die angeblichen Therapieeffekte sind nicht belegt und somit auch nicht glaubwürdig. Zudem sind potentiell schwere und schwerste Nebenwirkungen bekannt. Aus experimentellen Studien geht z.B. hervor, dass Stammzellen direkt ins Immunsystem eingreifen können.[6] Zudem besteht eine erhöhte Gefahr, dass sich Tumoren bilden und sich Gewebe in Organen unerwünscht ansiedelt.

Eine Stammzellentherapie kostet zwischen 7.545 und 30.000 Euro; bei der Firma XCell belaufen sich die Kosten auf 26.000 Euro. Die Kosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen.

Mögliche Todesfälle

Im Zusammenhang mit Heilversuchen durch eine Stammzelltherapie mit adulten Stammzellen wurde von einem Todesfall eines zweieinhalbjährigen Jungen berichtet. Das Kind starb am 12. August 2010, nachdem man es mit Gehirnblutungen in eine Krefelder Klinik eingeliefert hatte. Zwei weitere Kinder erlitten schon Monate zuvor Komplikationen und mussten in Universitätskliniken behandelt werden. Man hatte an den Kindern offenbar eine minimalintensive Implantation von Stammzellen direkt in das Gehirn zum Preis von rund 25.500 Euro durchgeführt. Solche Behandlungen würden "bis zur abschließenden Klärung" nicht mehr durchgeführt, erklärte der Rechtsanwalt der Firma XCell-Center GmbH.[5][7]

Siehe auch

Weblinks

Quellenverzeichnis