William Coley
Coley im Jahre 1892

Die Coley-Therapie ist eine mittlerweile in Vergessenheit geratene Methode aus dem Bereich der unkonventionellen Krebstherapien, die auf den amerikanischen Chirurgen William Coley (1862-1936) zurückgeht (nicht zu verwechseln mit seinem Sohn William Bradley Coley, der ebenfalls Chirurg war).

Die Coley-Methode zielt darauf ab, das Immunsystem des Kranken derart zu beeinflussen, dass es unter Fieber zu einer spontanen Remission der Krebserkrankung kommt. Das heute nicht anerkannte Verfahren kann zu den Immuntherapien bei Krebs und Fiebertherapien gezählt und als eine Form der therapeutischen Hyperthermie angesehen werden. Das Verfahren hat sich nicht bewähren können und gilt heute als wirkungslos.[1] Nach dem Tode von Coley im Jahre 1936 engagierte sich seine Tochter Helen Coley Nauts weiter für das Coley-Verfahren.

Der auch heute praktizierte Einsatz einer BCG-Impfung bei einigen Krebserkrankungen (Blasenkrebs) hat mit dem Coley-Verfahren nur am Rande zu tun und ist wegen Nachweises einer Wirksamkeit wissenschaftlich anerkannt.[2][3]

William Coley

1888 hatte Coley erfolglos eine neunzehnjährige Patientin aus New York mit einem Knochenkrebs (Sarkom) behandelt, die jedoch trotz Amputation eines Armes verstarb. Die Patientin namens Elizabeth Dashiell war eine Kindheitsfreundin von John D. Rockefeller, Jr. Ihr Tod veranlasste Rockefeller später, Geldmittel für die Krebsforschung zu spenden. Coley soll der Legende nach sodann alle Krankenakten der letzten 15 Jahre in seinem Krankenhaus (dem späteren renommierten Memorial Sloan-Kettering Cancer Center) nach Therapieerfolgen bei Knochenkrebs durchforscht haben. Er stieß auf einen Patienten deutscher Herkunft mit Namen Stein, der mit Knochenkrebs an einem Erysipel erkrankte und später vom Krebs gesundete. Coley machte den inzwischen entlassenen Patienten einige Wochen später ausfindig und fand heraus, dass sein Zustand sich nicht wieder verschlechtert hatte. Das Erysipel ist eine Infektion der Haut durch die Bakterie Streptococcus pyogenes. Auch glaubte Coley erkannt zu haben, dass Krebspatienten eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit zu Zeiten hatten, bevor antiseptische und sterilisierende Massnahmen in der Chirurgie Einzug hielten. Coley versuchte dann, durch eine gezielte Infektion mit dieser Streptokokkenart einen analogen Heilungsverlauf bei anderen Krebspatienten zu erreichen; dies noch zu Zeiten, als wirksame Antibiotika für den Fall einer lebensbedrohlichen Infektion unbekannt waren. Seine ersten Versuche verliefen erfolglos, und mindestens zwei seiner ersten Versuchspatienten verstarben an der künstlich gesetzten Streptokokkeninfektion.[4] Später setzte er Streptokokkenkulturen sowie bakterielle Toxine ein und berichtete über einen Erfolg.[5] Der Pharmahersteller Parke-Davis begann auch mit der Produktion des Coley Toxin.

Coley Toxin / Vaccineurin

Das von Coley entwickelte Mittel wurde als Coley Toxin, Coley Fluid und Coley Vaccine bekannt. Um gefährliche und potentiell tödliche Streptokokkeninfektionen zu vermeiden, verwendete er schließlich sterilisierte, abgetötete Streptokokkenkulturen, die er mit Bakterien der Gattung Serratia marcescens vermischte. Diese Mischung wurde als eigentliches Coley Toxin bekannt. Allerdings wurden im Laufe der Zeit mindestens 13 verschiedene Präparate entwickelt. Auch die Applikation wurde laufend verändert und wechselte zwischen intravenöser oder intramuskulärer Anwendung oder direkter Injektion in den Tumor.

Das Coley Toxin wurde auch von der kleinen deutschen Firma Südmedica hergestellt und als Vaccineurin bis zum Jahr 1990 verkauft, als die Zulassung nicht erneuert wurde.

Kritik an Coley

Zu Lebzeiten von Coley war seine Methode trotz der damals noch weniger effektiven anerkannten Behandlungsmethoden umstritten und Coley musste wegen erfolgloser Behandlungen mit seinem Coley-Toxin von anderen Ärzten den Vorwurf hinnehmen, ein Scharlatan zu sein. Ihm wurde insbesondere vorgeworfen, Behandlungserfolge selektiv zu zitieren und seine behandelten Patienten nicht in einem follow-up längerfristig weiter zu beobachten. Eine Kritik zu Ende des 19. Jahrhunderts war beispielsweise in einem Artikel der JAMA von 1894 zu finden, der auf eine fehlende Replizierung von Coleys Erfolgen hinwies. Im JAMA Leitartikel heißt es dazu wörtlich: "There is no longer much question of the entire failure of the toxin injections, as a cure for sarcomata and malignant growths. During the last six months the alleged remedy has been faithfully tried by many surgeons, but so far not a single well-authenticated case of recovery has been reported." [6] 1934 war ein weiterer Leitartikel der JAMA optimistischer formuliert[7] und verwies auf die Möglichkeit einzelner spontaner Remissionen durch die Coley-Mittel. In den 1920er Jahren wurden Coleys Behandlungserfolge auch vom Bone Sarcoma Registry skeptisch gesehen, das als eines der ersten Krebsregister versuchte, alle bekannten Krebsfälle zu registrieren und zu analysieren.[8] Man zweifelte bei den Behandlungsfällen von Coley auch die jeweils vor Behandlung gestellten Diagnosen an. 1953 wurde die Produktion der Coley-Toxine in den USA untersagt und 1962 verbot die Food and Drug Administration FDA das Coley Toxin endgültig.[9]

Literatur

  • Burdick CG. WILLIAM BRADLEY COLEY 1862-1936. Ann Surg. 1937 Jan;105(1):152-5.
  • Wiemann B, Starnes CO. Coley's toxins, tumor necrosis factor and cancer research: a historical perspective. Pharmacol Ther. 1994;64(3):529-64.

Weblinks

Quellennachweise

  1. Levine DB. The Hospital for the Ruptured and Crippled: William Bradley Coley, Third Surgeon-in-Chief 1925-1933. HSS J. 2008 Feb;4(1):1-9. 15. Dezember 2007
  2. Gkialas I, Kalantzis A, Lykourinas M. The response of urological tumours to immunotherapy. J BUON. 2005 Jul-Sep;10(3):329-36
  3. Razack AH. Bacillus Calmette-Guerin and bladder cancer. Asian J Surg. 2007 Oct;30(4):302-9
  4. Edward F McCarthy. The Toxins of William B. Coley and the Treatment of Bone and Soft-Tissue Sarcomas. Iowa Orthop J. 2006; 26: 154–158. [1]
  5. Coley WT. The treatment of malignant tumors by repeated inoculations of erysipelas: with a report of ten original cases. Am J Med Sci 1893;105:487-511
  6. Editorial. The Failure of the Erysipelas Toxins. JAMA. 1894;24:919
  7. Erysipelas and Prodigiosus Toxins (Coley). JAMA. 1934 Oct 6;103(14):1067–1069. Editorial.
  8. McCarthy, EF. The registry of bone sarcoma: a history. Iowa Orthop J. 1995;15:74–78
  9. Hoption-Cann, SA; van Netten, JP, et al. Dr William Coley and tumour regression: a place in history or in the future. Postgrad Med J. 2003;79(938):672–680