Ginkgo biloba Mittel werden in der Naturheilkunde und Alternativmedizin aus der Frucht und aus den Blättern des Ginkgo biloba Stauches bzw. Baums hergestellt und zur Behandlung von Gedächtnisstörungen, Konzentrationsstörungen, depressive Verstimmungen, Schwindel, Ohrensausen (Tinnitus), Kopfschmerzen, vaskulär bedingte Demenz und Claudicatio intermittens (Schaufensterkrankheit) und ADHS beworben.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird Ginkgosamen (Baiguo) zu therapeutischen Zwecken verwendet. Es handelt sich um den getrockneten, reifen Samen von Ginkgo biloba L. aus der Familie der Ginkgoaceae. Die Samen werden im Herbst geerntet, die äußere, fleischige Samenschale entfernt, der Samen gewaschen, kurz gedämpft oder überbrüht und anschließend mit Warmluft getrocknet.

Man kennt zwei verschiedene Zubereitungen in der TCM. Baiguoren (ren = Kern) ist jene Arznei, die der von Verunreinigungen und seiner Schale befreite und vor Gebrauch zerstossene Pflanzenkern ist. Unter Chao baiguoren versteht man das ohne Beigabe von Hilfsstoffen geröstete, geschälte Produkt des Kerns. Man röstet den Kern solange, bis ein aromatischer Geruch entweicht und vor Gebrauch wird auch hier dieses Produkt zerstoßen. Empfohlen wird die Einnahme von 4.5-9 Gramm dieser Zubereitungen pro Tag. Die unbehandelte Arznei ist übrigens giftig!

Obwohl im 17. Jahrhundert aus China bei uns eingeführt z.T. sehr große Ginkgobäume (Fächerblattbaum) in vielen botanischen Gärten und Hausgärten zu finden ist, bedeutet dies nicht, dass seine mittlerweile industrialisierer Anbau in Baumkulturen erfolgt. Für die medizinische Anwendung werden vielmehr buschgroße Ginkgosträucher verwendet, die auf Plantagen gezüchtet mit Spezialmaschinen abgeerntet werden.

In Europa werden, im Gegensatz zur TCM, nicht die Früchte, sondern vielmehr die Blätter (Ginkgo folium) des Ginkgostrauchs benutzt! Anbaugebiete in Deutschland finden sich beispielsweise im Rheintal. Er erfolgen aber auch Importe der Blattware aus China, Japan, Korea und Frankreich. Aus den Blättern werden Extrakte hergestellt, die Flavonole, Ginkgolide, Bioflavone und Bilobalid enthalten.

Diverse Indikationen für Ginkgo-Blatt-Extrakt

Der Pflanzenextrakt wird in einer Menge von 120-240 mg in 2-3 Einzeldosen täglich eingenomen. Als Indikationen werden Gedächtnisstörungen, Konzentrationsstörungen, depressive Verstimmungen, Schwindel, Ohrensausen (Tinnitus), Kopfschmerzen, vaskulär bedingte Demenz und Claudicatio intermittens (Schaufensterkrankheit) angegeben (Wichtl 1997).

Die Fachkreise bewerten die Wirksamkeit widersprüchlich

Die medizinische Fachwelt ist sich über die medizinische Wirksamkeit von Ginkgo biloba-Blattextrakten uneins. Es gibt eine große Anzahl klinischer Studien, die zu unterschiedlichen Resultaten kamen. Diese im Einzelnen darzustellen, ist aus Platzgründen nicht möglich. Es macht aber Sinn, auf aktuelle Übersichtsarbeiten einzugehen.

Die für Literaturübersichtsstudien bekannte Cochrane Library veröffentlichte im Jahr 2002 eine positive Bewertung über Ginkgo biloba-Blattextrakte. Birks et al. (2002) suchten nach Fachliteratur, die die Worte Ginkgo, Tanakan und die spezielle Inhaltsstoffkombination EGB 761 enthielten. Die kognitiven Leistung konnte mittels Ginkgo (200 mg/Tag) im Vergleich zu Placebo verbessert werden. Auch die Activities of Daily Living, also die Aktivität der Patienten, wurde durch Ginkgo signifikant besser als mit Placebo stimuliert. Die Stimmung und die emotionale Funktion wurde durch Ginkgo ebenfalls besser als mit Placebo beeinflusst. Nebenwirkungen waren nicht häufiger als unter Placebo. Die Autoren waren der Auffassung, dass es ermutigende Hinweise für die positive Wirkung des Extrakte geben würde und dass hochwertige Studien zum Wirksamkeitsnachweis durchgeführt werden müssten.

Zu exakt dem gegenteiligen Schluss gelangten Canter und Ernst (2002) im gleichen Jahr. Sie hatten neun klinische Studien mit Ginkgo biloba Extrakt untersucht und waren der Meinung, dass die kognitive Funktion nicht verbessert worden sei. Sie sprachen sich dagegen aus, Ginkgo als 'Smart-Drug' einzustufen. Allerdings forderten sie ebenfalls Langzeitstudien zur Klärung des Wirksamkeitsnachweises.

Von der Hand zu weisen ist die Kritik an Ginkgo nicht, denn zumindest die Wirkung bei Ohrensausen (Tinnitus) wurde in einer hochwertigen Untersuchung (Drew und Davies 2001) geprüft. Über 14 Wochen hinweg erhielten 354 Tinnitus-Patienten Ginkgo biloba (3 x 50 mg/Tag mit einem Anteil von 25% Bioflavonoiden, 3% Ginkgoliden und 5% Bilobalid) oder Placebo. Das Produkt des Gingko-Anbieters Lichtwer Pharma schnitt dabei letztendlich ebenso wie Placebo ab, konnte also keine eigenständige Wirkung nachweisen.

In der offiziellen Therapieempfehlung zu Demenz bzw. zur Hirnleistungsstörungen (u.a. Morbus Alzheimer) ist allerdings in Deutschland Ginkgo durchaus aufgelistet. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft veröffentlichte diese 'Therapieempfehlungen zur Demenz' im Januar 2001 (http://www.akdae.de/35/10Hefte/Demenz.pdf).

Man wird wohl noch eine Weile abwarten müssen, bis sich die Aufgeregtheiten um Gingko biloba wieder gelegt haben. Bei ADHS scheint Ginkgo biloba jedoch dann eine Wirkung zu besitzen, wenn es mit Ginseng kombiniert wird.

Kinder im Alter von 3-17 Jahren, die an Aufmerksamkeits-Defizit-und-Hyperaktivititäts-Syndrom (ADHS) litten, wurden in der Pilotstudie von Lyon et al. (2001) nach vierwöchiger Behandlungsdauer durchaus erfolgreich behandelt. . Sie hatten amerikanischen Ginseng (Panax quinquefolium) in einer Dosierung von 200 mg pro Kapsel + 50 mg Gingko biloba zweimal täglich auf nüchternen Magen eingenommen. Fünf der 36 Kinder zeigten leichte Nebenwirkungen, wobei zwei Fälle direkt auf die Ginsengmedikation zurückgeführt werden konnten.

Ein analoges Produkt war bereits ein Jahr früher von Wesnes et al. (2000) in einem randomisierten Doppelblindversuch an 256 gesunden Freiwilligen ausprobiert worden. Anhand eines Beurteilungsschemas (Index of Memory Quality) stellte sich eine Verbesserung der Gedächtnisleistung nach 12wöchiger Einnahme heraus.

Es werden gelegentlich Magenbeschwerden, Kopfschmerzen, Hautveränderungen und eine leichte Steigerung der Blutungsneigung beschrieben. Ginkgo verstärkt die Wirkung von Medikamenten, die die Thrombozytenaggregation hemmen.

Eine kontrollierte Studie zur Frage nach möglichen Wirkungen von Ginkgo biloba zeigte, dass keine Beeinflussung einer Demenz oder der Alzheimer-Krankheit nachweisbar war [1].

Fazit

Gingko-Zubereitungen sind durchaus, sofern dies in Absprache mit dem Arzt geschieht, eine mögliche Alternative bei bestimmten Erkrankungen. Ein Wundermittel stellen sie aber sicherlich nicht dar. Es gibt außerdem Unterschiede in der Produktqualität. Ein möglichst konstanter Gehalt der wirksamen Inhaltsstoffe ist in der Regel am ehesten in Arzneimittel-Zubereitungen aus der Apotheke gewährleistet. Das schließt nicht aus, dass auch frei verkäufliche bzw. als Lebensmittel preiswert angebotene Ginkgo-Produkte automatisch abzulehnen wären. Hier sollte man sich einfach beim Anbieter Prüfzertifikate zusenden lassen, die den Gehalt an den Inhaltsstoffen genau auflistet.

Das Problem bei den auch als Arzneimitteln verkauften Phytopharmaka ist, dass seit dem Jahre 1995 hat das jetzt zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfrAM) die Fortführung der Monographien abgeschafft hat, in denen die positive oder negative Bewertung der Pflanzenmaterialien vorgeschrieben wurde. Dies geschah trotz des Protestes von phytopharmakologisch Forschenden und Therapierenden. Ab dem Jahr 2004 wird es nur noch pflanzliche Präparate geben, deren Hersteller einen Wirksamkeitsnachweis erbringen können. Das mag dazu führen, dass auch im Ginkgosektor die Produkte teilweise als Lebensmittel in den Regalen des Supermarktes landen und von den Patienten selbst bezahlt werden müssen. Dies mag, sofern diese Chance von seriösen Anbietern genutzt wird, die auch vor Analysenachweisen keine Scheu besitzen, für den Patienten aber auch vorteilhaft sein. Eine Preissenkung der Produkte wäre nämlich die logische Folge.

Diese Preissenkungen wären auch dringend angezeigt. Allein im Apothekensektor werden jährlich 120 Mio. Euro mit Ginkgo-Arneimitteln umgesetzt. Je nach Anbieter und Dosierung entstehen dem Verbraucher Kosten in Höhe bis zu 35 Euro/Monat, im Lebensmittelsektor sind die Preise aber niedriger.

Wirksamkeit: es gibt unterschiedliche Untersuchungen am Menschen, die Datenlage ist widersprüchlich. Schadensfälle: Es werden gelegentlich Magenbeschwerden, Kopfschmerzen, Hautveränderungen und eine leichte Steigerung der Blutungsneigung beschrieben. Ginkgo verstärkt die Wirkung von Medikamenten, die die Thrombozytenaggregation hemmen. keine ernsten Nebenwirkungen bekannt. Fazit: bei entsprechender Indikation eine interessante Therapiealterantive.

Weblinks

Quellennachweise

  1. DeKosky ST et al: Ginkgo biloba for Prevention of Dementia. JAMA. 2008;300(19):2253-2262

  • Birks J, Grimley EJ, Van Dongen M: Ginkgo biloba for cognitive impairment and dementia (Cochrane Review). http://www.cochrane.org/cochrane/revabstr/ab003120.htm, Issue 4, 2002
  • Center PH, Ernst E: Ginkgo biloba: a smart drug? A systemativ review of controlled trials of the cognitive effects of ginkgo biloba extracts in healthy people. Psychopharmacol Bull, 36, 108-123, 2002
  • Drew S, Davies E: Effectiveness of Ginkgo biloba in treating tinnitus: double blind, placebo controlled trial. Br Med J, 322, 1-6, 2001
  • Lyon MR, Cline JC, Totosy de Zepetnek J, Shan JJ, Pang P, Benishin C: Effect of the herbal extract combination Panax quinquefolium and Ginkgo biloba on attention-deficit hyperactivity disorder: a pilot study. J Psychiatry Neurosci, 26, 221-228, 2001
  • Wesnes KA, Ward T, McGinty A, Petrini: The memory enhancing effects of a Ginkgo biloba/Panax ginseng combination in healthy middle-aged volunteers. Psychopharmacology (Berl), 152, 353-361, 2000
  • Wichtl M: Teedrogen und Phytopharmaka. Wiss. Verlagsgesellschaft Stuttgart, 3. Aufl. 1997
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