Als Baunscheidttherapie oder Baunscheidtverfahren (auch Baunscheidtismus, Baunscheidtieren) wird ein pseudomedizinisches, ausleitendes Verfahren bezeichnet, das auf den Bonner Stellmacher und Erfinder Carl Baunscheidt (1809 – 1873) zurückgeht.

Entstehung

Carl Baunscheidt bezeichnete sich als Erfinder der natürlichen Heilkunst und des Lebensweckers. Er war Sohn eines Gutsbesitzers aus der Nähe von Hagen/Westfalen. Nach einer kaufmännischen Lehre war er zunächst Gewerbelehrer; er nannte sich später Mechanikus und widmete sich kleineren Erfindungen (Visiere für Gewehre, Pumpe zum Absaugen von Muttermilch, Ackerbaugeräte).

Im Jahre 1851 propagierte er eine Heilmethode, die aus örtlicher Hautreizung mit einem Nadelinstrument - dem so genannten Lebenswecker - bestand und von einer Einreibung mit Baunscheidt-Öl gefolgt wurde. In der Naturheilkundeszene zählt das Baunscheidtieren zur Reiz- und Umstimmungstherapie. Der Lebenswecker, zunächst "Mücke" genannt, war das Resultat eines Erlebnisses Baunscheidts in dessen Garten. Baunscheidt litt an Gicht. Im Garten stach ihn eine Mücke schmerzhaft in seine gichtige Hand, woraufhin die Schmerzen verschwanden. Er entschloss sich, eine künstliche Mücke zu bauen. Neben dem Baunscheidtiergerät war dafür noch ein "Mückengift" notwendig, so dass er ein Öl erfand, das er einsetzte. Wegen der Wirkung der "Mücke" wurde sie im Volksmund bald als Lebenswecker bezeichnet.

Mit dem Baunscheidtiergerät und dem Baunscheidtier-Öl wurde Baunscheidt so wohlhabend, dass er große Ländereien und das Schloss Dottendorf bei Bonn kaufen konnte.

Methode

Das Baunscheidtsche Verfahren besteht in einer schmerzlosen (etwas kitzelnden), in der Regel groß- aber nur oberflächlichen Stichelung der Haut. Danach werden die gestichelten Stellen mit dem Spezialöl eingerieben. Dadurch kommt es zu einer starken Anregung der Durchblutung.[1] Es bilden sich jedoch auch eitrige Pickel, die in der Naturheilkundeszene als Zeichen für die ausleitende Wirkung des Verfahrens angesehen werden. Diese Pickel sind erwünscht und verschwinden nach ein bis zwei Wochen vollständig. Bei zu tief applizierten Wunden können jedoch Narben zurückbleiben, da es durch die mehr oder weniger tiefen Hautverletzungen zum Eindringen von Bakterien der Hautoberfläche in das tiefere Gewebe kommt.

Das Rezept seines Öles hat Baunscheidt nie mitgeteilt. Offensichtlich war jedoch Crotonöl enthalten, ein Öl aus den Samen des aus Ostasien stammenden Wolfsmilchgewächses Croton tiglium L., das heute als krebserregend gilt. Eine stark reizende Wirkung des Öles ist aber für den Therapieeffekt notwendig, da hiermit der vorher empfundene Schmerz durch einen noch stärkeren Schmerz überlagert wird.

Wirksamkeit und Risiken

Eine therapeutische Wirkung konnte wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden. Dem gegenüber steht das Risiko, dass durch die Behandlung Keime in die Haut gelangen und Entzündungen verursachen können. Problematisch ist das Baunscheidtieren in Gelenknähe, da es hier zu tiefen Entzündungen kommen kann. Auch allergische Reaktionen auf die hautreizenden Öle sind möglich.

siehe auch

Quellenverzeichnis

  1. www.baunscheidt.org/Therapie.html