Europäische Union der Homöopathie
Die Europäische Union der Homöopathie (European Union of Homoeopathy, EUH, Schreibweise der Abkürzung uneinheitlich, auch E.U.H.) ist eine in Deutschland ansässige Lobbyvereinigung von deutschen und Schweizer Homöopathen. Nach eigenen Angaben wurde sie im Jahr 2001 gegründet. Als Ziel gibt die EUH die "politische Anerkennung: Approbation als Homöopath E.H.D. in der EU" an,[1] womit die Gleichstellung eines Studiums der Humanmedizin mit dem der Homöopathie gemeint zu sein scheint. Wesentliches Anliegen der EUH ist daher die Schaffung von Studiengängen für das Fach Homöopathie sowie die "Schaffung eines neuen Heilberufs, der allein der Homöopathie verpflichtet ist".[2] Die 2013 gegründete "Homöo-Akademie" in Traunstein (Abschnitt in diesem Artikel) wird auch als "Steinbeis-Transfer-Institut EUH" der privaten Steinbeis-Hochschule Berlin bezeichnet.
Struktur
Zu unterscheiden sind drei Teilorganisationen:
- Stiftung der EUH
- Berufsverband der EUH
- Homöopathische Gesellschaft e.V. der EUH
Als Kontaktadresse nennt die EUH die Anschrift der Heilpraktikerin Susanne Augst in 79379 Müllheim in Baden-Württemberg, die auch Mitglied des Stiftungsrates der EUH-Stiftung ist. Der Stiftungsrat wird durch ein vierköpfiges Kuratorium eingesetzt. Dem Kuratorium gehört der Facharzt für Psychiatrie Urs Rentsch (geb. 1956) an, der Presseberichten zufolge Leiter des Steinbeis-Transfer-Instituts EUH ist.
Der Berufsverband der EUH hatte Ende 2013 etwa 60 Mitglieder,[3] rund die Hälfte davon waren Heilpraktiker, die andere Hälfte Ärzte (darunter 12 "Naturärzte"), Apotheker und Angehörige sonstiger Berufe.
Ausbildung nach amerikanischem Vorbild
Als Vorbild für ihre Forderung nennen die EUH die USA, wo in der Vergangenheit eine "fundierte universitäre Ausbildung für Homöopathen" beispielsweise in Philadelphia angeboten worden sei, die eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Homöopathie sichergestellt habe. Erst das Ergebnis des Flexner-Reports im Jahre 1910 habe diese homöopathiegünstige Situation geändert und seitdem werde nur noch die Schulmedizin staatlich gefördert, heißt es auf den Webseiten der EUH Der Flexner-Report von 1910 führte seinerzeit dazu, dass eine Mindeststudiendauer für das Medizinstudium vorgeschrieben wurde und nur Abschlüsse an anerkannten Hochschulen akzeptiert wurden. Auch musste das Studium dann nach dem jeweiligen wissenschaftlichen Stand ausgerichtet sein. Zahlreiche private Institutionen mussten damals schließen. Die Reformen führten zu einem höheren Ansehen von Ärzten in den USA und zu einer verbesserten Gesundheitsversorgung. Die EUH beruft sich demnach auf die Situation in den USA vor 1910.
Homöo-Akademie in Traunstein
Anfang 2012 kündigte die EUH an, im bayrischen Traunstein eine "Hochschule für Homöopathie" zu eröffnen.[4] Teilweise war auch von einer "Europäischen Hochschule für Homöopathie" die Rede; inzwischen heißt die Einrichtung "Homöo-Akademie des Steinbeis-Transfer-Institut EUH". Unkritische Unterstützung fand das Vorhaben beim Traunsteiner Landrat Hermann Steinmaßl (CSU),[5] der in einem Grußwort zur Eröffnung den Ausspruch "Wer heilt hat Recht!" benutzt habe.[6][7][8] Ähnlich äußerte sich der Traunsteiner Oberbürgermeister Manfred Kösterke (Unabhängige Wähler).[9] Ursprünglich sollte der Lehrbetrieb zum Wintersemester 2012/2013 beginnen. Im Herbst 2013 wurde dann der Start für März 2014 angekündigt.[10] In einem Brief des Steinbeis-Transfer-Instituts vom 8. Dezember 2013[11] hieß es, im März 2014 fänden zunächst "Vorbereitungskurse für Abiturienten" statt und der reguläre Lehrbetrieb würde im Herbst aufgenommen.
Angeboten wird ein Bachelorstudiengang mit den drei Schwerpunkten Medizinische Propädeutik, homöopathische Grundlagen und Materia Medica. Der Studiengang basiere "auf dem Konzept des transferorientierten Projekt-Kompetenz-Studiums (PKS)" der Steinbeis-Hochschule Berlin. Die Vorlesungszeit ist in sechs zehntägige und zwei sechstägige Blöcke pro Jahr gegliedert.[12] Das dreijährige Studium kostet 7.200 € pro Jahr. Zu einem ebenfalls geplanten Masterstudiengang wurden Ende 2013 noch keine näheren Angaben gemacht. Die Lehrveranstaltungen der Homöopathie-Akademie finden im Bildungszentrum für Gesundheit und Soziales statt.[13]
Leiterin der Homöo-Akademie ist die Heilpraktikerin Anja Wilhelm, die "akademische Leitung" hat die Ärztin Wiebke Lohmann (geb. 1979). Es soll "die klassische Homöopathie auf Hochschulniveau" bzw. "auf wissenschaftlichem Niveau" vermittelt werden, auch enthalte das Studium "Forschungsanteile". Allerdings sind von keinem der genannten Dozenten[14] wissenschaftliche Arbeiten auffindbar. Dagegen verbreitet Lohmann auf der Homepage ihrer Praxis pseudowissenschaftliche Ansichten. So beruft sie sich, wie andere Homöopathie-Anhänger auch, auf Jacques Benveniste und dessen überholte Behauptungen zur Existenz eines "Wassergedächtnisses", ferner auf Masaru Emoto.[15] Sie zeigt sich als Anhängerin von Georgos Vithoulkas. Bei "Kindernotfällen" hält sie neben der Homöopathie eine Behandlung durch Japanisches Heilströmen für angebracht.[16] Akademieleiterin Wilhelm gibt an, Mitglied der Homöopathen ohne Grenzen zu sein.
Berufung auf Pseudowissenschaftler und Impfgegner
Zur Stützung des Konzepts der Homöopathie verweist die EUH auf ihren Webseiten ausgerechnet auf die Forscherin und Heilpraktikerin Karin Lenger, die die Wirksamkeit der Homöopathie bewiesen habe.[17][18] Lenger machte in der Vergangenheit mit pseudowissenschaftlichen Versuchen zur Homöopathie auf sich aufmerksam. Insbesondere glaubt Lenger, Hochpotenz-Globuli von Placebo-Globuli unterscheiden zu können. Angaben der Homöopathielehre versuchte sie mit in der Physik unbekannten Skalarwellen und Biophotonen zu beweisen. Auch setzte sie Tesla-Spulen, Biotensoren und Wünschelruten ein. Sie verwendet in ihren Argumentationen und Hypothesen Begriffe aus der Physik, die gut definiert sind, wie "Resonanz" und "Bindungsenergie", vermengt diese Begriffe aber gleichzeitig mit erfundenen Begriffen wie "magnetische Photonen". Auch absurde Beobachtungen, etwa stehende elektromagnetische Wellen, die noch Minuten nach Abschalten einer Apparatur vorhanden gewesen sein sollen, ordnet sie in ihr außerwissenschaftliches Konzept ein.
Auf den Webseiten der EUH ist auch Impfkritisches zu lesen. So wird zum Verein Ärzte für eine individuelle Impfentscheidung e.V. verlinkt und die allgemein anerkannte Grippe-Schutzimpfung in Frage gestellt.[19]
Siehe auch
Weblinks
Quellennachweise
- ↑ http://www.euh.eu/content_de/de_01_euh/euh_ziele.html
- ↑ http://www.euh.eu/content_de/de_01_euh/pmcmsaktuell/aktuell.php
- ↑ Mitgliederliste des Berufsverbandes EUH
- ↑ http://www.chiemgau24.de/traunstein/teurer-spass-hochschule-homoeopathie-chiemgau24-1727358.html
- ↑ Glücksfall für Traunstein. heimatzeitung.de, 15. März 2012
- ↑ "Wer heilt, hat recht!" Reichenhaller Tagblatt, 22. November 2013
- ↑ Homöo-Akademie: "Wer heilt, hat recht" Chiemgau24.de, 21. November 2013
- ↑ Der "i-Punkt" der Gesundheitsausstattung OVB-Online, 21. November 2013
- ↑ Traunstein will zu Bayerns Homöopathie-Mekka werden Bayerische Staatszeitung, 29. November 2013
- ↑ Neue Akademie für Homöopathie am Start. Wochenblatt, 9. Oktober 2013
- ↑ Homöoakademie Traunstein – Antwort des Steinbeis-Transfer-Instituts. Blog Beweisaufnahme Homöopathie, 8. Dezember 2013
- ↑ http://homöo-akademie.de/studium/daten.html Aufruf am 15. November 2013
- ↑ Das Bildungszentrum für Gesundheit und Soziales in Traunstein ist ein Gebäude im Besitz des Landkreises Traunstein, in dem neben dem Gesundheitsamt verschiedene private Mieter untergebracht sind, z.B. die Fachakademie für Sozialpädagogik des Diakonischen Werks oder eine Ausbildungseinrichtung der Kliniken Südostbayern AG. Siehe Landkreis Traunstein, Kreiseigener Hochbau. Geschäftsbericht 2012
- ↑ Dozenten der Homöo-Akademie (Screeshot vom 16. November 2013)
- ↑ http://www.doktor-lohmann.de/gedaumlchtnis-des-wassers.html Aufruf am 16. November 2013
- ↑ Kindernotfälle homöopathisch und mit Jin Shin Jyutsu meistern. Dr. med. Wiebke Lohmann & Gudrun Summers, Ärztinnen
- ↑ http://www.euh.eu/content_de/de_01_euh/pmcmsaktuell/aktuell.php
- ↑ Zitat EUH (2007): 05.07.2011 - Homöopathie wirkt - Das Wirkprinzip homöopathischer Heilmittel konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden. Für viele Kritiker beruht die Wirkung von homöopathischen Heilmitteln lediglich auf einem Placebo-Effekt. Für sie kann ein Heilmittel gar nicht wirken, in welchem aufgrund der starken Verdünnung kein Molekül der ursprünglichen Wirksubstanz mehr enthalten ist. Die deutsche Biochemikerin und Homöopathin Dr. Karin Lenger hat - von der breiten Öffentlichkeit bisher unbemerkt - das Gegenteil nachgewiesen: Je höher potenziert ein homöopathisches Heilmittel ist, desto wirksamer ist es. Der Wirkeffekt beruht auf der kohärenten Abstrahlung von Photonen, die den kranken Organismus körperlich und psychisch normalisieren. Quelle: www.nath-pool.ch / Magazin 05.07.2011.pdf..
- ↑ Zitat: 25.08.2009 - Grippe-Impfung - Nur gut fürs Geschäft?
Einige kritische Stellungnahmen: Ärzte für individuelle Impfentscheidungen e.V.